Kapitel 2
Die Geisteshaltung der Selbsthingabe
Worte Sri Aurobindos
Die erste Notwendigkeit ist eine vollständige Selbst-Weihung in unserem Tun. Sie muss zunächst der beständige Wille, dann das tief verwurzelte Bedürfnis des ganzen Wesens werden, schließlich seine automatische und doch lebendige und bewusste Gewohnheit, die in sich selbst existierende Wende, alle Handlungen als Opfer an den Höchsten zu vollbringen, für die verborgene Macht, die in uns und in allen Wesen und allem Tun des Universums gegenwärtig ist. Das Leben ist der Altar dieses Opfers, unsere Taten sind unsere Gaben. Eine transzendente und universale Macht und Gegenwart, bisher von uns eher geahnt oder flüchtig wahrgenommen als wirklich erkannt oder gesehen, ist die Gottheit, der sie dargebracht werden. Dieses Opfer, diese Selbst-Hingabe, hat zwei Seiten: Da ist zum einen die Arbeit selbst, und da ist die Haltung, in der sie getan wird, die Geisteshaltung der Verehrung für den Meister aller Werke in allem, was wir sehen, denken und erleben.

Worte Sri Aurobindos
Jeder Moment und jede Regung unseres Wesens muss sich in eine ständige und aufopfernde Selbst-Hingabe an den Ewigen auflösen. Alle unsere Handlungen, die kleinsten und gewöhnlichsten und trivialsten ebenso wie die größten und ungewöhnlichsten und erhabensten, müssen als geweihte Handlungen ausgeführt werden. Unsere individualisierte Natur muss in dem einzigen Bewusstsein einer inneren und äußeren Bewegung leben, einem Etwas gewidmet, das über uns hinausgeht und größer ist als unser Ego. Was immer auch die Gabe sein mag und wem immer wir sie auch darbringen – es muss ein Bewusstsein in dem Akt sein, dass wir sie dem einen göttlichen Wesen in allen Wesen darbringen. Unsere gewöhnlichsten oder ganz grobschlächtigen materiellen Handlungen müssen diesen sublimierten Charakter annehmen. Wenn wir essen, sollten wir uns bewusst werden, dass wir unser Essen dieser Gegenwart in uns geben. Es muss eine geheiligte Darbringung in einem Tempel sein, und das Empfinden eines reinen physischen Bedürfnisses oder der eigenen Befriedigung muss verschwinden. Bei jeder großen Arbeit, in jeder hohen Disziplin, in jedem schwierigen oder noblen Unterfangen, ob wir es für uns selbst tun, für andere oder für die Menschheit, wird es nicht mehr länger möglich sein, bei dem Gedanken an die Menschheit, an uns selbst oder an andere stehenzubleiben. Das, was wir tun, muss bewusst dargebracht werden als ein Opfer der Werke, nicht für jene, sondern entweder durch sie oder direkt für die Eine Gottheit. Der Göttliche Bewohner, der durch diese Figuren verborgen war, darf nicht länger verborgen bleiben, sonder muss für unsere Seele, unser Mental, unsere Sinne immer gegenwärtig sein. Die Handlungen und ihre Ergebnisse müssen in die Hände des Einen gelegt werden, in dem Gefühl, dass diese Gegenwart das Unendliche ist und das Höchste, durch das allein unsere Arbeit und unser Streben möglich sind. Denn in seinem Wesen findet alles statt. Für ihn werden alle Arbeit und alles Streben durch die Natur von uns genommen und auf seinem Altar geopfert. Sogar in jenen Dingen, in denen die Natur selbst ganz klar der Arbeiter ist und wir nur die Zeugen ihres Tuns und ihre Gefäße und Träger sind, sollte dasselbe ständige Erinnern sein und das beharrliche Bewusstsein einer Arbeit und ihres göttlichen Meisters. Sogar unsere Ein- und Ausatmung, unsere Herzschläge können und müssen in uns bewusst gemacht werden als lebendiger Rhythmus des universalen Opfers…
Es ist offensichtlich, dass eine solche Disziplin, selbst wenn sie zunächst ohne Hingebung begonnen wurde, geradewegs und unabdingbar zur höchstmöglichen Hingabe führt…

Kapitel 3
Verzicht auf jegliche Bindung
Worte Sri Aurobindos
