Sri Aurobindo Digital Edition
  • Home
  • SRI AUROBINDO
  • DIE MUTTER
  • KOMPILATIONEN
  • ALLES LEBEN IST YOGA
  • ALL LIFE IS YOGA
  • ANDERE AUTOREN
  • SUCHEN
  • IMPRESSUM
  1. ALLES LEBEN IST YOGA
  2. Liebe – Glorie aus den Sphären der Ewigkeit

Kapitel 2

Liebe zwischen zwei Menschen

Worte der Mutter

Kann eine Person eine andere wirklich lieben, bevor die menschliche Natur transformiert ist?

Eine andere lieben? Ich habe da gesagt, dass es unmöglich sei. Ich sagte, wenn man wissen wolle, was Liebe ist, müsse man das Göttliche lieben. Dann hat man eine Chance, zu erfahren, was Liebe ist. Ich sagte, dass man dem gleicht, was man liebt. Wenn man also das Göttliche liebt, wird man allmählich durch diese Bemühung der Liebe dem Göttlichen immer ähnlicher, und dann kann man sich mit der göttlichen Liebe vereinen und erfahren, was das ist, sonst kann man es nicht.

Zwangsläufig besteht eine wie auch immer geartete Liebe zwischen zwei Menschen immer aus Unwissenheit, Unverständnis, Unvermögen und jenem schrecklichen Gefühl des Getrenntseins. Es ist, als wolle man in die Strahlung eines einzigartigen Glanzes treten und zöge als erstes einen Vorhang, zwei Vorhänge, drei Vorhänge zwischen sich und diesem Glanz zu, und man ist sehr erstaunt, dass man nur einen verschwommenen Eindruck bekommt und nicht die Sache selbst. Als erstes muss man die Vorhänge beseitigen, sie alle wegnehmen, da durchgehen und vor dem Glanz stehen. Und dann wirst du erfahren, was der Glanz ist. Aber wenn du Schleier auf Schleier zwischen dir und ihm aufhäufst, wirst du ihn nie sehen. Man kann so einen kleinen, verschwommenen Eindruck haben: „Ach, da ist etwas!“ Aber das ist auch alles.

Worte der Mutter

Liebe Mutter, welche Art von Liebe haben Eltern für ihre Kinder?

Welche Art? Eine menschliche Liebe doch wohl! Wie alle menschlichen Lieben: entsetzlich vermischt, mit allem möglichen. Das Bedürfnis zu besitzen, ein furchtbarer Egoismus. Zunächst muss ich sagen, dass man ein wunderbares Bild entworfen hat... Man hat viele Bücher geschrieben, man hat wunderbare Dinge über die Liebe einer Mutter für ihre Kinder gesagt. Ich versichere dir, dass abgesehen von der Fähigkeit, über das Thema in blumiger Ausschmückung zu reden, die Liebe der höheren Tiere wie etwa die ... nun, der Säugetiere für ihre Jungen, garantiert genau die gleiche Natur besitzt: die gleiche Aufopferung, die gleiche Selbstvergessenheit, die gleiche Selbstverleugnung, die gleiche Sorge für die Erziehung, die gleiche Geduld, die gleiche... Ich habe einfach wunderbare Sachen gesehen, und wenn man das aufgeschrieben und es dem Charakter einer Frau zugeordnet hätte statt einer Katze, hätte man großartige Romane schreiben können, und die Leute hätten gesagt: „Was für eine Gestalt! Wie aufopfernd die Frauen doch sind in ihrer Mutterliebe!“ Ganz genau das gleiche. Nur konnten die Katzen keine blumige Sprache verwenden. Das ist alles. Sie konnten keine Bücher schreiben und keine Reden halten, das ist der einzige Unterschied. Aber ich habe einfach ganz erstaunliche Dinge gesehen. Und diese Art von Selbsthingabe und Selbstvergessenheit kommt mit der Liebe. Doch die Menschen... Nach allem, was ich studiert habe, glaube ich wirklich, dass die Reinheit bei den Tieren vielleicht größer ist, weil sie nicht denken, während die Menschen mit ihrer mentalen Macht, ihrer Fähigkeit nachzudenken, zu überlegen, zu argumentieren, zu analysieren, zu studieren, all das – ach, sie verderben die schönste Regung. Sie fangen an zu berechnen, zu urteilen, zu zweifeln, zu organisieren.

