Kapitel 4

Die Kraft der Mutter

Eine Mutter-Macht brütete über der Welt:

Ein Bewusstsein enthüllte seine wundervolle Front,

Alles übersteigend, was ist, nichts verneinend:

Unvergänglich über unseren gefallenen Häuptern,

Fühlte er eine verzückte und nie strauchelnde Kraft.

Die nie sterbende Wahrheit erschien, die dauernde Macht

Von allem hier Geschaffenen und dann Zerstörten,

Die Mutter aller Gottheiten und aller Stärken,

Die, Mittlerin, die Erde mit dem Höchsten verbindet.

Der Schrei anderer Ansprüche war nun verstummt in ihm:

Er sehnte sich nur danach, ihre Gegenwart und Macht

In sein Herz und Mental und in seine atmende Gestalt zu ziehen;

Er trachtete nur danach, für allezeit

Ihre heilende Berührung der Liebe und Wahrheit und Freude

In die Finsternis der leidenden Welt herabzurufen.

Seine Seele ward befreit und ihr allein gegeben.

Was ist die Kraft der Mutter?

Du sprichst oft von der „Kraft der Mutter“. Was ist sie?

Es ist die Göttliche Kraft, die daran arbeitet, die Unwissenheit zu beseitigen und die Natur in göttliche Natur zu wandeln.

Warum habe ich das Gefühl, dass ich es bin, der dieses oder jenes tut? Denn ist es nicht so, dass es die Kraft der Mutter ist, die alles in uns tut?

Wenn ich von der Kraft der Mutter spreche, meine ich nicht die Kraft von Prakriti, die in sich Dinge der Unwissenheit trägt, sondern die höhere Kraft des Göttlichen, die von oben herabkommt, um die Natur zu transformieren.

Es gibt eine Kraft, die das Wachsen des neuen Bewusstseins begleitet und gleichzeitig mit ihm wächst und ihm hilft, hervorzukommen und sich zu vervollkommnen. Diese Kraft ist die Yoga-Shakti. Sie ist hier zusammengerollt und schlafend in allen Zentren (Chakren) unseres inneren Wesens und ist an der Basis das, was im Tantra Kundalini-Shakti genannt wird. Sie befindet sich aber auch über uns, oberhalb unseres Kopfes als die Göttliche Kraft – dort nicht zusammengerollt, schlafend, eingebunden – sondern erwacht, wissend, potent, ausgebreitet und weit; sie ist da und wartet darauf, manifest zu werden – und dieser Kraft müssen wir uns öffnen – der Kraft der Mutter. Im Mental manifestiert sie sich als eine göttliche oder eine universale Mental-Kraft, und sie vermag alles zu tun, was das persönliche Mental nicht zu tun vermag; sie ist dann die yogische Kraft des Mentals. Wenn sie auf gleiche Weise im Vital und Physischen zu Tage tritt und aktiv wird, erscheint sie dort als eine yogische Lebenskraft oder eine yogische Körperkraft. Sie kann in all diesen Formen erwachen, nach außen und oben hin aufbrechen, sich von unten her in die Weite oben ausdehnen; oder sie kann herabkommen und zu einer definitiven Macht für Dinge werden; sie kann sich herab in den Körper ergießen, in ihm arbeiten, ihre Herrschaft errichten, sich von oberhalb ausbreiten in die Weite, das Unterste in uns mit dem Höchsten über uns verbinden, das Individuum in eine kosmische Universalität oder in das Absolute und die Transzendenz entlassen.

Das Wirken der Kraft

Was du nach unten strömen fühlst, muss die über dem Kopf sich befindende Kraft der Mutter sein. Gewöhnlich fließt sie von oberhalb des Kopfes herab, arbeitet zunächst in den mentalen Zentren (Kopf und Nacken), geht danach hinab in die Brust und in das Herz, und dann durch den ganzen Körper.

Es muss der Effekt dieses Wirkens sein, den du im Kopf bis zu den Schultern spürst. Die Kraft, die von oben herabkommt ist diejenige, die daran arbeitet, das Bewusstsein in das eines höheren spirituellen Wesens zu transformieren. Zuvor arbeitet die Kraft der Mutter auf der seelischen, mentalen, vitalen und physischen Ebene, um das Bewusstsein zu unterstützen, zu läutern und seelisch zu verändern.

Dieses Gewicht oder dieser Druck auf dem Kopf ist immer das Zeichen, dass die Kraft der Mutter mit dir in Berührung ist und von oben drückt, um dein Wesen zu umhüllen, in das Gefäß, adhara, einzutreten und es, sich ausbreitend, zu durchdringen – in der Regel, indem sie auf ihrem Weg nach unten die Zentren Grad um Grad durchläuft. Manchmal kommt sie zuerst als Friede, manchmal als Kraft, manchmal als das Bewusstsein der Mutter und ihre Gegenwart, manchmal als Ananda.

Damit die Kraft der Mutter voll im Körper arbeiten kann, muss der Körper selbst Glauben haben und sich öffnen, nicht nur das Mental.

Als ich mich zum Beten hinsetzte, spürte ich, wie eine elektrische Kraft durch mein Rückenmark lief. Es war wie die Elektrizität einer Batterie, die vom Scheitel meines Kopfes bis zum Ende meiner Wirbelsäule hinunterlief. Je weiter es nach unten ging, desto stärker und freudiger wurde die Verzückung, die ich spürte. Was ist das?

