Kapitel 9

Der Zwischenbereich

All diese Erfahrungen sind von der gleichen Art und was für die eine zutrifft, stimmt auch für die andere. Abgesehen von einigen Erfahrungen von persönlichem Charakter, sind die Übrigen entweder Wahrheits-Ideen, die in das Bewusstsein niederströmen, wenn man mit bestimmten Seins-Ebenen in Berührung kommt; oder aber es brechen starke Formungen aus den größeren mentalen und vitalen Welten ein – insofern man diesen Welten unmittelbar geöffnet ist –, um den Sadhak für ihre Verwirklichung zu benutzen. Diese Dinge, sobald sie herabströmen oder eindringen, treten mit großer Kraft auf, mit einem lebendigen Sinn der Inspiration oder Erleuchtung, mit einem starken Gefühl von Licht und Freude und der Empfindung des Sich-Weitens und der Macht. Der Sadhak fühlt sich von den normalen Begrenzungen befreit und in eine wunderbare neue Welt der Erfahrung versetzt, in eine erfüllte und geweitete und erhöhte Welt; und das, was zu ihm kommt, verbindet sich zudem mit seinen Bestrebungen, seinem Ehrgeiz, seinen Vorstellungen von spiritueller Erfüllung und yogischer Siddhi [Vollendung]; es stellt sich sogar als die Verwirklichung und Erfüllung schlechthin dar. Sehr leicht kann er von dem Glanz und Ansturm dieser Dinge fortgetragen werden und der Meinung sein, er habe mehr verwirklicht als er tatsächlich getan hat, nämlich etwas Endgültiges oder zumindest unumschränkt Wahres. In diesem Stadium fehlen gewöhnlich das notwendige Wissen und die Erfahrung, die ihm sagen würden, dass dies nur ein sehr ungewisser und vermischter Anfang sei; möglicherweise erkennt er nicht sogleich, dass er sich noch in der kosmischen Unwissenheit befindet und nicht in der kosmischen Wahrheit, viel weniger in der Transzendenten Wahrheit, und dass die formenden oder dynamischen Wahrheits-Ideen, die in ihn herabkommen – wie immer sie auch seien – nur etwas Teilweises sind und zudem in ihrer Darstellung durch ein noch getrübtes Bewusstsein gemindert. Er mag ebenfalls nicht erkennen, dass eine voreilige Anwendung dessen, was er erkennt oder empfängt, so als wäre es etwas Endgültiges, entweder in Verwirrung und Irrtum enden oder aber ihn in einer teilweisen Gestaltung einschließen kann, in der zwar ein Element spiritueller Wahrheit enthalten sein mag, das aber voraussichtlich durch ziemlich zweifelhafte mentale und vitale Beifügungen, die es insgesamt entstellen, ausgeglichen wird. Nur wenn er – entweder sogleich oder später – fähig ist, sich von seinen Erfahrungen abzulösen und über ihnen mit einem leidenschaftslos betrachtenden Bewusstsein zu stehen, ihre wahre Natur zu beobachten, ihre Begrenzung, ihre Zusammensetzung und Mischung, kann er auf seinem Wege vorwärtsschreiten einer wirklichen Freiheit und einer höheren, weiteren und wahreren Siddhi entgegen. Bei jedem Schritt hat dies zu geschehen. Denn was auch immer derart zum Sadhak dieses Yoga kommt, sei es vom Obermental oder dem Intuitiven oder Erleuchteten Mental oder von einer erhöhten Lebens-Ebene oder von allen diesen zusammen, ist nichts Sicheres und Endgültiges; es ist nicht die höchste Wahrheit, in der er weilen kann, sondern es ist nur ein Stadium. Und doch muss man durch diese Stadien hindurch, denn das Supramental oder die Höchste Wahrheit kann weder in einem Sprung noch in vielen Sprüngen erreicht werden; man muss ruhig, geduldig und stetig durch viele dazwischenliegende Stadien vorwärtsschreiten, ohne sich an deren geringere Wahrheit oder an ihr Licht, ihre Macht, ihren Ananda zu binden oder zu klammern.

