Kapitel 7
Die wahre Beziehung zur Mutter
Sie liebten ein Wesen, unbegrenzter als ihres;
Ihr Maß konnten sie nicht erreichen, aber ertrugen ihre Berührung,
Antwortend wie die Blume Antwort der Sonne gibt,
So gaben sie ihr sich hin und verlangten nicht mehr.
Eine, größer als sie selbst, zu weit für ihren Horizont,
Ihr Mental vermochte sie weder zu begreifen noch ganz zu erkennen,
Ihr Leben folgte dem ihren, richtete sich nach ihren Worten:
Sie spürten eine Gottheit und gehorchten einem Ruf,
Folgten ihrer Führung und taten ihr Werk in der Welt;
Von ihr ließen sie ihr Leben und ihre Natur bestimmen
Als hätte die Wahrheit ihres eigenen größeren Selbstes
Den Aspekt von Göttlichkeit angelegt,
Um sie zu einer Höhe zu erheben jenseits der ihrer Erde.
Einer größeren Zukunft begegneten sie in ihr;
Sie hielt ihre Hände, wählte für sie den Weg:
Sie wurden von ihr zu großen unbekannten Dingen bewegt,
Glaube zog sie und die Freude ihr anzugehören;
Sie lebten in ihr, sie sahen die Welt mit Augen von ihr.

Die seelische Beziehung
Was du hier gibst, ist eine exakte Beschreibung des seelischen Wesens und seiner Beziehung zur Mutter. Das ist die wahre Beziehung. Wenn du in diesem Yoga erfolgreich sein willst, musst du deine Haltung der seelischen Verbindung einnehmen und die egoistisch vitale Bewegung zurückweisen. Das seelische Wesen, das in den Vordergrund tritt und dort verbleibt, das ist die entscheidende Bewegung im Yoga. Dies geschah, als du die Mutter zum letzten Mal sahst, die Seele kam nach vorne. Aber du musst sie da vorne behalten. Dazu wirst du nicht imstande sein, wenn du auf das vitale Ego und sein Geschrei hörst. Es ist durch Vertrauen und Selbst-Überantwortung und die Freude reiner Selbst-Hingabe – die seelische Haltung –, dass man in die Wahrheit hineinwächst und mit dem Göttlichen vereint wird.

Dein seelisches Wesen muss nach vorne kommen und dich dem direkten, wirklichen und ständigen inneren Kontakt mit mir und der Mutter öffnen, das ist alles, was nötig ist. Bis jetzt hat sich deine Seele durch das Mental und seine Ideale und Bewunderungen, oder durch das Vital und seine höheren Freuden und Aspirationen ausgedrückt; aber das genügt nicht, um die physische Schwierigkeit zu besiegen und die Materie zu erleuchten und zu transformieren. Deine Seele selbst, dein seelisches Wesen ist es, das nach vorne kommen, vollständig erwachen und die fundamentale Veränderung vornehmen muss. Das seelische Wesen ist nicht auf die Unterstützung intellektueller Ideen oder äußerer Zeichen und Hilfen angewiesen. Nichts anderes kann dir das direkte Gefühl des Göttlichen geben, die ständige Nähe, die innere Unterstützung und Hilfe. Dann wirst du die Mutter nicht als fern empfinden, oder irgendeinen weiteren Zweifel bezüglich der Verwirklichung haben; denn der Verstand denkt, das Vital begehrt, aber die Seele spürt und kennt das Göttliche.

Die Beziehung zum Göttlichen, zur Mutter, muss eine voller Liebe, Glauben, Vertrauen, Zuversicht und Hingabe sein; jede andere Beziehung der gewöhnlichen vitalen Art bringt Reaktionen, die der Sadhana zuwiderlaufen, – Begehren, egoistisches abhimana, Forderung, Revolte und jegliche Aufregung der unwissenden rajasischen menschlichen Natur, der zu entrinnen gerade der Zweck der Sadhana ist.

Ich fühle mich der Mutter sehr nahe, als ob kein Unterschied zwischen uns da wäre. Aber wie kann das sein, da doch die Kluft zwischen uns so groß ist – sie befindet sich auf der supramentalen Ebene, ich mich auf der mentalen.
Aber die Mutter befindet sich nicht nur auf der supramentalen, sondern auf allen Ebenen. Und insbesondere ist sie jedem im seelischen Teil (dem inneren Herzen) nahe, daher stellt sich das Gefühl der Nähe natürlich ein, sobald sich dieser Teil öffnet.

Ja, es ist ein sehr ermutigender Fortschritt. Wenn du die Weite und Ruhe beibehältst, wie bisher, und auch die Liebe zur Mutter im Herzen, dann ist alles gesichert – denn das bedeutet die doppelte Fundierung des Yoga – die Herabkunft des höheren Bewusstseins mit seinem Frieden, seiner Freiheit und gelassenen Ruhe von oben, und die Offenheit des seelischen Wesens, das die ganze Bemühung oder die ganze spontane Bewegung auf das wahre Ziel ausgerichtet hält.

