Das Lichtmentale

Eine neue Menschheit bedeutet für uns, dass ein Typ oder eine Rasse mentaler Wesen auftaucht oder entwickelt wird, deren Mentalitätsprinzip nicht länger durch ein Mentales charakterisiert wird, das in Unwissenheit nach Erkenntnis sucht, aber selbst im Erkennen noch an die Unwissenheit gefesselt ist, das nach Licht sucht, es aber nicht von Natur aus besitzt, das dem Licht geöffnet ist, aber nicht in ihm wohnt, und das noch kein vollkommenes wahrheitsbewusstes und von Unwissen befreites Werkzeug ist. Statt dessen würde die neue Menschheit bereits von etwas erfüllt sein, was man ein Lichtmentales nennen könnte, ein Mentales, das in der Wahrheit leben, wahrheitsbewusst sein und in seinem Leben ein unmittelbares anstelle eines mittelbaren Wissens offenbaren könnte. Ihre Mentalität würde ein Instrument des Lichtes und nicht länger der Unwissenheit sein. Die Vollkommensten in ihr würden fähig sein, in das Supramentale einzutreten; und aus der neuen Rasse würde die Rasse der supramentalen Wesen hervorgehen, die als die Führer der Evolution in der Erdnatur auftreten würden. Die höchsten Offenbarungen eines Lichtmentalen wären sogar schon eine Instrumentation des Supramentalen, ein Teil von ihm oder eine Projektion, ein Schritt über das Menschsein hinaus in das Übermenschentum des supramentalen Prinzips. Sein Besitz würde den Menschen vor allem befähigen, sich über das Normale seines gegenwärtigen Denkens, Fühlens und Seins hinauszuheben zu jenen höchsten Kräften des Mentalen, wo dieses bereits über sich selbst hinauswächst zu Ebenen hin, die zwischen unserer Mentalität und dem Supramentalen vermitteln, und die man als Stufen betrachten kann, die zu dem größeren und leuchtenderen Prinzip führen. Dieser Fortschritt, wie andere in der Entwicklungsgeschichte auch, dürfte wohl nicht und würde wohl natürlich auch nicht in einem Sprung erreicht werden, wäre aber von Anfang an unausweichlich: Der Druck des Supramentalen würde, während es von oben her aus sich selbst das Lichtmentale erschafft, diese Gewissheit schließlichen Ausgangs erzwingen. Die ersten Schimmer des neuen Lichtes würden schon das Versprechen seiner höchsten Flammen in sich enthalten; schon von Anfang an wäre die Gewissheit ihrer höchsten Kräfte da; das ist das alte Lied jeden Neubeginns in der Evolution: Das Prinzip seiner höchsten Vollendung wird durch die Involution verborgen, die der Evolution des geheimen Prinzips vorausgeht und sie veranlasst.