Nimm zum Beispiel den Fall der Eltern. Selbst auf die Gefahr hin, nun in deinem Bewusstsein mit vielen Illusionen aufzuräumen, muss ich dir etwas über den Ursprung der Liebe sagen, die eine Mutter für ihr Kind empfindet. Sie entsteht, weil dieses Kind aus ihrer eigenen Substanz gemacht ist und weil die materielle Verbindung, die substanzielle Verbindung zwischen Mutter und Kind recht lange, relativ lange, äußerst eng ist – es ist, als wäre ein Stück Fleisch aus ihr herausgenommen und in einiger Entfernung getrennt niedergelegt worden –, und erst viel später wird die Bindung zwischen den beiden vollständig durchtrennt. Es ist so etwas wie ein Band, eine subtile Empfindung, so dass die Mutter genau spürt, was das Kind fühlt, als ob das Gefühl in ihr selbst wäre. Das ist die materielle Basis der mütterlichen Zuneigung für das Kind. Es ist eine Basis materieller Identität, nichts anderes. Gefühl kommt viel später (es kann auch früher kommen, das liegt am einzelnen), aber ich spreche von der Mehrzahl der Menschen: Gefühl kommt erst lange nachher, und es ist bedingt. Es gibt alles mögliche... Ich könnte stundenlang mit dir über dieses Thema sprechen. Dennoch darf dies nicht mit Liebe verwechselt werden. Es ist eine materielle Identifikation, so dass die Mutter innig, ganz konkret und greifbar spürt, was das Kind fühlt: Wenn das Kind gestoßen wird, dann spürt das die Mutter. Dies dauert mindestens zwei Monate.

Das ist die Grundlage. Das Übrige stammt aus der Natur der Menschen, aus ihrem Entwicklungsstand, aus ihrem Bewusstsein, aus ihrer Erziehung und aus ihrer Empfindungsfähigkeit. Das gesellt sich noch dazu, und dann auch noch alle gesellschaftlichen Einflüsse, aus denen Romane entstehen – denn die Menschen sind glänzend in der Gestaltung von Romanen. Sie machen aus allem einen Roman. Sie haben ihr Mental dazu benutzt, um Imaginationen zu bilden, die in der Luft zirkulieren und die man so aufschnappt. Die einen erwischen also welche von der einen Sorte und die anderen von der anderen Sorte, und weil die Imagination eine Antriebskraft ist, beginnt man damit tätig zu werden, und schließlich lebt man einen Roman in seinem Leben, sofern man nur Einbildungskraft hat. Das hat absolut nichts mit dem wahren Bewusstsein, mit dem seelischen Wesen, zu tun, überhaupt nichts.

Kapitel 3

Die Liebe der Tiere für den Menschen

Worte der Mutter

Was ist das für eine Liebe, die die Tiere für die Menschen empfinden?

Es ist fast dieselbe wie jene von recht unintellektuellen Menschen für das Göttliche. Sie besteht aus Bewunderung, Vertrauen und einem Gefühl der Sicherheit. Bewunderung: Es scheint dir etwas wirklich sehr Schönes zu sein. Und es ist nicht bewusst erdacht: eine Bewunderung von Herzen sozusagen, spontan. Hunde zum Beispiel haben dies in einem sehr hohen Grad. Und dann, Vertrauen – natürlich ist dies manchmal mit anderen Dingen vermischt: mit dem Gefühl einer Notwendigkeit und Abhängigkeit, denn jene Person ist es, die mir zu essen geben wird, wenn ich Hunger habe, mir Schutz geben wird, wenn es stürmt und regnet, sich um mich kümmern wird. Dies ist nicht die schönste Seite. Und dann wird es leider vermischt (und ich denke – ich halte es ganz für den Fehler des Menschen) mit einer Art Angst, einem Gefühl der Abhängigkeit und einer Art Angst vor etwas, was viel stärker ist, viel bewusster, viel..., was dich schädigen kann, und du hast nicht die Kraft, dich zu wehren. Es ist schade, aber ich glaube, es ist ganz und gar der Fehler des Menschen.

