Kapitel 19

Theons Ärger

Worte der Mutter

Satprem erinnert sich, dass Mutter ihm vor einigen Jahren über die Umstände dieses Vorfalls berichtet hatte: während ihrer Arbeit in Trance entdeckte Mutter den Ort des ‚Mantra des Lebens‘, – des Mantras, welches die Macht besitzt Leben zu erschaffen (und ebenfalls – es zurückzunehmen). Theon, eine Inkarnation des Asuras des Todes, war natürlich ziemlich daran interessiert und forderte Mutter auf, dieses Mantra für ihn zu wiederholen. Mutter weigerte sich. Theon wurde furchtbar ärgerlich, und die Verbindung wurde gekappt (der Link, der Mutter mit ihrem Körper verband). Als er die Katastrophe erkannte, die sein Ärger verursacht hatte, bekam Theon Angst (weil er wusste, wer die Mutter war), und, wie Mutter erzählte, benutzte er all seine Kraft um ihr zu helfen, wieder in ihren Körper zurückzukommen. Später gab Mutter dieses Mantra Sri Aurobindo, … der es ruhig in Vergessenheit geraten ließ. Denn das Geheimnis des Lebens (oder Todes) wird nicht durch ein Mantra beherrscht, sondern durch Kenntnis der wahren Kraft, – mit anderen Worten – letztendlich der Kenntnis der Gegebenheiten von Materie und des Mechanismus des Todes (es ist der ganze Yoga der Zellen von Sri Aurobindo und Mutter).

(Es war in Tlemcen, in Algerien. Während Mutter in Trance war, verursachte Theon durch eine ärgerliche Regung die Kappung des Links, der Mutter mit ihrem Körper verband. Er war ärgerlich, weil Mutter, die sich in einer Region befand, in der sie das ‚Mantra des Lebens‘ sah, sich weigerte, ihm dieses Mantra zu nennen. Angesichts des unermesslichen Resultats seines Ärgers fing Theon sich wieder, und es brauchte all Mutters Kraft und Theons ganzes okkultes Wissen, um Mutter wieder in ihren Körper eintreten zu lassen, – was eine sehr schmerzvolle Friktion im Moment ihres Wiedereintritts verursachte, vielleicht die Art Reibung, die neugeborene Kinder schreien lässt.)

Einmal, als ich mit Theon in Tlemcen war (dies fand zweimal statt, aber ich bin mir über das zweite Mal nicht sicher, weil ich allein war), befand sich mein Körper in einem kataleptischen Zustand und ich war in einer bewussten Trance… Es war eine bestimmte Art von Katalepsie in dem Sinne, dass mein Körper sprechen konnte, obschon sehr langsam, – Theon hatte mich dies gelehrt. Es ist möglich, weil das ‚Leben der Form‘ immer bleibt (es benötigt sieben Tage, um den Körper zu verlassen), und es kann sogar darin trainiert werden, den Körper zu bewegen. – Das Wesen ist nicht länger da, aber das Leben der Form veranlasst den Körper sich zu bewegen (auf alle Fälle Worte zu äußern). Jedoch ist dieser Zustand nicht gefahrlos, wie sich zeigte, als ich in Trance arbeitete. Und die Schnur – ich weiß nicht, wie ich sie nennen soll – aus irgendeinem Grund (an den ich mich nicht länger erinnere, für den aber offensichtlich eine Nachlässigkeit Theons, der anwesend war um über mich zu wachen, verantwortlich war) gekappt wurde! Die Verbindung wurde übelwollend zerrissen, und als es Zeit war, und ich in meinen Körper zurückkehren wollte, konnte ich nicht wieder in ihn eintreten. Aber ich konnte ihn immer noch warnen: ‚Die Schnur ist zerrissen‘. Dann setzte er seine Macht und sein Wissen ein, um mir beim Wiedereintreten zu helfen, – aber es war kein Spaß! Es war sehr schwierig. Und es war hier, dass ich die Erfahrung der zwei verschiedenen Zustände hatte, weil der Teil, der hinausgegangen war, jetzt keine Unterstützung des Körpers hatte, – der Link war gekappt. Dann wusste ich. Natürlich, ich befand mich in einem besonderen Zustand; ich führte mit meiner ganzen vitalen Kraft eine vollständig bewusste Arbeit aus und hatte nicht nur die Kontrolle über meine Umgebung, sondern… Du siehst, was geschieht, ist eine Art Umkehrung des Bewusstseins: du fängst an zu einer anderen Welt zu gehören; du fühlst es ganz deutlich. Theon forderte mich sofort auf mich zu konzentrieren (ich fand es sehr interessant – Mutter lacht, – ich machte Experimente und bereitete mich darauf vor abzuwandern, aber er hatte schreckliche Angst, dass ich seinetwegen sterben würde!). Er bat mich, mich zu konzentrieren, deshalb konzentrierte ich mich auf meinen Körper.