Die Arbeit an sich wird zunächst durch das bestmögliche Licht, über das wir in unserer Unwissenheit verfügen können, bestimmt. Das ist es, was wir als die Sache ansehen, die zu tun ist. Und ob das nun durch unser Pflichtgefühl geprägt wird, durch unser Gefühl für unsere Mitmenschen, durch unsere Vorstellung davon, was gut für die anderen oder die Welt ist, oder durch die Anleitung von jemandem, den wir als unseren menschlichen Meister akzeptieren, weiser als wir und für uns der Repräsentant des Herrn aller Werke, an den wir glauben, den wir aber noch nicht kennen – das Prinzip ist das gleiche. Das Wesentliche des Opferns der Werke muss da sein, und das Wesentliche ist das Aufgeben eines jeglichen Wunsches nach Früchten unserer Arbeit, das Verzichten auf jegliches Resultat, für das wir noch arbeiten. Denn solange wir dem Ergebnis verhaftet bleiben, ist das Opfer nicht dem Göttlichen geweiht, sondern unserem Ego. Wir denken vielleicht anders darüber, doch dann täuschen wir uns selbst: Wir machen aus unserer Vorstellung vom Göttlichen, unserem Pflichtgefühl, unserem Gefühl für unsere Mitmenschen, unserer Vorstellung davon, was gut für die Welt oder die anderen ist, selbst aus dem Gehorsam unserem Meister gegenüber eine Maske für unsere egoistische Befriedigung und unsere Vorlieben und ein fadenscheiniges Schild gegen die uns auferlegte Forderung, alles Begehren von Grund auf aus unserer Natur zu entfernen.
Diese Form des Begehrens, diese Gestalt des Egos ist der Feind, vor dem wir stets mit einer nie nachlassenden Wachsamkeit auf der Hut sein müssen. Wir sollten wachsam sein, um ihn hinter allen Masken aufzuspüren, und unerbittlich im Vertreiben seines Einflusses. Das erhellende Wort dieser Regung ist die entscheidende Zeile der Gita: „Du hast ein Recht auf das Handeln, niemals jedoch und unter keinen Umständen auf seine Früchte.“ Die Frucht gehört allein dem Herrn aller Werke. Unsere einzige Aufgabe dabei ist es, den Erfolg durch wahrhaftiges und sorgfältiges Handeln vorzubereiten und ihn, wenn er sich einstellt, dem göttlichen Meister darzubringen. Danach müssen wir, so wie wir auf das Verhaftetsein mit den Früchten der Arbeit verzichtet haben, sogar darauf verzichten, der Arbeit verhaftet zu sein. Wir müssen in jedem Moment bereitet sein, eine Arbeit, einen Ablauf oder ein Betätigungsfeld des Handelns für ein anderes einzutauschen oder alle Arbeiten aufzugeben, wenn das der klare Befehl des Meisters ist. Sonst handeln wir nicht um seines Willen, sondern zu unserer eigenen Befriedigung und unserem eigenen Vergnügen an der Arbeit, aus den naturgegebenen Bewegungsabläufen des Handelns heraus oder um unsere Neigungen zu befriedigen. Doch das sind alles Stationen und Zufluchtsorte des Egos. Wie notwendig sie für die gewöhnlichen Abläufe des Lebens auch sein mögen, sie müssen im Wachstum des spirituellen Bewusstseins abgelegt und durch göttliche Gegenstücke ersetzt werden. Ein Ananda, ein unpersönliches und Gott-gerichtetes Entzücken, werden unerleuchtete vitale Befriedigung und Genusssucht vertreiben und ersetzen, genauso wie ein freudvolles Treiben der Göttlichen Energie bewegungsgetriebene Notwendigkeiten ablöst. Das Befriedigen der Neigungen wird nicht länger ein Ziel oder eine Notwendigkeit sein, stattdessen wird da eine Erfüllung des Göttlichen Willens durch die natürliche dynamische Wahrheit im Handeln einer freien Seele und einer lichtvollen Natur sein. Schließlich – wie das Verhaftetsein an die Früchte der Arbeit und an die Arbeit selbst aus dem Herzen entfernt sind – muss auch das letzte Festhalten an der Vorstellung und dem Empfinden unser selbst als der Handelnde aufgegeben werden. Die Göttliche Shakti muss erkannt und über uns und in uns als wahre und einzig Arbeitende gefühlt werden.