Als ich die Reinheit von oben herab rief, wurde das ganze Wesen mit Frieden und Reinheit erfüllt, und ich fühlte die Gegenwart der Mutter in meinem Herzen. Eine intensive Sehnsucht stieg aus dem Herzen auf, von unten, in der Tat aus allen Teilen des Wesens. Das Herz war erfüllt von Verehrung für die Mutter; da war Anbetung und wahre Hingabe.
Das ist eines der wichtigsten Dinge für die Öffnung der Seele und die innere Beziehung zur Mutter.
Ich bete vor allem um Reinheit und Frieden. Dann bin ich mir der Vereinigung mit der Mutter sicher. Habe ich nicht recht?
Ja.
Ich frage dich nach deinen Beobachtungen zu dieser seelischen Erfahrung. War es nicht seelisch?
Ja, natürlich, es war eine seelische Öffnung, und zwar an dem Punkt, der sehr wichtig ist – die Öffnung zur höheren Reinheit.

Liebe und Ergebenheit für die Mutter
Die Liebe, die dem Göttlichen zugewendet ist, sollte nicht das übliche vitale Gefühl sein, dem die Menschen diesen Namen geben; denn das ist nicht Liebe, sondern nur ein vitales Begehren, ein Instinkt der Aneignung, der Impuls zu besitzen und zu monopolisieren. Nicht nur ist dieser nicht die göttliche Liebe, er darf sich auch nicht in geringster Weise dem Yoga beimischen. Die wahre Liebe für das Göttliche gibt sich selbst, frei von Verlangen, voller Gehorsam und Ergebung; sie erhebt keine Forderung, stellt keine Bedingung, schließt keinen Handel ab und ergeht sich nicht in heftigen Ausbrüchen von Eifersucht, Stolz, oder Zorn – denn diese Dinge liegen nicht in ihr. Im Gegenzug gibt sich die Göttliche Mutter ebenfalls, aber aus freien Stücken – und das zeigt sich in einem inneren Geben – sie gibt ihre Gegenwart in deinem mentalen, vitalen, physischen Bewusstsein, ihre Macht, dich in der göttlichen Natur neu zu erschaffen, alle Regungen deines Wesens aufzunehmen und zur Vollkommenheit und Erfüllung zu lenken, in ihrer dich einhüllenden, gottwärts tragenden Liebe. Das ist es, wonach du streben musst, das zu fühlen und zu besitzen, in all deinen Teilen bis hinab in die ganz materiellen, und hier gibt es keine Begrenzung von Zeit oder Vollständigkeit. Wenn man wirklich danach strebt und es erlangt, sollte kein Platz für einen anderen Anspruch oder ein anderes enttäuschtes Begehren mehr da sein. Und im wahrhaftigen Streben erlangt man es ohne Fehl, mehr und mehr, in dem Maße, wie die Läuterung voranschreitet und die Natur die notwendige Veränderung durchläuft.
Halte deine Liebe rein von allen selbstsüchtigen Ansprüchen und Wünschen; du wirst sehen, dass du dafür alle Liebe bekommst, die du ertragen und absorbieren kannst.

Was ist der Unterschied zwischen seelischer, mentaler und vitaler Hingabe an die Mutter? Woran erkennt man sie?
Die seelische Hingabe besteht aus Liebe und Selbst-Hingabe ohne Forderung; die vitale aus dem Willen, von der Mutter in Besitz genommen zu werden und ihr zu dienen; die mentale aus Glauben und bedingungsloser Annahme von allem, was die Mutter ist, sagt und tut. Allerdings sind dies äußere Anzeichen – wo sie sich unterscheiden, das ist in ihrem inneren Charakter, der durchaus erkennbar, wenn auch nicht in Worte zu fassen ist.

Haben Liebe und Glaube die gleiche Bedeutung? Ich glaube, dass dort, wo der Glaube an die Mutter ist, auch die Liebe ist. Ohne den Glauben gibt es keine Liebe; ohne die Liebe gibt es keinen Glauben. Habe ich Recht?
Nicht immer. Es gibt viele Leute, die ein bisschen Glauben haben, ohne Liebe zu empfinden, obwohl sie eine Art mentaler bhakti haben mögen, und es gibt viele, die etwas Liebe aber keinen Glauben haben. Aber, wenn es sich um die wahre seelische Liebe handelt, dann ist auch der Glaube da, und wenn der volle Glaube da ist, dann wird die seelische Liebe bald wach. Was du sagst, trifft zu, wenn es der Glaube der Seele ist, die Liebe der Seele – aber bei manchen ist bloß ein vitales Gefühl vorhanden, das, wenn es enttäuscht ist, Auflehnung und Zorn erzeugt, und sie gehen weg.

