Kapitel 4

Der Einzelne in der Gemeinschaft

Worte Sri Aurobindos

Du scheinst das Prinzip dieses Yoga nicht verstanden zu haben. Der alte Yoga forderte eine vollkommene Entsagung, die bis zur Aufgabe des weltlichen Lebens reichte. Dieser Yoga hat stattdessen ein neues und umgewandeltes Leben zum Ziel. Er besteht aber ebenso unerbittlich auf einem vollkommenen Ablegen von Begehren und Verhaftetsein im Mental, Leben und Körper. Sein Ziel ist, das Leben in der Wahrheit des Geistes neu zu gründen und zu diesem Zweck den Ursprung all dessen, was wir sind und tun, vom Mental, Leben und Körper in ein größeres Bewusstsein über dem Mental zu verlegen. Das bedeutet, dass in dem neuen Leben alle menschlichen Beziehungen auf einer spirituellen Vertrautheit gründen müssen und auf einer ganz anderen Wahrheit als jener, die unsere gegenwärtigen Verbindungen stützt. Wenn der höhere Ruf ergeht, muss man bereit sein, all das zurückzuweisen, was man als natürliche Neigungen bezeichnet. Wenn sie dennoch beibehalten werden, kann es nur in einer veränderten Form sein, durch die sie insgesamt umgewandelt werden. Ob sie aber zurückgewiesen oder beibehalten und verändert werden sollen, darf nicht durch das persönliche Begehren, sondern muss durch die Wahrheit über uns entschieden werden. Alles muss dem Höchsten Meister des Yoga hingegeben werden.

Die Macht, die in diesem Yoga wirkt, ist von kompromissloser Art und duldet am Ende nichts Großes und nichts Kleines, wenn es der Wahrheit und ihrer Verwirklichung im Wege steht.

Worte Sri Aurobindos

Es stimmt, ein zu enger Verkehr mit anderen, wenn sie nicht die richtige Einstellung haben und zu sehr im Vital leben, trägt dazu bei, den Bewusstseins-Zustand zu senken. Bei all deinen Kontakten ist es in erster Linie wichtig, in dir zu bleiben, eine distanzierte Haltung zu bewahren und dir nicht zu erlauben, dich durch die Schwierigkeiten in der Arbeit und in den Begegnungen mit Menschen beunruhigen zu lassen, sondern in dir selbst die wahre Einstellung zu bewahren. Lass dich nicht von dem Wunsch verleiten, anderen zu „helfen“, sondern tue und sage das Richtige in innerer Ausgewogenheit; überlass es dem Göttlichen, ihnen zu helfen. Niemand vermag wahrhaft zu helfen – nur die Göttliche Gnade vermag es.

Worte Sri Aurobindos

Es ist notwendig oder ziemlich unvermeidlich, dass in einem Ashram, der – wie X es ausdrückt – ein Laboratorium für einen spirituellen und supramentalen Yoga ist, die Menschheit auf verschiedene Weise vertreten sein sollte. Denn die Umwandlung hat sich mit allen Arten von günstigen und ungünstigen Elementen auseinanderzusetzen, wobei in ein und demselben Menschen eine Mischung von beiden zu finden ist. Wenn nur sattvische und kultivierte Leute zum Yoga kämen, Menschen ohne viele vitale Schwierigkeiten in sich, könnten unsere Bemühungen leicht fehlschlagen, da der Widerstand des vitalen Elementes in der Erdnatur nicht besiegt und überwunden würde. Es wäre unter bestimmten Umständen denkbar, dass eine obermentale Schicht das Mental, Vital und Physische überlagert und beeinflusst, aber kaum etwas Supramentales und somit keine höhere Wandlung des menschlichen Wesens stattfindet. Die Bewohner des Ashrams kommen von überall her und sind von ganz unterschiedlicher Art – das ist anders gar nicht möglich.

Im Laufe des Yoga erheben sich in dem Maße, wie jede Ebene kollektiv erfasst wird, alle Schwierigkeiten – wenn auch nicht für jeden gleichermaßen. Das erklärt vieles im Ashram, was die Menschen dort nicht erwarten. Wenn die Vorarbeit im „Laboratorium“ beendet ist, müssen sich die Dinge ändern.

Auf menschliche Kameradschaft der üblichen Art unter den Bewohnern [des Ashrams] wird wenig Wert gelegt (obwohl Sympathie, Rücksichtnahme und Höflichkeit immer vorhanden sein sollten), da dies nicht das Ziel ist; das Ziel ist das Einssein in einem neuen Bewusstsein, und das Wichtigste für jeden ist, seine Sadhana zu tun, dieses neue Bewusstsein zu erlangen und darin das Einssein zu verwirklichen.

Alle Fehler in den Sadhaks müssen durch das Licht von oben ausgemerzt werden – eine sattvische Regel hingegen kann nur jene Naturen ändern, die für eine sattvische Regel empfänglich sind.

