Zu einem Individuum werden
Mutter, du hast einmal gesagt, dass man zuerst zu einem Individuum werden muss, bevor man sich mit dem Göttlichen identifizieren kann.
Ja, genau das ist es. Ihr seid in der Phase eurer Entwicklung, in der man zu einem Individuum wird. Und so lange man in dieser Phase ist, muss man warten, bis sie vorbei ist, das heißt, bis man zu einem bewussten Individuum geworden ist. Das bedeutet es.
Mutter, du sagtest, dass es nur sehr wenige Menschen gibt, die wirklich bewusst sind, vielleicht nur einer in einer Million.
Oh, wenn du die Menschheit als Gesamtheit nimmst, dann bestimmt! Und die große Masse der Menschheit wird nie zu einem Individuum werden, sie wird immer eine amorphe Masse bleiben, in der alle vermischt sind; so (sie macht eine Geste mit den Händen). Ein Individuum zu werden bedeutet, wie Sri Aurobindo es nennt, ein wirklich mentaler, denkender Mensch zu werden. Also, wenn ihr das Buch „Zyklus der menschlichen Entwicklung“ (The Human Cycle) lest, wird euch klar werden, dass es schon nicht einfach ist, ein wahrhaftig reflektierender Mensch zu werden, der für sich selbst denkt, der frei von allen äußeren Einflüssen ist, der eine Individualität besitzt und seine eigene Verwirklichung erschafft, in der er sich ausdrückt; selbst das ist nicht leicht.
Aber durch eine Art Gnade kann es geschehen, dass jemand plötzlich die Erfahrung von seinem psychischen Wesen hat, die ihm alle Türen öffnet, sogar bevor er zu einem Individuum geworden ist, wenn er eine innere Sehnsucht in sich trägt, wenn er das Bedürfnis fühlt, zu etwas Größerem in sich selbst zu erwachen, zu etwas Besserem in sich selbst, wenn er spürt, wie klein dieses Individuum ist, und etwas in ihm wirklich nach etwas außerhalb der gewöhnlichen Begrenzungen sucht. Später schließen sich diese Türen wieder, aber wenn sie sich einmal geöffnet haben, wird man diese Erfahrung seines inneren psychischen Wesens niemals vergessen. Die Erinnerung daran bleibt sehr lebhaft bestehen…
DIE MUTTER, CWM 6:333

Süße Mutter, warum hängen wir so an unserem Ego?
Wie ich gerade eben gesagt habe, weil wir es wahrscheinlich immer noch sehr brauchen, nicht wahr? Um zu einem bewussten, individualisierten Wesen zu werden, braucht man sein Ego; darum ist es da. Erst wenn man seine eigene Individualität genügend verwirklicht hat und zu einem bewussten, unabhängigen Wesen mit seiner eigenen Verwirklichung geworden ist, braucht man kein Ego mehr. Und zu diesem Zeitpunkt kann man die Anstrengung unternehmen, es los zu werden. Unglücklicherweise haben aber die meisten Menschen, sobald sie zu einem wirklichen Individuum geworden sind, so ein starkes Gefühl ihrer eigenen Wichtigkeit und ihrer eigenen Fähigkeit entwickelt, dass sie überhaupt nicht mehr daran denken, ihr Ego loszuwerden. Aber das ist natürlich etwas anderes.
Hier bei uns (im Ashram) lasse ich euch nicht einschlafen, sondern ich erinnere euch von Zeit zu Zeit an die wahre Sache. Aber ihr seid alle noch sehr jung, seht ihr, und man braucht einige Jahre, Jahre intensiver innerer Entwicklung, um ein Mensch zu werden, der für sich selbst denkt, der sich seines Willens bewusst ist und seine eigene Natur kennt und den Sinn und Zweck seines Daseins, unabhängig von der Masse der Menschen. Dazu ist eine gewisse Zeit notwendig. Einige Kinder beginnen damit, wenn sie noch sehr klein sind. Wenn man sehr jung anfängt, kann man mit zwanzig Jahren schon sehr gut entwickelt sein. Aber du musst damit in frühem Alter anfangen, bewusst, sehr bewusst: du musst alles beobachten was in dir vor sich geht, deine Gedanken und Gefühle und Motive und deine Beziehungen zu anderen Menschen, um genau den Grad deiner Unabhängigkeit, deiner realen Individualität festzustellen. Mit dieser Beobachtung deiner selbst kannst du erkennen, wo deine Impulse und andere Motivationen herkommen, ob sie als Ansteckung von außen in dich einströmen oder aus dir selbst entspringen. Ein sehr grundlegendes Studium all der Vorgänge in einem selbst ist einfach nötig, damit es einem gelingt, aus sich ein Wesen herauszukristallisieren, das ein wenig bewusst ist, ein wenig bewusst. Aber wenn du sozusagen fließend lebst, wenn du nicht einmal weißt, was in dir selbst geschieht, und nur vage Eindrücke davon hast und dich unter hundert Malen mindestens neunundneunzig Mal fragst: „Warum habe ich so gedacht? Warum habe ich so gefühlt?“ oder sogar: „Warum habe ich so gehandelt?“, dann ist die Antwort fast immer gleich: „Ich weiß es nicht. Es ist so passiert. Das ist alles.“ Das bedeutet, dass man sich seiner selbst überhaupt nicht bewusst ist.
Wenn du mit Anderen zusammen bist, kannst du dann sagen, was von ihnen und was von dir selbst kommt? In welchem Ausmaß ihre Art zu sein, ihre besonderen Eigenheiten auf dich einwirken? Ihr seid euch dessen gar nicht bewusst. Ihr lebt in einer Art „ungefähr“ Bewusstsein, halb wach und halb schlafend, in einem sehr vagen Zustand, in dem ihr nach den Dingen greifen müsst, um etwas von ihnen mitzubekommen. Aber habt ihr eine klare, genaue, deutliche Wahrnehmung, was in euch vorgeht und warum? Und von den Vibrationen, die von außen zu euch kommen, und denen, die aus euch selbst entstehen? Und dann, noch einmal: was kann von Anderen kommen und all das ändern und dem Ganzen eine neue Orientierung geben? Ihr lebt in einer Art nebliger Flüssigkeit, gewisse kleine Dinge kristallisieren sich plötzlich in eurem Bewusstsein, ihr habt sie gerade für einen Moment erfasst: sie sind gerade mal klar genug für einen Moment, als ob da ein Projektor wäre, und die Dinge auf einer Leinwand passieren und nur für eine Sekunde klar sind: im nächsten Augenblick ist alles wieder verschwommen und ungenau, aber ihr bemerkt es nicht, weil ihr euch nicht die Frage danach stellt, weil ihr einfach so vor euch hin lebt. Etwas hört auf, etwas fängt an, etwas endet hier, das ist alles. Ihr lebt und handelt von Tag zu Tag, von Minute zu Minute, ihr nehmt es so hin.
DIE MUTTER, CWM 6:334

Was bedeutet: „Ego“?
Ich denke, dass es das Ego ist, das jeden Menschen zu einem unterscheidbaren Wesen macht. Es ist das Ego, das einem das Gefühl gibt, eine Person zu sein, die sich von anderen unterscheidet. Es ist sicherlich das Ego, das einem den „Ich“ Sinn verleiht, „Ich bin“, „Ich will“, „Ich mache“, „Ich existiere“, sowie das berühmte Zitat: „Ich denke, also bin ich“ – was, es tut mir leid, eine Dummheit ist – immerhin ist es eine berühmte Dummheit – gut, auch das ist das Ego. Das, was dir den Eindruck vermittelt, dass du Manoj bist, ist das Ego, und dass du vollkommen von diesem und jenem anderen verschieden bist. Es hindert deinen Körper daran, einfach wegzuschmelzen, sich in einer allgemeinen Masse von körperlichen Einflüssen aufzulösen. Es ist tatsächlich das Ego, das dir eine bestimmte Form verleiht, einen bestimmten Charakter, ein separates Bewusstsein, die Wahrnehmung, dass du für dich selbst existierst, unabhängig von allen anderen. Wenn man nicht weiter darüber nachdenkt, hat man spontan das Gefühl, dass man noch da wäre, dass man das bleiben würde, was man ist, selbst wenn die Welt verschwinden würde. Es ist natürlich das Super-Ego, das so denkt. Sicherlich, im Hinblick auf die mentale und gefühlsmäßige Entwicklung, würde man wieder in einer amorphen Masse aufgehen, wenn man sein Ego zu früh verlieren würde. Das Ego ist sicherlich das Instrument zur Individualisierung des Wesens, das heißt, bis man ein individuelles Wesen entwickelt hat, das in sich selbst begründet ist, ist das Ego ein absolut wichtiger Faktor. Wenn man die Macht hätte, sein Ego vorzeitig abzuschaffen, würde man seine Individualität verlieren. Aber wenn diese Individualität einmal gebildet ist, wird das Ego nicht nur überflüssig, sondern es wird schädlich. Erst dann kommt der Zeitpunkt, wenn es abgeschafft werden muss. Aber natürlich, weil es sich soviel Arbeit damit gemacht hat, dich zu formen, gibt es diese Aufgabe nicht so leicht auf und es fordert die Früchte seiner Arbeit, was bedeutet, dass es sich seiner Individualität erfreuen will.
DIE MUTTER, CWM 7:12

