
Kontakt der Liebe
Der Mensch ist ein Übergangswesen. Die Evolution geht weiter…
Was in den Raum projiziert worden war, musste zu sich selbst zurückgeführt werden, ohne dabei jedoch das Universum auszulöschen, das so geschaffen worden war. Daher strömte Liebe hervor, die unwiderstehliche Kraft der Vereinigung.
Sie brütete über der Dunkelheit und der Unbewusstheit; sie war zerstreut und fragmentiert im Schoße der unergründlichen Nacht. Und dann begann das Erwachen und der Aufstieg, die langsame Heranbildung von Materie und ihre endlose Progression. Es ist in der Tat Liebe, in einer entstellten und verdunkelten Form, die mit all den Impulsen der physischen und vitalen Natur assoziiert ist, als der Drang hinter aller Bewegung und Gruppierung, die recht wahrnehmbar im Pflanzenreich wird. In Bäumen und Pflanzen ist es die Notwendigkeit, zu wachsen, um mehr Licht, mehr Luft, mehr Raum zu erlangen; in Blumen ist es die Gabe ihrer Schönheit und ihres Duftes in einem liebenden Aufblühen. Dann ist es in Tieren Liebe, die hinter dem Hunger und Durst steht, die Notwendigkeit der Aneignung, Expansion, Fortpflanzung, kurz, sie ist hinter jedem Begehren, ob bewusst oder nicht. Und bei den höheren Spezies liegt sie in der selbstaufopfernden Hingabe des Weibchens an ihre Jungen. Dies führt uns ganz natürlich zur menschlichen Rasse, in der diese Assoziation mit der triumphalen Ankunft mentaler Aktivität ihren Höhepunkt erreicht, denn sie ist bewusst-und-gewollt geworden. Sobald irdische Entwicklung es möglich machte, nahm die Natur diese sublime Kraft der Liebe und stellte sie in den Dienst ihrer schöpferischen Arbeit, indem sie sie mit ihrem Fortpflanzungstrieb verknüpfte und vermischte. Diese Assoziation wurde sogar so eng, so innig, dass nur sehr wenige Menschen in ihrem Bewusstsein genügend erleuchtet sind, um imstande zu sein, diese Regungen voneinander zu trennen und sie getrennt zu erfahren. Auf diese Weise hat Liebe jede Degradierung erlitten, sie wurde auf die Ebene des Animalischen heruntergezogen.
Seitdem tritt in den Werken der Natur auch deutlich der Wille auf, schrittweise und stufenweise und durch immer zahlreichere und komplexere Gruppierungen die ursprüngliche Einheit wieder neu zu erschaffen. Nachdem die Natur die Kraft der Liebe gebraucht hatte, um zwei Menschen zusammenzubringen, um die Zweier-Gruppe zu bilden, den Ursprung der Familie, nachdem sie die engen Grenzen des persönlichen Egoismus gebrochen hatte und ihn in einen Zweier-Egoismus verwandelte, brachte sie dann mit dem Auftreten von Kindern eine komplexere Einheit hervor, die Familie. Und im Laufe der Zeit wurden mit vielfältigen Verbindungen zwischen Familien, durch individuellen Austausch und Blutvermischung größere Gruppierungen gebildet: Sippen, Stämme, Kasten, Klassen, was zur Schöpfung von Nationen führte. Dieses Werk der Gruppenbildung erfolgte gleichzeitig in den verschiedenen Teilen der Welt und kristallisierte sich in den verschiedenen Rassen. Und allmählich wird die Natur auch diese Rassen verschmelzen in ihrer Bemühung, eine wirkliche und materielle Grundlage für eine geeinte Menschheit zu schaffen.
Die Mutter


Es gibt eine aufsteigende Evolution in der Natur, die vom Stein zur Pflanze erfolgt, von der Pflanze zum Tier, vom Tier zum Menschen. Weil der Mensch einstweilen die letzte Sprosse an der Spitze der aufsteigenden Evolution ist, betrachtet er sich als das Endstadium in diesem Aufstieg und glaubt, dass es nichts auf Erden geben kann, was ihm überlegen ist. Darin irrt er sich. In seiner physischen Natur ist er noch fast ganz und gar ein Tier, ein denkendes und sprechendes Tier, aber doch ein Tier in seinen materiellen Gewohnheiten und Instinkten. Ohne Zweifel kann sich die Natur nicht mit einem so unvollkommenen Resultat zufrieden geben; sie bemüht sich, ein Wesen hervorzubringen, das für den Menschen sein wird, was der Mensch dem Tier ist, ein Wesen, das in seiner äußeren Form ein Mensch bleiben wird, und dessen Bewusstsein sich doch weit über das Mentale und seine Unterwerfung unter die Unwissenheit erheben wird.
Sri Aurobindo kam auf die Erde, um die Menschen diese Wahrheit zu lehren. Er hat ihnen gesagt, dass der Mensch nur ein Übergangswesen ist, das in einem mentalen Bewusstsein lebt, aber mit der Möglichkeit, ein neues Bewusstsein zu erlangen, das Wahrheitsbewusstsein, und fähig, ein Leben zu leben, das vollkommen harmonisch, gut und schön, glücklich und voll bewusst ist.
Die Mutter


Wenn in der sinnlosen Leere Schöpfung erstand,
Wenn von einer körperlosen Kraft Materie geboren ward,
Wenn Leben im unbewussten Baum aufsteigen konnte,
Wenn grünes Entzücken in smaragdenen Blättern hervortreten
Und ein Lachen der Schönheit in der Blume aufblühen konnte,
Wenn Sinn erwachen konnten in Gewebe, Nerv und Zelle,
Und Denken die graue Substanz des Gehirns ergriff
Und Seele aus ihrer Verborgenheit durch das Fleisch lugte,
Wie soll dann das namenlose Licht nicht auf die Menschen überspringen,
Und unbekannte Mächte nicht aus dem Schlafe der Natur erstehen?
Selbst jetzt steigen Fingerzeige einer leuchtenden Wahrheit wie Sterne
Auf im mentalen Mondglanz der Unwissenheit;
Selbst jetzt spüren wir die Berührung des unsterblichen Liebhabers:
Wenn die Kammertür auch nur ein wenig offensteht,
Was kann dann Gott daran hindern, sich hereinzustehlen,
Oder wer kann seinen Kuss auf die schlafende Seele untersagen?
Gott ist schon nahe, die Wahrheit steht vor der Tür…
Sri Aurobindo
