Kapitel 5
Öffnung gegenüber der Mutter
Dann plötzlich wallte eine heilige Regung auf.
Inmitten der unbelebten Stille der Leere,
In einer Einsamkeit und Unermesslichkeit
Kam bebend ein Laut wie von geliebtem Schritte,
Gehört in den lauschenden Räumen der Seele;
Eine Berührung verwirrte seine Fasern mit Wonne.
Ein Einfluss hatte sich dem sterblichen Bereich genähert,
Ein grenzenloses Herz war seinem sehnend Herz ganz nah,
Eine mystische Form umhüllte seine irdische Gestalt.
Von ihr berührt brach alles aus dem Siegel des Schweigens;
Wesensgeeint erschauerten Geist und Körper,
Verbunden im Griff einer ungeäußerten Freude;
Mental, Glieder, Leben waren in Ekstase miteinander verschmolzen.
Berauscht wie von nektarhaltigem Regen
Flossen die leidenschaftlichen Weiten seiner Natur ihr zu,
Aufleuchtend von Blitzen, verrückt vom leuchtenden Wein.
Alles war ein grenzenloses Meer, das sich zum Monde hin erhob.
Ein vergöttlichender Strom bemächtigte sich seiner Adern,
Die Zellen seines Körpers erwachten zum Geist-Sinn,
Jeder Nerv wurde ein brennender Strang der Freude:
Fleisch und Gewebe teilten Glückseligkeit.

Das zentrale Geheimnis
Indem man seelisch zur Mutter hin offen bleibt, entwickelt sich fortschreitend alles, was für die Arbeit oder die Sadhana notwendig ist, das ist eines der hauptsächlichen Geheimnisse, – ja, das zentrale Geheimnis der Sadhana.

Bleibe offen für die Mutter, erinnere dich immer an sie und lass ihre Kraft in dir wirken, indem du alle anderen Einflüsse zurückweist – das ist die Regel des Yoga.

Yoga zu praktizieren bedeutet, den Willen zu haben, alles Anhaften zu überwinden und sich allein dem Göttlichen zuzuwenden. Die Hauptsache im Yoga ist, der Göttlichen Gnade bei jedem Schritt zu vertrauen, die Gedanken fortwährend auf das Göttliche zu richten und sich selbst ständig darzubringen, bis das Wesen sich öffnet, und die Kraft der Mutter, die im adhara wirkt, gefühlt werden kann.

In der Praxis des Yoga kann das, worauf du abzielst, allein durch das Öffnen des Wesens für die Kraft der Mutter kommen und durch die ständige Zurückweisung von allem Egoismus, aller Forderung und allem Begehren – von allen Beweggründen, außer dem Streben nach der Göttlichen Wahrheit. Wenn dies auf die rechte Weise geschieht, werden die Göttliche Macht und das Göttliche Licht zu wirken beginnen und Frieden und Gleichmut herbeiführen sowie die innere Stärke, das geläuterte Sich-Weihen und ein sich weitendes Bewusstsein und Selbst-Erkennen, welche die notwendige Grundlage für die Vollendung, die Siddhi, des Yoga bilden.

Wenn ein Sadhak selbst nach langer Zeit sich nicht voll der Mutter öffnen kann, aufgrund von Dingen in seiner Natur, die dem entgegenstehen, bedeutet das, dass er von der Mutter nicht akzeptiert wird?
Eine solche Frage ergibt keinen Sinn. Diejenigen, die dem Yoga hier nachgehen, sind von der Mutter akzeptiert – denn „akzeptiert“ bedeutet, zugelassen zum Yoga, akzeptiert als Schüler. Aber Fortschritt im Yoga und siddhi im Yoga hängen davon ab, in welchem Ausmaß es zur Öffnung kommt.

Bitte erweise dieser unglücklichen Dame, deren Brief ich beifüge, Deine Gnade. Sei so gütig, mir zu sagen, was ich ihr schreiben soll. Sie bittet um Dein Upadesa und Deinen Segen.
Diese Sadhana wird nicht durch Unterweisung, upadesa, gegeben oder fortgesetzt. Nur jene, die durch Aspiration und durch Meditation über die Mutter fähig sind, sich zu öffnen und Ihr Handeln und Wirken im Innern zu empfangen, können in diesem Yoga erfolgreich sein.

Du brauchst dich nur zu bemühen, offen zu bleiben für die Mutter, alles zurückzuweisen, was ihrem Willen zuwider ist, und sie in dir wirken zu lassen – auch all deine Arbeit für sie zu tun und daran zu glauben, dass du sie durch ihre Kraft tun kannst. Wenn du auf diese Weise offen bleibst, wird die Erkenntnis und die Verwirklichung zu gegebener Zeit zu dir kommen.

Wie kann ich Yoga machen, wenn ich nichts über Yoga weiß? Ich weiß nicht einmal, was ich machen soll.
Es gibt zwei Wege, Yoga zu praktizieren, den einen durch Wissen und eigene Anstrengung, den anderen durch Vertrauen auf die Mutter. Auf dem letzteren Weg muss man sein Mental und Herz und alles andere der Mutter darbringen, damit ihre Kraft daran zu arbeiten vermag, sie in allen Schwierigkeiten zu rufen, Glauben und Bhakti zu haben. Am Anfang braucht es Zeit, oft eine lange Zeit, bis das Bewusstsein auf diese Weise vorbereitet ist, und während dieser Zeit können viele Schwierigkeiten auftauchen, aber wenn man durchhält, kommt eine Zeit, in der alles bereit ist und die Kraft der Mutter das Bewusstsein vollständig für das Göttliche öffnet. Dann entwickelt sich alles, was sich entwickeln muss, die spirituelle Erfahrung kommt und mit ihr das Wissen und die Vereinigung mit dem Göttlichen.