Tatsächlich ist dies ein Zwischenstadium, eine Zone des Übergangs zwischen dem gewöhnlichen Bewusstsein im Mental und dem wahren Yoga-Wissen. Man kann sie nur dann unbeschadet durchqueren, wenn man sofort oder in einem frühen Stadium ihre wahre Natur erkennt und sich durch ihre Halblichter und verlockenden, doch unvollkommenen und oft vermischten und irreführenden Erfahrungen nicht aufhalten lässt; doch man kann sich auch in ihr verirren, man kann falschen Stimmen und einer lügnerischen Führung folgen und dies endet in spirituellem Verhängnis; oder man kann in diesem Zwischenbereich verweilen und nicht weitergehen wollen und dort eine Halb-Wahrheit aufbauen, die man für die ganze Wahrheit hält, oder man kann das Instrument der Mächte dieser Übergangs-Ebenen werden – dies geschieht vielen Sadhaks und Yogis. Überwältigt von dem ersten Ansturm und dem Gefühl der Macht eines übernormalen Zustandes, werden sie von einem kleinen Licht geblendet, das ihnen wie eine ungeheure Erleuchtung vorkommt oder wie die Berührung einer Kraft, die sie fälschlicherweise für die volle Göttliche Kraft halten oder zumindest für eine sehr große Yoga-Shakti; oder sie akzeptieren eine Zwischen-Macht – die nicht immer eine Macht des Göttlichen ist – als das Höchste und ein Zwischenbewusstsein als die höchste Verwirklichung. Und nur allzu bereitwillig sind sie der Meinung, sich im vollen kosmischen Bewusstsein zu befinden, obwohl es doch nur seine Oberfläche oder ein kleiner Teil von ihm ist, oder es ist irgendein erweitertes Mental, eine Lebens-Macht oder feine, physische Bereiche, mit denen sie eine dynamische Verbindung eingegangen sind. Oder sie glauben sich in einem völlig erleuchteten Bewusstsein, während sie in Wirklichkeit auf unvollständige Weise Dinge von darüber durch die teilweise Erleuchtung einer mentalen oder vitalen Ebene empfangen; denn das, was kommt, wird vermindert und häufig in seinem Durchgang durch diese Ebenen entstellt; auch missversteht oder missdeutet das empfangende Mental und Vital des Sadhaks oft, was empfangen wurde, oder es benutzt dies, um damit seine persönlichen Vorstellungen, Gefühle und Wünsche zu vermengen, die es aber dennoch nicht für seine eigenen hält, sondern als einen Teil der empfangenen Wahrheit ansieht, da diese mit ihr vermischt sind und ihre Form nachahmen; sie sind erhellt von ihrem Licht und nehmen durch diese Verbindung und diesen entliehenen Glanz einen übersteigerten Wert an.

Es gibt noch schlimmere Gefahren in diesem Zwischenbereich der Erfahrung. Denn die Ebenen, denen der Sadhak jetzt sein Bewusstsein geöffnet hat – nicht wie zuvor, als er sie flüchtig erblickte und einige Einflüsse aus ihnen aufnahm, sondern nunmehr ihre volle Einwirkung unmittelbar empfangend –, senden eine Unzahl von Ideen, Impulsen, Vorschlägen, Gestaltungen aller Art aus, häufig einander ganz und gar entgegengerichtet, sich widersprechend oder miteinander nicht zu vereinen, doch auf solche Weise dargeboten, dass ihre Unzulänglichkeiten und Verschiedenheiten mit großer Kraft und Glaubwürdigkeit und einer Fülle von Argumenten oder einem überzeugenden Gefühl der Gewissheit verwischt werden. Das Mental des Sadhaks, überwältigt von dieser Empfindung der Gewissheit, der Lebendigkeit, der scheinbaren Fülle und des Reichtums, die es für eine größere Gestaltung oder Ordnung hält, gerät in große Verwirrung; oder es wirbelt in unaufhörlichem Wechsel und unaufhörlicher Wandlung herum, die es für einen raschen Fortschritt hält und die doch nirgendwohin führen. Oder aber es besteht die gegenteilige Gefahr, dass er das Instrument einer scheinbar glänzenden, doch unwissenden Gestaltung wird; denn diese Zwischenbereiche sind voller kleiner Götter oder starker Dämonen, daityas, oder kleinerer Wesen, die etwas erschaffen und materialisieren wollen, oder die eine mentale oder vitale Gestaltung im Erdenleben erzwingen wollen und voller Eifer danach trachten, das Denken und den Willen des Sadhaks zu benutzen, zu beeinflussen oder gar zu besitzen, damit sie ihn zu einem Instrument für ihre Ziele machen. Ganz abgesehen von der wohlbekannten Gefahr der tatsächlich feindlichen Wesen, deren einziger Zweck es ist, Verwirrung, Falschheit und Verderbnis der Sadhana zu schaffen und verhängnisvolles, unspirituelles Irren. Jeder, der es zulässt, dass eines dieser Wesen, die häufig einen göttlichen Namen annehmen, Besitz von ihm ergreift, wird seinen Weg im Yoga verlieren. Andererseits ist es durchaus möglich, dass dem Sadhak beim Eintritt in diesen Bereich eine Macht des Göttlichen begegnet, die ihm hilft und ihn führt, bis er für größere Dinge bereit ist; doch nicht einmal dies ist sicher und schützt vor dem Irren und Straucheln in diesem Bereich; denn nichts ist einfacher für die Mächte dieser Regionen oder für die feindlichen Mächte, als die lenkende Stimme oder das Bildnis nachzuahmen und den Sadhak zu täuschen und in die Irre zu führen oder ihn dazu zu bewegen, die Schöpfungen und Gestaltungen seines eigenen Mentals, Vitals oder Egos dem Göttlichen zuzuschreiben.