Worte der Mutter

Es das Ziel eines jeden, individuell sich vorzubereiten, mit dieser Supramentalen Kraft in eine mehr oder weniger enge individuelle Verbindung zu treten, um zu helfen, oder wenn er nicht helfen konnte, wenigstens bereit zu sein, wenn die Kraft sich offenbart, um sie zu erkennen und sich ihr zu öffnen. Und statt so etwas wie ein fremdes Element in einer Welt zu sein, wo das, was man in sich trägt, nicht manifestiert ist, wird man plötzlich das –, man tritt sofort und vollständig in die wirkliche supramentale Atmosphäre selbst ein. Diese Kraft ist gegenwärtig, du bist von ihr umgeben, von ihr durchdrungen. Wenn du auch nur ein wenig inneren Kontakt mit dieser Kraft gehabt hättest, dann hättest du sie sofort erkannt [als sie sich zuerst offenbarte], nicht wahr?

Worte der Mutter

Du musst auch begreifen, dass du nicht ein gesondert lebendes Einzelwesen bist, sondern dass das Leben ein ständiger Austausch von Kräften ist, von Bewusstsein, von Schwingungen, von Bewegungen aller Art. Das ist wie in einer Menschenmenge: wenn jedermann drängt, gehen alle vorwärts und wenn alle zurückweichen, geht jedermann zurück. Dasselbe geschieht in der inneren Welt, in deinem Bewusstsein. Ständig wirken und reagieren dort Kräfte und Einflüsse auf dich und es ist wie ein Gas in der Atmosphäre, und bist du nicht ganz und gar wach, so treten diese Dinge in dich ein, und erst wenn sie richtig in dir drin sind und dann wieder herauskommen, so als kämen sie von dir selbst, nimmst du sie wahr. Wie oft treffen Menschen solche, die nervös, wütend und schlechtgelaunt sind, und sie werden ebenfalls nervös, wütend, schlechtgelaunt, einfach so, ohne zu wissen warum. Wie kommt es, dass du gegen bestimmte Personen sehr gut spielst, während du gegen andere nicht spielen kannst? Oder diese ganz ruhigen, gar nicht bösen Menschen, die in einer zornigen Menge auf einmal zornig werden! Und niemand weiß, wer angefangen hat: etwas ist vorbeigekommen und durch das Bewusstsein gefegt. Es gibt Menschen, die derartige Störungen auslösen können, und die anderen antworten darauf, ohne zu wissen warum. Alles ist so, von den kleinsten Dingen bis zu den größten.

Um in der Gemeinschaft seinen individualisierten Status zu bewahren, muss man sich seiner selbst absolut bewusst sein. Was für eines Selbstes? – Das Selbst, das über aller Vermischtheit steht, das heißt das, was ich die Wahrheit deines Wesens nenne. Und solange du der Wahrheit deines Wesens nicht bewusst bist, wirst du von allem möglichen bewegt, ohne es im geringsten zu bemerken. Das kollektive Denken, die kollektive Suggestion ist ein ungeheurer Einfluss, der fortwährend auf das individuelle Denken einwirkt. Und das Außergewöhnliche dabei ist, dass man es nicht bemerkt. Man meint, man denke eben „so“, tatsächlich aber denkt die Gemeinschaft „so“. Die Masse ist immer dem Einzelnen unterlegen. Nimm Menschen von gleicher Qualität, der gleichen Kategorie, nun, wenn sie allein sind, dann stehen sie mindestens zwei Grade höher als ihresgleichen in der Menge. Es gibt da eine Vermischung von Dunkelheit, von Unbewusstheit, und man gleitet zwangsläufig in diese Unbewusstheit ab. Um dem zu entgehen, gibt es nur ein Mittel: sich seiner selbst bewusst zu werden – immer bewusster und immer aufmerksamer.

Versuche folgende kleine Übung: Zu Beginn des Tages sagst du dir: „Ich werde nicht sprechen, ohne zu denken, was ich sage.“ Du glaubst, du denkst all das, was du sagst, nicht wahr! Das ist keineswegs der Fall; du wirst feststellen, wie oft das Wort, das du nicht äußern willst, dir entschlüpfen will, und dass du dich bewusst anstrengen musst, es daran zu hindern.

Ich kannte Leute, die sehr gewissenhaft versuchten, nicht zu lügen, aber sobald sie sich in einer Gruppe befanden, erzählten sie unwillkürlich Lügen, anstatt die Wahrheit zu sagen; sie hatten nicht die Absicht, es zu tun, dachten noch vor einer Minute nicht, dass sie es tun würden, es kam einfach „so“. Warum? – Weil sie sich unter Lügnern befanden; da war eine Atmosphäre der Falschheit, und sie wurden ganz schlicht von deren Krankheit angesteckt!

Nach und nach, langsam, beharrlich, indem man am Anfang gut Sorge trägt und sehr aufmerksam ist, wird man auf diese Weise bewusst, lernt, sich zu erkennen und dann auch Meister seiner selbst zu werden.