Denn in der ganzen Geschichte der Evolution gibt es zwei komplementäre Aspekte, aus denen ihr Verhalten resultiert und die zu ihrer Ganzheit erforderlich sind; involviert in der Natur liegen die geheime Macht und das Prinzip des Seins verborgen, verhüllt unter dem Schleier, den die materielle Natur darüber geworfen hat, und gleichzeitig trägt diese Natur in sich selbst die unwiderstehliche Kraft des Prinzips, den Entfaltungsprozess der in ihr wohnenden Kräfte und Charaktere zu erzwingen, der wesentlichen Besonderheiten, die ihre Wirklichkeit ausmachen. Sowie das evolutionäre Prinzip zum Vorschein kommt, tauchen auch die beiden ständigen Charakteristika dieses Vorgangs mit auf: Einerseits zeigen sich Stufen, über die es aus der Involution aufsteigt und jeweils mehr und mehr von seinen Fähigkeiten, seinen Möglichkeiten und der Kraft der Gottheit in sich offenbart, und andererseits findet eine ständige Offenbarung all der Typen und Formen des Seins statt, die die sichtbaren und wirksamen Verkörperungen seiner wesentlichen Natur sind und auf diese hinweisen. So erscheinen im Entwicklungsprozess organisierte Formen und Aktivitäten der Materie, Typen des Lebens und die lebenden Wesen, Typen des Mentalen und die denkenden Wesen, die Lichtwesen und die großen Wesen des spirituellen Prinzips und jene spirituellen Wesen, deren Natur, Charakter und Persönlichkeit die Stufen des Aufstiegs kennzeichnen, die zu den höchsten Höhen der Evolution führen und zur letzten und größten Offenbarung dessen, was sie in sich ist und durch den Zwang der Zeit und des alles enthüllenden Geistes werden muss. Und das ist der wirkliche Sinn und das Treiben dessen, was wir als Evolution beobachten, – das Vervielfältigen und Abwandeln der Formen ist nur das Mittel ihres Vorgehens. Jede Stufe enthält bereits die Möglichkeit und die Gewissheit der über ihr liegenden Stufen: das Auftauchen immer entwickelterer Formen und Fähigkeiten weist auf noch vollendetere Formen und größere Fähigkeiten hin, und jedes Auftauchen von Bewusstsein und der dazugehörigen bewussten Wesen, befähigt zum Aufstieg zu einem noch größeren darüberliegenden Bewusstsein und einer noch höheren Ordnung von Wesen, bis hinauf zu den letzten Gottheiten, zu denen die Natur hinstrebt und ihrer Bestimmung nach fähig ist. Die Materie hat solange organische Formen entwickelt, bis sie fähig war, lebendige Organismen zu bilden; dann erwachte das Leben aus dem Unterbewusstsein des Pflanzendaseins zu Formen des Tierbewusstseins und durch diese dann zum denkenden Leben des Menschen. Das Mentale, eingepflanzt in das Leben, entwickelte Intelligenz, entwickelte seine Systeme des Wissens und des Unwissens, der Wahrheit und des Irrtums, bis es die spirituelle Erkenntnis und Erleuchtung erreichte und jetzt dunkel wie durch ein Fernglas die Möglichkeiten des Supramentalen und ein wahrheitsbewusstes Dasein schauen kann. In diesem unausweichlichen Aufstieg ist das Lichtmentale ein Stadium, eine unüberspringbare Stufe. Als ein evolvierendes Prinzip wird es eine Stufe des menschlichen Fortschritts kennzeichnen und einen neuen Typ menschlichen Wesens hervorbringen; diese Entwicklung muss in sich die Stufenfolge ihrer eigenen Kräfte und Typen einer nach oben strebenden Menschheit tragen, die sich immer mehr der Spiritualität zuwenden, immer mehr Lichtkapazität verkörpern und zu einem vergöttlichten Menschentum und dem göttlichen Leben aufsteigen wird.

Bei der Geburt des Lichtmentalen und seinem Aufstieg in sein eigenes erkennbares Selbst, in sein wahres Sein und in sein rechtmäßiges Reich muss es, der Natur der Dinge und der Natur des Entwicklungsvorgangs gemäß, so wie dieser sich gegenwärtig darstellt, zwei Stadien geben. Im ersten können wir sehen, wie sich das Lichtmentale aus dem Unwissen aufrafft, die Elemente sammelt, die es konstituieren, sich seine Formen und Typen, so unvollkommen sie im Anfang auch noch sein mögen, aufbaut und sie der Vollendung zutreibt, bis es die Grenze des Unwissens überschreiten und im Lichte, in seinem eigenen Licht, auftauchen kann. Im zweiten Stadium können wir beobachten, wie es sich selbst in diesem größeren natürlichen Licht entwickelt, seine höheren Formen und Gestalten annimmt, bis es sich mit dem Supramentalen vereint, sich diesem unterordnet, oder als dessen Delegierter zu leben beginnt. Auf jeder dieser Stufen wird es seinen eigenen Rang verdeutlichen und die Ordnung der dazugehörigen Wesen offenbaren, die es verkörpern und das ihm entsprechende Leben verwirklichen. So wird zunächst die Möglichkeit eines menschlichen Aufstiegs in ein göttliches Leben aufgebaut und sogar in der Unwissenheit selbst schon begonnen; dann wird es durch die Erleuchtung dieses Lichtmentalen in der noch größeren Verwirklichung dessen, was man eine gnostische Mentalität nennen kann, in einer Transformation des menschlichen Wesens, ein erleuchtetes göttliches Leben geben, sogar im Erdbewusstsein und in der transformierten Menschheit, noch bevor das Supramentale erreicht ist.