Kapitel 3
Das ruhige Mental
Ein ruhiges Mental ist ein Mental, das sich nicht stören lässt, das nicht rastlos ist und nicht ständig unter dem Zwang einer mentalen Tätigkeit vibriert.

Es ist nicht möglich, eine Grundlage für den Yoga zu schaffen, solange das Mental rastlos ist. Das wichtigste Erfordernis ist Ruhe im Mental. Es ist auch nicht das vordringlichste Ziel im Yoga, das persönliche Bewusstsein aufzuheben; das vordringlichste Ziel ist vielmehr, sich einem höheren spirituellen Bewusstsein zu öffnen, und auch hierfür ist ein ruhiges Mental das wichtigste Erfordernis.

Der erste Schritt ist ein ruhiges Mental – Schweigen ist ein weiterer Schritt, doch die Ruhe muss vorhanden sein; mit einem ruhigen Mental meine ich ein mentales Bewusstsein zuinnerst, das die Gedanken ankommen und sich umherbewegen sieht, sich selbst jedoch weder als denkend empfindet noch mit den Gedanken identifiziert oder sie seine eigenen nennt. Gedanken und mentale Bewegungen können es durchkreuzen wie Wanderer, die von irgendwoher auftauchen und durch ein schweigendes Land ziehen – das stille Mental betrachtet sie oder betrachtet sie auch nicht, doch wird es in keinem Fall aktiv oder verliert seine Ruhe. Schweigen ist mehr als Ruhe; es kann erlangt werden, indem man vom inneren Mental insgesamt das Denken verbannt und es verstummen lässt oder zumindest außerhalb hält; noch einfacher jedoch erlangt man es durch eine Herabkunft von oben – man fühlt, wie es herabkommt und in das persönliche Bewusstsein eintritt, von ihm Besitz ergreift oder es umgibt, so dass es dann bereit wird, sich in dem weiten, unpersönlichen Schweigen aufzulösen.

Es ist nicht leicht, sich von den willkürlichen Gedanken des oberflächlichen physischen Mentals zu befreien. Manchmal geschieht es durch ein plötzliches Wunder, wie in meinem Fall, aber das ist selten. Manche schaffen es durch einen langsamen Prozess der Konzentration, aber das kann sehr lange dauern. Es ist einfacher, einen ruhigen mentalen Geist für Dinge zu haben, die an der Oberfläche vorbeiziehen, wie Menschen auf der Straße, und es steht dir frei, ihnen Aufmerksamkeit zu schenken oder nicht – das heißt, es entwickelt sich eine Art doppelter Geist, ein innerer, ruhiger und konzentrierter, wenn er so sein will, ein stiller Zeuge, wenn er sich entscheidet, Gedanken und Dinge zu sehen, – der andere ist für die Oberflächendynamik bestimmt. In deinem Fall ist es wahrscheinlich, dass dies geschieht, sobald diese Herabstiege der Stille, der Intensität oder des Ananda stark genug werden, um das ganze System zu besetzen.

Zuerst strebe und bitte die Mutter um die Ruhe im Mental, um Reinheit, Stille und Frieden, um ein erwachtes Bewusstsein, um die Intensität der Hingabe, um Stärke und spirituelle Fähigkeit und darum, allen inneren und äußeren Schwierigkeiten begegnen und bis zum Ende des Yogaweges durchhalten zu können. Sobald das Bewusstsein erwacht und die Hingabe und Intensität des Strebens vorhanden sind, vermag das Mental – vorausgesetzt, es lernt Ruhe und Frieden – in das [wahre] Wissen hineinzuwachsen.

Wahre Beobachtung und Erkenntnis entstehen in der Ruhe des Mentals.

Man muss sich [beim Dichten] wie beim Yoga bewusst werden. Der mentale Geist muss zur Ruhe kommen und man muss sich der Inspiration bewusst werden, wenn sie kommt, ihrer Quelle und der Vermischung, die auf dem Weg entsteht. Je mehr der mentale Geist zur Ruhe kommt, desto mehr ist all das möglich.