Kapitel 4
Gleichmut im Mental und in der Seele
Worte Sri Aurobindos
Der Verzicht auf ein Verhaftetsein an die Arbeit und ihre Früchte ist der Anfang einer weiten Bewegung hin zu einem absoluten Gleichmut im Mental und in der Seele, der all-umschließend werden muss, um im Geist vollkommen zu sein. Denn die Verehrung des Meisters der Werke verlangt ein klares Erkennen und ein freudiges Bekenntnis zu ihm in uns selbst, in allen Dingen und in allen Geschehnissen. Gleichmut ist das Zeichen dieser Anbetung, die Grundlage der Seele, auf der wirkliches Opfer und Verehrung stattfinden können. Der Herr ist gleichermaßen anwesend in allen Wesen, und wir sollen keine grundlegenden Unterschiede zwischen uns und anderen machen, zwischen dem Weisen und dem Unwissenden, zwischen Freund und Feind, Mensch und Tier, dem Heiligen und dem Sünder. Wir sollen niemanden hassen, niemanden verachten, uns von niemandem abgestoßen fühlen, denn in allen sollen wir den Einen sehen, verkleidet oder manifest, ganz wie es ihm gefällt. Er offenbart sich ein wenig in dem einen und ist verborgen oder völlig entstellt in wieder anderen, ganz nach seinem Willen und seinem Wissen um das, was am besten ist für die Form, die er in ihnen anzunehmen gedenkt, und für die Werke, die er in ihrer Natur zu tun beabsichtigt. Alles ist unser Selbst, das eine Selbst, das viele Formen angenommen hat. Hass und Abneigung und Verachtung und Verabscheuung, Sich-Klammern und Verhaftetsein und Vorlieben sind in einem gewissen Stadium allesamt natürlich, notwendig und unvermeidlich: Sie dienen oder helfen, die Wahl der Natur in uns auszuführen und aufrechtzuerhalten. Die Kind-Seele benötigt sie für ihr Wachstum, doch sie fallen von einem in der göttlichen Kultur Erwachsenen ab. In der Gott-Natur, zu der wir aufsteigen müssen, kann es eine diamantharte, sogar zerstörerische Strenge geben, doch keinen Hass, eine göttliche Ironie, doch keine Verachtung, eine ruhige, klar sehende und kraftvolle Zurückweisung, doch keine Abscheu und keine Abneigung. Sogar das, was wir zerstören müssen, dürfen wir nicht verabscheuen oder versagen, es als eine maskierte und vorübergehende Bewegung des Ewigen zu sehen…
In der Tat muss alles verändert, darf Hässlichkeit nicht akzeptiert werden, sondern göttliche Schönheit, darf Unvollkommenheit nicht zum Ruheplatz werden, sondern ist Vollkommenheit anzustreben, muss das höchste Gute zum universellen Ziel gemacht werden und nicht das Böse. Doch was wir tun, muss mit spirituellem Verständnis und Wissen getan werden, und es sind das göttliche Gute, die göttliche Schönheit, Vollkommenheit und Freude, die wir verfolgen müssen, und nicht ihre menschlichen Maßstäbe. Wenn wir keinen Gleichmut besitzen, ist das ein Zeichen dafür, dass uns immer noch die Unwissenheit auf den Fersen ist, wir nichts wirklich verstehen und es mehr als wahrscheinlich ist, dass wir die alte Unvollkommenheit nur zerstören, um eine andere zu erschaffen: Denn wir ersetzen die göttlichen Werte durch die Würdigungen unseres menschlichen Mentals und unserer Wunsch-Seele.
