Kapitel 2

Die Ursache der Dualitäten

Mit Tod ist ein Zustand der Sterblichkeit gemeint, der ein Unterworfensein unter den Prozess fortwährenden Geborenwerdens und Sterbens als begrenztes Ego darstellt, das an die Dualitäten von Freude und Leid, Gut und Böse, Wahrheit und Irrtum, Liebe und Hass, Genuss und Schmerz gebunden ist.

Dieser Zustand entsteht durch Begrenzung und Selbst-Abtrennung von dem Einen, der alles ist, in allem und jenseits von allem, und durch eine Bindung der Vorstellung des Selbstes an eine einzelne Gestalt von Körper, Leben und Mental in Zeit und Raum, wodurch das Selbst aus seiner Schau all das ausschließt, was es in Wahrheit ist, mit Ausnahme einer Anzahl von Erfahrungen, die von und zu einem bestimmten Zentrum fließen, und begrenzt durch die Fähigkeiten eines bestimmten mentalen, vitalen und körperlichen Rahmens. Diese Anzahl von Erfahrungen ordnet es im Mental um das Ego-Zentrum an, und indem es sie zeitlich durch eine doppelte Tätigkeit des Gedächtnisses aneinanderfügt – als passiven Zustand und als aktives Tun –, sagt es unablässig: „Dies bin ich“.

Die Folge ist, dass die Seele sich selbst nur einen gewissen Anteil am Spiel der Prakriti oder Chit Shakti zuschreibt und folglich eine gewisse begrenzte Fähigkeit der Bewusstseinskraft, die den ganzen Druck dessen aushalten muss, was die Seele nicht als sich selbst, sondern als einen Ansturm fremder Kräfte ansieht. Gegen diese Kräfte verteidigt sie ihre getrennte Gestalt als Individuum vor der Auflösung in die Natur oder Beherrschung durch die Natur. Sie sucht in der individuellen Form und mit deren Mitteln ihr angeborenes Wesen als Ish oder Herr zu behaupten und so die Welt zu benutzen und zu genießen.

Doch durch die bloße Definition des Egos ist sein Fassungsvermögen begrenzt. Es betrachtet sich selbst als eine Form, die aus der Bewegung der Natur hervorgegangen ist und im allgemeinen Fluss der Dinge nicht überdauern kann. Es muss sie durch den Strom der Bewegung bilden, und das ist Geburt: Es löst sie durch den Strom der Bewegung auf, und das ist Tod.

Es kann durch den Verstand nur so viele Erfahrungen meistern, wie es seinem eigenen Gesichtspunkt entspricht, und auf eine Art, die stets unvollkommen und dem Irrtum unterworfen sein muss, weil es nicht die Sehweise aller oder der Gesichtspunkt des Ganzen ist. Sein Wissen ist teilweiser Irrtum, und alles Übrige ignoriert es.

Es kann nur eine bestimmte Anzahl seiner Erfahrungen annehmen und mit sich selbst in Übereinstimmung bringen, genau deshalb, weil diese die einzigen sind, die es genügend verstehen kann, um sie sich anzueignen. Dies ist seine Freude. Der Rest ist Sorge oder Gleichgültigkeit.

Es ist nur fähig, eine bestimmte Anzahl von Einwirkungen fremder Kräfte mit seiner Körper-, Nerven- und Mentalkraft in Einklang zu bringen. An diesen hat es sein Vergnügen. Den Rest empfängt es mit Empfindungslosigkeit oder Schmerz.

Tod ist daher die ständige Verneinung, mit der das Ganze die falsche Selbst-Begrenzung des Egos im individuellen Rahmen von Mental, Leben und Körper beantwortet.

Irrtum ist die ständige Verneinung, mit der das Ganze die falsche Genügsamkeit des Egos in einem begrenzten Wissen beantwortet.

Leiden von Mental und Körper ist die ständige Verneinung, mit der das Ganze dem Versuch des Egos antwortet, das universale Ananda auf eine falsche und selbstbezogene Formation begrenzter und sich ausschließender Freuden zu beschränken.

Nur indem es die Einheit des Ganzen akzeptiert, kann das Individuum dieser ständigen und notwendigen Verneinung entkommen und darüber hinausgelangen. Dann ergreift All-Sein, All-Kraft, All-Bewusstsein, All-Wahrheit, All-Wonne Besitz von der individuellen Seele. Sie tauscht Sterblichkeit gegen Unsterblichkeit.

Alles Leid entsteht aus dem Zurückschrecken des Egos vor den Berührungen des Lebens, sein Gefühl der Furcht, der Schwäche, des Verlangens, der Abneigung und so weiter; und dies entsteht aus der Täuschung des Getrenntseins, aus der Empfindung, dass ich mein gesondertes Ego bin, das all diesen Kontakten mit so vielem, das nicht ich bin, ausgesetzt ist.

Das Ergebnis der Abtrennung ist die Unfähigkeit, zu Harmonie und Einheit mit dem Universum zu gelangen und ein daraus erwachsendes Unvermögen, es zu besitzen und sich seiner zu erfreuen. Doch das Verlangen, zu besitzen und zu genießen, ist der Hauptimpuls des Ego, das sich dunkel bewusst ist, der Herr zu sein, obgleich es aufgrund seiner Relativität unfähig ist, seine wahre Existenz zu verwirklichen. Das Ergebnis ist Disharmonie mit anderen und sich selbst, mentales und physisches Leiden, das Gefühl von Schwäche und Unfähigkeit, das Gefühl der Verdunkelung, die Anspannung der Energie in Leidenschaft und im Verlangen nach Selbsterfüllung, der Rückzug der erschöpften Energie in Richtung auf Tod und Zerfall.

Die Natur des Egos ist Selbst-Begrenzung des Bewusstseins durch ein gewolltes Nicht-Erkennen der übrigen Wirkungen des vielfältigen Spiels und sein ausschließliches Aufgehen in einer einzigen Form, einer einzigen Kombination von Tendenzen, einem einzigen Bereich von Energiebewegungen. Ego ist der Faktor, der die Reaktionen von Irrtum, Kummer, Schmerz, Bösem und Tod bestimmt. Denn es legt diese Werte Bewegungen bei, die sonst in ihrer richtigen Beziehung zum einen Sein, zur Seligkeit, Wahrheit und dem Guten repräsentiert würden. Würden wir wieder die richtige Beziehung finden, könnten wir die vom Ego bestimmten Reaktionen ausschalten und sie schließlich auf ihre wahren Werte zurückführen. Diese Entdeckung kann dadurch bewirkt werden, dass der Einzelne in der rechten Weise am Bewusstsein der Totalität teilnimmt und des Transzendenten bewusst wird, das die Totalität repräsentiert.

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