Welcher Art ist das Gefühl, dem der bloße Anblick der Mutter Befriedigung und Ananda bringt?
Es ist seelisch.
Welcher Art ist das Gefühl, dem die bloße Erinnerung an die Mutter Zufriedenheit und Ananda bereitet?
Seelisch.
Welcher Art ist das Gefühl, das als Wunde im Herzen gefühlt wird, wenn man hört, dass etwas gegen die Mutter gesagt wird?
Seelisch.
Welcher Art ist das Gefühl, wodurch man die Gegenwart der Mutter im Herzen nahe fühlt, obwohl sie körperlich entfernt ist?
Seelisch.
Wie werde ich herausfinden, ob ich mich im vollen Zustand der seelischen Liebe befinde?
Durch die Abwesenheit von Ego, durch reine Verehrung, durch Selbstaufgabe und Hingabe zum Göttlichen.

Wenn alles ruhig und still ist, spüre ich eine Tiefe in meinem Herzen; ein süßes Gefühl strömt ständig aus, für alle gleichermaßen. Es steigt unaufhörlich zur Mutter auf. Es ist ein Gefühl der süßen Verbundenheit mit dem Göttlichen. Es erweicht das ganze Wesen – es ist ruhig, still, voll süßen Friedens und Zufriedenheit.
Das ist die seelische Liebe.

Kann es einen bewussten Kontakt zur Mutter über das seelische Wesen geben, bevor dieses voll nach vorne kommt?
Ja, das seelische Wesen ist immer da.

Wie erlangt man reine und vollkommene Ergebenheit?
Zuerst werde still – dann strebe aus der Stille heraus und öffne dich still und aufrichtig der Mutter.

Immer wenn eine innere Liebe für die Mutter aufwallt, kommen auch die Tränen.
Das sind seelische Tränen der Hingabe und Verehrung.

Wir alle wollen die Liebe der Mutter, aber ich frage mich, wie viele von uns die Mutter wirklich lieben. Wo sehen wir tatsächlich eine zielgerichtete, sich immer aufopfernde, nie versagende Liebe? Wer hat nur Liebe für das Göttliche?
Das heißt nicht, dass keine Liebe da ist, sondern dass die Liebe vermischt und mit Egoismus, Verlangen und vitalen Regungen zugedeckt ist. Zumindest ist das bei vielen der Fall. Es gibt natürlich einige, die gar keine Liebe haben, oder ‚Liebe‘ – falls man es so nennen kann nur dafür, was sie bekommen; einen oder zwei gibt es, die echt lieben, aber bei zahlreichen ist der seelische Funken hinter viel Rauch verborgen. Der Rauch muss verschwinden, damit der Funken eine Chance bekommt, sich zu einem lodernden Feuer zu entwickeln.

Als ich von „Einsamkeit“ sprach, meinte ich, dass ein Teil meines Wesens fühlt, dass die Mutter mich sehr liebt, ich aber nicht fähig bin, sie zu lieben – als ob es kein Element der Liebe in meiner Natur gäbe.
In diesem Fall kann es nicht das seelische Wesen sein. Das Seelische fühlt nie, dass es das Göttliche nicht lieben kann.

Mein Bewusstsein ist nur auf das Herz der Mutter konzentriert, als wäre es in ihr und eins mit ihr. Es denkt nur daran, eins mit ihr zu sein; es sagt: „Ich bin in ihr und ich muss dort sein. Ich brauche nichts anderes – das ist genug.“ Es lässt keine anderen Gedanken zu, nicht einmal höhere oder spirituelle Gedanken. Was hältst Du von dieser Einstellung?
Die Haltung ist gut, um das seelische Wesen und das innere Wesen allgemein zu erwecken. Aber wenn die höhere Erfahrung einsetzt, sollte diese nicht aufgehalten werden.

Teile meines Wesens drängen auf einen körperlichen Ausdruck der Liebe der Mutter. Obwohl es im Moment keine Anfälle oder Depressionen gibt, gibt es nur Trockenheit und Stumpfheit. Selbst wenn die Sadhana zurückkehrt und ich sehr hohe oder tiefe Erfahrungen mache, werden sie wenig wert sein, solange meine Liebe zur Mutter nicht zurückkehrt.
Es ist falsch, so zu denken. Die Erfahrungen bereiten die verschiedenen Teile des Wesens darauf vor, auf richtige Weise zu lieben, damit es nicht die Seele allein ist, die liebt. Solange sie für Unwissenheit und Ego offen sind, können sie die Liebe nicht richtig empfangen und halten.

