Teil 4 STÖRUNGEN DES KÖRPERS UND DES PHYSISCHEN BEWUSSTSEINS
Der innere spirituelle Fortschritt hängt nicht so sehr von äußeren Umständen ab als von der Art, wie wir von innen auf diese reagieren – das war immer ein höchstes Werturteil spiritueller Erfahrung. Daher bestehen wir darauf, die rechte Haltung einzunehmen und in ihr zu verbleiben, wir bestehen auf einem inneren Zustand, der nicht von äußeren Bedingungen abhängig ist, einem Zustand des Gleichmuts und der Stille – wenn es nicht von Anfang an der einer inneren Glücklichkeit sein kann – und darauf, sich immer mehr nach innen zu wenden, von innen nach außen zu blicken, statt an der Oberfläche zu leben, die immer den Erschütterungen und Schlägen des Lebens ausgeliefert sein wird. Allein von diesem inneren Zustand her kann man stärker als das Leben und seine störenden Kräfte sein und hoffen, ihrer Herr zu werden.
– Sri Aurobindo

Kapitel 1
Erholung, Ruhe, guter Wille
Worte Sri Aurobindos
Achte darauf, genügend auszuruhen. Du musst dich vor Übermüdung schützen, weil sie Erschlaffung und Tamas mit sich bringen kann. Gut auszuruhen hat nichts mit Tamas zu tun, wie manche Menschen annehmen; es kann im rechten Bewusstsein geschehen, um die Körperenergie aufrechtzuerhalten – wie die Savasana (eine Haltung, in welcher man auf dem Rücken liegt und vollständig entspannt) des kraftvollen Hathayogi.

Worte Sri Aurobindos
[Nach einer Attacke von Influenza] Das Wichtigste dabei ist, die ganze Zeit über vollkommenen Gleichmut zu bewahren und Gedanken von angstvoller Sorge oder Depression nicht in dich eindringen zu lassen. Es ist ganz natürlich nach dieser schweren Attacke von Influenza, dass sich Schwäche und gewisse Schwankungen im Fortschritt der Besserung abzeichnen. Was du zu tun hast, ist ruhig und vertrauensvoll zu bleiben und dich nicht zu grämen oder ruhelos zu sein – sei vollständig ruhig und bereit, dich auszuruhen, solange du der Ruhe bedarfst. Es gibt nichts, worüber du dich zu beunruhigen brauchst; ruhe dich aus, dann werden Gesundheit und Stärke zurückkehren.

Worte der Mutter
Der vitale Körper umgibt den physischen als eine Art Hülle von ungefähr der Dichte jener Wärmeschwingungen, die bei großer Hitze zu beobachten sind. Und dieser ist der Mittler zwischen dem subtilen Körper und dem stofflichsten vitalen Körper. Er schützt den Körper vor aller Ansteckung, Ermüdung, Überanstrengung und sogar vor Unfällen. Ist diese Hülle heil, so schützt sie dich wirklich vor allem; doch genügt eine allzu starke Gefühlswallung, eine Erschöpfung, ein Verdruss, irgendein Schock, um sie gewissermaßen zu schrammen, und schon die winzigste Schramme ermöglicht jedwedes Eindringen. Auch die medizinische Wissenschaft hat festgestellt, dass man bei vollkommenem vitalen Gleichgewicht nicht erkrankt oder wenigstens irgendwie gegen Ansteckungen immun ist. Hast du dies Gleichgewicht, diese innere Harmonie, die die Hülle heil erhält, so schützt dich das vor allem. Es gibt solche Leute, die ein ganz gewöhnliches Leben führen, die richtig zu schlafen und richtig zu essen wissen, und ihre nervliche Hülle ist so unversehrt, dass sie alle Gefahren überstehen, als gingen sie sie gar nichts an. Das ist eine Fähigkeit, die man in sich heranbilden kann. Wird man sich der schwachen Stelle seiner Hülle bewusst, so genügen manchmal ein paar Minuten der Sammlung, des Herbeirufens der Kraft, des inneren Friedens, um das zu berichtigen, zu heilen und den Schaden zu beheben.