Gleichmut bedeutet nicht eine neue Unwissenheit oder Blindheit. Er verlangt nicht nach einem Grau in Grau in der Sichtweise und dem Einstampfen aller Farbnuancen und muss dazu auch keinen Anstoß geben. Unterschiede existieren, Variation im Ausdruck besteht, und diese Unterschiede sollten wir zu schätzen wissen – auf sehr viel angemessenere Weise als wir das konnten, solange das Auge verschleiert war durch teilweise und irrtümliche Liebe und Hass, durch Bewunderung und Verachtung, Sympathie und Antipathie, Anziehung und Abneigung. Doch hinter der Variation sollen wir immer das Vollständige und Unwandelbare sehen, das darin lebt, und wir werden den weisen Zweck und die göttliche Notwendigkeit einer bestimmten Manifestation spüren und kennen oder – wenn sie uns verborgen bleiben – ihnen wenigstens vertrauen, ob sie unseren menschlichen Maßstäben nun harmonisch und vollkommen erscheinen oder unvollendet oder sogar falsch und böse.

Kapitel 5
Die Abschaffung des Ego-Sinns
Worte Sri Aurobindos
Bevor diese Arbeit zur Ausrottung der Begierde und Eroberung des Gleichmuts der Seele zur absoluten Vollkommenheit und Erfüllung gelangen kann, muss jene Wende in der spirituellen Bewegung vollendet werden, die zur Abschaffung des Ego-Sinns führt. Doch dem Arbeiter ist in diesem Wandel der Verzicht auf den Egoismus im Handeln das wichtigste Element. Denn selbst wenn wir uns vom Egoismus des rajasischen Begehrens durch das Abgeben der Früchte und das Ablegen der Begierde nach den Früchten an den Meister des Opfers gelöst haben, können wir immer noch den Egoismus des Arbeiters behalten haben. Wir sind dann immer noch der Empfindung unterworfen, dass wir selbst die Ausführenden der Tat sind, dass wir selbst ihr Ursprung sind und wir selbst sie auch sanktionieren. Es ist immer noch das „Ich“, das wählt und bestimmt, immer noch das „Ich“, das die Verantwortung übernimmt und Schwäche oder Wert der Tat empfindet.
Die völlige Beseitigung dieses trennenden Ego-Sinns ist ein wesentliches Ziel unseres Yogas. Wenn irgendeine Form des Egos noch eine Weile in uns bestehen sollte, ist es nur eine Form, die sich selbst als Form versteht und bereit ist zu verschwinden, sobald ein wahres Bewusstseins-Zentrum in uns manifestiert und aufgebaut ist. Dieses wahre Zentrum ist eine leuchtende Formulierung des einen Bewusstseins und ein reiner Kanal, ein reines Instrument der einen Existenz. Als unterstützende Kraft für die individuelle Manifestation und Aktion der universalen Kraft bringt es nach und nach die wahre Person in uns zum Vorschein, das zentrale ewige Wesen, ein unvergängliches Wesen des Höchsten, einer Macht und eines Teils der transzendenten Shakti.