Denn dieser Zwischenbereich ist eine Region der Halbwahrheiten, was als solches nichts ausmachen würde, denn es gibt keine vollständige Wahrheit unterhalb des Supramentals; doch die Halbwahrheit hier ist häufig derart begrenzt oder zweideutig in ihrer Anwendung, dass sie zu einem weiten Feld für Verwirrung, Täuschung und Irrtum wird. Der Sadhak ist der Meinung, er sei längst nicht mehr in seinem alten, kleinen Bewusstsein, da er sich in Berührung mit etwas Größerem und Mächtigerem fühlt, doch das alte Bewusstsein ist trotzdem noch vorhanden und nicht wirklich aufgehoben. Er spürt die Kontrolle oder den Einfluss einer Macht, eines Wesens oder einer Kraft, größer als er selbst, er sehnt sich danach, ihr Instrument zu sein, und glaubt, er hätte sein Ego überwunden; doch diese Täuschung einer Egolosigkeit verdeckt häufig nur ein übersteigertes Ego. Ideen, die nur teilweise wahr sind, erfassen ihn und spornen sein Mental an und werden durch übermäßig vertrauensselige Anwendung in Falschheiten gekehrt; dies beeinträchtigt die Bewegungen des Bewusstseins und öffnet die Tür der Täuschung. Eingebungen von manchmal romantischer Natur schmeicheln der Wichtigkeit des Sadhaks oder kommen seinen Wünschen entgegen und er nimmt sie ohne Prüfung oder unterscheidende Kontrolle an. Selbst das, was wahr ist, wird derart überhöht oder über sein wahres Maß und seine Grenze gesteigert, dass es zur Ursache des Irrens wird. Dies ist ein Bereich, den viele Sadhaks durchqueren müssen, in dem viele eine lange Zeit wandern und aus dem eine große Anzahl niemals herauskommt. Besonders wenn ihre Sadhana vorwiegend im Mental oder Vital stattfindet, werden sie hier vielen Schwierigkeiten und großer Gefahr begegnen; nur diejenigen, die gewissenhaft einer strengen Führung folgen oder deren seelisches Wesen in ihrer Natur vorherrscht, durchqueren mühelos wie auf einem sicheren und deutlich gekennzeichneten Weg diesen Zwischenbereich. Eine innere Wahrhaftigkeit und grundlegende Demut bewahren ebenfalls vor viel Kummer und Gefahr. Dann ist ein rasches Weitergehen in ein klareres Licht möglich, wo es zwar noch viel Wirrnis, Ungewissheit und Kampf gibt, man aber dennoch auf die kosmische Wahrheit ausgerichtet ist und nicht auf eine halberleuchtete Weiterführung der Maya und Unwissenheit.