Worte der Mutter
Es ist recht auffällig, dass die Verdauungsfunktionen äußerst empfindlich auf eine kritische, unfreundliche, mürrische Haltung und ein hartes Urteil reagieren. Nur so viel braucht es, und schon ist die Verdauungstätigkeit gestört. Und es ist ein Teufelskreis: Je schlimmer die Verdauungsstörung, um so unfreundlicher, kritischer und angewiderter vom Leben, den Verhältnissen und Menschen wird man. Folglich kommt man da nicht heraus. Da gibt es nur eine Heilung, nämlich: aus dieser Haltung bewusst herausgehen, sie unbedingt ablehnen und unter ständiger Kontrolle eine willentliche Haltung grundgütiger Freundlichkeit bei sich durchsetzen. Versuche es, und du wirst sehen, dass dein Gesundheitszustand viel besser wird.

Kapitel 2
Wille, Disziplin, Ausdauer
Worte der Mutter
Wecke in deinem Selbst den Willen zu siegen. Nicht einen bloßen Willen im Mental, sondern einen Willen mitten in den Zellen deines Körpers. Ohne ihn kannst du nichts machen, das heißt, du kannst hundert Arzneien einnehmen, aber sie werden dich nicht heilen, wenn du nicht den Willen hast, die physische Krankheit zu überwinden.

Worte der Mutter
Der Körper wird gesund, wenn er beschlossen hat, gesund zu werden.

Worte der Mutter
Liebe Mutter, wie kann man Schmerz in Freude verwandeln?
Ah! Aber das ist nichts, was man tun sollte, meine Kinder. Ich werde euch bestimmt nicht die Methode geben! Das ist eine Perversion.
Das erste und unentbehrlichste Erfordernis ist, den Schmerz dadurch aufzuheben, dass man die Verbindung unterbricht. Seht ihr, man wird des Schmerzes bewusst, weil er da ist.
Zum Beispiel, ihr habt euch in den Finger geschnitten, davon ist ein Nerv in Mitleidenschaft gezogen, und so reagiert der Nerv schnell und meldet dem Gehirn dort oben, dass da etwas passiert ist, das nicht hätte sein dürfen. Das ist es, was euren Schmerz verursacht, um es euch zu Bewusstsein zu bringen, um euch zu sagen: „Hör‘ mal, da ist etwas nicht in Ordnung.“ Dann ist der Gedanke sofort besorgt: „Was ist nicht in Ordnung? Oh! Wie weh das tut.“ usw., usw. – Dann kehrt er zum Finger zurück und versucht, in Ordnung zu bringen, was noch nicht geschädigt ist. Für gewöhnlich legt man einen kleinen Verband an. Aber um keinen Schmerz mehr zu haben, wenn es sehr weh tut, müsst ihr ganz einfach durch Gedanken die Verbindung unterbrechen, indem ihr dem Nerv sagt: „Nun bleibe ruhig, du hast deine Arbeit getan, du hast mich gewarnt, du brauchst nicht länger irgendetwas zu sagen; ploff! Ich halte dich an.“ Und wenn ihr es richtig macht, leidet ihr nicht länger, es ist zu Ende, ihr habt den Schmerz vollkommen ausgeschaltet. Das ist das Beste. Es ist vollkommen dem vorzuziehen, euch zu sagen, dass es schmerzlich ist.

Worte Sri Aurobindos
Ich glaube nicht, dass Stottern irgend etwas mit einer schwachen Lunge zu tun hat, und es wird auch nicht durch eine Missbildung der Sprachorgane hervorgerufen – im Allgemeinen ist es eine nervliche Behinderung (physisch-nervös) und vollkommen heilbar. Mir ist kein besonderes Heilverfahren dafür bekannt – die Menschen haben verschiedene Mittel benutzt, um darüber hinwegzukommen; hinter all diesen aber steht das Erfordernis einer Willenskraft und geduldigen Disziplinierung des Sprechvermögens.