Deshalb ist der Weg sehr sehr lang, bis man zu dem Punkt kommt, an dem man sein Ego mit dem Göttlichen vereinigen kann.
Sein Ego dem Göttlichen übergeben! Aber man kann sein Ego anfänglich nicht mit dem Göttlichen vereinen, weil man nicht vollständig individualisiert ist. Weißt du, was es heißt, vollständig individualisiert zu sein? Fähig, allen äußeren Einflüssen zu widerstehen?
Vor einigen Tagen erhielt ich einen Brief von jemanden, in dem er schrieb, dass er sehr zögern würde, normale Literatur wie Dramen oder Novellen zu lesen, weil seine Natur eine fast unüberwindliche Neigung dazu hätte, die Eindrücke der beschriebenen Charaktere dieser Bücher in sich aufzunehmen, und er damit anfangen würde, die Gedanken und Gefühle dieser Charaktere, die Natur dieser Personen zu leben. Es gibt sehr viel mehr Menschen, die so sind, als man denkt. Sie lesen ein Buch und während sie es lesen, fühlen sie alle möglichen Arten von Emotionen, von Gedanken, Wünschen, Absichten, Plänen, sogar Idealen in sich aufkommen. Sie sind einfach von dem Buch absorbiert. Sie sind sich dessen nicht einmal bewusst, denn mindestens neunundneunzig Teile des Charakters eines Individuums ist aus weicher Butter gemacht – nicht essbarer natürlich… auf die der Druck eines Daumens einen Eindruck hinterlässt.
So, alles ist letztendlich wie ein „Daumen“, der sich einprägt: ein Gedanke, den jemand äußert, ein gelesener Satz, ein Objekt, das man betrachtet, eine Beobachtung dessen, was ein anderer macht und auch der Wille des Nachbarn. Und alle diese unterschiedlichen Ausdrücke des Willens… wisst ihr, wenn man sie sieht, sind sie alle so miteinander vermischt (Mutter überkreuzt ihre Finger), jeder von ihnen versucht, für sich die Oberhand über andere zu gewinnen, und dadurch verursachen sie eine Art ständigen Konflikt innerhalb und außerhalb einer Person…
Sie bewegen sich von außen in die Leute herein und aus ihnen heraus, so wie elektrische Ströme, seht ihr. Man ist sich dessen überhaupt nicht bewusst, es ist ein andauernder Konflikt verschiedener Einflüsse von Willensrichtungen, die versuchen, sich durch die Person auszudrücken, und die stärkste wird gewinnen. Aber da es viele sind und man allein gegen eine große Anzahl von ihnen kämpfen muss, ist es nicht einfach.
So wird man wie ein Korken auf den Wellen hin und her geworfen… Heute will man dies und morgen will man das, in diesem Moment wird man von einer Sache in eine Richtung gedrängt, im nächsten in eine andere, gerade erhebt man sein Gesicht zum Himmel, (Mutter macht eine Bewegung) dann fällt man in ein tiefes Loch! Das ist das Leben, das man führt!
Zuerst muss man ein bewusstes, gut entwickeltes, individualisiertes Wesen werden, das in sich selbst und durch sich selbst existiert, unabhängig von seiner ganzen Umgebung, jemand, der alles hören kann, alles lesen kann, alles sehen kann, ohne davon beeinflusst zu werden. Man empfängt von außen nur das, was man empfangen möchte, man lehnt automatisch alles ab, was nicht mit seinen Plänen übereinstimmt, und nichts kann einen Eindruck hinterlassen, außer man stimmt zu, diesen Eindruck aufzunehmen. Dann fängt man an, sich zu seiner Individualität zu entwickeln! Wenn man sie so entfaltet hat, kann man damit beginnen, sie dem Göttlichen anzubieten.
Denn wenn man etwas nicht besitzt, kann man es nicht schenken. Zuerst muss man sein, als Individuum bestehen, dann erst kann man sich selbst geben. Solange man nicht sich selbst lebt, kann man nichts geben. Damit das trennende Ego verschwindet, wie du sagst, muss man fähig sein, sich selbst völlig an das Göttliche zu übergeben, vollkommen, ohne Vorbehalt. Und um sich selbst zu geben, muss man zuerst eine Individualität gebildet haben.
Wenn dein Körper nicht die starre Form hätte – denn sie ist ziemlich hart, nicht wahr, wenn du nicht so eine feste Haut hättest, wenn du äußerlich das Spiegelbild dessen wärest, was du auf den vitalen und mentalen Ebenen darstellst, wäre das schlimmer als ein Tintenfisch zu sein! Alles würde miteinander verschmelzen…
Oh, was für ein Durcheinander wäre das! Deshalb war es am Anfang der Schöpfung nötig, ihr eine feste Form zu geben. Später beklagen wir uns darüber. Wir sagen: „Das Körperliche ist festgelegt, es ist ein Ärgernis, ihm fehlt die Formbarkeit, ihm fehlt die Geschmeidigkeit, ihm fehlt das Fließende, das es uns ermöglicht würde, in das Göttliche überzugehen.“ Aber das war unbedingt notwendig (in der Evolution), denn ohne das… wenn du einfach aus deinem Körper hinausgehen könntest (die meisten von euch können es nicht, weil das vitale Wesen in euch kaum mehr individualisiert ist als das körperliche), wenn du aus deinem Körper hinausgehen und in die vitale Welt kommen könntest, würdest du sehen, dass sich dort alle Dinge miteinander vermischen, sie sind gemixt, sie sind uneins und alle möglichen Arten von Schwingungen und Strömungen von Kräften kommen und gehen, kämpfen sich durch und versuchen, sich gegenseitig zu zerstören, ergreifen voneinander Besitz, saugen sich gegenseitig auf, werfen sich gegenseitig (aus dieser Ebene) hinaus… und so geht es in einem fort.
Aber es ist sehr schwierig, eine wirkliche Persönlichkeit in all dem zu finden. Auf dieser vitalen Ebene setzt sich alles aus Kräften, Bewegungen, Wünschen und Schwingungen zusammen.
Es gibt dort auch individuelle Einzelwesen und Persönlichkeiten, aber die bestehen aus mächtigen Kräften! Menschen, die sich in dieser vitalen Welt individualisiert haben, sind entweder Helden oder Teufel!
Und nun zu dem, was den Verstand betrifft… (Schweigen). Wenn du dir nur allein deines körperlichen Verstandes bewusst wirst… manche Leute haben ihn als einen öffentlichen Marktplatz bezeichnet, denn alle Gedanken gehen zu ihm, durchstreifen ihn, ziehen vorüber und kommen wieder zu ihm zurück… Alle Ideen strömen zu ihm, sie kommen an einer Stelle hinein und gehen an einer anderen hinaus, einige befinden sich hier, andere dort, es ist ein öffentlicher Platz, der nicht sehr gut organisiert ist, denn normalerweise treffen sich Ideen hier, prallen aufeinander und stürzen einander um, es gibt dort alle möglichen Unfälle. Bis man sich dann bewusst wird: „Was kann ich eigentlich meinen Verstand nennen? Was genau ist mein Verstand?“
Oh, man braucht Jahre sehr aufmerksamer, sehr sorgfältiger, sehr vernünftiger, sehr zusammenhängender Arbeit einer Organisation, einer Auswahl und eines konstruktiven Aufbaus von Gedanken, um einfach nur diese kleine Angelegenheit herauszuarbeiten: die eigene Art zu denken.
Man denkt, man hätte seine eigene Art zu denken, aber das ist überhaupt nicht so! Denn die eigene Denkweise ist vollkommen abhängig von den Leuten, mit denen man sich unterhält, oder von den Büchern, die man gelesen hat, oder von der Stimmung, in der man sich gerade befindet. Sie ist abhängig davon, ob du eine gute oder eine schlechte Verdauung hast, sie hängt davon ab, ob du in einem Zimmer mit schlechter Belüftung eingeschlossen bist oder ob du dich im Freien befindest, ob du eine schöne Landschaft vor dir siehst, ob die Sonne scheint oder ob es regnet. Du bist dir dessen nicht bewusst, aber du denkst alles Mögliche, eine Menge Dinge, die nichts mit dir zu tun haben!
Damit aus diesem Zustand koordinierte zusammenhängende, logische Gedankengänge werden, ist eine lange, gründliche Arbeit notwendig. Und das Beste daran ist, wenn es dir gelungen ist, eine sehr gut ausgebildete, sehr starke, sehr aussagekräftige Denkfähigkeit zu entwickeln, ist das Erste, was man dir sagt: „Du musst aufhören zu denken, damit du dich innerlich mit dem Göttlichen vereinen kannst.“ Aber solange du dein Denken nicht entwickelt hast, kannst du dich nicht mit dem Göttlichen verbinden, weil du nichts zu geben hast, außer einer Menge von Gedanken, die nicht aus dir selbst entstehen. Man muss zuerst in sich selbst existieren, um sich selbst geben zu können. Ich wiederhole hiermit, was ich schon vor einer Weile zu euch gesagt habe.
DIE MUTTER, CWM 6:256

All das… sage ich nicht, um euch damit zu überfordern sondern um euch zu sagen, dass man zuerst ein wenig wissen muss, wer man ist, bevor man davon redet mit dem Göttlichen zu verschmelzen. Das Ego ist da. Seine Notwendigkeit besteht darin, dass ihr bewusste, eigenständige, individualisierte Wesen werdet – ich meine im Sinne von unabhängig – und dass ihr nicht der öffentliche Marktplatz seid, auf dem alles durcheinander geht, sodass ihr in euch selbst existieren könnt. Deshalb gibt es ein Ego. So ist es, deshalb hat man eben auch eine Haut (um abgegrenzt zu sein von den Kräften der vitalen Ebene), obwohl eigentlich sogar physische Kräfte durch die Haut hindurchgehen können. Es gibt eine Schwingung, die eine bestimmte Reichweite hat. Und doch, es ist die Haut, die unsere Körper daran hindert, ineinander überzugehen. Und alles andere muss auch so sein.
(Nach einer Weile der Stille) Und dann später übergibt man all das dem Göttlichen. Dafür braucht man Jahre der Arbeit.
Du musst dir nicht nur deiner selbst bewusst werden, aller Details in dir selbst, sondern du musst das, was du „dich selbst“ nennst, an der inneren Orientierung deines psychischen Wesens ausrichten, des göttlichen Zentrums in deinem Wesen, und dich selbst darum herum organisieren, um zu einem einzigen, zusammenhängenden, voll bewussten Wesen zu werden. Weil das göttliche Zentrum in dir schon von sich aus gänzlich dem Göttlichen geweiht ist (Mutter macht eine Geste der Hingabe), wird alles dem Göttlichen geweiht sein, wenn sich alles in dir selbst harmonisch darum herum anordnet. Wenn das Göttliche dann findet, dass der richtige Moment da ist, dass die Zeit gekommen ist und die Arbeit der Individualisierung beendet ist, dann gibt dir das Göttliche die Erlaubnis, dass du dein Ego in ihm aufgehen lässt und von da an nur für das Göttliche zu leben.
Aber es ist das Göttliche, das diese Entscheidung trifft. Du musst zuerst all diese Arbeit gemacht haben, musst zu einem bewussten Wesen geworden sein, das sich einzig und ausschließlich zum Göttlichen hin ausrichtet und von Ihm angeleitet wird. Und sogar danach gibt es immer noch das Ego, denn das Ego dient dazu, aus dir ein Individuum zu machen. Aber wenn diese Arbeit einmal vollkommen abgeschlossen und perfekt ist, dann kannst in diesem Moment zum Göttlichen sagen: „Hier bin ich, ich bin bereit. Möchtest du mich?“ Und das Göttliche antwortet gewöhnlich: „Ja.“ Dann ist alles getan, die Aufgabe ist erfüllt. Dann wirst du zu einem wirklichen Instrument der göttlichen Arbeit. Aber zuerst muss das Instrument dafür geschaffen werden.
DIE MUTTER, CWM 6:260

