Kapitel 8
Das Abenteuer in der Unwissenheit
Der Sprung des Jivatma von der oberen in die untere Hemisphäre als seelischer Funke
„O Sterbliche, die du über Tod und Schicksal klagst,
Beschuldige niemanden des Unheils, das du selbst gerufen hast;
Diese geplagte Welt hast du zu deiner Heimat erkoren,
Du selbst bist die Urheberin deines Schmerzes.
Einst im unsterblich Grenzenlosen des Selbstes,
In einer Weite von Wahrheit und Bewusstsein und Licht
Hielt die Seele Ausschau aus ihrem glückseligen Sein.
Sie fühlte des Geistes endlose Seligkeit,
Sie wusste sich als todlos, zeitlos, raumlos, eins,
Sie sah den Ewigen, lebte in dem Unendlichen.
Dann, neugierig auf einen Schatten, den Wahrheit warf,
Drängte sie nach einer Andersartigkeit ihrer selbst,
Gelockt zu einem unbekannten Gesicht, das spähte durch Nacht.
Sie spürte eine verneinende Unendlichkeit,
Eine urgewaltige Leere, deren immense Maßlosigkeit
Durch Nachahmung Gottes und immerwährender Zeit
Einen Boden bot für die Gegenkunft der Natur
Und die starre harte Unbewusstheit der Materie,
Die beherbergt einer vergänglichen Seele Glanz,
Der Geburt und Tod und unwissendes Leben erhellt.
Ein Mental entstieg, das auf Nichtsein starrte,
Bis Figuren von dem sich formten, was nie konnte sein;
Sie behauste das Gegenteil von allem, was ist.
Eine Null erschien als des Seins gewaltige versiegelte Ursache,
Seine stumme Stütze in einem öden Unendlichen,
In dessen Schlund Geist verschwinden musste:
Eine verfinsterte Natur lebte und trug die Saat
Des Geistes, der verborgen ist und vorgibt, nicht zu sein.
Ewiges Bewusstsein ward zur Ausgeburt
Eines Nichtbewussten, allmächtig und seelenlos,
Und, nicht geschöpft mehr als des Geistes ursprüngliche Luft,
Seligkeit war nur ein Zwischenfall einer sterblichen Stunde,
Ein Fremdling im empfindungslosen Universum nun.
Wie jemand, der von der Erhabenheit der Leere angezogen wird,
Beugte sich die Seele über den Schlund:
Sie sehnte sich nach dem Abenteuer der Unwissenheit
Und nach dem Wunder und Überraschendem des Unbekannten
Und der endlosen Möglichkeit, die da lauerte
Im Schoße des Chaos und im Rachen des Nichts
Oder aus den abgründigen Augen des Zufalls blickte.
Sie war ihres immer gleichen Glückes müde,
Sie wandte sich ab von Unsterblichkeit:
Sie ward angezogen von des Wagnisses Ruf und Reiz der Gefahr,
Sie sehnte sich nach dem Pathos des Leides, dem Drama des Schmerzes,
Des Untergangs Gefahr, verwundet nacktem Entrinnen,
Der Musik des Ruins und seinem Glanz und Getöse,
Dem Geschmack von Mitleid und dem Glücksspiel der Liebe
Und Leidenschaft und dem zweideutigen Gesicht des Schicksals.
Eine Welt von hartem Bestreben und schwieriger Mühe,
Und Kampf an der Auslöschung gefährlichem Rand,
Ein Zusammenprall der Kräfte, eine große Ungewissheit,
Die Freude am Erschaffen aus dem Nichts,
Seltsame Begegnungen auf den Straßen der Unwissenheit
Und die Kameradschaft halb gekannter Seelen
Oder die einsam auf sich gestellte Größe und Kraft
Eines gesonderten Wesens, das sich seine Welt erobert,
Riefen sie aus ihrer zu sicheren Ewigkeit.
Ein ungeheurer Abstieg begann, ein gigantischer Fall:
Denn was der Geist sieht, schafft eine Wahrheit,
Und was die Seele sich vorstellt, wird zu einer Welt.
Ein Gedanke, der dem Zeitlosen entsprang,
Indikator für kosmische Auswirkung
Und das Itinerarium der Götter,
Kann eine zyklische Bewegung in ewiger Zeit werden.
So kam, geboren aus einer blind gewaltigen Wahl,
Diese große verstörte und unzufriedene Welt,
Diese Heimstatt der Unwissenheit, diese Stätte des Schmerzes:
Da stehen der Begierde Zelte, des Leids Hauptquartiere.
Eine weite Verkleidung verbirgt die Seligkeit des Ewigen.“
VI.2.620-88