Worte der Mutter

Ich habe eine andere Frage zu dem, was ich neulich sagte, als wir den Unterschied zwischen dem Willen und dem „Wollenden“ diskutierten. Ich sagte, dass das „Wollende“ – was Sri Aurobindo „Wollendes“ nennt – Bewegungen sind, die nicht aus dem höheren Bewusstsein hervorgehen und in das Wesen herabkommen und sich in Taten ausdrücken, sondern Impulse und Einflüsse von außen sind. Wir haben das Wort Willen dafür genommen, um jenes auszudrücken, was in einem individuellen Bewusstsein der Ausdruck einer Ordnung oder einer Eingebung ist, der aus der Wahrheit des Wesens, der Wahrheit des Individuums kommt – aus seinem wahren Wesen, seinem wahren Selbst, nicht wahr. Dies nennen wir Willen. Und alle Impulse, Handlungen, Regungen, die im Wesen entstehen und nicht dies sind, von denen sagten wir, sie seien Wollendes. Genau genommen habe ich euch gesagt, dass ihr, ohne es zu wissen oder manchmal auch wissentlich, durch Einflüsse angetrieben werdet, die von außen kommen, die eindringen, auch ohne dass ihr es merkt, und die in euch das aufsteigen lassen, was ihr „den Willen“ nennt, dass diese bestimmte Sache sein soll und die andere nicht und so weiter.

Ich werde da gefragt: „Von welcher Art sind diese Einflüsse von außen? Kann man ihre Funktionsweise erklären?“ Natürlich sind diese Einflüsse sehr verschiedenartig. Man kann sie von einem psychologischen Standpunkt oder fast von einem mechanischen Standpunkt aus studieren, wobei das eine meistens vom anderen wiedergegeben wird, das heißt, das mechanische Phänomen vollzieht sich wie eine Art Konsequenz aus dem psychologischen Phänomen.

Es gibt nur sehr wenige Menschen, und selbst die Besten haben nur sehr wenige Momente in ihrem Leben, in denen der Wille des Wesens diese tiefere innere Wahrheit ausdrückt.

(Nach einer Pause)

Das individuelle Bewusstsein ragt weit über den Körper hinaus; wir haben sogar gesehen, dass das Subtil-Physische, das im Vergleich zum vitalen Wesen noch materiell und unter bestimmten Bedingungen nahezu sichtbar ist, manchmal weit über die sichtbare Begrenzung des physischen Körpers hinausgeht. Dieses Subtil-Physische wird aus Schwingungen gebildet, die aktiv sind und mit den Schwingungen des Subtil-Physischen der anderen in Berührung kommen und sich mit ihnen vermischen kann, und dieser wechselseitige Kontakt erzeugt Einflüsse – die stärksten Schwingungen gewinnen natürlich die Oberhand über die anderen. Wie ich euch bereits mehrmals sagte, wenn ihr zum Beispiel einen Gedanken habt, umkleidet sich dieser Gedanke mit subtilen Schwingungen und wird eine Wesenheit, die sich fortbewegt und in der Erdatmosphäre umherspaziert, um sich so gut sie kann zu verwirklichen, wobei sie ja eine unter Millionen ist, und natürlich ist da eine vielfältige und verwickelte Wechselwirkung, die die Dinge nicht so einfach und schematisch ablaufen lässt.

Was ihr euer Selbst nennt, das in den Grenzen eures gegenwärtigen Bewusstseins eingeschlossene Einzelwesen, ist ständig von Schwingungen dieser Art erfüllt, die von außen kommen und meistens in Form von Suggestionen auftreten, und zwar so, dass sich das Wirken, bis auf einige Ausnahmen, zunächst im mentalen Bereich abspielt, dann vital wird und schließlich physisch. Ich stelle klar, dass es sich hier nicht um das reine Mental handelt, sondern um das physische Mental; denn im physischen Bewusstsein selbst gibt es eine mentale Aktivität, eine vitale Aktivität und eine rein materielle Aktivität, und alles, was sich in eurem physischen Bewusstsein, in eurem Körperbewusstsein und der körperlichen Aktivität abspielt, dringt zuerst in Form von Schwingungen mentaler Art ein, also in Form von Suggestionen. Meistens dringen diese Suggestionen in euch ein ohne dass ihr euch dessen auch nur im geringsten bewusst seid; sie dringen ein, rufen in euch irgendeine Reaktion wach, treten dann im Bewusstsein wieder zutage, als wäre es euer eigener Gedanke, euer eigener Wille, euer eigener Impuls; dies aber nur deswegen, weil euch der Vorgang des Eindringens nicht bewusst ist.

Diese Suggestionen sind sehr vielfältig, zahlreich, abwechslungsreich, von sehr, sehr unterschiedlichem Charakter, aber man kann sie in drei Hauptkategorien einteilen. Zunächst (und diese sind für ein gewöhnliches Bewusstsein selten wahrnehmbar; sie werden nur für den wahrnehmbar, der schon viel nachgedacht, viel beobachtet und sein Wesen gründlich studiert hat), sind es die, die wir kollektive Suggestionen nennen können.

