Kapitel 5
Mit dem inneren Leben in Verbindung bleiben
Worte der Mutter
Sich seiner selbst ein wenig bewusster zu werden, mit dem Leben hinter den Erscheinungen in Beziehung zu treten, das erscheint dir nicht als das höchste Gut. Wenn du in einem bequemen Stuhl sitzt, vor einem reich gedeckten Tisch, und du dir den Magen mit köstlichen Gerichten füllst, erscheint dir das bestimmt viel konkreter und viel interessanter. Wenn du den zurückliegenden Tag betrachtest und Bilanz ziehst, und du hast einen materiellen Vorteil gehabt, irgendein Vergnügen, eine physische Befriedigung, markierst du ihn für dich als einen guten Tag. Hat dir das Leben jedoch eine gute Lektion erteilt, hat es dir einen Schlag ins Gesicht versetzt, um dir zu sagen, dass du ein Dummkopf bist, bist du für die Gnade nicht dankbar und sagst: „Oh, das Leben macht nicht immer Spaß!“
Ich habe den Eindruck, vom inneren Gesichtspunkt aus, vom Gesichtspunkt wahren Lebens aus, dass wir entsetzlich weit zurückgefallen sind – dass wir durch einige geniale Vorrichtungen, einige Erleichterungen zwecks körperlicher Bequemlichkeit, durch Instrumente und Geräte, die die Lebensanstrengungen reduzieren, der Wirklichkeit des inneren Lebens entsagt haben. Genau dieses Empfinden hat man verloren, und es kostet dich Anstrengung, darüber nachzusinnen, wie man den Sinn des Lebens erfährt, den Zweck der Existenz, das Ziel, auf das wir uns hinbewegen müssen und auf das sich das ganze Leben hinbewegt, ob du das willst oder nicht. Ein Schritt auf das Ziel zu – oh! –, um den zu machen, ist eine große Anstrengung nötig! Normalerweise denkt man nicht daran, es sei denn, die äußeren Umstände sind nicht angenehm.
Wie lange ist es her, dass der Hirte, der nicht zur Schule ging und stattdessen nachts unter den Sternen seine Herde bewachte, im Himmel künftige Geschehnisse lesen konnte, mit etwas in Verbindung treten konnte, das sich durch die Natur ausdrückte, wodurch er ein tiefes Schönheitsempfinden und diesen Frieden hatte, der von der Einfachheit des Lebens herrührt!
Es ist sehr bedauerlich, dass es nötig ist, eine Sache aufzugeben, um eine andere zu bekommen. Wenn ich dir vom inneren Leben erzähle, so heißt das nicht, dass ich gegen alle modernen Erfindungen bin, bei weitem nicht, aber diese Erfindungen haben uns unnatürlich und dumm werden lassen! Wie sehr haben wir den Sinn für wahre Schönheit verloren, wir sehr haben wir uns mit nutzlosen Bedürfnissen belastet!
Vielleicht ist die Zeit gekommen, um den spiralförmigen Aufstieg fortzusetzen, und mit all dem, was uns das Wissen über die Materie gebracht hat, sollten wir in der Lage sein, unserem spirituellen Fortschritt nun eine festere Grundlage zu geben. Gestärkt durch das, was wir an Geheimnissen der materiellen Natur entschlüsselt haben, können wir also jetzt die beiden Extreme vereinen und die höchste Wirklichkeit im Zentrum des Atoms wiederfinden.

Worte Sri Aurobindos
Als ich davon sprach, dem Licht der Seele und dem göttlichen Ruf treu zu sein, wollte ich damit nur das große Erfordernis hervorheben, sich in allen Krisen und Anfechtungen nicht irgendwelchen Einflüssen, Impulsen und Verlockungen hinzugeben, sondern diesen allen den Ruf der Wahrheit entgegenzuhalten, das gebieterische Zeichen des Lichtes, und wenn Zweifel und Depressionen auftreten zu sagen: „Ich gehöre dem Göttlichen, ich kann nicht scheitern“, allen Suggestionen von Unreinheit und Untauglichkeit entgegenzuhalten: „Ich bin ein Kind der Unsterblichkeit, erwählt von Sri Aurobindo und der Mutter. Ich habe nur mir und Ihnen treu zu bleiben – dann ist der Sieg gewiss. Selbst wenn ich zu Fall käme, würde ich mich wieder erheben“, allen Impulsen, sich abzuwenden und einem geringeren Ideal zu dienen, zu erwidern: „Das ist das Größte, das ist die Wahrheit, die allein die Seele in mir befriedigen kann. Ich werde durch alle Prüfungen und Leiden hindurch bis zum Ende der göttlichen Reise ausharren.“ Das ist es, was ich unter Treue gegenüber dem Licht und dem Ruf verstehe.