Aber wenn Menschen wirklich die Liebe der Tiere verdienten, würde sie seitens der Tiere eine Empfindung des Wunderbaren und der Geborgenheit sein. Es ist etwas sehr Schönes, dieses Gefühl der Geborgenheit, etwas, was dich zu schützen vermag, dir alles geben kann, was du brauchst, und in dessen Nähe du stets Zuflucht finden kannst.

Tiere haben ein ganz rudimentäres Mental. Sie werden nicht von ständigen Gedanken geplagt wie die Menschen. Zum Beispiel empfinden sie eine spontane Dankbarkeit für Freundlichkeit ihnen gegenüber, während die Menschen, achtundneunzigmal von hundert, zu überlegen beginnen und fragen, welches Interesse man daran haben könnte, gut zu sein. Dies ist eines der großen Übel der mentalen Aktivität. Tiere sind davon frei, und wenn man ihnen gegenüber freundlich ist, sind sie einem dankbar dafür, spontan. Und sie haben Vertrauen. Ihre Liebe besteht daraus, und sie wird zu einer sehr starken Gebundenheit, einem unwiderstehlichen Verlangen, in deiner Nähe zu sein.

Es gibt noch etwas anderes. Wenn der Meister wirklich ein guter Meister ist und das Tier treu, so findet ein Austausch von psychischen und vitalen Kräften statt, ein Austausch, der für das Tier zu etwas Wunderbarem wird, ihm eine intensive Freude gibt. Wenn sie dir auf diese Weise gern ganz nahe sind, wenn du sie hältst, so vibrieren sie im Inneren. Die Kraft, die man ihnen gibt – die Kraft der Zuneigung, der Zärtlichkeit, des Schutzes usw. –, sie spüren das, und es schafft in ihnen eine tiefe Bindung. Und in einigen der höheren Tierarten wie Hunden, Elefanten und selbst Pferden schafft es sogar recht leicht einen bemerkenswerten Drang zu liebevoller Hingabe (welche in der Tat durch all das Überlegen und Argumentieren des Mentals vereitelt wird), die spontan und sehr rein in ihrer Essenz ist, etwas, was wirklich sehr schön ist.

Die Funktion des Mentals im Menschen in seiner rudimentären Form, seine erste Manifestation, hat viele Dinge verdorben, die vorher viel reiner waren.

Natürlich können die Dinge einen viel höheren Wert annehmen, wenn der Mensch zu einem höheren Niveau aufsteigt und richtigen Gebrauch von seiner Intelligenz macht, aber er macht sie zu einem Instrument der Berechnung, Beherrschung, Täuschung, und dort wird sie sehr hässlich. Ich habe in meinem Leben Tiere gekannt, die ich für viel höher erachtete als eine große Zahl von Menschen, denn eben jene üble Berechnung, jener Wunsch, zu betrügen und Profit zu machen, war in ihnen nicht vorhanden.

Kapitel 4

Liebe auf den ersten Blick und die Ehe

Worte der Mutter

Liebe Mutter, warum fühlt man sich auf den ersten Blick von bestimmten Menschen angezogen und gegen andere empfindet man eine heftige Abneigung?

Meist beruht dies auf vitalen Ähnlichkeiten, auf nichts anderem. Manche vitale Schwingungen harmonieren miteinander und andere nicht. Dies ist es im Allgemeinen, nichts anderes. Es ist die vitale Chemie.

Man müsste in einem viel tieferen und hellsichtigeren Bewusstsein leben, damit dies etwas anderes sein kann. Es gibt eine innere Wahrnehmung, die auf einem seelischen Bewusstsein beruht, das einen spüren lässt, wer dieselbe Aspiration hat, dasselbe Ziel und wer ein Weggefährte sein kann; und diese Wahrnehmung macht einen auch hellsichtig für die, die einen ganz anderen Weg gehen oder die in sich Kräfte haben, die einem feindlich sind und einem in der Entwicklung schaden können. Aber um zu einer solchen Wahrnehmung zu gelangen, sollte man selbst ausschließlich mit seinem spirituellen Fortschritt und seiner vollständigen Verwirklichung befasst sein. Nun ist dies aber nicht oft der Fall. Und wenn man zu dieser inneren Hellsichtigkeit gelangt ist, zeigt sich dies meist auch nicht durch Anziehung oder Abneigung, sondern durch ein sehr „objektives“ Wissen, so könnte man sagen, und eine Art innerer Gewissheit, die einen ruhig und überlegt handeln lässt, nicht jedoch mit Anziehungen und Abneigungen.