Worte der Mutter
Um geheilt zu werden, mein Kind, ist es nicht nur notwendig, mit all diesen unziemlichen Praktiken vollkommen aufzuhören, sondern es ist erforderlich, all diese ungesunden Begehren in deinen Gedanken und Gefühlen loszuwerden; denn es ist das Begehren, das die Organe beeinträchtigt und sie krank macht.

Worte der Mutter
Man denkt nur deshalb an die Heilung einer Krankheit, weil man leidet. Hätte sie keine unangenehmen Folgen für uns, würde man sie nicht zu heilen suchen. In der Ökonomie der Natur war also das erste Ziel des physischen Leidens, uns zu warnen, denke ich.
Leider mischt sich das Vital in die Angelegenheit; es macht ihm ein sehr perverses Vergnügen, das Leiden zu verstärken, es zum Schlimmeren zu wenden, zu verschärfen. Dadurch gerät dann das ganze System aus der Form, denn statt ein Signal zu werden, wird das Leiden bei manchem zu einem Anlass, seine Krankheit zu genießen, sich interessant zu machen und dann Gelegenheit zu haben, sich selbst zu bemitleiden, alles mögliche, das aus dem Vital kommt, wobei eins widerwärtiger ist als das andere. Ursprünglich war es aber wohl so: „Obacht!“ Nicht wahr, es ist wie ein Gefahrensignal: „Vorsicht, da ist etwas, das nicht mehr gut geht.“
Aber wenn man nicht sehr zimperlich ist, wenn man ein klein wenig Ausdauer hat und beschließt, nicht allzu sehr auf den Schmerz zu achten, ist es doch recht auffallend, dass der Schmerz nachlässt. Und bei einer Anzahl Krankheiten und physischen Unausgeglichenheiten wird der Kranke einfach deshalb wieder gesund, weil die Wirkung, das heißt der Schmerz, beseitigt wird. Meistens kommt die Krankheit wieder, weil die Ursache immer noch da ist. Findet man die Krankheitsursache und wirkt man daraufhin direkt auf die Ursachen ein, kann man von Grund auf geheilt werden. Ist man dazu aber nicht in der Lage, dann kann man diesen Einfluss auf den Schmerz, diese Kontrolle über ihn nutzen, um – durch Unterdrückung oder Beseitigung des Schmerzes oder indem man ihn in sich selbst meistert – eine Wirkung auf die Krankheit auszuüben.

Kapitel 3
Beschäftigung mit Krankheit
Worte der Mutter
Du darfst keine Angst haben. Die meisten Schwierigkeiten und Probleme kommen von der Angst. In der Tat ergeben sich neunzig Prozent aller Krankheiten aus der unterbewussten Angst im Körper. Im normalen Körperbewusstsein steckt eine mehr oder weniger verborgene Ängstlichkeit vor den Folgen der geringsten physischen Störung. Sie kann sich als Zweifeln an der Zukunft in den Worten „Und was wird geschehen?“ äußern. Dieser Ängstlichkeit muss Einhalt geboten werden. In Wirklichkeit ist sie ein Mangel an Vertrauen in die Gnade des Göttlichen, das unmissverständliche Zeichen, dass die Weihung nicht vollständig und vollkommen ist.
Als praktische Hilfe, diese unterbewusste Angst zu überwinden, sobald etwas von ihr an die Oberfläche dringt, muss der erleuchtete Teil des Wesens dem Körper dreierlei einschärfen: die Notwendigkeit eines völligen Vertrauens in die Göttliche Gnade, die Gewissheit, dass diese Gnade immer am Werk ist zum Besten in uns und in allen, und die Entschlossenheit, sich dem Göttlichen Willen ganz und rückhaltlos zu unterwerfen.
Der Körper muss erkennen und davon überzeugt werden, dass seine Substanz göttlich ist und dass nichts uns etwas anhaben kann, wenn dem Göttlichen Wirken kein Hindernis in den Weg gelegt wird. Dieser Vorgang muss stetig wiederholt werden, bis die Angst nicht wieder auftritt. Und dann, auch wenn sich die Krankheit einstellen kann, wird ihre Stärke und Dauer doch erheblich eingeschränkt sein, bis sie endgültig besiegt ist.

