Tiere in menschlicher Gesellschaft

Tiere haben sehr viel vollkommenere Sinne als die Menschen. Wer von euch könnte schon einen Menschen aufspüren, so wie ein Hund es zum Beispiel kann!

Dies bedeutet, dass in der Kurve oder vielmehr der Spirale der Evolution Tiere (und insbesondere jene, die wir „höhere“ Tiere nennen, weil sie uns mehr ähneln) vom Geist der Spezies regiert werden, welches ein hochbewusstes Bewusstsein ist. Bienen und Ameisen gehorchen diesem Geist der Spezies, der von einer ganz besonderen Qualität ist. Und was „Instinkt“ in den Tieren genannt wird, ist schlicht Gehorsam gegenüber dem Geist der Spezies, der stets weiß, was getan werden sollte und was nicht. Es gibt so viele Beispiele. Du bringst eine Kuh auf die Wiese; sie streift herum, schnüffelt und streckt plötzlich die Zunge vor, um einen Grashalm zu pflücken. Dann wandert sie wieder herum, schnüffelt und bekommt ein anderes Grasbüschel und so weiter. Hat je jemand davon gehört, dass eine Kuh unter diesen Umständen giftiges Gras frisst? Aber sperre dieses arme Geschöpf in einen Kuhstall, sammle etwas Gras und leg es in den Trog. Und das arme Geschöpf, das seinen Instinkt verloren hat, weil es jetzt dem Menschen gehorcht (bitte entschuldigt!), frisst das giftige Gras mit dem übrigen Gras. Wir hatten hier bereits drei solche Fälle von Kühen, die starben, weil sie giftiges Gras fraßen. Und diese unglückseligen Tiere haben, wie alle Tiere, eine Art Respekt (den ich ungerechtfertigt nennen könnte) für die Überlegenheit des Menschen – wenn er der Kuh giftiges Gras vorsetzt und ihr sagt, sie soll es fressen, dann frisst sie! Wenn sie aber sich selbst überlassen ist, das heißt, ohne dass irgendetwas zwischen sie und den Geist der Spezies tritt, würde sie es nie tun. Alle Tiere, die in der Nähe von Menschen leben, verlieren ihren Instinkt, weil sie eine Art verehrende Bewunderung für dieses Wesen hegen, das ihnen ohne die geringste Schwierigkeit Schutz und Nahrung geben kann – und auch ein wenig Furcht, denn sie wissen, dass sie geschlagen werden, wenn sie nicht den Willen des Menschen tun!

Es ist recht seltsam, sie verlieren ihre Fähigkeit. Hunde, zum Beispiel der Schäferhund, der fern der Menschen mit den Herden lebt und eine sehr unabhängige Natur hat (er kommt von Zeit zu Zeit heim und kennt seinen Meister gut, sieht ihn aber oft nicht), – wenn er nun von einer Schlange gebissen wird, so wird er in einer Ecke kauern, sich lecken und alles Notwendige tun, bis er geheilt ist. Wenn derselbe Hund aber bei dir wohnt und von einer Schlange gebissen wird, stirbt er in aller Ruhe, wie ein Mensch.

Die Mutter

Tiere in ihrem natürlichen Zustand fressen nicht zu viel, sie fressen je nach Hunger, und wenn etwas Nahrung übrig bleibt und sie nicht wollen, dass andere Tiere sie fressen, verbergen sie sie, vergraben sie sie; sie verbergen sie mit großer Sorgfalt, damit sie sie wieder finden, wenn sie Hunger haben. Aber ein Tier, das mit Menschen lebt, verliert diesen Instinkt und frisst nicht nur alles, was ihm gegeben wird, sondern alles, was in seiner Reichweite bleibt. Ich wohnte einige Zeit in einer kleinen Stadt in Südfrankreich. Dort war ein Lebensmittelhändler, der Ziegenböcke hielt, und einer von ihnen war sehr gefräßig geworden. Der Händler hatte gerade ein Fass Melasse bekommen – ihr wisst doch, was Melasse ist?… Wie nennt man es hier? Es ist Rohzucker, Sirup. Er hatte ein Fass Sirup bekommen und öffnete es – er öffnete den Deckel und vergaß ihn wieder aufzusetzen. Und da stand es nun und der Ziegenbock wanderte herum. Er dachte, es müsse recht gut sein, da es dort in seiner Reichweite gelassen war! Er begann den Sirup zu fressen und fand ihn wirklich großartig. Und dann fraß er – da er all seinen Instinkt verloren hatte – wortwörtlich bis er tot umfiel, da er zu viel gefressen hatte. Ein wildes Tier würde das nie tun. Dies sind die Vorteile der Gesellschaft des Menschen!

Die Mutter