Śrīaravindopaniṣad in deutscher Übersetzung aus dem Sanskrit von Adrián Tavaszi

Sri Aurobindo Upanishad

OM. Es gibt nur Brahman, das Eine ohne ein Zweites. Sein und Nicht-Sein sind seine Formen, und doch ist es auch jenseits von Sein und Nicht-Sein. Nichts außer Ihm gibt es. All das, was in den drei Zeiten enthalten und all das, was jenseits von ihnen ist, ist jenes Einzige Brahman. Was im Universum klein ist oder groß, erhaben oder niedrig, jenes ist Brahman, ganz allein Brahman. Auch die Welt ist Brahman. Sie ist wahr und nicht falsch.

Er alleine ist die Höchste Person. Jenseits der drei Zeiten, jenseits aller Welten durchdringt er alle Welten. Er reicht hinaus über Sein und über Nicht-Sein. Sein, Bewusstsein und Seligkeit ist er, ohne Anfang und Ende, der ewig Erhabene.

Ohne Eigenschaft hält er die Eigenschaften. Er verfügt über Eigenschaften, unendlich viele Eigenschaften und doch genießt er die Eigenschaftslosigkeit. Er selbst geht über den eigenschaftslosen und den eigenschaftsvollen Seinszustand hinaus. Weder ohne noch mit Eigenschaft ist er, der Alleinig Einzige.

Er ist jenseits der Welten und dennoch hält er sie. Er wird Welt und er manifestiert die Welten. Als jenseits der Zeit stehender wird er Zeit. Unendlich, erscheint er als Endlicher. Er, der Eine, wird Viele. Er, der Formlose, nimmt Form an. All das vollbringt er durch seine Bewusstseins-Kraft, die aus Wissen und Unwissenheit besteht.

Er selbst ist dabei weder Träger noch wird er getragen, ist weder endlich noch unendlich, weder einer noch viele, weder formlos noch geformt, ist er doch der Alleinig Einzige.

Einheit und Vielfalt, Unendlichkeit und Endlichkeit – all das sind bloße Bezeichnungen, die nur auf dieser Welt hervortreten, deren innerstes Wesen Bewusstsein ist und die einzig aus Bewusstsein besteht.

OM, Tat (das Absolute) ist Sat (das Sein in seiner Essenz). Und was Sat ist, ist zugleich auch Cit (Bewusstsein). Die aus Bewusstsein bestehende Welt erstrahlt im Selbst, das Bewusstsein ist. Sie ist das wahre Erscheinen des wahren Göttlichen.

So wie die Widerspiegelung der Sonne in stillem Wasser eins und in unruhigem vielfach ist und sowohl die Sonne als auch ihre Spiegelbilder wirklich sind: sie sind das wahre Erscheinen der wahren Sonne, kein Traum, sondern das Erscheinen des Wahren. Oder wie das Sonnenlicht das Sonnensystem mit seiner Kraft wie reinigend erfüllt und erhellt: wirklich ist ihr Licht, das wahre Strahlen der wahren Sonne, kein falscher Schein, sondern das wahre Erscheinen des Wahren. Oder so wie die Feuerscheibe der Sonne nicht die Sonne selbst ist, denn die materielle Form erscheint nur in unserem materiellen Verstand als die Sonnenhaftigkeit der Sonne, und die Sonne ist jenseits dieser materiellen Form; [jedoch] wirklich ist die Sonne, wirklich die Form, sie ist das wahre Erscheinen der wahren Sonne in der Scheibengestalt, kein illusorisches, sondern das wahre Erscheinen des Wahren. Und ebenso ist diese Welt als Brahman das wahre Erscheinen des Erhabenen und kein Traum, keine Illusion, kein falscher Schein. Sie ist das wahre Erscheinen des Wahren, nicht Er selbst, aber dennoch allein Er selbst. Dies ist die höchste Māyā, dies ist die Großartigkeit des Yoga des geheimnisvollen Herrn des Yoga, Śrī Kṛṣṇa (Sri Krishna), die glückselige Līlā (Spiel) durch seine Bewusstseins-Kraft, das unergründliche Wirken des Höchsten.

„Der praktischen Realität nach ist das alles wahr, aber in Wirklichkeit falsch“ – [eine solche Aussage] dient lediglich der Zufriedenstellung des Mentals. Um der spirituellen Erkenntnis willen muss jedoch gesagt werden, dass es im wahren Brahman nichts Unwahres gibt.

So ist alles, was sich als die Welt manifestiert nichts anderes als Seligkeit.