Lass dich nicht von mentalen Ängsten beunruhigen. Warte auf das Wirken von Mutters Kraft, die den Lotus des Herzens öffnen wird. Im Licht von oben wird Ergebenheit in dir erblühen.

Die Liebe der Mutter
Du bist Mutters Kind, und die Liebe der Mutter für ihre Kinder ist grenzenlos, und geduldig erträgt sie die Defekte ihrer Natur. Versuche, das wahre Kind der Mutter zu sein: es ist in dir vorhanden, aber dein nach außen gerichtetes Mental ist von kleinen, nutzlosen Dingen besetzt und macht ihretwegen zu oft ein heftiges Aufheben. Du musst die Mutter nicht nur im Traum sehen, sondern lernen, sie zu allen Zeiten mit dir und in dir zu sehen und zu fühlen. Dann wirst du es einfacher finden, dich zu kontrollieren und zu ändern, – denn, weil sie da ist, kann sie es für dich tun.

Frage dich nicht, ob die Leute mit dir übereinstimmen oder nicht, oder ob du gut oder schlecht bist, sondern denke: „Die Mutter liebt mich, und ich gehöre der Mutter an.“ Wenn du dein Leben auf diesen Gedanken aufbaust, wird alles bald leicht werden.

Es kommt von den Gedanken über andere und über deine ‚Schlechtigkeit‘, dass du dich fern von der Mutter fühlst. Die ganze Zeit ist sie dir ganz nahe und du ihr. Wenn du die besagte Haltung „die Mutter liebt mich und ich gehöre ihr an“ einnimmst, und sie zur Basis deines Lebens machst, würde der Vorhang bald verschwinden, denn er besteht nur aus diesen Gedanken und aus nichts anderem.

Sicher, du brauchst nicht erst ‚gut‘ zu werden, damit die Mutter dir ihre Liebe geben kann. Ihre Liebe ist immer vorhanden, und die Unvollkommenheiten der menschlichen Natur zählen für diese Liebe nicht. Das Einzige ist, dass du dir bewusst werden musst, dass sie immer da ist. Dazu ist es notwendig, dass das seelische Wesen in den Vordergrund tritt, denn das seelische Wesen weiß, während das Mental, Vital und Physische nur auf die Erscheinungen an der Oberfläche schauen und sie falsch deuten.

X macht vermutlich zwei Fehler – erstens, von der Mutter äußere Kundgebungen ihrer Liebe zu erwarten; zweitens, Fortschritt zu suchen, statt sich auf Offensein und Hingabe zu konzentrieren, ohne im Gegenzug etwas dafür zu verlangen. Dies sind zwei Fehler, die Sadhaks ständig begehen. Wenn man sich öffnet, wenn man sich hingibt, stellt sich der Fortschritt, sobald die Natur bereit ist, von alleine ein; dagegen bringt die persönliche Konzentration auf Fortschritt nur Schwierigkeiten, Widerstand und Enttäuschung, weil der Verstand die Dinge nicht aus dem richtigen Blickwinkel sieht. Die Mutter begegnet X mit besonderer Freundlichkeit, und jeden Tag versucht sie, beim Pranam eine unterstützende Kraft auf ihn zu lenken. Er muss lernen, im Mental und Vital sehr ruhig zu sein und sich zu weihen, so dass er sowohl bewusst werden als auch empfangen kann. Die Göttliche Liebe, im Gegensatz zur menschlichen, ist tief und weit und schweigend; man muss still und weit werden, um ihrer gewahr zu werden und ihr zu antworten. Er muss es als seine einzige Aufgabe sehen, sich hinzugeben, so dass er ein Gefäß und Instrument werden kann – und muss es der Göttlichen Weisheit und Göttlichen Liebe überlassen, ihn mit dem, was nötig ist, zu erfüllen. Sein Verstand sollte sich auch merken, nicht darauf zu bestehen, dass er in einer bestimmten Zeit Fortschritte und Entwicklungen machen, oder zu Verwirklichungen gelangen muss – ungeachtet der Zeit, die es dauern mag, muss er bereit sein, zu warten und beharrlich zu sein und aus seinem ganzen Leben ein einziges Streben allein nach dem Einen und eine Öffnung hin zum Einen zu machen – dem Göttlichen. Sich selbst zu geben ist das Geheimnis der Sadhana, nicht zu fordern, oder etwas zu erwerben. Je mehr man sich selbst gibt, umso mehr wird die Kraft zu empfangen wachsen. Aber dazu muss jede Ungeduld und Auflehnung gehen; jede Suggestion, wie nicht genug zu bekommen, keine Hilfe zu erhalten, nicht geliebt zu werden, wegzugehen, das Leben, oder die spirituelle Bemühungen aufzugeben – all das muss zurückgewiesen werden.