Süße Mutter, wann wird aus dem Ego ein Instrument?
Wenn es reif genug ist, um zu einem Werkzeug zu werden.
Wie geschieht das?
Wie das geschieht?… In jedem Menschen passiert es, glaube ich, auf eine andere Art und Weise. Es kann ganz plötzlich passieren, innerhalb eines Augenblicks, durch eine Art innerer Umkehr; es kann Jahre dauern; es kann Jahrhunderte dauern; es kann einige Leben lang dauern. Für jeden gibt es einen Moment, in dem das geschieht: wenn er dazu bereit ist.
Und ich denke, dass man dazu bereit ist, wenn man vollständig entwickelt ist. Der Sinn der Existenz des Egos ist die Bildung der Individualität. Wenn das Individuum bereit ist, kann das Ego verschwinden. Aber vorher wird es nicht verschwinden, weil es noch Aufgaben zu erfüllen hat.
DIE MUTTER, CWM 7:360

Teil 4
BEWUSST WERDEN
Bewusst werden
Sich dessen bewusst zu werden, was in der eigenen Natur geändert werden muss, ist der erste Schritt dazu, es zu ändern. Aber man muss die Abläufe in der eigenen Natur beobachten, ohne zu verzweifeln oder zu denken: „Es ist hoffnungslos“ oder „Ich kann mich nicht ändern.“
SRI AUROBINDO, CWSA 31:89

„Sich selbst kennen und sich selbst kontrollieren.“
DIE MUTTER
Was bedeutet das?
Das bedeutet, sich seiner inneren Wahrheit bewusst zu sein, der verschiedenen Teile seines Wesens und ihrer entsprechenden Wirkungsweisen. Du musst wissen, warum du etwas tust, du musst deine Gedanken und deine Gefühle kennen, all deine Aktivitäten, all deine Beweggründe, das wozu du fähig bist usw. Und sich selbst zu kennen ist nicht genug: dieses Wissen muss zu einer bewussten Kontrolle führen. Sich selbst vollkommen zu kennen bedeutet, sich selbst vollständig leiten zu können. Das sollte in jedem Moment von einer inneren Sehnsucht nach Vollkommenheit begleitet sein.
Es ist nie zu früh, um damit zu beginnen, niemals zu spät, es fortzusetzen. Das heißt, wenn du sehr jung bist, kannst du damit anfangen, dich selbst zu studieren und dich kennenzulernen und dich dann allmählich selbst zu kontrollieren. Und selbst wenn du das bist, was man „alt“ nennt, wenn du sehr viel älter bist, ist es nicht zu spät, dir die Mühe zu machen, dich selbst immer besser zu verstehen und dich immer besser selbst zu führen. Das ist die Wissenschaft des Lebens.
Um perfekt zu werden, muss man sich zuerst seiner selbst bewusst werden. Ich bin zum Beispiel sicher, dass die folgende Situation öfter in deinem Leben stattgefunden hat: Jemand fragt dich plötzlich: „Warum hast du das getan?“ Nun, die spontane Antwort ist meist: „Ich weiß es nicht.“ Wenn jemand dich fragt: „An was denkst du?“ antwortest du: „Ich weiß es nicht.“ „Warum bist du müde?“ – „Ich weiß es nicht.“ „Warum bist du glücklich?“ – „Ich weiß es nicht“ usw. Ich kann tatsächlich fünfzig Leuten plötzlich, ohne Vorbereitung, die Frage stellen: „Warum hast du das getan?“, und wenn sie innerlich nicht wach sind, werden sie sagen: „Ich weiß es nicht.“ (Ich rede hier natürlich nicht von denen, die einer Disziplin der Selbsterfahrung folgen und die ihre Motive bis zur äußersten Grenze ergründen. Natürlich können sich diese Leute selbst innerlich sammeln, konzentrieren und die richtige Antwort geben, aber erst nach einer gewissen Zeit). Aber wenn du auf deinen gesamten Tag zurückblickst, wirst du sehen, dass es so ist. Du sagst etwas und du weißt nicht, warum du es gesagt hast – erst wenn du die Worte schon ausgesprochen hast, merkst du, dass dies nicht ganz das war, was du eigentlich sagen wolltest. Zum Beispiel: du besuchst jemanden und du bereitest in Gedanken schon die Worte vor, die du ihm sagen willst. Aber wenn du dann vor dieser Person stehst, passiert es, dass du überhaupt nichts sagst oder etwas ganz anderes, als du beabsichtigt hattest. Bist du fähig zu erkennen, in welchem Ausmaß die Atmosphäre der anderen Person dich beeinflusst und davon abgehalten hat, das zu sagen, was du vorbereitet hattest? Wie viele Menschen können das sagen? Es fällt ihnen nicht einmal auf, dass die andere Person in dieser oder jener Verfassung war und dass sie ihr deshalb nicht das sagen konnten, was sie geplant hatten. Natürlich gibt es die sehr offensichtlichen Fälle, in denen die Person in solch einer schlechten Stimmung ist, dass du sie um gar nichts bitten kannst.
Von denen spreche ich nicht. Ich rede von der genauen Beobachtung gegenseitiger Beeinflussung: was auf deine Natur einwirkt und worauf sie reagiert; diese Wahrnehmung hat man im Allgemeinen nicht. Man fühlt sich zum Beispiel plötzlich unwohl oder glücklich, aber wie viel Menschen können sagen: „Das ist die Ursache.“ Es ist auch schwierig, das zu erkennen, es ist überhaupt nicht leicht. Man muss dafür sehr „wach“ sein, in einem dauernden sehr aufmerksamen Zustand der Beobachtung.
Es gibt Menschen, die schlafen zwölf Stunden am Tag und sagen: „Ich bin wach!“ Es gibt auch Menschen, die schlafen zwanzig Stunden am Tag und sind den Rest der Zeit nur halbwach. Um in diesen Zustand aufmerksamer Beobachtung zu gelangen, musst du sozusagen überall Antennen ausgefahren haben, die dauernd mit deinem wahren Zentrum des Bewusstseins in Kontakt stehen. Du registrierst alles, du organisierst alles und auf diese Weise kannst du nicht überrascht werden, nicht getäuscht werden, dich nicht irren und du kannst nichts anderes sagen als das, was du wirklich sagen wolltest. Aber wie viele Menschen leben normalerweise in so einem Zustand? Genau das meine ich, wenn ich sage: „Bewusst werden.“ Wenn du aus den Umständen und Bedingungen, in denen du dich befindest, den größten Nutzen ziehen willst, musst du voll wach sein: Du sollst durch nichts überrumpelt werden, du sollst nichts tun, ohne zu wissen warum, du sollst nichts sagen, ohne zu wissen warum. Du musst andauernd wachsam sein.
Du musst auch verstehen, dass ihr keine voneinander getrennten Individuen seid, sondern dass das Leben ein andauernder Austausch von Kräften ist, von unterschiedlichen Formen des Bewusstseins, von Vibrationen, von allen möglichen Arten von Bewegungen. Seht ihr, es ist wie in einer Menge: wenn jeder drängt, gehen alle vorwärts, wenn sich alle zurückziehen, geht jeder einzelne zurück. In der inneren Welt, in deinem Bewusstsein, ist es dasselbe. Da sind die ganze Zeit Kräfte und Einflüsse, die auf dich einwirken und auf dich reagieren, es ist wie ein Gas in der Atmosphäre, und wenn du nicht sehr wachsam bist, dringen diese Dinge in dich ein und nur, wenn sie gut zu dir passen, wenn sie hereingekommen sind und so aus dir herauskommen, als ob sie von dir selbst stammen, nimmst du sie wahr. Wie oft geschieht es, dass Menschen auf andere treffen, die nervös, verärgert und in schlechter Stimmung sind, und dann werden sie selbst nervös, ärgerlich, launisch, einfach so, ohne recht zu wissen, warum. Warum ist es so, dass du sehr gut spielst, wenn du gegen bestimmte Menschen spielst, aber wenn du gegen andere spielst, kannst du plötzlich nicht mehr gut spielen? Und was ist mit den sehr stillen Menschen, die überhaupt nicht böse sind, aber plötzlich wütend werden, wenn sie sich in einer aufgebrachten Menge befinden? Und niemand weiß, wer damit angefangen hat: es ist etwas, das vorbeikommt und das Bewusstsein weggefegt hat. Es gibt Menschen, die diese Art von Vibrationen herauslassen können und andere, die darauf antworten, ohne zu wissen, warum. In allem ist es so, von den kleinsten bis zu den größten Ereignissen.
Um in einer Kollektivität individualisiert zu leben, muss man sich seiner selbst sehr bewusst sein; Und welches Selbst meinen wir? Das Selbst, das über aller Vermischung steht, das heißt, das ich die Wahrheit deines Wesens nenne. Und solange du dir der Wahrheit deines Wesens nicht bewusst bist, wirst du durch alle möglichen Dinge beeinflusst, ohne es überhaupt zu bemerken. Kollektive Gedanken, kollektive Suggestionen sind ein gewaltiger Einfluss, der andauernd auf das individuelle Denken einwirkt. Außergewöhnlich daran ist, dass man es nicht wahrnimmt. Man glaubt, dass „man so denkt“, aber in Wirklichkeit ist es die kollektive Gemeinschaft, die „so denkt“. Die Masse ist immer minderwertiger als das Individuum. Nimm zum Beispiel Individuen mit ähnlichen Qualitäten in der selben Kategorie, nun, wenn diese Individuen allein für sich anzutreffen sind, sind sie mindestens um zwei Grade besser als Leute der selben Kategorie, die sich in einer Menschenmenge befinden. Bei denen findet sich durch den Einfluss der Menge eine Beimischung aus Unklarheit, eine Vermischung mit Unbewusstheit, und man rutscht unvermeidlich in diese Unbewusstheit hinein. Um dem zu entkommen, gibt es nur ein Mittel: sich seiner selbst bewusst zu werden und immer bewusster und immer aufmerksamer.
Versuch mal diese kleine Übung: Am Anfang des Tages sagst du dir: „Ich werde heute nicht reden, ohne vorher darüber nachzudenken, was ich sage.“ Du denkst, dass du über alles nachdenkst, was du sagst, nicht wahr? Das stimmt aber überhaupt nicht! Du wirst sehen, dass die Worte, die du nicht gebrauchen wolltest, ganz oft aus dir herauskommen wollen und dass du dazu gezwungen bist, eine bewusste Anstrengung zu machen, um sie daran zu hindern!
Ich kannte Leute, die waren sehr gewissenhaft in ihrer Absicht, keine Lügen zu erzählen. Aber ganz plötzlich, wenn sie in einer Gruppe von Menschen waren, äußerten sie ganz spontan eine Lüge, anstatt die Wahrheit zu sagen. Sie hatten nicht die Absicht das zu tun, eine Minute bevor sie logen, hatten sie noch nicht einmal daran gedacht, es geschah „einfach so“. Warum? – Weil sie sich in der Gesellschaft von Lügnern befanden, in einer Atmosphäre von Falschheit, und sie hatten sich einfach mit dieser Krankheit angesteckt.
So wird man stufenweise, langsam, mit Ausdauer, vor allem mit großer Sorgfalt und Aufmerksamkeit, bewusst, lernt sich selbst kennen und wird dann Herr über sich selbst.
DIE MUTTER, CWM 4:34

