Kapitel 4
Der erste Schritt – Verinnerlichung
Worte der Mutter
Die Leute sind mit äußeren Dingen beschäftigt. Das bedeutet, dass das Bewusstsein den äußeren Dingen zugewandt ist – das heißt allen Dingen des Lebens, die man sieht, die man kennt, die man macht – statt nach innen gekehrt zu sein, um die tiefe Wahrheit, die göttliche Gegenwart, zu finden. Das ist der erste Schritt. Man befasst sich mit allem, was man tut, nicht wahr, mit den Menschen seiner Umgebung, mit den Sachen, die man braucht, und dann mit dem Leben: Schlafen, Essen, Plaudern, ein wenig arbeiten und sich amüsieren, und das auch nur sehr wenig. Und dann beginnt man von neuem: Schlafen, Essen und so weiter und so weiter. Und dann fängt das wieder von vorne an. Und dann, was dieser gesagt hat und was jener gemacht hat, was man tun soll, die Aufgabe, die man lernen soll, die Übung, die man vorbereiten soll. Und dann: ob man gesund ist, ob man sich wohlfühlt und so weiter. Daran denkt man für gewöhnlich.
Der erste Schritt ist also – und das ist nicht so leicht –, dass dies alles in den Hintergrund rückt und dass etwas in und vor das Bewusstsein kommt als die wichtige Sache: die Entdeckung des eigentlichen Zwecks des Lebens und der Existenz, zu lernen, was man ist, warum man lebt und was hinter alledem steht. Das ist der erste Schritt: sich mehr für die Ursache und das Ziel als für die Manifestation zu interessieren. Das heißt, der erste Schritt ist ein Rückzug des Bewusstseins von dieser totalen Identifizierung mit den äußeren Erscheinungsformen und eine Art innere Konzentration auf das hin, was man entdecken will, zu der Wahrheit, die man entdecken will. Das ist der erste Schritt.
Viele, die hier sind, vergessen eines: Sie wollen mit dem Ende anfangen. Sie stellen sich vor, dass sie in ihrem Leben bereit sind, das auszudrücken, was sie die supramentale Kraft oder das supramentale Bewusstsein nennen, und dass sie das in ihre Handlungen, in ihre Regungen, in ihr tägliches Leben eingehen lassen wollen. Doch leider wissen sie überhaupt nicht, was die supramentale Kraft und das supramentale Bewusstsein sind und dass man zuerst den entgegengesetzten Weg gehen muss, den Weg der Verinnerlichung und des Rückzugs vom Leben, um in sich diese Wahrheit zu finden, die man ausdrücken soll.
Denn solange man sie nicht gefunden hat, gibt es nichts auszudrücken. Und indem man sich einbildet, man führe ein außergewöhnliches Leben, lebt man nur in der Illusion seines außergewöhnlichen Zustandes. Folglich muss man zunächst nicht nur seine Seele finden und das Göttliche, das sie besitzt, sondern sich mit ihr identifizieren. Und danach kann man allmählich wieder auf die äußeren Tätigkeiten zurückkommen und sie umwandeln. Denn dann weiß man, woraufhin, in was sie umgewandelt werden sollen.
Man kann diese Stufe nicht überspringen. Man muss zunächst seine Seele finden, das ist absolut unerlässlich, und sich mit ihr identifizieren. Danach kann man zur Transformation kommen. Sri Aurobindo hat irgendwo geschrieben: „Unser Yoga beginnt dort, wo die anderen aufhören.“ Im Allgemeinen führt der Yoga gerade zu dieser Identifizierung, zu dieser Vereinigung mit dem Göttlichen – deshalb wird es ja auch Yoga genannt. Und wenn die Leute da angekommen sind, sind sie am Ende ihres Weges und geben sich zufrieden. Doch Sri Aurobindo hat geschrieben: „Wir fangen an, wo sie aufhören.“ Du hast das Göttliche gefunden, aber statt dich in Kontemplation niederzusetzen und zu warten, dass das Göttliche dich aus deinem Körper holt, der nutzlos geworden ist, wendest du dich im Gegenteil mit diesem Bewusstsein dem Körper und dem Leben zu und beginnst mit der Arbeit der Transformation – die eine sehr harte, mühsame Arbeit ist. An dieser Stelle vergleicht er sie mit dem Bahnen des Weges im Urwald. Denn da es noch niemand vorher gemacht hat, muss man sich einen Weg schlagen, wo es keinen gab. Doch das zu versuchen, ohne die unerlässliche Direktive der Vereinigung mit dem Göttlichen in sich, in seiner Seele, ist eine Kinderei. So ist das.