Man kann also allgemein und fast unbedingt sagen, dass die, die sehr deutliche und impulsive Sympathien und Antipathien haben, in einem vitalen Bewusstsein leben. Es können sich Ähnlichkeiten mentaler Art damit vermischen; das heißt, es gibt Kopfmenschen, die gern Beziehungen mit gemeinsamen Aktivitäten pflegen, aber auch da sind es Leute, die auf einem viel höheren intellektuellen Niveau leben, und dies zeigt sich auch durch eine relative Lockerheit in den Beziehungen und durch etwas viel Ruhigeres und Gelösteres. Es macht einem Spaß, mit bestimmten Personen zu reden, und andere haben überhaupt keinen Reiz, man findet da nichts Vorteilhaftes. Es ist etwas distanzierter und ruhiger; dies gehört mehr zur Welt der Vernunft. Aber Antipathie und Sympathie gehören eindeutig der vitalen Welt an. Also, es gibt eine vitale Chemie wie es eine physische Chemie gibt: Es gibt Körper, die sich abstoßen, und es gibt Körper, die sich anziehen; es gibt Substanzen, die sich verbinden, es gibt andere, die explodieren, und das ist nun einmal so. Es gibt vitale Schwingungen, die zusammenpassen, und die so sehr zusammenpassen, dass diese Sympathien zu neunundneunzig Prozent für Liebe gehalten werden, wie die Menschen es nennen, und dass sie plötzlich spüren: „Oh der! Auf den habe ich gewartet. Oh die! Die habe ich gesucht!“ (lachend), und sie stürzen aufeinander zu, bis sie merken, dass es sehr oberflächlich war und dass es Dinge sind, die nicht dauern können. Darum ist der erste Rat, den man denen gibt, die Yoga machen wollen: „Erhebt euch über Sympathien und Antipathien.“ Das ist etwas, das keine tiefe Wirklichkeit hat und das einen zumindest manchmal in fast unüberwindliche Schwierigkeiten bringen kann. Man kann mit diesen Dingen sein Leben ruinieren. Und das beste ist, dies unbeachtet zu lassen, in sich selbst ein wenig zurückzutreten und sich zu fragen, aus welchem – nicht sehr geheimnisvollen – Grund man mit dem einen gern und mit dem anderen nicht gern zusammenkommt.

Aber ich meine, es gibt einen Augenblick, wenn man ausschließlich mit seiner Sadhana beschäftigt ist, in dem man fühlen kann (aber viel subtiler und zugleich viel ruhiger), dieser Kontakt ist für die Sadhana günstig und der andere Kontakt ist schädlich. Aber dies nimmt immer eine sozusagen viel „lockerere“ Form an, und es steht oft sogar im Widerspruch zu den sogenannten Anziehungen und Abneigungen des Vitalen; sehr oft hat dies nichts mit ihnen zu tun.

Es ist also das Beste, dies aus einer gewissen Entfernung zu betrachten und sich wegen der Belanglosigkeit dieser Dinge eine kleine Predigt zu halten.

Es gibt offensichtlich Naturen, die fast von Grund auf schlecht sind, Wesen, die von Geburt an böse sind und gern Böses tun, und es ist logisch, wenn man in einem natürlichen, nicht pervertierten Zustand lebt wie die Tiere (denn so gesehen sind sie dem Menschen weit überlegen; die Pervertierung beginnt mit der Menschheit), dann hält man sich fern, wie man sich von etwas durch und durch Schädlichem fernhält. Aber zum Glück sind diese Fälle nicht sehr häufig, und im Leben begegnet man meistens sehr gemischten Naturen, bei denen es sozusagen eine Art Gleichgewicht zwischen dem Guten und dem Schlechten gibt, und man kann damit rechnen, dass man zugleich gute und schlechte Beziehungen hat. Es gibt keinen Grund, eine tiefe Antipathie zu fühlen, denn, da man selbst gemischt ist (lachend), gleich zu gleich gesellt sich gern!

