Kapitel 16
Die Schöpfung des Gleichgewichts
Heute morgen hatte ich eine Erfahrung, die eine ganz außerordentliche Enthüllung schien, und… es ist etwas schon immer Gewusstes. Dann mentalisiert man sie, und von dem Augenblick an, wo man sie mentalisiert, wird das klar, aber es ist nicht mehr das. Man kann sagen, dass diese Schöpfung hier die „Schöpfung des Gleichgewichts“ ist und dass es gerade der Irrtum des Mentals ist, eine Sache annehmen und eine andere ablehnen zu wollen, wo doch alle Dinge zusammen sein müssen: was man gut nennt, was man böse nennt, was man recht und was man schlecht nennt, was einem angenehm erscheint und was einem unangenehm erscheint, all das muss zusammen sein. Und heute morgen war es die Entdeckung, dass die Trennung, diese Trennung, die auf alle möglichen Weisen beschrieben worden ist, manchmal in Form einer Geschichte, manchmal bloß abstrakt, manchmal philosophisch, alles lediglich Erklärungen sind, aber es gibt etwas, das wohl einfach die Vergegenständlichung ist (die Mutter macht eine Gebärde, als brächte sie das Weltall hervor, aus dem Ungeoffenbarten heraus), aber selbst das ist noch eine Erklärungsweise. Diese sogenannte Trennung, was ist das genau? Man weiß es nicht. Oder vielleicht weiß man es, ich weiß nicht. Das eben (setzen wir es in Farbe) hat Schwarz und Weiß geschaffen, Nacht und Tag (diese beiden sind schon stärker vermischt, doch Schwarz und Weiß sind auch vermischt); die Neigung besteht, zwei Pole zu schaffen: das Angenehme, das Gute, das Unangenehme, das Schlechte. Und sobald man zum Ursprung zurückkehren will, neigen beide dazu, miteinander wieder zu verschmelzen.
Und im vollkommenen Gleichgewicht, das heißt, wo keine Teilung mehr möglich ist und wo das eine auf das andere keinen Einfluss ausübt, wo die zwei nur noch eins sind, da ist diese berühmte Vollkommenheit, die man wiederzuerlangen sucht.
Die Ablehnung des einen zugunsten des anderen ist kindisch. Das ist Unwissenheit. Und alle mentalen Übertragungen, wie die von einem Bösen, das ewig böse ist und die Idee einer Hölle gebiert, eines Guten, das ewig gut ist … das alles, das sind alles, alles Kindereien.
Es mag sein, (es mag sein: sobald man formulieren will, mentalisiert man, und sobald man mentalisiert, wird es vermindert, verkleinert, beschränkt, es verliert die Kraft der Wahrheit), dass also in diesem Weltall, so wie es beschaffen ist, die Vollkommenheit… (die Mutter vertieft sich lange). Das entzieht sich den Worten. Man könnte sagen (trocken und leblos): es ist das im Individuum wahrgenommene Bewusstsein von der Einheit des Ganzen – wahrgenommen, gelebt, verwirklicht. Aber das ist nichts, das sind nur Worte … das Weltall scheint dafür geschaffen worden zu sein, dieses Paradox des Bewusstseins vom Ganzen zu verwirklichen, und zwar lebendig (nicht nur wahrgenommen, sondern auch gelebt), in jedem seiner Teile, in jedem der Elemente, die das Ganze ausmachen.
Um nun diese Elemente zu formen, begann es mit der Trennung, und die Trennung bewirkte diese Teilung in das, was man Gut und Böse nennt; aber hinsichtlich des Empfindens –Empfindens im materiellsten Teil – kann man sagen: Schmerz und Ananda. Und die Bewegung wirkt darauf hin, jede Trennung aufzuheben und das umfassende Bewusstsein in jedem seiner Teile zu verwirklichen – was vom mentalen Standpunkt aus gesehen absurd ist, aber es ist so.
Für meinen Geschmack ist das alles viel zu philosophisch, nicht konkret genug, aber die Erfahrung von heute morgen war konkret, und zwar weil sie von äußerst konkreten Empfindungen im Körper ausging, von der Anwesenheit dieser ständigen Dualität (dem Anschein nach), von einer Gegensätzlichkeit (ja nicht nur das, sondern Verneinung des einen durch das andere), zwischen … wir können als Symbole Schmerz und Ananda nehmen. Und der wahre Zustand, der im Moment anscheinend nicht in Worte zu fassen ist, der aber gelebt und empfunden wurde, ist ein Ganzes, das alles enthält… Und wenn dies Gleichgewicht in der Schöpfung verwirklicht sein wird, kann diese Schöpfung … braucht man Worte, ist es nicht mehr das … ohne Unterbrechung fortschreiten – so könnte man es sagen. Aber das ist es auch nicht ganz…
Die Vereinigung der beiden Zustände bringt das wahre Bewusstsein mit sich, die Vereinigung der beiden – „Vereinigung“, das setzt noch Trennung voraus –, das Einssein der beiden macht das wahre Bewusstsein aus. Und so hat man das Empfinden, dass es das ist, dieses Bewusstsein, was die höchste Macht ist…
Das ist es, was Leute, die diese Erfahrung wohl gehabt haben oder ihr nahe gekommen sind, so übersetzten, dass sie sagten, diese Welt sei die Welt des Gleichgewichts; das heißt, die ungeteilte Gleichzeitigkeit aller Gegensätze. Sobald es irgendeine Abweichung gibt – nicht einmal Abweichung, irgendeine Unterscheidung –, ist das der Beginn der Teilung. Und alles, was nicht jener Zustand ist, kann nicht ewig sein; nur jener Zustand ist es, der die Ewigkeit nicht eigentlich enthält, aber ausdrückt…