Wenn ein Wesen auf der Erde geboren wird, wird es zwangsläufig in einem bestimmten Land und einem bestimmten Milieu geboren. Durch das Faktum seiner physischen Eltern wird es in eine soziale, kulturelle, nationale, manchmal religiöse Gruppe hineingeboren: eine Gesamtheit von Denkgewohnheiten, von Gewohnheiten des Verstehens, des Fühlens, der Vorstellungen; alle Arten von Konstruktionen, die zunächst mental sind, dann vitale Gewohnheiten und schließlich materielle Seinsweisen werden. Um die Dinge klarer auszudrücken, ihr seid in einer bestimmten Gesellschaft oder in einer bestimmten Religion, in einem bestimmten Land geboren, und diese Gesellschaft hat ihre eigene kollektive Anschauung, diese Religion hat eine kollektive Struktur, die ihr eigen ist, und die gewöhnlich sehr starr ist. Ihr seid da hineingeboren. Wenn ihr sehr klein seid, ist dies euch natürlich überhaupt nicht bewusst, doch es wirkt auf eure Entwicklung ein – diese Gestaltung, diese langsame Entwicklung von Stunde um Stunde, Tag um Tag, Erfahrung um Erfahrung, die ganz allmählich ein Bewusstsein aufbauen. Ihr lebt darunter wie unter einer Glasglocke. Es ist eine Art Konstruktion, die euch bedeckt und gewissermaßen beschützt, die euch auf der anderen Seite aber auch erheblich einschränkt. Dies alles nehmt ihr in euch auf, ohne es überhaupt wahrzunehmen, und dies bildet die unterbewusste Grundlage eurer eigenen Struktur. Diese unterbewusste Grundlage wird eurer ganzes Leben lang auf euch einwirken, wenn ihr euch nicht darum bemüht, euch davon zu befreien. Und um euch davon zu befreien, muss euch dies erst bewusst sein; und dieser erste Schritt ist der schwierigste, weil diese Formation so fein war, sie geschah zu einer Zeit, als ihr noch kein bewusstes Wesen wart, wo ihr eben ganz benommen von einer anderen Welt in diese gefallen seid (lachend), und dies alles geschah, ohne dass ihr daran im geringsten beteiligt wart. Folglich kommt es euch nicht einmal in den Sinn, dass es da etwas geben könnte, das man wissen müsste, und noch viel weniger, dass es etwas sein könnte, das man loswerden müsste. Und es ist recht bemerkenswert, dass, wenn man aus irgendeinem Grund sich des Zugriffes dieser kollektiven Suggestion bewusst wird, man gleichzeitig merkt, dass es einer sehr ausdauernden und intensiven Arbeit bedarf, bis es gelingt, sie loszuwerden. Doch damit ist das Problem noch nicht abgeschlossen.

Ihr lebt umgeben von Menschen. Diese Menschen haben selbst Begehrlichkeiten, vereinzelte Wünsche, Impulse, die sich in ihnen ausdrücken, die alle möglichen Ursachen haben, die aber in ihrem Bewusstsein eine individuelle Form annehmen. Zum Beispiel, um es ganz praktisch auszudrücken: Ihr habt einen Vater, eine Mutter, Brüder, Schwestern, Freunde, Kameraden; jeder will und fühlt auf seine Weise, und alle, mit denen ihr in Beziehung steht, erwarten etwas von euch, ebenso wie ihr etwas von den anderen erwartet. Dieses Etwas bringen die anderen euch gegenüber nicht immer zum Ausdruck, es ist jedoch mehr oder weniger bewusst in ihrem Wesen, und das bringt eine Formation hervor. Diese Formationen sind mehr oder weniger machtvoll, der Gedankenkraft eines jeden entsprechend und der Kraft seiner Vitalität, doch haben sie auch ihre eigene kleine Macht, die im allgemeinen der eurigen entspricht; und dann geht das, was eure Umgebung von euch will, verlangt, erhofft oder erwartet, einfach so in Form von Suggestionen in euch hinein, die nur sehr selten artikuliert werden, die ihr jedoch ohne Widerstand aufnehmt und in eurem Innern plötzlich einen ähnlichen Wunsch, einen ähnlichen Willen, einen entsprechenden Impuls wachrufen… Das spielt sich von morgens bis abends ab, und auch von abends bis morgens, weil diese Dinge nicht aufhören, während ihr schlaft, im Gegenteil, sie verstärken sich sehr oft, weil ihr nicht mehr das wache Bewusstsein habt, das aufpasst und euch bis zu einem gewissen Grad schützt.

Und das ist allgemein, so allgemein, dass es ganz natürlich ist, und so natürlich, dass es besonderer Umstände und ganz spezieller Gelegenheiten bedarf, damit man es merkt. Natürlich versteht es sich von selbst, dass eure eigenen Antworten, eure eigenen Impulse, eure eigenen Wünsche einen entsprechenden Einfluss auf die anderen haben und dass dies ein herrliches Gemisch wird, wo das Recht stets auf der Seite des Stärkeren ist.