Es ist das Herabkommen der Kraft der Mutter, von oben durch die Wirbelsäule, eine wohlbekannte Bewegung. Es gibt zwei oder drei Arten des Herabkommens. Eine besteht darin, die Basis der Zentren, die an der Wirbelsäule liegen, zu berühren. Eine andere fließt durch den Kopf in den Körper hinein, von Ebene zu Ebene, bis der ganze Körper erfüllt ist, und öffnet alle Zentren des Bewusstseins. Eine weitere ist eine Herabkunft, die den adhara von außen her einhüllt.

Das Spüren der Kraft

In Bezug auf die Mutter hast du einmal gesagt: „Bitte um das Bewusstsein ihrer Kraft“. Bedeutet das, dass ich mich bemühen soll, ihr Bewusstsein und ihre Kraft zu kennen?

Ja – nicht nur mit dem Verstand kennen, sondern durch innere Erfahrung spüren und sehen.

Angenommen, ich stecke in der Klemme und rufe die Kraft der Mutter, die über mir ist, herab. Woran erkenne ich, ob sie herabgekommen ist oder nicht?

Durch das Gefühl oder durch das Ergebnis.

Ist es notwendig, immer zu verstehen, was die Kraft der Mutter in uns für den Fortschritt in unserem Yoga tut?

Viele Leute machen raschen Fortschritt ohne zu verstehen, was die Kraft tut – sie beobachten einfach, beschreiben und sagen „Ich überlasse alles der Mutter“. Mit der Zeit stellen sich dann Wissen und Verstehen ein.

Wenn ich in der Meditation vor den Fotos der Mutter oder dem Bild ihrer Füße sitze, bekomme ich mehr Kraft, als wenn ich in einiger Entfernung sitze – zum Beispiel auf meinem Sessel. Ich habe festgestellt, dass das immer so ist, und ich nehme an, dass das nicht nur subjektiv ist. Aber ich möchte die Wahrheit wissen.

Nein, es ist nicht bloß subjektiv. Dadurch, dass du in ihrer Nähe meditiertest, konntest du durch diese in Zwiesprache mit der Mutter treten und etwas von Ihrer Macht und Ihrer Gegenwart ist in ihnen enthalten.

Das Assimilieren der Kraft

Was die Kraft der Mutter angeht, wenn sie empfangen wird, ist es am besten, sich ruhig zu verhalten, solange bis sie assimiliert ist. Danach ist alles in Ordnung, und man verliert nichts mehr durch äußere Bewegung oder Kontakt mit anderen.

Lass zu, dass sich ein stetiger Wille, Fortschritte zu machen, in dir entwickelt; lerne die Gewohnheit, schweigend, beharrlich und gründlich das zu assimilieren, was die Mutter in dich legt. Das ist die richtige Art und Weise voranzukommen.

Das Ziehen der Kraft

Was ist mit Ziehen gemeint? Wenn wir etwas von der Mutter mit einem vitalen Begehren wollen, ist das Ziehen? Was für eine Wirkung hat es auf uns?

Ja, das ist eine Art von Ziehen – seine Wirkung besteht darin, das Bewusstsein zu blenden und zu verwirren. Aber es gibt auch ein Ziehen aus dem Wunsch nach richtigen Dingen, was an sich nicht schlecht ist, und die meisten Leute wenden es an – zum Beispiel das Ziehen, um Licht, Kraft, Ananda zu bekommen. Aber es verursacht mehr Reaktionen als ein stilles Sich-Öffnen zum Göttlichen.

Wenn man offen und übereifrig ist und versucht, die Kraft, die Erfahrung etc. herunterzuziehen, anstatt sie still herabkommen zu lassen – das wird als Ziehen bezeichnet. Viele Leute ziehen an den Kräften der Mutter – versuchen mehr zu nehmen, als sie ohne weiteres assimilieren können und stören so die Arbeit.

Sich auf die Kraft der Mutter verlassen

…die Festigkeit, die du gewonnen hast, ist nicht eine persönliche Tugend, sondern hängt davon ab, ob du den Kontakt mit der Mutter behältst – denn es ist ihre Kraft, die dahinter und hinter jedem Fortschritt steht, den du machen kannst. Lerne, dich auf diese Kraft zu verlassen, dich ihr noch vollkommener zu öffnen und auch den spirituellen Fortschritt nicht um deiner selbst willen zu suchen, sondern dem Göttlichen zuliebe – dann wirst du leichter vorankommen.

Du solltest dich nicht allein auf etwas anderes verlassen, gleichgültig wie hilfreich es erscheinen mag, sondern hauptsächlich, in erster Linie und fundamentaler Weise auf die Kraft der Mutter. Die Sonne und das Licht mögen eine Hilfe sein und werden es auch, falls sie das wahre Licht und die wahre Sonne sind, aber sie können die Kraft der Mutter nicht ersetzen.

Alles muss durch das Wirken von Mutters Kraft vollbracht werden, unterstützt durch deine Aspiration, deine Verehrung und Hingabe.

…nichts kann getan werden, außer durch die Kraft der Mutter.

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