Was muss man tun, um sich für den Yoga vorzubereiten?
Vor allem, bewusst sein. Wir sind uns nur eines unbedeutenden Teils von uns selbst bewusst, zum größten Teil sind wir unbewusst. Es ist diese Unbewusstheit, die uns unten, in unserer unregenerierten Natur festhält und Wandel und Transformation in ihr verhindert. Durch diese Unbewusstheit dringen die ungöttlichen Kräfte in uns ein und machen uns zu ihren Sklaven. Du musst dir deiner selbst bewusst sein, du musst deine Natur und ihre Motive erkennen, du musst wissen, warum und wie du etwas tust, denkst und fühlst. Du musst deine Motivationen und deine Impulse verstehen, die Kräfte, die dich versteckt oder offensichtlich bewegen; tatsächlich ist es so, als ob du die gesamte Maschinerie deines Wesens auseinandernehmen und in ihre Bestandteile zerlegen würdest. Wenn du dann bewusst bist, heißt das, dass du unterscheiden und Dinge verändern kannst. Du kannst erkennen, welche Kräfte dich herunterziehen und welche dir weiterhelfen. Und wenn du das Richtige vom Verkehrten, das Wahre vom Falschen, das Göttliche vom Ungöttlichen unterscheiden kannst, wirst du strikt entsprechend dieses Wissens handeln, das heißt, das Eine entschlossen zurückweisen und das Andere annehmen. Diese Dualität wird sich dir bei jedem Schritt zeigen und bei jedem Schritt wirst du deine Wahl treffen müssen. Du wirst geduldig, ausdauernd und wachsam sein – „schlaflos“, wie die Adepten (Schüler der spirituellen Lehre) sagen; du musst es immer ablehnen, den ungöttlichen Kräften irgendeinen Vorteil gegenüber den göttlichen zu erlauben.
DIE MUTTER, CWM 3:2

Um etwas von sich zurückweisen zu können, muss man sich zuerst der Einflüsse der Natur bewusst werden, mit einer klaren inneren Erfahrung ihrer Wirkungsweisen und entdecken, wo sie tatsächlich in der Natur liegen. Dann kann man daran arbeiten, sie auszusortieren, wenn es sich um einen gänzlich falschen Einfluss handelt, oder man kann ihn umwandeln, wenn er nur eine Entstellung einer höheren und wahreren Eigenschaft darstellt.
Das oder etwas Ähnliches wird manchmal grob und unvollkommen mit einem rudimentären und ungenügenden Wissen im System der Psychoanalyse versucht. Der Prozess der Anhebung der niederen Beweggründe der Natur in das volle Licht des Bewusstseins ist unvermeidlich, um sie zu erkennen und mit ihnen umzugehen, denn ohne diesen Prozess kann es keine vollständige Änderung geben. Sie kann aber nur wirklich gelingen, wenn ein höheres Licht und eine höhere Kraft genügend daran arbeiten, um früher oder später die Kraft der Neigung zu Begierden zu überwinden, die diese Änderung aufhält.
SRI AUROBINDO, CWSA 31:614

Um an deiner Perfektion zu arbeiten, ist der erste Schritt, dir deiner selbst bewusst zu werden und die verschiedenen Teile deines Wesens und ihre entsprechenden Aktivitäten zu erkennen. Du musst lernen, diese verschiedenen Teile voneinander zu unterscheiden, so dass du klar ihren Ursprung erkennen kannst, die Aktivitäten der vielen Impulse, Reaktionen und der unterschiedlichen Willensrichtungen, die miteinander im Wettstreit liegen und dich zum Handeln antreiben. Das ist ein arbeitsames Selbststudium, das viel Ausdauer und Aufrichtigkeit verlangt. Denn die Natur des Menschen, vor allem seine mentale Natur, hat eine spontane Neigung, für alles, was man denkt, fühlt, sagt und tut, eine günstige Erklärung zu finden. Nur wenn wir diese Neigungen in uns mit großer Sorgfalt beobachten und sie sozusagen vor das Tribunal unseres höchsten Ideals stellen, mit dem aufrichtigen Willen, uns dessen Urteil zu unterwerfen, können wir darauf hoffen, in uns ein Unterscheidungsvermögen zu entwickeln, das sich niemals irrt. Denn wenn wir uns wirklich weiterentwickeln wollen und die Kapazität erlangen wollen, die Wahrheit unseres Wesens zu erkennen, das heißt, das, wofür wir wirklich geschaffen sind, das, was wir unsere Mission auf dieser Erde nennen können, dann müssen wir auf sehr regelmäßige und dauerhafte Weise alles von uns zurückweisen oder aus uns herauswerfen, was mit der Wahrheit unserer Existenz nicht übereinstimmt und ihr entgegengesetzt ist. Auf diese Weise können nach und nach alle Teile und Elemente unseres Wesens zu einem homogenen Ganzen um unser psychisches Zentrum herum geordnet werden und unsere innerste wahre psychische Natur ausdrücken.
Es dauert sehr lange, bis diese Arbeit der Einigung einen bestimmten Grad der Vollkommenheit erreicht. Deshalb müssen wir uns mit Geduld und Ausdauer ausrüsten, um sie zu vollenden, mit der Entschlossenheit, unser Leben zu verlängern, damit wir Erfolg mit unserer Bemühung haben.
DIE MUTTER, CWM 12:3

Man sollte niemals versäumen, sein Zimmer sauber zu machen, das ist sehr wichtig; innere Reinheit ist mindestens so wichtig wie äußere Reinheit.
Vivekananda hat irgendwo geschrieben (Ich kenne das Original nicht, sondern habe nur die französische Übersetzung gelesen): „Man soll jeden Morgen seinen Körper und seine Seele reinigen, aber wenn du für beides nicht die Zeit hast, ist es besser, die Seele zu reinigen als den Körper.“
Wie können wir wissen, ob die schmutzigen kleinen Dinge in uns sich versteckt haben oder ob sie wirklich verschwunden sind?
Man kann ein kleines Experiment versuchen. Ich habe gesagt, dass man eine Taschenlampe nehmen kann, ein starkes Licht und damit im eigenen Wesen eine Runde läuft, um sich selbst innerlich auszuleuchten. Wenn man sehr aufmerksam ist, kann man leicht die hässlichen Ecken in sich finden. Nehmen wir an, du hast diese schöne Erfahrung, als Antwort auf deine innere Sehnsucht erscheint ein starkes Licht in dir, das dich mit innerer Freude, Kraft und Erkenntnis überflutet, und du hast den Eindruck, dass du dich an dem Punkt befindest, an dem du umgewandelt wirst, und dann geht die Erfahrung vorbei – sie geht immer vorbei, nicht wahr, besonders am Anfang – plötzlich hört sie auf. Dann sagst du dir, wenn du nicht aufmerksam bist: „Da, sieh mal, die schöne Erfahrung ist gekommen und wieder gegangen! Ich Ärmster; sie hat mir nur einen Geschmack von ihrem Wirken vermittelt und dann hat sie mich fallen lassen.“ Nun, es ist dumm, so zu denken. Du solltest dich besser fragen: „Schau, ich war nicht fähig, die Erfahrung zu halten, aber warum nicht?“ So, dann nimmst du eine Taschenlampe und gehst eine Runde damit in dir selbst und versuchst, die sehr enge Beziehung zu finden zwischen der Änderung in deinem neuen Bewusstsein, das die Erfahrung brachte und den Vorgängen in dir, die das Aufhören der Erfahrung begleitet haben. Und wenn du sehr sehr aufmerksam bist und die Runde in deinem Inneren ganz gewissenhaft machst, wirst du feststellen, dass plötzlich ein Teil deines vitalen Gefühls oder deines Denkens oder deines Körpers nicht mitgemacht hat und die Erfahrung nicht aufrechterhalten hat. Anstatt mental in Gedanken regungslos, still und aufmerksam zu bleiben, hat etwas in dir angefangen zu fragen: „Warte mal einen Moment, was ist das hier für eine Erfahrung? Was bedeutet sie?“ Dieser Teil in dir begann damit, eine Erklärung zu finden, wollte das haben, was er eine „Erkenntnis“ nennt. Oder vielleicht hat in deinem vitalen Gefühl etwas angefangen, diese Erfahrung zu genießen: „Oh, wie angenehm diese Erfahrung ist! Wie sehr ich wünsche, dass sie wächst, wie gut, wenn sie konstant bliebe, wie…“ Oder etwas im körperlichen Bereich sagte sich: „Oh, es ist etwas anstrengend, die Erfahrung auszuhalten, wie lange werde ich fähig sein, sie zu bewahren?“ Was du in dir finden wirst, ist vielleicht nicht ganz so offensichtlich wie all das, was ich beschreibe, aber ein kleines bisschen so, verborgen, steckt es irgendwo in dir. Du wirst immer eine von diesen drei Ursachen oder andere, vergleichbare in dir finden.
Hier braucht man eine Laterne: wo ist der schwache Punkt in einem selbst? Wo ist der Egoismus? Wo steckt das Verlangen? Wo befindet sich der alte Schmutz, den wir nicht länger wollen? Wo ist das Ding, das sich zurückhält, anstatt sich selbst dem Licht des Bewusstseins zu übergeben, sich ihm zu öffnen, sich zu befreien? Was ist es in mir, das sich abwendet und versucht, einen Vorteil aus der Erfahrung zu ziehen, und sich die Frucht der Erfahrung aneignen möchte? Oder besser, was ist es, das zu schwach oder zu hart ist, zu rigide, um der Entwicklung der Erfahrung zu folgen? Das fragst du dich und von da an bist du auf dem richtigen Weg, du fängst an, das Licht, das du gerade empfangen hast, genau darauf zu richten. Das musst du tun, das Licht so darauf fokussieren, dass der Widerstand sich auflöst.
Es wird dir nicht am ersten Tag gelingen, aber mache es einfach andauernd und nach und nach, oder vielleicht eines Tages ganz plötzlich, wird die Sache verschwinden. Dann wirst du nach einer Weile merken, dass du ein anderer Mensch geworden bist.
DIE MUTTER, CWM 4:359

