Kapitel 9
Das Eindringen in das innerste Wesen
Das Purusha-Bewusstsein führt zur Befreiung von der Natur
Worte Sri Aurobindos
Eine oft angewandte wirkungsvolle Methode, das Eindringen in unser inneres Selbst zu erleichtern, ist die Trennung des Purushas, des bewussten Wesens, von Prakriti, der geformten Natur. Wenn man so vom Mental und seinen Wirkensweisen zurücktritt, dass sie nach Belieben stille werden oder nur als äußere Bewegung weitergehen, deren gleichgültiger und uninteressierter Beobachter man ist, kann man schließlich erkennen, dass man das innere Selbst des Mentals, das wahre und reine mentale Wesen, der Purusha ist. Tritt man in ähnlicher Weise hinter die Wirkensweisen des Lebens zurück, kann man sich als das innere Selbst des Lebens, als das wahre und reine vitale Wesen, als den Purusha, erkennen. Es gibt sogar ein Selbst des Körpers, dessen wir bewusst werden können als eines wahren und reinen physischen Wesens, Purusha, wenn wir hinter den Körper mit seinen Forderungen und Aktivitäten zurücktreten, in das Schweigen des physischen Bewusstseins eingehen und das Wirken seiner Energie beobachten. Tritt man nacheinander oder gleichzeitig von allem Wirken der Natur zurück, wird es auch möglich, die Wirklichkeit seines inneren Wesens als das schweigende apersonale Selbst wahrzunehmen, als den Zeugen Purusha. Das wird zur spirituellen Erkenntnis und Befreiung führen, aber nicht notwendig auch eine Transformation zustande bringen. Denn der Purusha kann nun, zufrieden damit, frei und er selbst zu sein, die Natur, Prakriti, verlassen, um ihre angehäufte Antriebskraft auszuschöpfen, indem er ihr Wirken nicht mehr unterstützt und ihre mechanische Fortdauer nicht mehr durch seine Zustimmung erneuert, verstärkt, lebendig erhält und verlängert. Er kann diese Zurückweisung als Mittel verwenden, um sich völlig aus aller Natur zurückzuziehen.
Der Eintritt in das innerste Wesen, jenseits des Purusha ist notwendig für die Transformation
Worte Sri Aurobindos
Der Purusha muss nicht nur der Beobachter werden, sondern der Wissende, der Ursprung, der Meister über alles Denken und Handeln. Das kann aber nur teilweise geschehen, solange man auf der mentalen Ebene verbleibt oder noch die gewöhnliche Instrumentation von Mental, Leben und Körper zu verwenden hat. Gewiss kann man eine gewisse Meisterschaft erreichen, Meisterschaft ist aber noch keine Transformation. Die bisher erreichte Umwandlung kann nicht ausreichen, um vollständig zu sein: Dazu ist wesentlich, dass wir ganz zurücktreten, hinter das Mental-Wesen, das Lebens-Wesen, das Körper-Wesen, noch tiefer nach innen zur seelischen Wesenheit eindringen, die zuinnerst und am tiefsten in uns ist, oder auch, dass wir uns für die überbewussten höchsten Ebenen öffnen. Um in die leuchtende Krypta der Seele eintreten zu können, muss man durch den ganzen sich eindrängenden vitalen Stoff bis zum seelischen Zentrum in uns vordringen, wie lang, mühsam und schwierig dieser Prozess auch sein mag. Eine nützliche Hilfe für diesen schweren Übergang ist die Methode, Abstand zu nehmen von der Bedrängnis durch alle mentalen, vitalen und physischen Ansprüche und durch Forderungen und Antriebe, stattdessen die Konzentration im Herzen, die Askese der Selbst-Läuterung und Zurückweisung der alten Regungen des Mentals und des Vitals, das Verwerfen des Egos unseres Begehrens und das Ablegen der falschen Bedürfnisse und Gewohnheiten. Die wirksamste, zentralste Methode aber ist, dass wir diese oder andere Maßnahmen auf eine Selbst-Darbringung gründen, auf eine Überantwortung unseres Selbstes und aller Schichten unseres Wesens an das Göttliche Wesen, an den Ishwara. Normal und notwendig ist es auch für alle, mit Ausnahme von einigen besonders begabten Suchern, dass sie der weisen und intuitiven Lenkung durch einen Führer gehorchen.