Kapitel 7
Der Umgang mit der Kraft des Geldes – Vorschläge der Mutter
Großzügigkeit
Die Wahrheit, die hinter der Großzügigkeit steht, ist die Bewegung von sich ausbreitenden Kräften. Damit sich aber die Kräfte ausbreiten können, müssen sie sich konzentrieren. So kommt gleichsam eine pulsierende Bewegung zustande: Die Kräfte konzentrieren sich, dann breiten sie sich aus, sie konzentrieren sich, breiten sich aus… Doch wenn man immer nur austeilen wollte, ohne je zu sammeln, hat man nach einer gewissen Zeit nichts mehr zum Austeilen. Für die Kräfte – alle Kräfte – gilt das Gleiche. Ich habe übrigens geschrieben, dass Geld nichts anderes ist als eine Kraft. Und weil Geld nur eine Kraft ist – und zwar im selben Maße wie alle anderen Kräfte der Natur und des Universums –, hat niemand das Recht, persönlich sein Eigentümer zu sein. Wenn man das Licht als Kraft auffasst, wird niemand auf die Idee kommen zu sagen: „Ich besitze das Licht“, und es in seinem Zimmer einzuschließen und niemandem etwas davon abzugeben! Nun, beim Geld ist man dermaßen abgestumpft, dass man sich vorstellt, es sei etwas, das man besitzen und zurückhalten kann, als gehöre es einem, und mit dem man etwas Persönliches anfangen kann. Das ist genau der gleiche Fall. Ich meine selbstverständlich nicht das Geld als Papier, denn das ist wie das Licht, das man in eine Lampe getan hat. Man kann die Lampe besitzen und dann sagen: „Es ist mein Licht.“ Das Geld, deine Scheine, deine Geldstücke, das ist dein Geld. Aber das ist nicht das Geld. Geld ist die Kraft, die dahinter steht, die Macht des Austauschs. Die gehört niemandem. Die gehört allen. Sie ist nur lebendig, wenn sie zirkuliert. Wenn man einen Haufen daraus machen will, verdirbt sie. Es ist, als wolle man Wasser in ein Gefäß einschließen und es für immer darin aufbewahren: Nach einer gewissen Zeit ist das Wasser vollkommen faulig. Das Gleiche gilt für das Geld. Die Menschen haben das noch nicht begriffen.

Geldgier
…Geizig mit allem – es gibt auch einen spirituellen Geiz: Manche Geizige wollen alle Kräfte für sich behalten und sie nie hergeben. Doch ich habe eben gesagt, wie es tatsächlich ist: Man muss speichern können, um ausgeben zu können. Wenn man nur das eine von beiden hat, entsteht ein Ungleichgewicht. Und das wird dann zum Geiz und zur Verschwendung. Man muss Beides in einer ausbalancierten, rhythmischen Bewegung haben – in dem Gleichgewicht, von dem wir eben sprachen. Denn es wäre ziemlich leicht zu beweisen, dass in der Tat gegenwärtig das Gleichgewicht das Richtige ist: Man darf weder hier noch dort sein – was Buddha den „Weg der Mitte“ nannte. Der Weg der Mitte ist der Weg des Gleichgewichts. Und den muss man wie auf dem Drahtseil gehen können, mit einem Stab, um das Gleichgewicht zu halten.
Doch auch der Allerfreigebigste könnte nichts geben, wenn er nicht zuerst etwas gehabt hätte. Hat er es nicht selbst angesammelt, hat es ein anderer für ihn getan. Das liegt auf der Hand. Und die Fähigkeit zum Speichern ist genauso wichtig wie die, verteilen zu können. Erst wenn diese zwei Qualitäten egoistisch werden, werden sie entstellt, völlig entstellt, und verlieren ihren ganzen Wert.

Geldverschwendung
Nicht nur Geld wird verschwendet!
Energie, Bewusstsein wird tausendmal, unendlich mehr verschwendet als Geld. Wenn es keine Verschwendung geben dürfte, glaube ich, wäre hier kein Ashram möglich. Keine Sekunde ohne Verschwendung – und manchmal noch schlimmer! Da ist diese Gewohnheit – die, so hoffe ich, sehr wenig bewusst ist –, so viel Energie und so viel Bewusstsein wie möglich aufzunehmen und sie zur persönlichen Befriedigung einzusetzen. Das passiert in jeder Minute. Wenn die ganze Energie, das ganze Bewusstsein, die ständig über euch ausgeschüttet werden, für die wahren Zwecke benutzt würden – das heißt für das göttliche Werk und für die Vorbereitung zum göttlichen Werk –, wären wir schon sehr weit auf dem Weg, viel weiter als wir sind. Aber jeder nimmt, mehr oder weniger bewusst und auf jeden Fall instinktiv, soviel Bewusstsein und soviel Energie auf, wie er kann, und sobald er diese Energie in sich fühlt, bedient er sich ihrer für persönliche Zwecke, zu seiner Befriedigung.
Wer denkt nicht daran, diese Kraft, die da ist, die unendlich viel größer, unendlich viel kostbarer ist als alle Kräfte des Geldes, diese Kraft, die da ist und die bewusst, ständig gegeben wird, mit einer grenzenlosen Beharrlichkeit und Geduld und nur zu einem einzigen Zweck – das göttliche Werk zu vollbringen –, wer denkt nicht daran, sie zu vergeuden? Wer wird sich darüber klar, dass es eine heilige Aufgabe ist, Fortschritte zu machen, eine heilige Aufgabe, sich darauf vorzubereiten, besser zu verstehen und besser zu leben? Denn man lebt durch die göttliche Energie, man lebt durch das göttliche Bewusstsein, und man bedient sich ihrer für persönliche, egoistische Zwecke.