Die Mutter hat nicht von Selbstanalyse gesprochen, das sind mentale Methoden, es sind keine spirituellen Methoden. Was die Mutter meinte, war nicht die Analyse, sondern die Schau von sich selbst und all der lebendigen Aktivitäten seiner eigenen Natur, eine lebhafte Beobachtung der Persönlichkeiten und Kräfte, die auf der Bühne unseres Wesens auftreten, ihrer Motive, ihrer Impulse, ihres Potentials, eine Beobachtung, die genauso interessant ist wie das Zuschauen bei einem Drama oder das Lesen einer Novelle, es ist eine lebendige Vision und Wahrnehmung, wie die Dinge in uns getan werden, was uns auch eine aktive Meisterschaft über dieses innere Universum verleiht. Diese Dinge werden nur dann zu trocken, wenn man sie mit dem analytischen oder rationalen Verstand untersucht, nicht, wenn man ihnen zuschaut und sie intuitiv als einen Ausdruck des Lebens behandelt. Wenn du diese Beobachtungen nicht vom intellektuellen oder ethischen, sondern vom inneren spirituellen Standpunkt aus machen würdest, wäre es verhältnismäßig leicht für dich, aus deinen Schwierigkeiten heraus zu kommen, zum Beispiel, würdest du sofort herausfinden, woher dieser irrationale Impuls, zu fliehen, herkam, und er hätte keine Macht über dich.
Natürlich kann das alles mit der besten Wirkung erreicht werden, wenn du vom Spiel deiner Natur zurücktrittst, es aus einer gewissen Distanz mit Abstand betrachtest und zum leitenden Beobachter – oder zum Zuschauer – Spieler – Manager deiner Natur wirst. Das geschieht, wenn du diese Position des Sich-Selbst-Betrachtens einnimmst.
SRI AUROBINDO, CWSA 31 :25

Sich der verschiedenen Beweggründe in sich selbst bewusst zu werden und zu wissen, was man macht und warum, ist der unverzichtbare Ausgangspunkt. Ein Kind sollte gelehrt werden, seine Reaktionen und Impulse zu bemerken und deren Ursachen zu erkennen und zu einem guten Beobachter seiner selbst zu werden. Es sollte lernen, seine Wünsche, seine Reaktionen von Wut und Leidenschaft, seine Besitzinstinkte und seine Instinkte der Aneignung und des Beherrschen-Wollens wahrzunehmen und zu unterscheiden, sowie deren gegenteilige Entsprechungen von Schwäche, Entmutigung, Depression und Verzweiflung und auch deren Hintergrund der Selbstgefälligkeit, der all das unterstützt.
DIE MUTTER, CWM 12:22

… Der normale Mensch ist sich vieler Dinge nicht bewusst, die in ihm ablaufen, denn seine vitale Natur versteckt sie vor seinem Denken und befriedigt sie, ohne dass der Verstand realisiert, welche Kraft ihn zum Handeln bewegt – so werden Dinge, die unter dem Vorwand von Nächstenliebe, Menschlichkeit, Gottesdienst usw. getan werden, größtenteils durch das Ego motiviert, das sie als Rechtfertigung für sich benützt und sich hinter ihnen versteckt. Im Yoga muss dieses verdeckte Motiv aus seinem Versteck geholt, entlarvt und abgeschafft werden. Zweitens, manche Dinge werden im normalen Leben unterdrückt und verbleiben in der Natur, verdrängt, aber nicht überwunden. Sie können jeden Tag wieder auftauchen oder können sich in verschiedenen nervösen oder anderen Störungen des Verstandes, des Gefühls oder des Körpers ausdrücken, ohne dass es offensichtlich wird, was deren wirkliche Ursache ist. Das wurde kürzlich durch europäische Psychologen entdeckt und stark betont und es wurde in einer neuen Wissenschaft, der Psychoanalyse, auch überbewertet. Auch hier muss man in der Sadhana diese unterdrückten Impulse bewusst machen und sie überwinden.
SRI AUROBINDO, CWSA 28:421

Was auch immer man sich bewusst machen möchte, zuerst muss man es wollen.
Und wenn ich sage: „Es wollen“, meine ich damit nicht, dass du an einem Tag sagst: „Oh, ich möchte es sehr!“, und es zwei Tage später völlig vergessen hast.
Um es zu wollen, braucht man eine dauernde, unterstützende, konzentrierte Bemühung, eine beinahe ausschließliche Beschäftigung des Bewusstseins damit. Das ist der erste Schritt. Es gibt noch viele andere: eine sehr aufmerksame Beobachtung seiner selbst, eine sehr durchdringende Analyse, eine sehr wache Unterscheidung von dem, was in diesem Bemühen rein ist und was nicht.
DIE MUTTER, CWM 4:244

Wenn man im wahren Bewusstsein lebt, fühlt man das Verlangen als etwas, das außerhalb von einem selbst existiert und von der universalen niederen Natur von außen in das Denken oder das vitale Gefühl hereinkommt. Im normalen menschlichen Gemütszustand wird das nicht so empfunden, die Menschen nehmen das Verlangen erst dann wahr, wenn es schon da ist, nachdem es in sie hineingekommen und einen Unterschlupf oder eine gewohnheitsmäßige Anhaftung vorgefunden hat, und deshalb denken sie, dass es ihr eigenes ist und Teil von ihnen selbst. Darum ist die erste Bedingung dafür, ein Verlangen loszuwerden, mit dem wahren Bewusstseins wahrzunehmen, dass es außerhalb von einem selbst in der universalen niederen Natur existiert, denn dann wird es viel leichter, es wegzuschicken, als wenn man so mit ihm kämpft, als wäre es ein Bestandteil von einem selbst, der aus dem Wesen herausgeworfen werden muss. Es ist leichter, es als einen Eindringling von außen hinauszuwerfen, als es als etwas herauszuschneiden, was man als Teil seiner Substanz empfindet.
SRI AUROBINDO, CWSA 31:265

Was kann man tun, um sich für den Yoga vorzubereiten?
Ich habe der Person, die mir diese Frage gestellt hat, geantwortet: „Werde vor allem zuerst bewusst.“ Die Person versuchte also bewusst zu werden und sagte mir ein paar Monate später: „Oh, was hast du mir für ein hässliches Geschenk gemacht! Früher schienen die Menschen in meinen Beziehungen alle so nett zu sein. Ich empfand Wohlwollen, sie waren so nett zu mir und nun, seit ich bewusst werde, sehe ich alle möglichen Dinge in mir, die nicht sehr schön sind, und gleichzeitig sehe ich auch in anderen Dinge, die überhaupt nicht gut sind!“ Ich antwortete ihr: „Sehr gut möglich! Wenn du keine Unannehmlichkeiten haben willst, ist es besser, nicht aus deiner Unwissenheit herauszukommen.“
Deshalb ist der erste Schritt herauszufinden, ob man die Wahrheit sehen und erkennen will oder bequem in seiner Ignoranz verharren will.
DIE MUTTER, CWM 3:2

Das erinnert mich an eine Dame, die, nachdem sie allmählich bewusst wurde, zu mir sagte: „Bevor ich dir zugehört habe, hatte ich Vertrauen in die Menschen, jeder war nett und ich war glücklich. Jetzt, da ich klar sehe und bewusst geworden bin, habe ich meine ganze Gelassenheit verloren. Es ist schrecklich, bewusst zu werden.“
Was kann man da machen? Noch bewusster werden.
DIE MUTTER, CWM 5:30

Süße Mutter, wann kann man wissen, dass man bewusst ist?
Das ist immer relativ. Man ist niemals völlig unbewusst und niemals vollständig bewusst.
Es ist ein fortschreitender Zustand.
Es kommt aber eine Zeit, wenn man beobachten kann, was in einem selbst vor sich geht, und man seine Beweggründe studieren und deren Ursachen herausfinden kann, anstatt die Dinge automatisch zu tun, angetrieben von einem Bewusstsein und einer Kraft, die man nicht bemerkt. Gleichzeitig kann man damit beginnen, Kontrolle über das auszuüben, was in uns selbst geschieht, und auch über die Einflüsse, die von außen auf uns einströmen und unser Handeln bestimmen. Das geschieht am Anfang fast völlig unbewusst und beinahe unfreiwillig, aber stufenweise immer bewusster, bis unser Wille erwacht und leitend eingreift. Dann, in diesem Moment, in dem der bewusste Wille fähig ist, das Bewusstsein zu führen, könnte man sagen: „Ich bin bewusst geworden“. Das bedeutet nicht, dass man schon eine umfassend perfekte Bewusstheit entwickelt hat, sondern, dass man einen Anfang gemacht hat: zum Beispiel, dass man fähig ist, all seine Reaktionen zu beobachten und dass man eine gewisse Kontrolle über sie hat, und denjenigen, denen man zustimmt, freies Spiel des Ausdrucks zu erlauben, und diejenigen zu prüfen, zu stoppen, und abzuschaffen, denen man nicht zustimmt.
Außerdem musst du in dir selbst so etwas wie ein inneres Ziel, einen inneren Sinn oder ein Ideal empfinden, dem du folgst, und das du verwirklichen möchtest; etwas mehr als den bloßen Instinkt, der dich dazu zwingt zu leben, ohne zu wissen, wie oder warum. Zu diesem Zeitpunkt, an dem das eintritt, kannst du sagen, dass du bewusst bist, aber nicht vollkommen bewusst. Und mehr noch, diese Vollkommenheit des Bewusstseins schreitet immer weiter voran und ich glaube, deshalb kann niemand von sich sagen, dass er vollständig bewusst ist; man ist auf dem Weg dazu, vollkommen bewusst zu werden, aber man ist es noch nicht.
DIE MUTTER, CWM 5:26

Teil 5
INNERE ORDNUNG, HARMONISIERUNG, VEREINIGUNG
Innere Ordnung, Harmonisierung, Vereinigung
Der Mensch ist aus verschiedenen Elementen gemacht und man braucht Zeit und eine bewusste Bemühung, all diese unterschiedlichen Teile seines Wesens zu einen und in Einklang miteinander zu bringen.
DIE MUTTER, CWM 14:333

Ordne dein Leben, deine Arbeit und dein Bewusstsein. Organisation besteht darin, jedes Ding an seinen richtigen Platz zu stellen.
DIE MUTTER, CWM 5:154

Das Zentrum im Inneren des Menschen besteht aus seinem psychischen Wesen, das der Wohnsitz des verinnerlichten Göttlichen in ihm ist. Einigung bedeutet, die Eingliederung und die Harmonisierung aller Teile seines Wesens (der mentalen, vitalen und körperlichen) mit diesem Zentrum und darum herum, so dass alle Aktivitäten des Menschen der richtige Ausdruck dieser inneren göttlichen Anwesenheit in ihm sind.
DIE MUTTER, CWM 14:333

Eine wirklich harmonische Persönlichkeit setzt eine bewusste Ausrichtung der verschiedenen individuellen Seiten in einem selbst voraus. Eine Auswahl der verschiedenen individuellen Persönlichkeiten, die man verkörpern möchte, kann man spontan treffen, bevor man wieder geboren wird, aber das kommt selten vor. Die Ausrichtung wird später gewählt, durch eine innere Disziplin oder durch eine gute Erziehung. Aber um damit Erfolg zu haben, muss man das psychische Wesen in sich als das Zentrum etablieren und seine verschiedenen individuellen Wesensteile damit in Übereinstimmung bringen. Wahre innerliche Harmonie und eine innere Organisation seiner verschiedenen Wesensteile sind das Resultat einer solchen dauerhaften Bemühung.
DIE MUTTER, CWM 15:288