Ich habe auf allgemeine Weise dieses Bewusstseinsstadium mit seinen hauptsächlichen Eigenarten und Möglichkeiten jenseits der Grenze des normalen Bewusstseins beschrieben, da hier diese Erfahrungen offensichtlich stattfinden. Doch verschiedene Sadhaks verhalten sich in ihm auf verschiedene Weise und reagieren manchmal auf die eine Art von Möglichkeiten, manchmal auf die andere. In diesem Fall [Sri Aurobindo bezieht sich jetzt auf den empfangenen Brief] scheint es durch einen Versuch betreten worden zu sein, einen Weg in das kosmische Bewusstsein herabzurufen oder zu erzwingen, ganz gleichgültig, wie man es ausdrückt oder ob man sich dessen, was man tut, ganz bewusst ist oder es in diesen Begriffen wahrnimmt – im wesentlichen läuft es darauf hinaus. Es war nicht das Obermental, das man erreichte, denn unmittelbar in den Obermental-Bereich einzutreten, ist unmöglich. Das Obermental steht tatsächlich über und hinter dem gesamten Wirken des kosmischen Bewusstseins, doch man kann zunächst nur eine indirekte Verbindung mit ihm haben; Dinge kommen von ihm durch dazwischenliegende Bereiche in eine größere Mental-Ebene, Lebens-Ebene, eine feine physische Ebene herab und werden in diesem Durchgang sehr gewandelt und gemindert, sie sind bar der vollen Macht und Wahrheit, die sie im Obermental auf den ihm angestammten Ebenen besitzen. Die meisten Bewegungen kommen nicht vom Obermental, sondern von höheren Mental-Ebenen herab. Die Vorstellungen, mit denen diese Erfahrungen durchsetzt sind und auf denen sie ihren Anspruch auf die Wahrheit gründen, sind nicht die des Obermentals, sondern die des höheren Mentals oder auch manchmal des erleuchtetet Mentals; doch sie werden in ihrer Anwendung von Einflüssen der niederen mentalen und vitalen Bereiche stark vermindert oder vielerorts auch falsch angewandt. All dies würde nichts ausmachen; es ist das übliche und normale und man muss hindurch, um in eine klarere Atmosphäre zu gelangen, wo die Dinge besser geordnet sind und sich auf einer festeren Grundlage befinden. Doch diese Bewegung wurde in einem Geist von übermäßiger Eile, von Eifer und übertriebener Selbst-Schätzung, von übertriebenem Selbst-Vertrauen durchgeführt und einer unreifen Sicherheit, die sich auf keine andere Führung verlässt als die des eigenen Mentals oder des „Göttlichen“, wie es in diesem Entwicklungsstadium von sehr begrenztem Wissen erfasst oder erfahren wird. Denn des Sadhaks Auffassung und Erfahrung des Göttlichen, auch wenn sie im Grunde echt ist, ist in diesem Stadium niemals vollendet und rein; sie ist mit allerlei mentalen und vitalen Beilegungen vermischt und alle möglichen Dinge werden mit dieser Göttlichen Führung in Verbindung gebracht und als zu ihr gehörend empfunden, obwohl sie aus ganz anderen Quellen stammen. Selbst wenn eine direkte Führung vorhanden ist – meist wirkt das Göttliche unter diesen Bedingungen im Verborgenen – so nur gelegentlich und das Übrige geschieht durch ein Spiel von Kräften; das Irren und Straucheln und der Wirrwarr der Unwissenheit sind in großem Umfang vorhanden, doch all dies ist notwendig, da der Sadhak von der Welt-Kräften geprüft werden muss, er muss durch Erfahrung lernen und durch Unvollkommenheit zur Vollkommenheit wachsen – insofern er überhaupt fähig und willens ist, zu lernen und die Augen seinen Fehlern und Irrtümern zu öffnen und aus ihnen Gewinn und Nutzen zu ziehen, um einer reineren Wahrheit, einem reineren Licht und Wissen entgegenzuschreiten.

Dieser Zustand des Mentals lässt einem allem, was in diese verworrene und zweifelhafte Region kommt, zustimmen, als ob es die Wahrheit und der reine Göttliche Wille wäre; die sich ständig wiederholenden Ideen oder Vorschläge werden mit einer anmaßenden Absolutheit formuliert, als seien sie die Wahrheit in ihrer Fülle und Unbestreitbarkeit. Es entsteht der Eindruck, dass man unpersönlich und vom Ego frei geworden sei, während der ganze Ton des Mentals, sein Ausdruck, seine Haltung voller heftiger Selbstanmaßung sind, die durch die Annahme gerechtfertigt wird, man fühle sich und handle als Instrument und unter der Inspiration des Göttlichen. Ideen, die für das Mental Gültigkeit besitzen können, die aber spirituell nicht gültig sind, werden in sehr aggressiver Weise vorgebracht und so hingestellt, als seien sie spirituelle Absolutheiten. Zum Beispiel die Gleichheit, die in diesem Sinne ein rein mentales Prinzip ist – denn yogische samata (Gleichmut) ist etwas ganz anderes – oder der Anspruch auf „heilige Unabhängigkeit“ oder die Weigerung, jemanden als Guru anzuerkennen, oder der Gegensatz, den man zwischen dem Göttlichen und der menschlichen Inkarnation des Göttlichen empfindet, usw. usw. All dies sind Ansichten, die Mental und Vital haben und in Prinzipien wenden können und die sie versuchen, dem religiösen oder sogar dem spirituellen Leben aufzuerlegen; doch sie sind und können ihrer Natur nach nicht spirituell sein. Auch Einflüsse von den vitalen Ebenen beginnen aufzutauchen, eine Flut von romantischen Vorstellungen, phantastisch oder sinnvoll, verborgene Deutungen, Pseudo-Intuitionen, Pseudo-Initiationen in jenseitige Dinge, die das Mental erregen oder verwirren und sich häufig so darstellen, dass sie dem Ego und der eigenen Wichtigkeit schmeicheln und diese aufblähen, die jedoch nicht auf wahrhaft ermittelten spirituellen oder okkulten Wirklichkeiten einer echten Ordnung beruhen. Dieser Bereich ist voller Elemente dieser Art und wenn man es ihnen erlaubt, beginnen sie den Sadhak zu bedrängen; doch wenn er ernsthaft das Höchste erreichen will, sollte er sie einfach betrachten und dann weitergehen. Nicht etwa, dass niemals eine Wahrheit in solchen Dingen enthalten sei, doch auf eine Wahrheit kommen neun Falschheiten; nur ein geübter Okkultist mit dem unfehlbaren Gefühl, das in langer Erfahrung entsteht, kann dort hindurchgehen, ohne zu straucheln oder sich in dem Labyrinth zu verirren. Die ganze Haltung, das Handeln und der Ausdruck können derart mit den Irrtümern jenes Zwischenbereiches überladen sein, dass auf diesem Wege weiterzugehen, bedeuten würde, sich weit vom Göttlichen und vom Yoga zu entfernen.