Wenn das Problem hier abgeschlossen wäre, könnte man der Sache noch entkommen; da ist aber noch eine Komplikation. Nämlich diese irdische Welt, diese menschliche Welt, wird ständig von den Kräften der Nachbarwelt heimgesucht, genauer gesagt, von der vitalen Welt, von dem subtileren Bereich jenseits der vierfachen Erdatmosphäre [bestehend aus den vier Prinzipien des Physischen, Vitalen, Mentalen und Psychischen]; und diese vitale Welt, die nicht dem Einfluss der psychischen Kräfte und des psychischen Bewusstseins unterliegt, ist wesenhaft eine Welt des bösen Willens, der Unordnung, des Ungleichgewichts, kurz der antigöttlichsten Dinge, die man sich vorstellen kann. Diese vitale Welt durchdringt ständig die physische Welt und da sie viel subtiler ist als die physische Welt, ist sie sehr oft, außer für einige wenige Menschen, überhaupt nicht wahrnehmbar. Es gibt Wesenheiten, Wesen, Willen, Arten von Individualitäten in jener Welt, die alle möglichen Absichten haben und die jede Gelegenheit nutzen, um sich zu amüsieren, wenn es kleine Wesen sind, oder um Unheil anzurichten und Unordnung zu stiften, wenn es Wesen mit größeren Fähigkeiten sind. Und diese haben eine sehr beachtliche Macht des Eindringens und der Suggestion und stürzen sich überall da hinein, wo es auch nur die kleinste Öffnung, die geringste Affinität gibt, weil das ein lustiges Spiel für sie ist.

Außerdem sind sie sehr durstig oder hungrig nach gewissen vitalen menschlichen Schwingungen, die für sie einer seltenen Speise gleichkommen, von der sie sich gern ernähren; und so besteht ihr Spiel darin, im Menschen verderbliche Regungen hervorzurufen, damit der Mensch diese Kräfte ausströmen lässt und sie sich ganz nach ihrem Belieben davon nähren können. Alle zornigen, gewalttätigen, leidenschaftlichen, begierigen Regungen, alle diese Dinge, die zur Folge haben, dass man unvermittelt bestimmte Energien aus sich herausschleudert, sind genau das, was diese Wesenheiten bevorzugen, weil sie sich, wie gesagt, daran wie an einem üppigen Mahl erfreuen. Ihre Taktik ist also sehr einfach: Sie schicken euch eine kleine Suggestion, einen kleinen Impuls, eine kleine Schwingung, die in euch eindringt und die durch Ansteckung oder durch Sympathie in euch die nötige Schwingung erweckt, damit ihr die Kraft herausschleudert, die sie absorbieren wollen.

Hier ist es ein wenig leichter, den Einfluss zu erkennen, denn wenn man auch nur ein klein wenig aufmerksam ist, merkt man, dass plötzlich etwas in einem geweckt wurde. Wenn zum Beispiel jene, die normalerweise in Zorn geraten, nur im geringsten versucht haben, ihren Zorn zu beherrschen, bemerken sie etwas, das von außen kommt, oder das von unten aufsteigt und ihr Bewusstsein tatsächlich ergreift und den Zorn in ihnen erregt. Ich will damit nicht sagen, dass alle zu dieser Unterscheidung imstande sind; ich spreche von denen, die versucht haben, ihr Wesen zu verstehen und es zu beherrschen. Diese feindlichen Suggestionen sind leichter wahrzunehmen als etwa eure Reaktion auf den Willen oder den Wunsch eines Wesens, das von der selben Art ist wie ihr, eines anderen Menschen, der dementsprechend auf euch einwirkt, ohne dass ihr dabei klar den Eindruck habt, dass etwas von außen kommt: die Schwingungen entsprechen sich zu sehr, sie sind ihrer Art nach zu ähnlich, und man muss viel aufmerksamer sein und ein sehr viel schärferes Unterscheidungsvermögen haben, um sich darüber klar werden zu können, dass diese Regungen, die von euch selbst auszugehen scheinen, nicht wirklich die euren sind, dass sie von außen kommen. Aber bei den feindlichen Kräften, wenn man nur im geringsten aufrichtig ist und aufmerksam beobachtet, merkt man, dass etwas im Wesen auf einen Einfluss, einen Impuls, eine Suggestion, manchmal auf etwas sehr Konkretes anspricht, das hereinkommt und im Wesen analoge Schwingungen erzeugt.

Das wär‘s. Das ist das Problem.

Die Lösung?… Es ist immer das gleiche: guter Wille, Aufrichtigkeit, klarer Blick, Geduld – oh!, eine unermüdliche Geduld und eine Beharrlichkeit, die euch davon überzeugt, dass das, was euch heute nicht gelungen ist, euch ein andermal gelingen wird, und dass ihr es weiter versucht, bis es euch gelungen ist.

Und das bringt uns zu Sri Aurobindos Satz zurück [„Was ich jetzt nicht tun kann, ist das Zeichen dessen, was ich künftig tun werde. Das Gefühl der Unmöglichkeit ist der Beginn aller Möglichkeiten. Weil dieses zeitliche Universum ein Paradox und eine Unmöglichkeit war, erschuf der Ewige es aus seinem Wesen.“]: Wenn diese Beherrschung euch heute ganz unmöglich erscheint, nun, das bedeutet, dass es später nicht nur möglich ist, sondern dass es auch verwirklicht wird.