Was ist mit Sich-Öffnen gemeint?
Sich-Öffnen ist etwas, das von selbst durch die Aufrichtigkeit des Willens und Strebens geschieht. Es bedeutet fähig zu sein, die höheren Kräfte, die von der Mutter kommen, zu empfangen.

Was ist mit Sich-Öffnen gemeint?
Es ist die Empfänglichkeit für die Gegenwart der Mutter und ihre Kräfte.
Wie öffnet man sich auf richtige und perfekte Art und Weise?
Durch Aspiration, Ruhe, Weitwerden, um zu empfangen, durch Zurückweisen all dessen, was versucht, dich dem Göttlichen zu verschließen.
Wie weiß ich, dass ich mich der Mutter, und nicht anderen Kräften öffne?
Du musst wachsam sein und dafür sorgen, dass keine Regung der Störung, kein Begehren und kein Ego aufkommt.
Welches sind die Kennzeichen einer echten Öffnung zur Mutter?
Das zeigt sich sogleich – wenn du göttlichen Frieden fühlst, Gleichmut und Gelassenheit hast, Weite, Licht, Glückseligkeit, Wissen und Kraft spürst; wenn dir Mutters Nähe, ihre Gegenwart oder das Wirken ihrer Kraft bewusst wird etc. Sobald du etwas von diesen Dingen fühlst, ist es die Öffnung – und je mehr du davon spürst, desto vollkommener ist sie.
Was ist der Weg, um alle Knoten des Wesens zu öffnen?
Durch Aspiration, durch die Zustimmung des Wesens zum Wirken der Göttlichen Kraft, durch das Herabkommen und Wirken dieser Kraft.

Es ist durch das ständige Erinnern, dass das Wesen auf die volle Öffnung vorbereitet wird. Mit der Öffnung des Herzens beginnt die Gegenwart der Mutter spürbar zu werden, und durch die Öffnung zu ihrer Macht oberhalb [des Kopfes] kommt die Kraft des höheren Bewusstseins in den Körper herab und arbeitet dort, um die ganze Natur zu wandeln.

Offen für den Einfluss
In diesem Yoga hängt alles davon ab, ob man sich dem Einfluss öffnen kann oder nicht. Wenn eine aufrichtige Aspiration und ein geduldiger Wille vorhanden sind, das höhere Bewusstsein trotz aller Hindernisse zu erreichen, wird man das Sich-Öffnen in der einen oder anderen Form mit Sicherheit vollziehen können. Es kann lange dauern oder auch nicht, was davon abhängt, ob das Mental, das Herz oder der Körper vorbereitet sind oder nicht; daher muss man die notwendige Geduld aufbringen, andernfalls gibt man aufgrund der anfänglichen Schwierigkeit möglicherweise seine Bemühung auf. In diesem Yoga gibt es keine andere Methode als sich zu konzentrieren, besonders im Herzen, und die Gegenwart und Macht der Mutter zu rufen, [sie zu bitten] das Wesen anzunehmen und durch das Wirken ihrer Kraft, das Bewusstsein umzuwandeln; man kann sich ebenfalls im Kopf konzentrieren oder zwischen den Augenbrauen, doch für viele ist das ein zu schwieriges öffnen. Sobald das Mental ruhig, die Konzentration kraftvoll und die Aspiration intensiv werden, zeichnet sich eine anfängliche Erfahrung ab. Je größer der Glaube, desto rascher wird voraussichtlich das Ergebnis eintreten. Im übrigen darf man sich nicht allein auf die eigene Bemühung verlassen, man muss vielmehr einen Kontakt mit dem Göttlichen und eine Empfangsbereitschaft für die Macht und Gegenwart der Mutter in sich festigen.

In diesem Yoga besteht das ganze Prinzip darin, sich dem Göttlichen Einfluss zu öffnen. Er ist über dir, und sobald du dir seiner bewusst werden kannst, musst du ihn in dich herabrufen. Er kommt als Frieden, als Licht, als eine wirkende Kraft in das Mental und den Körper herab, als die Gegenwart des Göttlichen mit oder ohne Form, als Ananda. Bevor man dieses Bewusstsein erlangt hat, muss man Glauben haben und nach dem Sich-Öffnen streben. Die Aspiration, der Ruf, das Gebet sind Formen von ein und derselben Sache, und alle sind wirksam; du kannst diejenige Form annehmen, die zu dir kommt oder dir am leichtesten erscheint. Der andere Weg ist die Konzentration; du konzentrierst dein Bewusstsein im Herzen (einige tun es im Kopf, andere über dem Kopf), meditierst dort über die Mutter und rufst sie dorthin. Man kann eines davon oder beides zu verschiedenen Zeiten tun – was immer auf natürliche Weise zu dir kommt oder was zu tun du im Augenblick bewegt wirst. Besonders am Anfang besteht die eine große Notwendigkeit darin, das Mental zu beruhigen und zur Zeit der Meditation alle Gedanken und Regungen, die der Sadhana fremd sind, zurückzuweisen. Im ruhigen Mental wird eine fortschreitende Vorbereitung für die Erfahrung stattfinden. Doch darfst du nicht ungeduldig werden, wenn nicht alles auf einmal geschieht; es nimmt Zeit in Anspruch, die völlige Ruhe in das Mental zu bringen; du musst damit fortfahren [es zu Versuchen], bis das Bewusstsein bereit ist.