Also, wenn man sich im spirituellen Sinn entwickeln will, muss man im Grunde genommen als erstes seine Antipathien ... und seine Sympathien überwinden. Betrachte dies alles mit einem Lächeln.

Worte Sri Aurobindos

Frage an Sri Aurobindo: X wollte wissen, welche Haltung ein Mann, der das höchste spirituelle Leben anstrebt, gegenüber der Heirat annehmen soll. X meint, dass er den Sexualtrieb hat und nicht nur bei Unterdrückung Zuflucht nehmen will.

Es ist eine sehr feinfühlige Sache, darauf zu antworten. Vielleicht kann man folgende Punkte mitteilen:

1. Was man gewöhnlich unter sexueller Anziehung versteht, ist hauptsächlich eine Anziehung zwischen Mann und Frau auf der vitalen und physischen Ebene. Sie wird gewöhnlich mit Gefühlen und Empfindungen vermischt und beinahe immer für Liebe oder seelische Beziehung gehalten.

2. Für jene, die das Leben ganz aufgeben wollen – das heißt, für Sanyasins (Asketen) usw. – kommt Heirat im üblichen Sinn überhaupt nicht in Frage. Denn sie gehört zu den hauptsächlichsten Dingen, die einen Mann heftig mit dem Leben verknüpfen. Von Natur aus hat die Frau die stärkere Neigung, sich an das Leben zu klammern. Im Allgemeinen zieht sie den Mann herab und bindet ihn an das Leben. Dies liegt in der Absicht der Natur, um die Menschenart und das Leben weiter zu erhalten.

3. Das andere ist ein Zusammentreffen des seelischen Wesens von Mann und Frau – eine Vereinigung von Seele mit Seele. Dies ist natürlich schwer zu erreichen.

Der erste Punkt bezieht sich auf das gewöhnliche Leben auf der vitalen und physischen Ebene.

Im höheren Leben gibt es zwei Wesensformen, zwei Abstufungen, wie Mann und Frau sich begegnen. Eine ist die seelische Vereinigung, die andere die spirituelle Vereinigung.

Der Mann, der ein hohes Ideal anstrebt – der Dichter, der Künstler, hat ein entwickeltes seelisches Wesen. Im gewöhnlichen Mann ist es unentwickelt. Für einen seelisch entwickelten Mann ist es einigermaßen schwierig, die richtige Frau zu finden. Aber wenn solch eine Vereinigung stattfindet, ist sie für beide eine große Hilfe.

Aber seine Frage wird sein, wie er die richtige Frau zum Heiraten finden soll.

Dabei kann es keine festen und engen Regeln geben. Man muss alles durch eine innere Wahrnehmung herausfinden.

Selbst wenn die Vereinigung des Seelischen zwischen den beiden stattfindet, können immer noch der mentale, vitale oder physische Wesensteil des einen mit jenem des anderen zusammenstoßen, und es kann sein, dass der Gewinn, den man durch das seelische Wesen erhalten hat, durch diese Disharmonie verdorben wird. Wenn aber das seelische Wesen in beiden überwiegt, dann können sich diese Schwierigkeiten in beiden allmählich klären. Am allerschwierigsten ist es, die spirituelle Beziehung zwischen Mann und Frau zu erreichen. Wenn der Mann, der das höhere Leben anstrebt, der Sucher nach dem göttlichen Bewusstsein – der Purusha -, die richtige Frau findet, die Frau, die seine Shakti (Kraft) ist, dann wird sein spirituelles Leben, das Leben, das er manifestieren soll, bereichert und vollständig werden. Auch in diesem Fall ist die seelische Vereinigung der beiden da.

Im Fall jener, die als Anfang die richtige seelische Vereinigung erreicht haben, kann sich die spirituelle Beziehung allmählich bilden und manifestieren.