Worte der Mutter

Genügt die individuelle Beherrschung des Begehrens, oder muss es eine allgemeine, kollektive Meisterung geben?

Ah! Da wären wir… Ist es möglich, eine vollständige persönliche Transformation zu erreichen, ohne dass es in der Gemeinschaft zumindest eine Entsprechung gibt?… Das scheint mir nicht möglich. Zwischen dem Einzelnen und der Gemeinschaft besteht eine derartige Abhängigkeit, dass man schon versuchen müsste, was die Asketen gepredigt haben, nämlich der Welt zu entfliehen, sich ihr völlig zu entziehen, sie im Stich lassen, um sich eigennützig selbst zu retten, indem man die ganze Arbeit anderen überlässt… Und sogar da habe ich meine Zweifel. Ist es möglich eine vollkommene Transformation des eigenen Wesens durchzuführen, solange die Gemeinschaft nicht wenigstens einen bestimmten Grad der Transformation erreicht hat? Ich glaube nicht. Die menschliche Natur bleibt wie sie ist – man kann zwar einen großen Bewusstseinswandel erreichen, das schon, man kann sein Bewusstsein läutern, aber die totale Eroberung, die materielle Transformation hängt gewiss zum großen Teil von einem bestimmten Grad des Fortschritts in der Gemeinschaft ab. Buddha sagte zu Recht, dass solange man die geringste Schwingung von Begehren in sich trägt, sich diese Schwingung in der Welt ausbreiten wird und alle die dafür empfänglich sind werden sie aufnehmen. Und ist man auch nur im geringsten für eine Schwingung des Begehrens empfänglich, so ist man offen für alle Schwingungen des Begehrens, die in der Welt ständig zirkulieren. Und darum kam er zu dem Schluss: „Verlasst diese Illusion, zieht euch völlig zurück und ihr seid frei.“ Ich finde das ziemlich egoistisch, aber eine andere Möglichkeit hat er eben nicht gesehen. Doch gibt es eine andere: sich so weit mit der göttlichen Macht zu identifizieren, dass man beständig und bewusst auf alle in der Welt umhergehenden Schwingungen einwirken kann. So haben die unerwünschten Schwingungen keine Wirkung mehr auf dich, sondern du übst eine Wirkung auf sie aus, das heißt, statt unbemerkt in dich einzudringen und dort ihr Werk zu tun, wird eine unerwünschte Schwingung wahrgenommen, und gleich bei ihrer Ankunft wirkst du auf sie ein, um sie umzuwandeln, und sie kehrt gewandelt wieder in die Welt zurück, um ihr gutes Werk zu tun und andere auf die selbe Verwirklichung vorzubereiten. Genau das schlägt Sri Aurobindo vor zu tun, ja dazu fordert er uns auf, das ist es, was er mit uns im Sinn hat:

Statt zu fliehen, in sich die Macht hineinzubringen, die zu siegen vermag.

Beachte, dass die Dinge so eingerichtet sind, dass diese Macht sich niemals erlangen lässt, solange auch nur ein winziges Atom von Ehrgeiz bleibt und man diese Macht zur persönlichen Befriedigung haben möchte – die Macht würde niemals kommen. Die verzerrten, begrenzten Erscheinungen, die man in der vitalen und physischen Welt sieht, das ja, das kann man haben, und viele Menschen haben solche, aber die wahre Macht, die Macht, die Sri Aurobindo „Supramental“ nennt, wird man niemals offenbaren können, wenn man nicht absolut frei ist von allem Egoismus, in welcher Form auch immer. Darum besteht keine Gefahr, dass sie falsch angewendet wird. Sie offenbart sich nicht, außer durch ein Wesen, das die Vollkommenheit einer vollständigen inneren Losgelöstheit erreicht hat. Wie gesagt, das ist es, was Sri Aurobindo von uns erwartet, – du kannst einwenden, dass es schwierig sei, aber ich wiederhole, wir sind nicht hier, um leichte Dinge zu tun, wir sind hier, um schwierige Dinge zu tun.

Worte der Mutter

Du hast gesagt, dass es jedem einzelnen aufgegeben wäre, ein Problem zu lösen. Also müsste jeder Mensch auf der Erde für sich leben, denn wenn man in der Gemeinschaft lebt, hat man auch noch die Schwierigkeiten der Gemeinschaft: es ist nicht nur die eigene Schwierigkeit.

Ja. Aber der Mensch ist nun einmal ein soziales Tier und darum sucht er instinktiv die Gruppe. Aus diesem Grund zogen sich aber auch die, die schnell vorangehen wollten und sich nicht stark genug fühlten, in die Einsamkeit zurück. Das ist tatsächlich der Grund, die Rechtfertigung für den Asketen, der in die Einsamkeit geht, weil er versucht, sich von der Welt abzutrennen. Nur – es gibt ein „Nur“ – physisch kann man das machen, in einem gewissen Umfang, bis zu einem gewissen Grad, sich von der physischen Natur abtrennen – nicht aber ganz und gar. Man hat zum Beispiel beobachtet, dass Asketen, die sich im Wald unter einen Baum setzten, nach ganz kurzer Zeit ein außerordentliches Interesse an den im Wald lebenden Tieren entwickelten: Das ist das Bedürfnis nach physischen Beziehungen zu anderen Lebewesen. Vielleicht haben einige dieses Bedürfnis nicht, aber es ist eine ziemlich allgemeine Regel.