Süße Mutter, wie kann man sein Wesen innerlich in eine Harmonie bringen?
Der erste Schritt dazu ist, tief in sich selbst, hinter seinen Wünschen und Impulsen, ein leuchtendes Bewusstsein zu finden, das immer gegenwärtig ist und das körperliche Wesen in der Schöpfung manifestiert.
Normalerweise wird man sich seiner Gegenwart in einem selbst nur dann bewusst, wenn man einer Gefahr ausgesetzt ist oder durch ein unerwartetes Ereignis oder auch durch einen großen Kummer.
Man muss dann mit diesem inneren Zentrum eine bewusste Verbindung aufnehmen und lernen, das immer dann tun zu können, wenn man es will. Das Übrige folgt von alleine.
DIE MUTTER, CWM 16:412

Du musst die Punkte in dir wahrnehmen, an denen diese Harmonie nicht existiert; du musst sie erfühlen und den Widerspruch verstehen, zwischen deinem inneren Bewusstsein und bestimmten Ausdrucksweisen deiner äußeren Natur. Zuerst musst du diese Gegensätze erkennen und wenn sie dir dann bewusst werden, versuchen, deine äußeren Handlungen, die äußeren Ausdrucksweisen deiner Natur an das innere Ideal anzupassen. Aber vor allem musst du dir dieser Unstimmigkeit erst einmal bewusst werden. Denn es gibt viele Menschen, die denken, dass alles gut voran geht, und wenn man ihnen sagt: „Nein, das ist nicht so, denn deine äußere Natur verhält sich gegensätzlich zu deinem inneren Bestreben“, dann protestieren sie dagegen. Sie nehmen es nicht wahr. Darum ist der erste Schritt, sich darüber im Klaren zu sein, was nicht stimmt, und sich die Widersprüche bewusst zu machen.
Zunächst werden die meisten Leute sagen: „Was ist dieses innere Bewusstsein von dem du redest? Ich weiß nichts davon!“ Deshalb können sie offensichtlich keine Harmonie in sich herstellen, wenn sie sich nicht einmal etwas Höheres als das ganz alltägliche Bewusstsein in sich selbst wahrnehmen können. Das heißt, dass viele vorbereitende Stufen notwendig sind, vorbereitende Zustände der Wahrnehmung von etwas Höherem in sich selbst, bevor sie für diese Harmonisierung bereit sind.
Du musst vor allem wissen, was das innere Ziel deines Wesens ist, dein inneres Bestreben, die innere Sehnsucht danach und was die Kraft ist, die herabkommt, um es dir bewusst zu zeigen, und was in dir diese Kraft empfängt, all das muss dir bewusst werden. Und danach musst du all die Aktivitäten deiner äußeren Natur im Licht dieser inneren Erfahrung betrachten und sehen, was in dir damit in Einklang ist und was nicht. Und dann, wenn du gesehen hast, was in dir nicht harmonisch abläuft, musst du deinen Willen und dein inneres Bestreben darauf konzentrieren, um es zu ändern und mit dem leichtesten Teil beginnen. Du solltest nicht mit dem schwierigsten Teil in dir beginnen, sondern mit dem, der am einfachsten zu ändern ist, den du leicht und am besten verstehst, mit der Disharmonie in dir, die für dich offensichtlich erkennbar ist.
Von dort aus kannst du dann allmählich zu den schwierigeren und hauptsächlichen Dingen übergehen…
DIE MUTTER, CWM 7:1

Wir bestehen aus vielen unterschiedlichen Wesensteilen, die sich um das psychische Wesen in uns einigen sollen, wenn es uns bewusst ist, oder die zumindest von unserem zentralen inneren Bestreben aus geeint werden sollten. Wenn diese Einigung nicht hergestellt wird, tragen wir eine Spaltung in uns. Um die Einigung zu erreichen, muss jeder Gedanke, jedes Gefühl, jede Empfindung, jede Reaktion, sobald sie in uns entstehen, dem zentralen inneren Wesen oder seinem Bestreben gezeigt werden. Was mit ihm in Übereinstimmung ist, wird angenommen, was nicht, wird abgelehnt, zurückgewiesen oder umgewandelt.
Das ist ein langes Bemühen, das Jahre dauern kann – aber wenn es einmal getan wird, ist die Einigung erreicht und der innere Weg wird einfach und man kommt schnell voran.
DIE MUTTER, CWM 7:1

… Diese Verbindung von Elementen in uns ist in ihrer Zusammensetzung eine uneinheitliche Mischung und besteht nicht aus einem einzigen harmonischen und homogenen Ganzen.
Das ist der Grund dafür, warm es in den verschiedenen Teilen unserer Persönlichkeit ein ständiges Durcheinander gibt oder warum es unter ihnen sogar zu Streitigkeiten kommt, was unsere mentale Vernunft und unseren Willen dazu bewegt, sie zu kontrollieren und wieder Harmonie in uns herzustellen, und es ist auch der Grund, warum sie oft große Schwierigkeiten damit haben, die Führung auszuüben oder wieder Ordnung zu schaffen. Dennoch treiben wir gewöhnlich zu oft auf dem Strom unserer Natur oder werden von ihm getrieben und handeln aus dem Antrieb heraus, der gerade eben ganz oben ist und unser Denken und Fühlen am stärksten ergreift. Sogar unsere anscheinend freie Wahl, die wir treffen, ist mehr ein Automatismus als wir denken, die Koordination unserer vielfältigen Elemente und der in ihnen entstehenden Gedanken, Gefühle, Impulse und Handlungen durch die Vernunft und unseren Willen ist nur unvollständig und unzulänglich.
Im Bereich der Tiere handelt die Natur durch die ihr eigenen vitalen und mentalen Impulse, sie stellt eine Ordnung her durch den Zwang, Gewohnheit und Instinkt zu folgen, dem das Tier bedingungslos gehorcht, sodass Änderungen in seinem Bewusstsein keine Rolle spielen. Aber der Mensch kann nicht auf die völlig gleiche Weise handeln, ohne sein Privileg des Menschseins zu verlieren. Er kann sein Wesen nicht einem Chaos von Instinkten und Impulsen überlassen, die durch den Automatismus der Natur reguliert werden: Das Denken ist in ihm bewusst geworden und er ist deshalb herausgefordert, selbst einen Versuch zu unternehmen – auch wenn dieser Versuch in den meisten Menschen noch sehr unbeholfen ist – die vielfältigen Elemente in sich selbst, seine unterschiedlichen und gegensätzlichen Neigungen und Tendenzen, die sein oberflächliches Wesen ausmachen, zu überschauen, zu kontrollieren und schließlich immer perfekter miteinander in Einklang zu bringen. Es gelingt ihm, in sich selbst eine Art reguliertes Chaos oder eine geordnete Konfusion herzustellen, oder zumindest denkt er, dass er sich durch seinen Verstand und seinen Willen leitet, obwohl die Führung, die er ausübt, tatsächlich nur eingeschränkt ist. Denn nicht nur ein uneinheitliches Konsortium von gewohnheitsmäßigen Motivkräften, sondern auch neu auftauchende vitale und körperliche Impulse und Neigungen, die nicht immer kontrollierbar und kalkulierbar sind, und viele unzusammenhängende und disharmonische Elemente des Denkens benutzen seine Vernunft und seinen Willen, dringen in sie ein und bestimmen seine Selbstentfaltung, die Entwicklungsprozesse seiner Natur und die Handlungen seines Lebens. Der Mensch ist in seinem Selbst eine einzige Person, aber in der Entfaltung seines Selbst ist er auch eine Multiperson und besteht aus vielen Persönlichkeiten. Es wird ihm nie gelingen, Meister seiner selbst zu werden, wenn er sich über diese vielfachen Persönlichkeiten in ihm selbst keine Autorität verschafft: aber das kann durch den oberflächlichen mentalen Willen und die Vernunft nur unvollständig geschehen. Seine Selbstbestimmung ist nur dann vollkommen, wenn er tief in sich geht und das zentrale innere Wesen in sich findet, das durch seinen vorherrschenden Einfluss an der Spitze seines gesamten Selbstausdrucks und seines Handelns steht. In seiner innersten Wahrheit ist seine Seele sein zentrales Wesen, aber als äußere Tatsache ist es oft die eine oder andere seiner Teilpersönlichkeiten, die sein Wesen bestimmen, und diesen Repräsentanten der Seele, diesen Stellvertreter, kann er mit seinem innersten Seelen-Prinzip verwechseln.
SRI AUROBINDO, CWSA 21-22:930

Diese Einigung ist unerlässlich, wenn man Herr seiner selbst und seines ganzen Handelns sein will.
Das ist eine lange und akribische Arbeit, die sehr viel Ausdauer erfordert, aber das Resultat ist der Mühe wert, denn es bringt nicht nur die innere Meisterschaft über sich selbst mit sich, sondern auch die Möglichkeit einer Transformation und der Erleuchtung des Bewusstseins.
DIE MUTTER, CWM 16:398

Wie kann man Einheit und Homogenität in seinem Wesen herstellen?
Mit deinem entschlossenen Willen. Behandle die widerspenstigen Teile in dir wie ungehorsame Kinder. Behandle sie ausdauernd und mit Geduld. Überzeuge sie von ihren Fehlern.
In der Tiefe deines Bewusstseins lebt das psychische Wesen, der Tempel des Göttlichen in dir. Das ist das Zentrum, um das herum die Einigung all der Meinungsverschiedenheiten in dir selbst und der widersprüchlichen Ausrichtungen der unterschiedlichen Wesensteile in dir stattfinden sollte. Sobald du das Bewusstsein des psychischen Wesens und sein innerstes Bemühen fühlst, können die Zweifel und Schwierigkeiten abgebaut werden. Es dauert kürzer oder länger, aber es wird dir schließlich bestimmt gelingen. Wenn du dich einmal dem Göttlichen zugewendet und gesagt hast: „Ich möchte dir gehören“, und das Göttliche hat „Ja“ gesagt, kann die ganze Welt dich nicht davon abhalten. Wenn das zentrale Wesen in dir sich an das Göttliche übergeben hat, ist die hauptsächliche Schwierigkeit verschwunden. Das äußere Wesen unserer Natur ist wie eine harte Kruste. In den gewöhnlichen Menschen ist diese Kruste so hart und dick, dass sie das Göttliche in sich selbst nicht wahrnehmen. Wenn das innere Wesen aber einmal, nur für einen Moment, gesagt hat: „Hier bin ich und ich gehöre dir“, dann ist es, als ob eine Brücke gebaut wurde, und allmählich wird diese Kruste dünner, bis die beiden Teile deiner äußeren Natur und deines inneren Wesens vollständig miteinander verbunden sind und eins werden.
DIE MUTTER, CWM 3:7