Der Sadhaka muss nicht nur denken und wissen, sondern konkret und intensiv spüren und sehen, auch im Moment der Arbeit, in ihrem Anfang und während des gesamten Prozesses, dass seine Werke keineswegs seine eigenen sind, sondern durch ihn vom Höchsten Sein kommen. Er muss sich immer einer Kraft, einer Präsenz, eines Willens bewusst sein, die durch seine individuelle Natur handeln. Beim Einnehmen dieser Sicht besteht jedoch die Gefahr, dass er vielleicht sein eigenes verstecktes oder sublimiertes Ego oder eine niedere Macht mit dem Herrn verwechselt und die höchsten Befehle durch deren Forderungen ersetzt. Er kann in einen üblichen Hinterhalt seiner niederen Natur geraten und seine vermeintliche Hingabe an eine höhere Macht in eine Entschuldigung für eine überhöhte und unkontrollierte Einlassung in seinen eigenen Selbst-Willen verfälschen oder sogar in seine Begierden und Leidenschaften. Große Aufrichtigkeit ist notwendig, die nicht nur dem bewussten Mental, sondern noch viel mehr dem unterbewussten Teil von uns auferlegt werden muss, der voller versteckter Regungen ist. Denn dort, besonders in unserer unbewussten vitalen Natur, gibt es einen unverbesserlichen Scharlatan und Schauspieler. Der Sadhaka muss weit fortgeschritten sein im Ausräumen von Begierden und im festen Gleichmut seiner Seele gegenüber allen Tätigkeiten und Geschehnissen, bevor er die Last seiner Werke voll und ganz beim Göttlichen ablegen kann. In jedem Moment muss er mit wachsamem Auge auf die Täuschungen des Egos und die Hinterhalte der irreführenden Mächte der Dunkelheit voranschreiten, da sich diese immer wieder als die eine Quelle des Lichts und der Wahrheit ausgeben und das Scheinbild göttlicher Formen annehmen, um die Seele des Suchenden zu kapern.

Worte Sri Aurobindos
Wenn der Egoismus des Arbeiters verschwindet, kann der Egoismus des Instruments ihn ersetzen oder aber in versteckter Form verlängern. Das Leben der Welt war voller Beispiele für Egoismus dieser Art, und er kann vereinnahmender und gewaltiger sein als jeder andere…
Unsere Natur muss die kosmische Kraft in sich aufnehmen, doch nicht in ihrem niederen Aspekt oder in ihrer rajasischen oder sattwischen Bewegung. Sie muss dem universalen Willen dienen, aber im Licht eines größeren, befreienden Wissens. Es darf keinerlei Egoismus in der Haltung des Instrumentes geben, selbst wenn wir uns der Größe der Kraft in uns vollkommen bewusst sind. Jeder Mensch ist bewusst oder unbewusst das Instrument einer universalen Macht. Doch abgesehen von der Gegenwart im Inneren gibt es keine so wesentliche Unterscheidung zwischen der einen und einer anderen Aktion, zwischen der einen Art von Instrumentation und einer anderen, dass sie einen Schutz garantieren könnte gegen die Torheit eines egoistischen Hochmuts. Das Unterscheidungsvermögen zwischen Wissen und Unwissenheit ist eine Gnade des Geistes. Der Atem der göttlichen Macht weht, wo er will. Er erfüllt heute den Einen und morgen den Anderen mit dem Wort oder der Macht. Wenn der Töpfer das eine Gefäß vollkommener formt als das andere, liegt der Verdienst dafür nicht beim Topf, sondern beim Schöpfer. Darum darf es keine solche mentale Haltung in uns geben: „Das ist meine eigene Stärke“, oder: „Schau, wie Gottes Macht in mir wirkt!“ Vielmehr muss unsere Haltung so sein: „Eine Göttliche Macht wirkt in diesem Mental und Körper, und sie ist dieselbe, die am Werk ist in allen Menschen, im Tier, in der Pflanze und im Metall, in bewussten, lebendigen Wesen und Geschöpfen ebenso wie in denen, die unbewusst und unbelebt zu sein scheinen.“ Diese weite Sicht auf den Einen, der in allen und auf die ganze Welt wirkt als das gleichmäßige Werkzeug einer göttlichen Handlung und eines allmählichen Selbstausdrucks, wird – wenn sie zu unserer ganzen Erfahrung wird – dazu beitragen, jeden rajasischen Egoismus aus uns zu eliminieren, und selbst der sattwische Ego-Sinn wird beginnen, aus unserer Natur zu verschwinden.

Kapitel 6
Göttliche Vollkommenheit muss das Ziel sein
Worte Sri Aurobindos
Ein weiterer, noch größerer Schritt muss nach der Hingabe unseres instrumentalen Egos an die Göttliche Shakti getan werden… Erst wenn wir uns der Göttlichen Shakti in der Wahrheit ihrer Kraft öffnen, die diese niedere Prakriti transzendiert, können wir vollkommene Instrumente ihrer Macht und ihres Wissens werden.
