Kapitel 7

Die Atmosphäre in Sakralbauwerken

In allen religiösen Monumentalbauten, in den Bauwerken, die als der höchsten Religiosität entsprungen gelten, sei es in Frankreich, sei es in anderen Ländern, sei es in Japan – das waren nie die gleichen Tempel oder die gleichen Kirchen oder die gleichen Götter, und meine Erfahrung war doch überall fast die gleiche, mit ganz kleinen Unterschieden –, da habe ich gesehen, dass das, was an konzentrierter Kraft in der Kirche war, ausschließlich von den Gläubigen, von ihrem Glauben ausging. Und es war noch ein Unterschied zwischen der Kraft, wie sie wirklich war, und der Kraft, wie sie sie fühlten. Zum Beispiel habe ich in einer der schönsten Kathedralen Frankreichs, die künstlerisch wirklich eines der herrlichsten Bauwerke ist, die man sich vorstellen kann, dort habe ich im Allerheiligsten eine riesige schwarze, vitale Spinne gesehen, die ihr Netz gesponnen und es über das Ganze ausgebreitet hatte und darin alle Kräfte fing, die mit der Frömmigkeit der Leute ausströmten, und ihre Gebete und all das, und dies dann in sich aufnahm. Das war kein sehr erfreulicher Anblick! Und die Leute, die da waren und beteten, fühlten eine göttliche Berührung, sie empfingen alle möglichen Segnungen für ihre Gebete, und doch war es dies Spinnending, das dort war. Aber sie hatten ihren Glauben, der dieses Schlechte in etwas Gutes in ihnen verwandeln konnte, weil sie glaubten. Also wirklich, wenn ich hingegangen wäre und zu ihnen gesagt hätte: „Ihr glaubt, dass ihr zu Gott betet? Eine riesige vitale Spinne ernährt sich von euren Kräften!“, das wäre wirklich nicht sehr hilfreich gewesen. Und so ist es meistens, fast überall. Eine vitale Kraft ist da, weil diese vitalen Wesenheiten sich von den Schwingungen der menschlichen Emotionen ernähren und weil sehr wenige Menschen, sehr wenige, eine winzige Zahl von Menschen mit einem wirklich religiösen Gefühl in die Kirchen oder in die Tempel gehen, das heißt nicht etwa, um von Gott etwas zu erbitten, zu erbetteln, sondern um sich darzubringen, um zu danken, um ihre Aspiration auszudrücken, um sich zu geben. Das macht nicht einer auf eine Million. So haben sie keine Macht, diese Atmosphäre zu ändern. Vielleicht gelingt es ihnen, in dem Moment, wo sie da sind, durchzugehen, durchzustoßen, irgendwo hinzukommen und etwas Göttliches zu berühren. Aber die Riesenmenge von Menschen, die nur aus Aberglauben, aus Egoismus und aus Eigennutz hingehen, schaffen eine solche Atmosphäre, und die atmest du dann ein, wenn du in eine Kirche oder in einen Tempel gehst. Da du aber mit einem sehr guten Gefühl hingehst, sagst du dir: „Oh, was für eine andächtige Stille ist an diesem Ort!“

Leider ist es so. Ich sage dir, ich habe aus freien Stücken überall ein wenig diese Erfahrung gemacht. Ich habe ganz kleine Winkel, wie etwa in einer kleinen Dorfkirche, gefunden, wo es manchmal eine sehr stille, sehr ruhige kleine Ecke der Sammlung gab, wo eine Sehnsucht aufstieg, aber das ist derart selten! Ich habe die schönen Kirchen Italiens gesehen, herrliche Orte. Sie sind voll von diesen Wesen des Vitalen und voller Grauen. Ich erinnere mich, dass ich in einer Basilika in Venedig ein Bild gemalt habe, und während ich arbeitete, war im Beichtstuhl ein Priester, der einer jungen Frau die Beichte abnahm. Das war nun wirklich ein unheimlicher Anblick! Ich kann nicht beschreiben, wie dieser Priester war, wie sein Charakter war, man sah ihn nicht – nicht wahr, man sieht sie nicht, sie sind in einem Kasten eingeschlossen, und durch ein Gitter nehmen sie die Beichte ab. Es war eine so dunkle, aufsaugende Macht an ihm, und diese arme Frau war in einem Zustand so entsetzlichen Grauens, dass es wirklich wehtat, das mit anzusehen. Und alle diese Menschen glauben, dass das etwas Heiliges ist! Aber es ist ein Netz der feindlichen vitalen Kräfte, die das alles benutzen, um sich davon zu ernähren. Übrigens, in der unsichtbaren Welt gibt es kaum Wesen, die gerne angebetet werden, ausgenommen jene des Vitals. Das gefällt ihnen, wie ich schon sagte. Und das gibt ihnen Bedeutung. Sie blähen sich auf vor Hochmut und sind dann sehr glücklich; und wenn sie eine Menschenschar bekommen können, die sie anbetet, sind sie sehr froh.

Nimm aber wahre göttliche Wesen, sie schätzen so etwas überhaupt nicht. Göttliche Wesen mögen es nicht, wenn man sie anbetet. Nein, das macht ihnen überhaupt keinen besonderen Spaß. Man darf nicht glauben, dass sie froh sind, denn sie haben keinen Hochmut. Hochmut ist der Grund, warum man gern angebetet werden will; ist man nicht hochmütig, will man nicht gern angebetet werden. Und wenn sie zum Beispiel eine gute Absicht oder ein gutes Gefühl sehen oder eine uneigennützige Regung oder Begeisterung, Freude, eine spirituelle Freude, hat das für sie viel größeren Wert als Gebete und Beweise der Verehrung und Pujas.