OM, Tat (das Absolute) ist Sat (das Sein in seiner Essenz). Und das, was Sat ist, ist auch Cit (Bewusstsein) zugleich, und was Cit ist, ist auch Seligkeit (Āanda). Alles, was dem Schein nach der Seligkeit entbehrt, wie Leid, Schwäche und Unwissenheit, ist eine Entstellung der Seligkeit, ist das Spiel der Seligkeit.

Jenes, das Jīva (individuelles Lebewesen) ist, ist in Wirklichkeit der Allselige Erhabene in verhüllter Gestalt, herabgekommen, um sich an seiner eigenen Erscheinung, an der Welt als Brahman, zu erfreuen. Zu leiden ist in Wirklichkeit eine Erfahrung voller Seligkeit, jener Seligkeit, die der Allselige genießt.

Wer könnte es denn wirklich wagen, das Nicht-Selige zu erfahren? Allein derjenige kann es wagen, der allselig ist. Denn jener ohne Seligkeit würde die Erfahrung des Nicht- Seligen nicht genießen, ohne Seligkeit würde er aufhören zu existieren. Wer ist in der Lage, schwach zu sein? Nur derjenige ist in der Lage, der allmächtig ist. Der Schwache, von Schwäche heimgesucht, könnte in der Tat nicht bestehen, ohne Kraft würde er aufhören zu existieren. Wer kann die Unwissenheit auf sich nehmen? Nur der, der allwissend ist, kann das tun. Der Unwissende würde in jener Dunkelheit nicht bestehen, denn das Nicht-Sein würde nur Nicht-Sein bleiben, ohne Wissen würde er nicht mehr existieren. Die Unwissenheit ist das Spiel des Wissens, indem es sich selbst in sich versteckt. Die Schwäche ist das Spiel der Macht, die Un-Seligkeit das Spiel der Seligkeit, alles ein Verstecken von sich selbst in sich selbst.

Voller Seligkeit lacht der Jīva, selig weint er, vergießt Tränen, voll Seligkeit pulsiert er, als schimmere er in dunklem Ānanda, von Qualen erschüttert; voll Seligkeit pulsiert er, von wilden Genüssen und Vergnügungen erfüllt. Um des vollen Genusses jenes dunklen Teiles diesen Ānandas willen, wird [der Jīva] dunkel und unwissend und verbirgt den Ānanda.

Die Unwissenheit ist die Wurzel von diesem Zustand: „Ich bin bloß endlich und unfähig, schwach und voller Kummer. Nur durch Mühe, Askese und den Tod bin ich in der Lage, etwas zu bewirken, zu erkennen und zu erreichen. Du bist das, ich bin jenes; was Du bist, bin ich nicht; dein Glänzen ist mein Elend; ich verliere durch das, wodurch Du gewinnst; ich kann nur glücklich werden, wenn ich Dich umbringe. Ich bin nicht heilig. Ich mache dich durch mein Leid, meine Verluste, meinen Tod glücklich“ usw. Das ist die mentale Beschaffenheit der Unwissenheit.

[Und] das Ego ist sein Samen. Die Befreiung von dem Ego erlöst von Unwissenheit. Durch Befreiung von der Unwissenheit wird er vom Leid erlöst. Durch die Erkenntnis, „ich bin allselig, Er bin ich, ich bin eins, ich bin unendlich, ich bin alles“, wird er selig, wird er die Seligkeit.

Das ist wahrhaftig die Befreiung. Der Befreite genießt die Freuden aller; erfreut er sich auf unendliche Weise aller Freuden, so wird er doch nicht von den Endlichkeiten getrennt. Erfreut er sich der Endlichkeiten, wird ihm die Unendlichkeit nicht genommen. Er ist Eins, er wird Viele. Denn er ist ungeboren als wäre er geboren; auch geboren ist er nicht geboren und nicht gebunden. Er hat keine Geburt: „Ich, das Selbst, manifestiere mein Selbst in meinem Selbst durch mein Selbst“ – durch diese Erkenntnis befreit, spielt er.

Denn Līlā (Spiel) ist die Welt. Um der Glückseligkeit willen ist Er zur Līlā geworden. Daher spielt, oh Söhne der Seligkeit! Mit Ihm vereint, spielt! Erlebt die Freuden der Seligkeit. Habt ihr einmal den Erhabenen, der allein zu erfahren ist erreicht, genießt Ihn in allen Dingen.

Vom Erhabenen dazu angewiesen, werde ich Euch nun die Seligkeit darlegen. Möge die Seligkeit sich manifestieren und die Dunkelheit entfernen, oh Söhne der Seligkeit!

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