Nicht nur Befreiung, sondern Vollkommenheit muss das Ziel des Karma-Yogas sein. Das Göttliche arbeitet durch unsere Natur und unserer Natur entsprechend. Wenn unsere Natur unvollkommen ist, wird auch die Arbeit unvollkommen, ambivalent und unangemessen sein. Sie kann sogar von groben Irrtümern, Falschheiten, moralischen Schwächen und irreführenden Einflüssen getrübt sein. Die Arbeit des Göttlichen wird trotzdem in uns getan werden, doch unserer Schwäche entsprechend, nicht gemäß der Stärke und Reinheit ihres Ursprungs. Wir erstreben die göttliche Verwirklichung nicht nur in der Regungslosigkeit des Geistes, sondern auch in der Bewegung der Natur. Und das kann nicht ganz und gar stattfinden, bevor wir nicht die Gegenwart und Macht des Göttlichen in jedem Schritt, in jeder Bewegung, jeder Gestalt unserer Aktivitäten spüren, in jedem Willenswandel, jedem Gedanken, Gefühl und Impuls. Zweifellos können wir dies in einer gewissen Weise sogar in der Natur der Unwissenheit spüren, aber es ist die göttliche Macht und Gegenwart in einer versteckten, verminderten und niederen Form. Unser Anspruch ist ein größerer, dass nämlich unsere Natur eine Macht des Göttlichen sein soll in der Wahrheit des Göttlichen, im Licht, in der Kraft des ewigen selbst-bewussten Willens, in der Weite des immerwährenden Wissens.
Nach dem Beseitigen des Ego-Schleiers kommt das Beseitigen des Schleiers der Natur und ihrer niederen Methoden, die unser Mental, unser Leben und unseren Körper regieren. Wir dienen nicht länger dem Ego oder der Ego-Kraft, wir gehorchen dem Meister der Welt und seinem evolutionären Impuls. Bei jedem Schritt sagen wir, in der Sprache des Sanskrit-Verses: „So, wie ich berufen bin von Dir, der in meinem Herzen wohnt, so, O Herr, handle ich.“ Doch diese Handlung kann immer noch eine von zwei ganz unterschiedlichen sein: eine, die nur erleuchtet, die andere transformiert und erhebt in eine größere Übernatur. Denn wir können weiterhin in der Weise der Handlung fortfahren, die von unserer Natur aufrechterhalten und verfolgt wurde, als wir durch sie und ihre Illusion des Egoismus „wie auf eine Maschine montiert bewegt wurden“ – jetzt allerdings mit einem vollkommenen Verstehen des Mechanismus und seiner Nutzung durch den Meister der Werke, den wir dahinter spüren und der ihn für seine Weltzwecke einsetzt. In der Tat sind so weit sogar viele große Yogis auf den Ebenen des spiritualisierten Mentals gekommen. Doch es muss nicht immer so sein, denn es gibt eine größere supramentale Möglichkeit. Es ist möglich, über das spiritualisierte Mental hinaus aufzusteigen und spontan in der lebendigen Präsenz der ursprünglichen göttlichen Wahrheits-Kraft der Höchsten Mutter zu handeln. Unsere Bewegung eins mit ihrer Bewegung und mit ihr verschmolzen, unser Wille eins mit ihrem Willen, unsere Energie in ihrer Energie entbunden, so werden wir ihr Wirken durch uns spüren als das Göttliche, das in einer höchsten Weisheitsmacht manifest ist, und wir werden uns des verwandelten Mentals, Lebens und des Körpers nur als Kanäle eines über sie hinausgehenden höchsten Lichtes und einer höchsten Kraft bewusst werden, unfehlbar in ihren Schritten, da sie transzendent ist, und absolut in ihrem Wissen. Wir werden nicht nur die Empfänger, Kanäle, Instrumente dieses Lichtes und dieser Kraft sein, sondern in einer höchsten, erhobenen und unvergänglichen Erfahrung ein Teil davon werden.