Du kannst zu verschiedenen Zeiten deines Lebens eine unterschiedliche Person sein. Ich kannte Menschen, die Entscheidungen trafen, einen starken Willen hatten, wussten, was sie wollten und bereit waren, das auch durchzuführen. Dann kam es zu einer geringfügigen Umkehr in ihrem Wesen, ein anderer Teil ihrer Persönlichkeit kam in ihnen in den Vordergrund und verdarb alles innerhalb von zehn Minuten.
Was ihnen in zwei Monaten gelungen war, wurde alles zunichte gemacht. Wenn dann der erste Teil ihrer Persönlichkeit wieder zurück in den Vordergrund kommt, fragt er bestürzt: „Was ist das?“ Dann muss die ganze Arbeit langsam wieder von vorn beginnen. Deshalb ist es offensichtlich sehr wichtig, sich seines inneren psychischen Wesens bewusst zu werden. Man braucht eine Art inneren Wegweiser oder einen inneren Spiegel, in dem sich alle Dinge widerspiegeln, die in einem ablaufen und sich einem so zeigen, wie sie wirklich sind. Dann weist man ihnen den einen oder den anderen Platz zu, entsprechend dem, was sie sind, man beginnt, seinen Wesensteilen etwas zu erklären und sie zu organisieren. Das braucht Zeit. Derselbe Teil kommt oft drei oder vier Mal in den Vordergrund und jeder Teil, der auftaucht, sagt: „Stell mich an die erste Stelle, gib mir den Vorrang, was die anderen machen, ist nicht wichtig, es ist überhaupt nicht wichtig. Ich bin es, der entscheiden muss, weil ich am wichtigsten bin.“ Ich bin sicher, wenn ihr euch selbst betrachtet, ist nicht einer unter euch, der diese Erfahrung noch nicht gemacht hat. Du möchtest bewusst werden, du hast den guten Willen dazu, du hast verstanden, deine innere Sehnsucht leuchtet – alles in dir strahlt und ist hell und klar; aber plötzlich geschieht etwas, eine sinnlose Unterhaltung, eine Lektüre, die unglücklich ausgeht, und das genügt, um alles in dir durcheinander zu bringen. Dann denkt man, dass man in einer Illusion gelebt hat, dass man alles nur aus einem bestimmten Blickwinkel erfahren hat.
Das ist das Leben. Man stolpert und fällt bei der ersten Gelegenheit hin. Man sagt zu sich selbst: „Oh, man kann nicht andauernd so ernsthaft sein“, und wenn der andere Teil in einem selbst dann wieder auftaucht, bereut man es bitterlich: „Oh, ich war so ein Narr, ich habe meine Zeit verschwendet, jetzt muss ich wieder von vom beginnen…“ Zeitweise bestimmt ein Teil in einem selbst, der sich in Aufruhr befindet, der übel gelaunt ist und voller Befürchtungen, zu anderen Zeiten ein anderer Teil, der fortschrittlich ist, voller Hingabe an das innerste Wesen. All das geschieht nacheinander.
Es gibt nur ein Mittel dagegen: dieser innere Wegweiser muss immer präsent sein, ein Spiegel, der innerhalb der eigenen Gefühle und Impulse und Empfindungen so gut ausgerichtet wird, dass man sie in diesem Spiegel erkennt. Da gibt es einige, die nicht sehr erfreulich oder schön anzusehen sind, und andere, die gut sind und positiv und die müssen behalten werden. Das muss man am Tag hundert Mal machen, wenn es nötig ist. Und es ist sehr interessant. Man malt eine Art großen Kreis um diesen seelischen Spiegel und arrangiert all seine Teile des Wesens darum herum. Wenn sich unter ihnen etwas befindet, was nicht in Ordnung ist, wirft es eine Art grauen Schatten auf diesen Spiegel: dieses Element muss man zurechtrücken, neu ausrichten. Man muss mit ihm reden, er soll verstehen, dieser Teil seines eigenen Wesens muss aus der Dunkelheit herauskommen. Wenn du das machst, wird dir nie langweilig. Wenn zum Beispiel die Leute nicht nett zu einem sind, wenn man eine Erkältung hat, wenn man seinen Lehrstoff aus der Schule nicht gelernt hat usw., schaut man in diesen Spiegel. Es ist sehr interessant, denn man erkennt das Krebsgeschwür darin. Dann sagt man: „Und ich dachte, dass ich ehrlich war!“ – Nein, überhaupt nicht.
Es geschieht nichts im Leben, was nicht interessant ist. Dieser innere Spiegel ist sehr sehr gut gemacht. Schaue zwei, drei, vier Jahre lang in ihn hinein, manchmal muss man es zwanzig Jahre lang machen. Dann schaue nach ein paar Jahren zurück, richte deinen Blick auf das, was du vor drei Jahren warst, und dann stellst du fest: „Wie ich mich geändert habe!… War ich damals wirklich so?…“ Es ist sehr unterhaltsam.
DIE MUTTER, CWM 5:9

Es gibt Menschen, die sehr konstruktiv arbeiten können, wenn sie sich in einem bestimmten Zustand befinden, und dann sind sie fähig, ihr Leben gut zu organisieren und nützliche Arbeit zu leisten, und in einem anderen Teil ihres Wesens sind sie absolut destruktiv und zerstören andauernd, was der andere Teil aufgebaut hat. Ich kannte eine ganze Menge Leute dieser Art, die offensichtlich ein eher zusammenhangloses Leben führten, aber das war nur deshalb so, weil die beiden unterschiedlichen Teile ihres Wesens von einander getrennt waren und in Opposition zueinander standen, anstatt sich gegenseitig zu ergänzen und in einer inneren Synthese harmonisch zusammenzufinden. Ein Teil in ihnen machte das zunichte, was der andere unternommen hatte, und so ging es die ganze Zeit hin und her. Sie führten ein ungeordnetes Leben. Von diesen Menschen gibt es mehr als man denkt!
Es gibt auffallende, eklatante Beispiele dafür, in denen das eindeutig klar ist. Weniger gegensätzliche Zustände, die aber trotzdem in Opposition zueinander stehen, kommen sehr sehr oft vor. Nebenbei, man hat ja selbst die Erfahrung, während man versucht, in seinem Inneren einen Fortschritt zu machen, ist da ein Teil des Wesens in einem, der bei der Bemühung mitmacht und vorankommt, und plötzlich, ohne erkennbaren Grund, schlägt die ganze Anstrengung, die man unternommen hat, all die Einsicht, die man gewonnen hat, in etwas ganz anderes, Gegensätzliches um, worüber man keine Kontrolle hat.
Manche Menschen bemühen sich den ganzen Tag lang, etwas in sich aufzubauen, und es gelingt ihnen; sie gehen ins Bett und am nächsten Morgen haben sie all das, was sie am vorigen Tag erreicht haben, in dem Zustand der Unbewusstheit der Nacht wieder verloren. Das sind keine außergewöhnlichen Fälle, ganz und gar nicht. Siehst du, das erklärt, warum manche Menschen sich in ihr höheres Denken zurückziehen, und dort in eine sehr tiefe Meditation gelangen können und dann von den Angelegenheiten der Welt befreit sind, und wenn sie in ihr normales körperliches Bewusstsein zurückkommen, benehmen sie sich völlig ordinär, wenn nicht sogar vulgär, weil sie sich nicht darum gekümmert haben, zwischen ihrem höheren und ihrem niederen Bewusstsein eine Verbindung herzustellen und zu sehen, dass das höhere auf das niedere einwirkt und es umwandelt.
DIE MUTTER, CWM 7:291

Ich habe nicht den Versuch unternommen, die verschiedenen individuellen Seiten meiner Persönlichkeit in mir zu vereinigen, aber ich habe versucht, sie gegeneinander zu stellen, sodass die guten Seiten den schlechten gegenüberstehen, doch ich habe nie eine ausreichend wirksame dynamische Kraft in den guten gefunden, die schlechten zu bekämpfen.
Hast du jemals daran gedacht, dass dein Urteil darüber, was „gut“ und was „schlecht“ ist, eine rein menschliche Beurteilung ist? Und dass die nicht unbedingt mit dem Urteil der göttlichen Gegenwart in dir übereinstimmt? Die „schlechten“ Dinge, die du nicht loswerden konntest, waren vermutlich nur nicht an ihrem richtigen Platz, sondern Dinge, die in dir nicht wirklich ausgeglichen waren, und es wäre sehr schade, wenn man sie auslöschen würde, denn vielleicht würde gleichzeitig mit ihnen ein Teil deiner Energie und deiner göttlichen Präsenz verschwinden. Menschen, die Yoga nicht unter der Anleitung eines Führers betreiben, folgen oft normalen moralischen Auffassungen und fühlen sich manchmal sehr ratlos, weil sie trotz allem guten Willen nicht das erwartete Ergebnis bekommen. Das passiert, weil sie im Allgemeinen sich selbst und das, was sie tun, gutheißen wollen, anstatt ihr Wesen zu transformieren, und dafür sind moralische Auffassungen sehr schlecht geeignet. In der Arbeit der Einigung deines Wesens musst du unbedingt genügend Vorstellungskraft besitzen, die inneren Vorgänge in dir, die du behalten möchtest, dem zu zeigen, von dem du dir vorstellst, dass es der göttlichen Präsenz in dir gleicht. Natürlich ist das am Anfang nur eine Vorstellung, die weit von der Wahrheit entfernt ist, aber es würde dir ein wenig helfen, aus der moralischen Enge herauszukommen und auch aus der Begrenzung deines Bewusstseins. Zum Beispiel, du hast die Idee, das was du bist und was du tust, einem Bewusstsein zu zeigen, das zugleich unendlich und ewig ist. Diese beiden Wörter machen am Anfang nicht viel Sinn, aber sie zwingen dich, die Grenzen zu durchbrechen und dich selbst vor etwas zu zeigen, das überall so weit über dich hinausgeht, dass sein Urteil nicht das gleiche wie das der menschlichen Denkweise sein kann. Man muss unbedingt so anfangen. Wenn du versuchst, dich nach moralischen Prinzipien zu analysieren, kannst du sicher sein, dem göttlichen Plan entgegenzuwirken. Nicht, dass das Göttliche unmoralisch wäre, das musst du festhalten, aber es hat keine Art von Moral, die die Menschheit überhaupt verstehen würde, es ist nicht das Gleiche.
DIE MUTTER, CWM 4:80