Bei der spirituellen Einswerdung muss die Frau, welche die Shakti ist, eine wirkliche Kraft sein – das heißt, eine kraftvolle Persönlichkeit, die die Hilfe des Purusha auf die richtige Weise empfangen kann. Jeder muss für den anderen eine echte Hilfe sein: Diese Art der Beziehung ist am schwierigsten zu erreichen. Die Schwierigkeiten tauchen bei dem Sadhaka auf; für den Siddha (die vervollkommnete Seele) gibt es keine Schwierigkeiten. Wenn seine Shakti da ist, weiß er, wo sie ist, und wird sie finden.

Ist die Shakti für den supramentalen Yoga nötig?

Für den Yoga ist die Shakti nicht notwendig: auch ohne sie können vollständiges Wissen, Bewusstsein, Kraft und Ananda erlangt werden. Aber wenn diese Seinsweisen in das Leben gebracht werden und dort verkörpert werden sollen, wird die Shakti notwendig. Ist sie nicht da, kann der Mann das Wissen, die Kraft, das Ananda und alles andere in sich nicht in das Leben bringen. In dem Fall kann er nur den Weg für das Werk vorbereiten, um es in einer zukünftigen Zeit zu vollenden.

Angenommen ein Mann, der nach dem spirituellen Leben strebt, heiratet. Was würde ihm geschehen?

Wenn solch ein Mann heiratet, können drei Dinge passieren:

1. Ist es eine gewöhnliche Heirat, kann es sein, dass er zusätzlich zu den Sorgen, Ängsten und Verpflichtungen, mit denen er beladen ist, auf eine niedere Bewusstseinsstufe herabgezogen wird. In diesem Fall könnte er die Aspiration nach dem höheren Leben verlieren und vollständig durch den Einfluss der Frau verändert werden.

2. Es könnte sein, dass er durch die Heirat spirituell vollständig ruiniert wird.

3. Oder es kann eine große Hilfe für ihn sein, wenn er die richtige Frau findet.

Du kannst X schreiben, dass Sri Aurobindo nicht an Heirat glaubt, wie sie in der gegenwärtigen Gesellschaft und als Institution existiert. Er empfiehlt niemandem, zu heiraten oder nicht zu heiraten; jeder muss sich selbst entscheiden.

Bei Leuten, die nach einer Art höheren Lebens suchen, und dabei wieder besonders bei jenen, die ein starkes vitales Wesen haben, ist es verbreitet, eine Neigung zu vitalen Freuden und vitalen Beziehungen zu Frauen zu haben. Sri Aurobindo hat dagegen nichts einzuwenden, wenn es als Erfahrung und Wahrnehmung dient. Nur müssen sie im Leben eines Yogi in die Regungen der Höheren Natur umgewandelt werden.

Zur Hochzeit

Worte der Mutter

...Natürlich ist die ganze Idee der Ehe amüsant, weil ich die Sache für kindisch halte.

Du weißt, dass es in Auroville keine Ehen geben wird. Wenn ein Mann und eine Frau einander lieben und zusammenleben wollen, können sie dies ohne jede Zeremonie tun. Wenn sie sich trennen wollen, können sie das auch frei tun. Warum sollten Menschen gezwungen werden, zusammenzubleiben, wenn sie aufgehört haben, einander zu lieben?

Viele Verbrechen würden verhindert, wenn die Menschen in dieser Hinsicht frei wären. Sie müssten nicht Dinge voreinander verbergen oder gar Verbrechen begehen, um sich zu trennen. Natürlich werden sie, wenn sie sich wirklich lieben, weiterhin ganz natürlich zusammenleben, ohne durch irgendein Gesetz dazu gezwungen zu sein. Deshalb ist diese Zeremonie und dieses Ritual der Ehe so kindisch.

In Auroville geborene Kinder werden keinen Familiennamen haben. Sie werden nur den Vornamen haben.

(Die Mutter schlug vor, den folgenden Brief von ihr über die Ehe mit der obigen Erklärung zu veröffentlichen).

Euer körperliches Leben und eure materiellen Interessen zu vereinen, euch zu verbinden, um gemeinsam den Schwierigkeiten und Erfolgen, den Niederlagen und Siegen des Daseins gegenüberzutreten – dies ist die eigentliche Grundlage der Heirat. Aber ihr wisst ja bereits, dass dies nicht genügt.