Die Ruhe des Mentals schafft gute Voraussetzungen für die Empfänglichkeit zum Handeln.

Ich sagte es bereits, wenn du Vollkommenheit willst, ist in allen Dingen, in der Arbeit, im Studium und im inneren Fortschritt des Yoga das gleiche vonnöten – die Ruhe des Mentals, das Gewahrwerden der Kraft, das Sich-Öffnen für sie, die Zustimmung zu ihrem Wirken in dir. Vollkommenheit zu erstreben, ist in Ordnung, doch führt nicht die Rastlosigkeit des Mentals dorthin. Deine Unvollkommenheiten hervorzukehren und immer zu denken, wie etwas und was zu tun ist, ist ebenfalls kein Weg. Bleibe ruhig, öffne dich, erlaube dem Bewusstsein zu wachsen – rufe die Kraft, damit sie wirke. In dem Maße wie das Bewusstsein wächst und die Kraft wirkt, wirst du nicht nur die Unvollkommenheiten erkennen, sondern auch die Bewegung, die dich (nicht auf einmal, sondern nach und nach) aus der Unvollkommenheit herausführen wird, so dass du dann nur noch dieser Bewegung zu folgen hast.
Wenn du dich durch zu langes oder rastloses Arbeiten überanstrengst, stört oder schwächt dies das Nervensystem, das Vital-Physische, und es liefert dich dem Wirken von falschen Kräften aus. Zu arbeiten, doch ruhig, um einen steten Fortschritt zu erreichen – das ist der rechte Weg.

1. Ein ruhiger mentaler Geist macht das Bewusstsein leichter.
2. Wenn du einen ruhigen mentalen Geist bewahrst und in ständigem Kontakt mit mir und der Mutter und dem wahren Licht und der wahren Kraft bist, werden die Dinge einfach und geradlinig – das ist der einzige Weg zur Verwirklichung.
3. Es ist ein Irrtum zu glauben, dass diese Methode nicht zur supramentalen Verwirklichung führt. Sie ist der einzige Weg zur supramentalen Transformation.
4. Weil du zweifelst und anfängst, anderen Wegen und anderen (niederen) Erfahrungen zu folgen, wirst du wieder verwirrt und voller Unsicherheit.
5. Halte dich an einen Weg, den Weg, den ich dir gezeigt habe. Wenn du diesem Weg folgst, kannst du die Weite erreichen, die du dir wünschst – wenn du vielen Wegen folgst, wirst du nicht Weite erreichen, sondern Verwirrung.
6. Hier in der niederen Natur gibt es viele Dinge, aber sie befinden sich in einem Zustand der Disharmonie, so dass es Disharmonie, Verwirrung, mangelnde Organisation und Kampf bedeutet, ihnen allen zusammen zu folgen. In der höheren (supramentalen) Natur gibt es eine größere Weite und viel mehr als in der niederen Natur, aber alles ist Harmonie, Organisation, Frieden. Folge also dem einen Weg, der zur höheren supramentalen Natur führt.
7. Sei nicht ungeduldig, denn die volle Erkenntnis kommt nicht auf einmal zu dir. Bleibe in der Ruhe des Mentals, lasse das wahre Licht und die wahre Kraft wirken, und mit der Zeit wird alles Wissen kommen und die Wahrheit in dir wachsen.

Glaubst du wirklich, dass ein ruhiges Mental nicht alles zurückweisen kann und dass nur das unruhige Mental dies vermag? Es ist das ruhige Mental, das dies am besten zu tun vermag. Ruhe bedeutet aber nicht Trägheit oder Tamas.

Das ist absurd. Mental untätig zu sein, ist nicht gleich Ruhe oder Schweigen. Gerade die Untätigkeit ist es, die das Mental mechanisch und ziellos denken lässt, statt sich auf ein Objekt zu konzentrieren – das ist alles.

Den mentalen Geist ohne Beschäftigung zu halten, ist nicht dasselbe wie Frieden oder Schweigen.