Es scheint mir unmöglich, der Notwendigkeit zu entgehen, sein Wesen an der zentralen inneren Präsenz des Göttlichen zu orientieren, wenn man ein bewusstes Instrument der göttlichen Kraft sein möchte. Ihr könnt als unbewusste Werkzeuge von der göttlichen Kraft zu bestimmten Dingen bewegt oder zum Handeln gedrängt werden, wenn ihr ein Minimum an Gerechtigkeit und Aufrichtigkeit zeigt. Aber um zu einem bewussten Instrument zu werden, das zur inneren Identifikation mit dem Göttlichen und zu bewussten, gewollten Ausführungen fähig ist, benötigt ihr diese innere Ordnung; sonst rennt ihr immer irgendwo in ein Chaos, irgendwo in eine Verwirrung oder eine Verschwommenheit oder in eine Unbewusstheit. Obwohl euer Handeln dann ausschließlich dem Göttlichen gewidmet ist, wird es natürlich nicht die Perfektion des Ausdrucks haben, die es hat, wenn man ein bewusstes Ordnen seiner Natur um das innere göttliche Zentrum herum erlangt hat.
Es ist eine Aufgabe, die Beharrlichkeit erfordert, die zu jeder Zeit unter allen Umständen durchgeführt werden kann, weil alle Bestandteile zur Lösung dieser Aufgabe in dir selbst vorhanden sind. Du brauchst für diese Arbeit keine Hilfe, die von außen kommt. Sie erfordert jedoch große Ausdauer, eine Art Hartnäckigkeit, denn sehr häufig befinden sich unangenehme Deformationen im Charakter, Angewohnheiten, die alle nur möglichen Ursachen haben können. Diese können in Rückschlägen in der Entwicklung liegen oder in zurückliegenden charakterlichen Missbildungen oder in der Erziehung oder in dem Milieu, in dem du gelebt hast sowie in vielen anderen Ursachen. Du versuchst, diese Missbildungen wie Falten zu glätten, aber sie kräuseln sich immer wieder. Dann musst du die Arbeit wieder von vorne beginnen, oft viele Male, ohne entmutigt zu werden, bevor das endgültige Ergebnis sich zeigt. Aber nichts und niemand und kein Umstand kann dich davon abhalten. Denn du trägst in dir selbst das Problem und die Lösung.
(Schweigen)
Um die Wahrheit zu sagen, die verbreitetste Krankheit, unter der die Menschen leiden, ist Langeweile. Die meisten Dummheiten, die Menschen begehen, entspringen dem Versuch, dieser Langeweile zu entkommen. Nun, ich kann mit Sicherheit sagen, dass kein äußeres Hilfsmittel nützt und dass die Langeweile dich verfolgen wird, egal, was du versuchst, um ihr zu entkommen. Aber diese innere Arbeit zu beginnen, dein Wesen und all seine Bewegungen der Elemente des Denkens, Fühlens und Wollens in dir, um das zentrale innere Bewusstsein und seine Präsenz in dir herum zu ordnen, ist die sicherste, die wohltuendste und vollständigste Heilung für jede Art von Langeweile. Diese innere Arbeit verleiht dem Leben ein großes Interesse. Und eine außergewöhnliche Vielfalt. Du hast keine Zeit mehr, um dich zu langweilen.
Man muss nur die Ausdauer dazu aufbringen.
Was die Sache noch interessanter macht ist, dass diese Art von Arbeit, sein Wesen um das göttliche Zentrum in seinem Inneren herum zu ordnen und in Harmonie damit zu bringen, nur auf der Erde und nur in einem physischen Körper gemacht werden kann. Das ist eigentlich der wesentliche und der ursprüngliche Grund für das physische Leben auf der Erde. Denn wenn du nicht mehr länger in einem physischen Körper bist, kannst du es überhaupt nicht mehr machen.
Noch bemerkenswerter ist die Tatsache, dass nur Menschen das machen können, denn nur Menschen haben in ihrem inneren Zentrum die Göttliche Präsenz in ihrem psychischen Wesen. Diese Arbeit der inneren Selbstentwicklung und Organisation und der Bewusstwerdung all seiner inneren Bestandteile, liegt zum Beispiel nicht im Bereich der Möglichkeiten derjenigen Wesen, die sich auf den vitalen und mentalen Ebenen der Existenz befinden und nicht einmal der Wesen, die als „Götter“ bezeichnet werden; wenn sie diese Arbeit machen möchten, sie sich wirklich organisieren und vollständig bewusst werden möchten, müssen sie durch Geburt einen Körper annehmen.
Und dennoch, die Menschen kommen in einen Körper, ohne zu wissen, warum, die meisten gehen durch ihr Leben, ohne zu wissen, warum, sie verlassen ihren Körper, ohne zu wissen, warum, und sie müssen dasselbe immer wieder von vorne anfangen, endlos, bis eines Tages jemand daherkommt und ihnen sagt: „Sei achtsam! Das Ganze hat einen Sinn! Du bist hier für diese innere Arbeit, versäume deine Gelegenheit nicht!“
Und wie viele Jahre werden verschwendet.
DIE MUTTER, CWM 8:174

… Du hast viele Seiten in deiner Persönlichkeit oder besser, es gibt viele Persönlichkeiten in dir. Tatsächlich sind es ihre uneinigen Gemütsbewegungen, die sich gegenseitig in die Quere kommen, während sie sich durch dein äußerliches Denken ausdrücken, die dir in deiner Sadhana sehr im Weg gestanden haben. Da ist die vitale Persönlichkeit in dir, die sich Erfolg wünschte und ihr Vergnügen haben wollte, und als sie das erreicht hatte, wollte sie damit weitermachen, sie konnte das übrige Wesen in dir aber nicht von diesem eingeschlagenen Weg überzeugen. Diese vitale Persönlichkeit wollte dann jedoch in den Genuss eines Vergnügens etwas tieferer Art kommen und versuchte, die anderen Teilen in dir davon zu überzeugen, dass sie die unbefriedigenden Dinge leicht aufgeben könnten, wenn sie dafür einen entsprechenden Ersatz in irgendeinem Märchenland der höheren Freude bekommen würden. Außerdem gibt es deine psycho-vitale Persönlichkeit, den Vaishnava in dir, der sich Krishna, Bhakti und Ananda wünschte. Dann ist da deine Persönlichkeit des Dichters und Sängers, der versucht, durch Dinge wie Gesang und Dichtung Schönheit zu verwirklichen. Es gibt auch noch deine mental-vitale Persönlichkeit, die auf einem verbissenen Kampf von Tapasya mit deiner vitalen Natur bestand, als sie sah, dass diese im Wege stand, und zweifellos ist sie es, die dem Ziel von Vairagja und Nirvana zustimmt, das du verfolgst. Dann ist da deine körperlich-mentale Persönlichkeit, der Anhänger von Russel, der Extrovertierte, der Zweifler. Und es gibt noch deine andere, mental-emotionale Persönlichkeit, deren Ideen alle vom Göttlichen, dem Yoga und von Bhakti und Guruvada überzeugt sind. Da ist auch das psychische Wesen, das dich dazu gedrängt hat, Sadhana zu betreiben und das auf die Stunde seines Hervortretens in dir wartet.
Was willst du mit der Ansammlung all dieser „Leute“ in dir anfangen? Wenn du Nirvana möchtest, musst du sie entweder aus dir herauswerfen, ersticken oder solange schlagen, bis sie ins Koma fallen. Alle Autoritäten zu diesem Thema versichern uns, dass das ausschließliche „Geschäft“, Nirvana zu erreichen, ein höchst schwieriger Job ist, dukham dehavadibhih, sagt auch die Gita. Deiner Beschreibung nach ließ dieser Versuch dich so ausgetrocknet und verzweifelt zurück wie eine ausgepresste Orange, es war kein Saft mehr übrig. Wenn die Wüste dein Weg zum gelobten Land ist, dann spielt das keine Rolle. Aber, – gut, wenn das nicht so ist, dann gibt es einen anderen Weg – der ist das, was wir die Integration, die Harmonisierung unseres Wesens nennen. Sie kann durch die äußeren, vitalen und denkenden Teile unserer Person nicht erreicht werden, sie werden die Sache ganz sicher verpfuschen. Es kann nur von innen heraus, durch unsere Seele geschehen, den Zentralisierer, der alles in uns in seinem Mittelpunkt vereinigt und der selbst das spirituelle Zentrum der Radien dieser Persönlichkeiten ist.
In jedem dieser Teile unserer Persönlichkeit befindet sich eine Wahrheit, die mit den Wahrheiten in den anderen Teilen in uns in Übereinstimmung gebracht werden kann. Denn es gibt eine Wahrheit im Nirvana – Nirvana ist nichts anderes als der Friede und die Freiheit des spirituellen Geistes, die in sich selbst bestehen kann, ob es nun eine Welt oder Welt-Ordnung oder Welt-Unordnung gibt oder nicht. Bhakti und der Ruf des Herzens nach dem Göttlichen enthält auch eine Wahrheit – es ist die Wahrheit der göttlichen Liebe und der göttlichen Freude, Ananda. Der Wille, Tapasya ausüben zu wollen, enthält ebenso eine Wahrheit – die Wahrheit, die Meisterschaft anzustreben, die der innere spirituelle Geist über die Teile seiner Persönlichkeit besitzt.
Der Musiker und der Dichter in dir stehen auch für eine Wahrheit, die Wahrheit des Ausdrucks von Schönheit durch den spirituellen Geist. Auch hinter dem Teil deiner Persönlichkeit, der das mentale Denken betont, sogar hinter dem Teil des mentalen Zweiflers in dir, dem Anhänger von Russel, steht eine Wahrheit – wenn auch weit hinter ihm – die Wahrheit der Ablehnung aller falschen Formen. Selbst hinter deinen beiden vitalen Persönlichkeiten steht eine Wahrheit, die, dass das Göttliche und nicht das Ego, die inneren und äußeren Welten in Besitz nimmt. Das bedeutet Harmonisierung in unserem Yoga – aber sie kann nicht durch äußerliche Einigung erreicht werden, sondern nur, indem man in sich geht, und vom psychischen, spirituellen Zentrum aus bestimmt und handelt. Denn dort befindet sich die Wahrheit unseres Wesens und auch das Geheimnis von Harmonie lebt dort.
SRI AUROBINDO, CWSA 29:455

Als die Menschheit anfänglich erschaffen wurde, war das Ego das Element, das den Menschen vereinigte. Seine verschiedenen Wesensteile gruppierten sich darum herum; aber jetzt, da die Geburt einer Super-Menschheit vorbereitet wird, muss das Ego verschwinden und dem psychischen Wesen Platz machen, das langsam gebildet wurde, um das Göttliche im Menschen zu etablieren.
Unter dem psychischen Einfluss manifestiert sich das Göttliche im Menschen und bereitet so die Ankunft der Super-Menschheit vor.
Das psychische Wesen ist unsterblich und durch das psychische Wesen wird Unsterblichkeit auf der Erde manifestiert werden.
Deshalb ist jetzt die wichtigste Sache, sein psychisches Wesen zu finden, sich damit zu vereinigen und ihm zu erlauben, das Ego zu ersetzen, das gezwungen sein wird, sich entweder umzustellen oder zu verschwinden.
DIE MUTTER, CWM 16:434