Doch macht die Solidarität hier nicht halt. Es gibt eine vitale Solidarität und eine mentale Solidarität, die man nicht verhindern kann. Trotz allem (auch wenn Menschen sehr viel individualisierter sind als Tiere), trotz allem ist ein Geist der Spezies vorhanden. Es gibt kollektive Suggestionen, die nicht mit Worten ausgedrückt zu werden brauchen. Es gibt Atmosphärisches, dem man sich nicht entziehen kann. Und es ist sicher (ich weiß das aus Erfahrung), es ist sicher, dass es eine Stufe individueller Vollkommenheit und Transformation gibt, die sich nicht verwirklichen lässt, ohne dass die gesamte Menschheit einen gewissen Fortschritt gemacht hat. Das geht in aufeinanderfolgenden Stufen vor sich. Es gibt Dinge, die in der Materie nicht gewandelt werden können, wenn nicht die Gesamtheit der Materie ein gewisses Maß an Umwandlung durchgemacht hat. Du kannst dich niemals völlig isolieren. Das ist nicht möglich. Man kann die Arbeit tun, man kann eine Wahl treffen: Manche Menschen entschieden sich dafür, in die Einsamkeit zu gehen und zu versuchen, in sich das Ideal zu verwirklichen, das ihnen vorschwebte – meistens sind sie bis zu einem bestimmten Punkt gelangt, blieben dann aber dort stehen und konnten nicht weiter gehen. Historisch ist es so. Ich sagte neulich: „Vielleicht leben Menschen auf der Erde, die ich nicht kenne, die Außerordentliches verwirklicht haben,“ doch da sie sich von der Erde isolierten, kennt die Erde sie eben nicht. Damit soll lediglich gesagt sein: Es gibt nichts Unmögliches. Allerdings scheint es fragwürdig, mehr kann ich dazu nicht sagen. Unmöglich ist es aber, selbst wenn man sich physisch isoliert, es auch im Vitalen und im Mentalen zu tun. Es gibt diese weite irdische Atmosphäre, in der man geboren wird, und da gibt so etwas wie den Geist, den Genius der menschlichen Spezies. Nun, dieser Genius muss eine bestimmte Stufe der Vollkommenheit erreicht haben, damit man weitergehen kann. Man muss nicht darauf warten, bis die Gesamtheit es getan hat, keineswegs; aber es ist so, dass alle ein gewisses Niveau erreicht haben müssen, bevor man einen Sprung tun und weitergehen kann… Gewiss ist der Einzelne immer der Masse voraus, darüber besteht kein Zweifel, aber es wird immer relativ sein und eine Beziehung geben.

Auf welcher Ebene sind die Menschen am stärksten vereint?

Du meinst, „am stärksten voneinander abhängig“?

Nein, ich meine einen allgemeinen Willen.

Einen allgemeinen Willen? Du darfst die Dinge nicht verwechseln. Wenn du mir vom guten Willen unter den Menschen sprichst, der ist im Psychischen, da besteht nicht der geringste Zweifel. Aber es gibt gewissermaßen eine vitale gegenseitige Abhängigkeit, die recht beträchtlich ist, ich glaube mehr als die physische. Zum Beispiel war der Erste Weltkrieg die Folge einer gewaltigen Herabkunft von Kräften der vitalen Welt (von den feindlichen Kräften der vitalen Welt) in die materielle Welt. Selbst die, denen diese Herabkunft bewusst war und die daher gerüstet waren, um sich dagegen wehren zu können, bekamen die Konsequenzen zu spüren. Es fand eine allgemeine Verschlechterung in vitaler Hinsicht statt, meine ich, die auch für die unabänderlich war, denen es bewusst war, woher die Kraft stammte und woher die Verschlechterung stammte, und die folglich bewusst dagegen ankämpfen konnten – doch gewisse Auswirkungen in der Erdatmosphäre konnten sie nicht verhindern. Natürlich wussten die Menschen nicht, was mit ihnen geschah; sie sagten lediglich, dass seit dem Krieg alles viel schlechter geworden sei. Das ist alles, was sie feststellen konnten. Zum Beispiel ist die moralische Verfassung sehr gesunken. Das ist einfach die Folge einer gewaltigen Herabkunft von Kräften der vitalen Welt: Kräfte der Unordnung, Kräfte der Korruption, Kräfte der Entartung, Kräfte der Zerstörung, Kräfte der Gewalt, Kräfte der Grausamkeit.

Warum geschah diese Herabkunft?

Vielleicht war es eine Reaktion, weil auch eine andere Kraft herabkam und ihr Werk tun wollte, und diese Kräfte wollten das nicht – das störte sie in ihren Gewohnheiten. Es ist wie bei einer Regierung, die fürchtet, gestürzt zu werden; also schreitet sie mit Gewalt ein, um ihre Macht zu behalten.