Worte der Mutter
Du hast vielleicht gehört, dass gewisse körperliche Beschwerden sehr schmerzhaft sind. So etwas wird oft erzählt. Du baust dann eine Formation aus Angst auf und befindest dich in Erwartung des Schmerzes. Und der Schmerz kommt, auch wenn es gar nicht sein muss.
Doch für den Fall, dass er nun einmal da ist, kann ich dir eines sagen: Wenn das Bewusstsein nach oben gerichtet ist, verschwindet der Schmerz. Ist es nach unten gerichtet, fühlt man den Schmerz, er wird sogar stärker. Wenn man mit der Wendung nach oben und nach unten experimentiert, stellt man fest, dass die körperliche Beschwerde als solche mit dem Schmerz gar nichts zu tun hat. Obwohl der Körper vielleicht sehr oder gar nicht leidet, kann sein Zustand genau derselbe sein. Die Richtung des Bewusstseins macht den Unterschied aus.
Ich sage „nach oben gerichtet“, denn sich dem Göttlichen zuzuwenden, ist die beste Methode, doch kann ganz allgemein gesagt werden, dass der Schmerz aufhört, wenn man das Bewusstsein vom Schmerz weg auf die Arbeit oder auf etwas richtet, das einen interessiert.
Und nicht nur der Schmerz, sondern jeder beliebige Schaden an einem Organ kann viel leichter in Ordnung gebracht werden, wenn das Bewusstsein von der Störung abgezogen wird und man dem Göttlichen gegenüber offen ist. Da ist der Sat-Aspekt des Göttlichen – das reine höchste Sein über oder jenseits oder hinter dem Kosmos. Wenn du mit ihm in Verbindung bleiben kannst, können alle physischen Beschwerden beseitigt werden.

Worte der Mutter
Mein Rat ist, sich keine Gedanken zu machen. Je mehr du daran denkst, je mehr du dich darauf konzentrierst und vor allem, je mehr du Angst hast, desto mehr gibst du der Sache eine Chance, zu wachsen.
Wendest du dagegen deine Aufmerksamkeit und dein Interesse anderswo hin, vergrößerst du die Möglichkeiten der Heilung.

Worte der Mutter
Als ich zwanzig war, sagte mir ein Arzt, dass es in Fällen von Magen- und Darmbeschwerden das Beste sei, normal weiter zu essen und sich um die Beschwerden nicht zu kümmern. Er sagte: „Wenn Sie Säure haben, wird es von jedem Essen kommen, das Sie zu sich nehmen, und je mehr Sie sich darüber Sorgen machen, um so schlimmer wird es. Wenn Sie weiter Ihre Nahrung verändern, werden Sie am Ende feststellen, dass Sie nicht einmal einen Tropfen Wasser mehr trinken können, ohne Beschwerden zu bekommen. Aber wenn Sie sich normal verhalten und sich nicht darum kümmern, werden Sie wieder in Ordnung kommen.“
Und ich habe festgestellt, dass sein Rat ganz richtig war.

Worte der Mutter
Bei der Wirkung der Nahrung auf den Körper gehören neunzig Prozent dem Denkvermögen.

Worte der Mutter
Physische Beschwerden kommen immer als Lektion, um Gleichmut zu lehren und zum Vorschein zu bringen, was in uns genug rein und lichtvoll ist, um unberührt zu bleiben. Im Gleichmut findet man das Heilmittel.

Worte der Mutter
Quäle dich nicht, mach dir keine Sorgen; versuche vor allem die Angst zu bannen; Angst ist etwas Gefährliches; sie kann einer Sache Bedeutung verleihen, die überhaupt keine hat. Die bloße Angst davor, dass gewisse Symptome sich wiederholen könnten, genügt schon, um diese Wiederholung herbeizuführen.
