Kapitel 7
Erkennen, was hinter den Worten ist
…Beim Sprechen über diese Dinge [spirituelle Dinge] muss man sich vorsehen, nicht von den Worten, die wir benutzen, gefangen zu sein. Wenn ich vom Seelischen oder Spirituellen spreche, meine ich Dinge, die hinter der platten Oberfläche der Worte sehr tief und wirklich und sogar in ihrer Verschiedenartigkeit innig miteinander verbunden sind. Intellektuelle Definitionen und Unterscheidungen sind zu äußerlich und starr, um die Wahrheit der Dinge zu erfassen. Hier ist es fast notwendig, den Sinn eurer Worte zu erklären, um einander zu verstehen, außer ihr redet gewöhnlich sehr viel miteinander. Die ideale Voraussetzung für ein Gespräch ist gegeben, wenn die Mentale so gut auf einander eingestimmt sind, dass Worte nur als Unterstützung für ein spontanes gegenseitiges Verstehen dienen, und ihr nicht bei jedem Schritt eure Äußerungen erklären müsst. Dies ist der Vorteil, wenn ihr immer mit derselben Person sprecht; zwischen den Mentalen etabliert sich eine eingespielte Harmonie, und die Bedeutung der geäußerten Dinge wird sofort erkannt.
Es gibt eine Welt der formlosen Ideen, und ihr müsst in sie eintreten, wenn ihr erkennen wollt, was hinter den Worten liegt. So lange ihr euer Verstehen von der Form der Worte herleitet, werdet ihr wahrscheinlich bezüglich der wirklichen Bedeutung sehr verwirrt sein. Wenn ihr euch aber mit einem stillen mentalen Geist in diese Welt erheben könnt, von der die Ideen herabkommen um Gestalt anzunehmen, kommt sofort das wirkliche Verstehen. Wenn ihr sicher sein wollt einander zu verstehen, müsst ihr fähig sein in Stille zu verstehen. Es gibt einen Zustand, in dem eure Mentale so gut harmonisiert und aufeinander eingestimmt sind, dass der eine des anderen Gedanken erkennt, ohne dass Worte notwendig sind. Aber wenn dieses Eingestimmtsein nicht da ist, wird der von euch gegebene Sinn immer etwas verzerrt werden, weil der andere euren Worten seine eigene Bedeutung gibt. Ich benutze ein Wort in einem bestimmten Sinnzusammenhang; ihr seid gewohnt, ihm eine andere Bedeutung zuzumessen. Offensichtlich werdet ihr dann darin nicht meinen Sinn präzise sehen, sondern das, was dieses Wort für euch bedeutet. Das trifft nicht nur für das Sprechen, sondern auch für das Schreiben zu. Wenn ihr ein Buch mit einer profunden Lehre verstehen wollt, müsst ihr fähig sein, es mit einer geistigen Stille zu lesen; ihr müsst warten und die Äußerung tief in euch einsinken lassen, in den Bereich, in dem es keine Worte mehr gibt, und von dort wieder langsam zu eurem äußeren Bewusstsein und seinem oberflächlichen Verstehen zurückkehren. Aber wenn ihr versucht, die Worte mit dem äußeren mentalen Geist zu erfassen und beides in Einklang zu bringen, habt ihr ihre wirkliche Bedeutung und Kraft völlig verfehlt. Es kann kein vollkommenes Verstehen geben, außer ihr seid eins mit dem unausgedrückten mentalen Geist hinter dem Zentrum des Ausdrucks.
Wir sprachen einmal von individuellen Mentalen als verschiedenen und voneinander getrennten Welten; jede ist in sich selbst geschlossen und hat fast keinen direkten Kontaktpunkt mit irgendeiner anderen. Aber dies trifft auf den Bereich des niederen Mentals zu. Dort schließen euch eure eigenen Formationen ein; ihr könnt nicht aus ihnen oder aus euch selbst herauskommen; ihr könnt in den Dingen nur euch selbst und eure Reflektionen verstehen. Aber hier in dieser Region des nicht ausgedrückten mentalen Geistes und seiner reineren höheren Ebenen seid ihr frei: Wenn ihr sie betretet, geht ihr aus euch heraus und dringt in eine universale mentale Ebene ein, in die jede individuelle mentale Welt wie in einen riesigen See eintaucht. Dort könnt ihr völlig verstehen, was in jemand anderem vor sich geht, und seinen mentalen Geist lesen, als wäre es euer eigener, weil dort keine Trennung existiert, die Geist von Geist scheidet. Nur wenn ihr euch in dieser Region mit anderen verbindet, könnt ihr sie verstehen. Sonst seid ihr nicht auf einander eingestimmt, berührt euch nicht, habt kein Mittel, um genau zu verstehen, was in einem anderen als eurem Mental geschieht. Wenn ihr mit einer anderen Person zusammen seid, wisst ihr sehr oft nicht, was sie denkt oder fühlt; aber wenn es euch möglich ist, über diese äußere Ausdrucksebene hinauszugehen, wenn ihr einen Bereich betreten könnt, in dem stille Kommunikation möglich ist, dann könnt ihr in jemand anderem lesen wie in euch selbst. Dann sind die Worte, die ihr gebraucht um euch auszudrücken, kaum wichtig, weil deren volles Verstehen sich in etwas anderem dahinter ereignet, und ein Minimum an Worten für euren Zweck genügt. Dort sind keine langen Erklärungen nötig; es ist für euch nicht notwendig, einen Gedanken voll zum Ausdruck zu bringen, denn ihr habt die direkte Vision dessen, was gemeint ist.
Die Erfahrung der Fehlinterpretation von etwas, was wir gesagt haben, ist sehr häufig…. Wir sagen etwas, das völlig klar ist, aber die Art und Weise, in der es verstanden wird, ist verblüffend! Jeder sieht darin etwas anderes als beabsichtigt war oder interpretiert etwas hinein, das das ganze Gegenteil des Sinnes ist. Wenn ihr wirklich verstehen und diesen Irrtum vermeiden wollt, müsst ihr hinter den Klang und die Bewegung der Worte sehen und lernen still zuzuhören. Wenn ihr in Stille zuhört, werdet ihr richtig hören und genau verstehen. Aber so lange in eurem Kopf etwas rumort und lärmt, werdet ihr nur verstehen, was sich in eurem Kopf tut und nicht das, was euch gesagt wird.