In den Empfindungen vereint zu sein, den gleichen Geschmack und die gleichen ästhetischen Neigungen zu haben, vor den gleichen Dingen zusammen zu schwingen, einer durch den anderen und einer für den anderen – das ist gut, das ist notwendig. Aber es ist nicht genug.

In den tiefen Gefühlen eins zu sein, in der gegenseitigen zärtlichen Zuneigung trotz aller Schläge des Daseins unverändert zu bleiben und Ermüdung, Anspannung und Enttäuschung zu ertragen, immer und in jeder Lage über eure Gemeinschaft glücklich, am allerglücklichsten zu sein, einer beim anderen in allen Umständen Ruhe, Frieden und Freude zu finden – das ist gut, das ist sehr gut, es ist unerlässlich. Aber es ist nicht genug.

Eure Mentalitäten zu vereinen, eure Gedanken aufeinander abzustimmen, so dass sie sich ergänzen, die Beschäftigungen und Entdeckungen eures Verstandes miteinander zu teilen, kurz, die Bereiche eurer mentalen Tätigkeit zu einem einzigen zu machen durch eine Erweiterung und Bereicherung, die beide gleichzeitig erwerben – das ist gut, das ist ganz und gar notwendig. Aber es ist nicht genug.

Jenseits von alledem, auf dem Grunde, im Mittelpunkt, auf dem Gipfel des Seins ist eine Höchste Wahrheit des Seins, ein Ewiges Licht, unabhängig von den Umständen der Geburt, des Landes, der Umwelt und der Erziehung: Ursprung, Ursache und Meister unserer spirituellen Entwicklung – Das ist es, was unserem Dasein die endgültige Richtung gibt, Das entscheidet unsere Bestimmung, im Bewusstsein dessen solltet Ihr euch vereinen, in der Aspiration und im Anstieg eins zu sein, im gleichen Schritt auf dem gleichen spirituellen Pfade vorwärtszugehen – dies ist das Geheimnis dauerhafter Vereinigung.

Kapitel 5

Vitale Liebe und sexuelles Begehren

Worte Sri Aurobindos

Alle Bewegungen sind im Großen und Ganzen Bewegungen der kosmischen Kräfte der Natur – sie sind Bewegungen der universalen Natur. Das Einzelwesen empfängt einen Teil davon, eine Woge oder den Druck einer kosmischen Kraft, und wird von ihm angetrieben; es hält dies für etwas Eigenes, das gesondert in ihm erzeugt wurde. Das aber ist nicht der Fall, es ist Teil einer allgemeinen Bewegung, die auf die genau gleiche Weise auch in anderen wirkt. Die Sex-Triebkraft zum Beispiel ist eine Bewegung der allgemeinen Natur, die ihr Spiel sucht und diesen oder jenen dafür gebraucht. Ein Mann, der vital oder physisch in eine Frau „verliebt“ ist, wie man das so bezeichnet, wiederholt und befriedigt nur die Weltbewegung des Sex, wenn nicht bei dieser Frau, dann bei einer anderen. Er ist nichts anderes als ein Instrument im Mechanismus der Natur, und es ist keine unabhängige Bewegung, die in ihm wirkt. Genauso ist es mit Ärger und anderen Triebkräften der Natur.

Worte Sri Aurobindos

Die Sex-Bewegung auf Erden ist eine Nutzbarmachung der fundamentalen physischen Energie durch die Natur zum Zweck der Zeugung. Der Schauer, von dem die Dichter sprechen, der von einer sehr derben Erregung begleitet wird, ist das Lockmittel, wodurch die Natur die vitale Zustimmung zu diesem sonst unerquicklichen Vorgang erhält. Zahlreiche Menschen haben nach dem Akt eine Reaktion des Ekels und deshalb des Abscheus vor dem Partner. Sie werden jedoch rückfällig, sobald der Ekel verflogen ist, aufgrund dieses Lockmittels.