Als ich wieder in ihn eintrat, schmerzte es furchtbar – ein unerträglicher Schmerz wie ein Abtauchen in eine Hölle.

In eine…?

In eine Hölle (Mutter lacht).

Es war schrecklich. Es dauert nicht lange an.

Er ließ mich ein halbes Glas Cognac trinken (immer ließ er mich täglich nach der Trance etwas trinken, weil ich für mehr als eine Stunde in Trance arbeitete, was normalerweise eine verbotene Praxis ist). Nach wie vor bin ich mir ziemlich sicher, dass dies mit jemand anderem als mir und ihm das Ende gewesen wäre. Ich wäre nicht wieder hineingekommen.

Worte der Mutter

Es war nicht beim ersten Mal; als ich mit Theon in Tlemcen arbeitete (beim zweiten Mal dort), stieg ich in das totale, unpersönliche – das heißt unindividualisierte – Nichtbewusste hinab (es war zu der Zeit, als er mich aufforderte das Mantra des Lebens zu finden). Und dort fand ich mich vor etwas Gewölbeähnlichem oder einer Grotte wieder (natürlich ähnelte es diesen nur), und als sich eine Öffnung auftat, sah ich ein Wesen aus irisierendem Licht, das zurückgelehnt, mit dem Kopf auf der Hand fest schlief. Alles Licht um es herum irisierte. Als ich Theon erzählte, was ich sah, sagte er, es sei ‚der immanente Gott in den Tiefen des Nichtbewussten‘, der durch seine Ausstrahlungen langsam das Nichtbewusste zu Bewusstsein erweckte.

Aber dann ereignete sich ein bemerkenswertes Phänomen: als ich ihn anschaute, wachte er auf, öffnete seine Augen und zeigte das Beginnen bewussten, wachen Handelns.

Ich habe den Abstieg in das Nichtbewusste viele Male erlebt (du erinnerst dich: eines Tages warst du da, als es geschah, – es hatte mit göttlicher Liebe zu tun). Diese Erfahrung des Hinabsteigens bis auf den Grund des Nichtbewussten und das Finden des Göttlichen Bewusstseins, der Göttlichen Gegenwart dort, in der einen oder anderen Form. Es ist ziemlich häufig geschehen.

Aber ich kann nicht sagen, dass es mein Vorgehen ist, zuerst dorthin hinabzusteigen, wie du schreibst. Vielmehr kann dies nur die Vorgehensweise sein, wenn du SCHON bewusst und identifiziert bist; dann ZIEHST DU die Kraft HERAB (‚man veranlasst sie herab zu kommen‘, wie Sri Aurobindo sagt) für die Transformation. Dann treibt man mit dieser Transformierung [die Kraft wie einen Drill] in die Tiefe. Die Beschreibung der Rishis von dem, was als Nächstes passiert, ist absolut wahr: ein gewaltiger Kampf bei jedem Schritt. Und es würde wohl unmöglich sein, den Kampf zu wagen, ohne vorher die Verbindung nach oben erfahren zu haben.

Worte der Mutter

Theon war der Vibhuti des Gottes des Todes.

Es ist eine wundervolle Geschichte, die vielleicht eines Tages erzählt werden wird, … wenn es keine Asuras mehr gibt. Dann kann sie erzählt werden.

Jedenfalls war Theon der Anlass, dass ich das ‚Mantra des Lebens‘ entdeckte, das Mantra, welches Leben verleiht. Und er wollte, dass ich es ihm mitteilte, er wollte es unbedingt haben, – es war etwas Gewaltiges! Es war das Mantra, das Leben gibt (es kann jedermann wieder zum Leben erwecken, aber das ist nur ein kleiner Teil seiner Macht). Und es war an einem besonderen Ort eingeschlossen, versiegelt, mit meinem Namen in Sanskrit darauf. Ich kannte Sanskrit zu der Zeit nicht, aber er schon; und als er mich zu jenem Ort leitete, erzählte ich ihm, was ich sah: ‚Es gibt dort ein bestimmtes Design, es muss Sanskrit sein.‘ (Ich konnte die Lettern als Sanskrit erkennen.) Er sagte mir, ich solle erklären, was ich dort sah, und ich tat es. Es war mein Name, Mirra, in Sanskrit geschrieben. – Das Mantra war für mich bestimmt, und nur ich konnte es öffnen. ‚Öffne es und sage mir, was dort steht‘, sagte er. (Dies alles geschah, während ich mich in einer kataleptischen Trance befand.) Sofort WUSSTE dann etwas in mir, und ich antwortete: ‚Nein‘ und las es ihm nicht vor.

Ich fand es wieder, als ich bei Sri Aurobindo war, und ich gab es Sri Aurobindo.

Aber das ist noch eine andere Geschichte.