Hier ist die Wahl noch offen, ob man der sehr zweifelhaften Führung folgt, die man mitten in diesen Erfahrungen erhält, oder ob man die wahre Führung annimmt. Jeder Mensch, der in die Bereiche yogischer Erfahrung eintritt, ist frei, seinem eigenen Weg zu folgen; doch dieser Yoga ist kein Pfad, dem irgendjemand folgen kann, sondern nur jene, die es auf sich nehmen, das Ziel zu suchen und den gewiesenen Weg zu gehen, auf dem eine sichere Führung unerlässlich ist. Es ist müßig anzunehmen, man könne auf diesem Wege ohne die wahre Hilfe oder den wahren Einfluss weit kommen – oder ihn gar durch die eigene innere Stärke, das eigene Wissen bis zum Ende gehen. Ohne die Hilfe des Guru ist es sogar schwer, den gewöhnlichen, lange geübten Yogasystemen zu folgen; in diesem Yoga, der in dem Maße, wie er fortschreitet, immer mehr durch unbetretene Länder und unbekannte, labyrinthische Regionen führt, ist es ganz unmöglich. Was die Arbeit anbelangt, die geschehen muss, so ist es ebenfalls keine Arbeit für irgendeinen Sadhak irgendeines Pfades; es ist ebenfalls nicht die Arbeit des „UnpersönlichenGöttlichen – das, was dies anbelangt, keine aktive Macht ist, sondern unbeteiligt alle Arbeit im Universum stützt. Sie ist vielmehr ein Übungsfeld für jene, die auf dem schwierigen und komplizierten Weg dieses Yoga zu gehen haben und auf keinem anderen. Alle Arbeit hier hat in einer Haltung des Hinnehmens zu geschehen, der Disziplin, der Hingabe, ohne persönliche Forderungen und Bedingungen, vielmehr mit einem wachsamen, bewussten Gehorsam gegenüber der Kontrolle und Führung. Arbeit, die in einer anderen Einstellung verrichtet wird, mündet in nicht-spiritueller Unordnung, Verwirrung und in einer Störung der Atmosphäre. Dann mehren sich auch die Schwierigkeiten, Irrtümer und das Straucheln, denn in diesem Yoga müssen die Menschen geduldig, mit einer gewissen Freiheit für ihre eigene Bemühung und mit Hilfe der Erfahrung aus der Unwissenheit, die Mental und Leben eigen sind, in einen größeren Geist und in ein leuchtendes Wissen geführt werden. Doch die Gefahr eines ungelenkten Wanderns in den Regionen jenseits der Grenze ist, dass man der eigentlichen Grundlage des Yoga zuwiderhandeln kann und die Bedingungen, unter denen allein diese Arbeit möglich ist, insgesamt verlorengehen können. Der Durchgang durch diesen Zwischenbereich, – der nicht zwingend ist, denn viele gehen auf einem engeren, doch sichereren Weg – ist ein entscheidender Durchgang; was daraus hervorgeht, ist voraussichtlich eine sehr weite oder reiche Schöpfung; doch wenn man dort scheitert, ist das Wiederfinden des Pfades schwierig, leidvoll und nur nach langem Kampf und Mühen gesichert.

6. November 1932