Worte Sri Aurobindos

Es liegt in der üblichen Art der vitalen Liebe, nicht beständig zu sein und nicht zu befriedigen, selbst wenn sie es versucht, denn sie ist eine Leidenschaft, die von der Natur ins Spiel gebracht wurde, damit ein vorübergehender Zweck erfüllt wird. Für diesen vorübergehenden Zweck genügt sie, und wenn sie hinreichend dem Zweck der Natur gedient hat, verblasst sie, ihrer natürlichen Veranlagung folgend. In den Menschen – denn der Mensch ist ein mehr komplexes Wesen – ruft sie die Einbildungskraft und den Idealismus zu Hilfe, um ihren Impuls zu stützen, um ihm ein Gefühl von Begeisterung, Schönheit, Feuer und Glanz zu verleihen – all dies aber schwindet nach einer gewissen Zeit. Es kann nicht anhalten, da alles ein entlehntes Licht, eine entlehnte Macht ist – entlehnt in dem Sinne, dass es eine Widerspiegelung von etwas Jenseitigem ist und dem widerspiegelnden vitalen Medium, welches von der Einbildungskraft für diesen Zweck benutzt wird, nicht innewohnt. Zudem ist im Mental und Vital nichts beständig, dort ist alles im Fluss. Das einzig Dauerhafte ist die Seele, der Geist. Liebe kann daher nur dann währen oder befriedigen, wenn sie die Seele und den Geist zur Grundlage hat und dort wurzelt. Das aber bedeutet, nicht länger im Vital, sondern in der Seele und im Geist zu leben.

Worte Sri Aurobindos

Menschliche Liebe ist meist vital und physisch mit einem mentalen Rückhalt – sie kann allein dann eine selbstlose, edle und reine Form und einen ebensolchen Ausdruck annehmen, wenn sie von der Seele berührt wird. Meist ist sie ein Gemisch aus Unwissenheit und Verhaftetsein, aus Leidenschaft und Begehren. Doch was immer sie auch sein mag, einer, der das Göttliche zu erreichen sucht, darf sich mit menschlicher Liebe und menschlichem Verhaftetsein nicht belasten, da sie eine Unzahl von Fesseln bilden, seine Schritte hemmen und ihn zudem von der Konzentration seiner Gefühle auf das eine höchste Ziel der Liebe abwenden.

Es gibt so etwas wie die seelische Liebe, rein, ohne Forderung, aufrichtig im Selbstgeben, doch bleibt sie in der Anziehung menschlicher Wesen zueinander meist nicht rein. Während der Ausübung der Sadhana muss man sich vor der Bekundung seelischer Liebe hüten, denn meist ist das nur ein Deckmantel und eine Rechtfertigung für eine vitale Anziehung oder Bindung.

Worte der Mutter

Liebe ist nicht Geschlechtsverkehr.

Liebe ist nicht vitale Anziehung und vitaler Austausch.

Liebe ist nicht des Herzens Hunger nach Zuneigung.

Liebe ist eine mächtige Schwingung, die direkt vom Einen kommt, und nur die sehr Reinen und sehr Starken können sie empfangen und offenbaren.

Rein zu sein bedeutet, nur für den Einfluss des Höchsten geöffnet zu sein und für sonst keinen.

Worte der Mutter

Eine entscheidende Wahl muss getroffen werden, ob man den Körper entweder den Zielen der Natur zur Verfügung stellt, gehorsam gegenüber ihrer Forderung, die Art, so wie sie ist, aufrechtzuerhalten, oder denselben Körper so vorbereitet, dass er zu einer Stufe für die Schöpfung einer neuen Menschenart wird. Denn es ist nicht möglich, beides zur gleichen Zeit zu tun; in jedem Augenblick hat man zu entscheiden, ob man ein Teil der Menschheit von gestern bleiben oder ob man zur Übermenschheit von morgen gehören will.

Teil 3 DER WEG ZUR WAHREN LIEBE

  1. 1. Lerne zu lieben
  2. 2. Der Schlüssel zur wahren Liebe
  3. 3. Lerne von den Blumen
  4. 4. Die Göttliche Liebe ist immer gegenwärtig

Seite 2 von 2

  • 1
  • 2
Copyright © 2025 Sri Aurobindo Digital Edition. Alle Rechte vorbehalten.
Joomla! ist freie, unter der GNU/GPL-Lizenz veröffentlichte Software.