Worte der Mutter

Ist im Leben des gewöhnlichen Menschen Religion eine Notwendigkeit?

Im Leben der Gesellschaft ist sie eine Notwendigkeit, denn sie dient als Korrektur des kollektiven Egoismus, der ohne diese Kontrolle exzessive Ausmaße annehmen würde.

Das Niveau des kollektiven Bewusstseins ist immer niedriger als das individuelle Niveau. Es ist recht bemerkenswert, dass wenn Menschen in einer Gruppe zusammenkommen oder sich in großer Anzahl treffen, ihre Intelligenz dementsprechend abzusinken scheint. Deshalb ist das Bewusstsein der Masse sehr viel niedriger als das individuelle Bewusstsein, und das kollektive Bewusstsein der Gesellschaft ist mit Sicherheit niedriger als das Bewusstsein der Individuen, die diese Gemeinschaft bilden.

Im gewöhnlichen Leben hat der einzelne Mensch immer eine Religion, ob er es weiß oder nicht, aber der Zweck seiner Religion ist manchmal von einer ziemlichen niedrigen Rangordnung; der Gott, den er anbetet, mag der Gott des Erfolges sein oder der Gott des Geldes, der Gott der Macht oder einfach ein Familiengott, der Gott der Kinder, der Gott der Familie, der Gott der Ahnen. Immer ist da eine Religion. Die Qualität der Religion variiert den Individuen entsprechend, aber es ist schwer für ein menschliches Wesen zu leben und weiterzuleben, und sein Leben aufrechtzuerhalten, ohne so etwas wie den Ansatz eines Ideals zu haben, das den Mittelpunkt seiner Existenz bildet. Meistens weiß er es nicht, und würde man ihn fragen, was sein Ideal ist, könnte er es nicht formulieren, aber er hat eins in vager Form, etwas das in seinem Leben äußerst wertvoll ist. Für die meisten Menschen ist es zum Beispiel Sicherheit; in Sicherheit zu leben, sich in Gegebenheiten zu befinden, in denen man sicher ist, weiterleben zu können. Es ist eines der großen Ziele – wenn es überhaupt als ein Ziel bezeichnet werdet kann – eines der großen Motive menschlicher Bemühung. Für manche ist Bequemlichkeit das Wesentliche, für andere Vergnügen, Unterhaltung.

All diese Dinge haben ihren Platz sehr weit unten, und man wäre kaum versucht, ihnen den Namen Ideal zu geben, aber es ist wirklich eine Form von Religion, etwas das zu verlangen scheint, dass man ihm sein Leben widmen sollte. Es gibt viele Einflüsse die versuchen, Menschen zu vereinnahmen, indem sie das als Grundlage benutzen. Dieses Gefühl der Unsicherheit, der Ungewissheit ist eine Art Waffe, ein Mittel, das Politiker oder religiöse Gruppen benutzen, um Individuen zu beeinflussen. Man spielt mit diesen Ideen.

Jedes politische oder soziale Ideal ist eine Art untergeordneter Ausdruck einer Idee, die ansatzweise eine Religion ist. Sobald die Fähigkeit des Denkens da ist, gibt es notwendigerweise das Streben nach etwas Höherem als der gröbsten täglichen Existenz von Minute zu Minute, und das ist es, was Energie verleiht und die Möglichkeit gibt, zu leben.

Man kann von Individuen wie auch von Gruppen selbstverständlich sagen, dass ihr Wert genau dem Wert ihres Ideals entspricht, dem Wert ihrer Religion, das heißt das, was sie auf den höchsten Punkt ihrer Existenz stellen.

Um die Wahrheit zu sagen, jeder hat seine eigene Religion, ob er es weiß oder nicht, auch wenn er zu einer der großen, anerkannten Religionen gehört, die einen Namen und eine Geschichte haben. Es ist sicher, dass selbst wenn man die Dogmen auswendig lernt und einem vorgeschriebenen Ritual folgt, jeder sie auf seine eigene Weise versteht und in seiner eigenen Weise ausführt; nur der Name der Religion ist derselbe, aber diese Religion ist nicht dieselbe für alle Individuen, die glauben sie auszuüben.

Man kann sagen, dass die menschliche Existenz sehr schwierig wäre, wenn dieses Streben nach dem Unbekannten und zum Höheren keinen Ausdruck finden würde. Wenn nicht im Innersten eines jeden Wesens die Hoffnung auf etwas Besseres wäre, auf irgendeine Ordnung, wie immer sie aussehen mag, wäre es schwierig die notwendige Energie zu finden, um weiterzuleben.

Aber es gibt nur sehr wenige Menschen die fähig sind, frei zu denken, es ist viel einfacher, sich einer Religion anzuschließen, sie zu akzeptieren, anzunehmen, der religiösen Gemeinschaft anzugehören, als für sich selbst seinen eigenen Kult zu formulieren. Deswegen bist du anscheinend dies oder das, aber in Wirklichkeit ist das nur eine Erscheinung.