Kapitel 2

Die Hemmnisse der Sadhana

Worte Sri Aurobindos

Bei Arbeiten außerhalb des Ashrams bleibt das Ego meistens im Verborgenen und erfüllt sich selbst, ohne das es bemerkt wird – doch gibt es den Druck der Sadhana, wird es gezwungen, sich zu zeigen: Was man dann zu tun hat, ist es zurückzuweisen und sich davon zu befreien und einzig und allein das Göttliche zum Inhalt der Arbeit zu machen.

Worte Sri Aurobindos

Die yogische Atmosphäre zu bewahren ist nicht einfach, wenn man in ständigem Kontakt mit Leuten ist, die in einem anderen Bewusstsein leben – nur wenn man eine umfassende Grundlage sowohl im äußeren wie im inneren Bewusstsein erworben hat, vermag man das in allen Gegebenheiten in einer vollständigen Weise zu tun.

Worte Sri Aurobindos

Im gewöhnlichen Leben akzeptieren die Menschen vitale Regungen, wie Ärger, Begehren, Gier, Sex usw., als natürliche, zulässige und berechtigte Dinge, die gleichsam zur menschlichen Natur gehören. Nur soweit die Gesellschaft sie missbilligt oder darauf besteht, dass sie innerhalb festgelegter Grenzen gehalten werden oder eine schickliche Zügelung erfahren und ein schickliches Maß nicht überschreiten, versuchen die Menschen, sie zu kontrollieren, damit sie der gesellschaftlichen Norm und Regel entsprechen. Im Gegensatz dazu wird im Integralen Yoga wie im ganzen spirituellen Leben die Bewältigung und völlige Meisterung dieser Dinge gefordert. Deshalb wird der Kampf stärker empfunden, nicht etwa, weil sich diese Dinge in den Sadhaks stärker als in gewöhnlichen Menschen erheben würden, sondern wegen der Intensität des Kampfes zwischen dem spirituellen Mental, das Kontrolle fordert, und den vitalen Regungen, die rebellieren und im neuen Leben fortbestehen wollen, so wie sie es im alten taten. Was die Vorstellung anbelangt, dass die Sadhana alle Dinge dieser Art aufwühlt, ist das nur soweit richtig, als es erstens vieles im gewöhnlichen Menschen gibt, dessen er sich nicht bewusst ist, weil das Vital es vor dem Mental verbirgt und es sich daran ergötzt, ohne dass das Mental erkennt, welche Kraft dahintersteckt – auf diese Weise werden die Dinge, die unter dem Vorwand von Altruismus, Philanthropie, Dienst an der Menschheit usw. geschehen, in großem Umfang vom Ego geleitet, das sich hinter diesen Rechtfertigungen verbirgt. Im Yoga aber muss das geheime Motiv hinter dem Schleier hervorgezogen und enthüllt werden, und man hat sich davon zu befreien. Zweitens, im gewöhnlichen Leben werden manche Dinge verdrängt und bleiben in der menschlichen Natur zurück, unterdrückt, doch nicht ausgemerzt. Sie können sich jederzeit erheben oder in mannigfachen nervösen Formen oder anderen Störungen des Mentals, Vitals oder Körpers zum Ausdruck kommen, ohne dass ihre wahre Ursache ersichtlich ist. Diese Tatsache wurde kürzlich unter viel Aufhebens von europäischen Psychologen entdeckt und erfährt in einer neuen Wissenschaft, der sogenannten Psychoanalyse, eine übertriebene Bewertung. In der Sadhana hingegen muss man sich dieser unterdrückten Impulse bewusst werden und sie ausmerzen – das kann „Aufwühlen“ genannt werden, bedeutet aber nicht, dass sie durch das Aufwühlen aktiviert werden sollen. Vielmehr sollen sie vor das Bewusstsein treten, um aus dem Wesen getilgt zu werden.

Die Ursache dafür, dass einige Menschen der Kontrolle fähig sind, während andere fortgerissen werden, liegt in einem unterschiedlichen Temperament. Einige Menschen sind sattwisch veranlagt, und es ist ihnen ein Leichtes, sich zu kontrollieren – bis zu einem gewissen Grad jedenfalls. Andere sind eher rajasisch und finden die Selbst-Kontrolle schwierig, häufig sogar unmöglich. Einige haben ein starkes Mental und einen ausgeprägten mentalen Willen, andere wiederum sind vitale Menschen, in denen die vitalen Leidenschaften kraftvoller und mehr an der Oberfläche sind. Einige halten die Kontrolle für überflüssig und lassen sich gehen. – In der Sadhana muss die mentale oder moralische Kontrolle durch spirituelle Meisterung ersetzt werden, denn diese mentale Kontrolle ist etwas Einseitiges – eine Kontrolle ohne Befreiung. Nur die Seele und das Spirituelle können die Befreiung bewirken. Das ist in dieser Hinsicht der hauptsächliche Unterschied zwischen dem gewöhnlichen und dem spirituellen Leben.

Worte Sri Aurobindos

Es ist ganz richtig, dass Aspiration, Zurückweisung und das Sich-Erinnern der Mutter sowie die Überantwortung an sie und die Einung mit ihrem Bewusstsein die Hauptmittel der Sadhana sind. Es ist ebenso wahr, dass die Suche nach dem Supramental in eigener Sache mit Hilfe seiner eigenen Mittel eine Torheit ist. Das habe ich von Anfang an gesagt und in letzter Zeit mehr und mehr betont. Wahr ist auch, dass die richtige Einstellung für den Sadhak darin besteht, die Einung mit dem Göttlichen zum Hauptziel zu machen und alles andere dem unterzuordnen und sich daraus ergeben zu lassen und nicht den Fortschritt, die Erfahrungen usw. um ihrer selbst willen zu suchen oder um des Egos willen. Und schließlich ist es wahr, dass Meditation, Schau und beinahe alles im Yoga missbraucht werden kann, wenn der Sadhak egozentrisch, eigennützig und nicht transparent ist. Das bedeutet aber nicht, dass Meditation, Schau und alles andere nutzlos ist und in der Sadhana vermieden werden sollte.

Sobald man sich der Mutter ständig erinnert, ist es eine ziemlich gefährliche Annahme zu glauben, dass alles, was man tut, vom Göttlichen her fließt und es von daher unbedeutend sei, was man tut. Das kann darin enden, dass man viele Dinge gutheißt, die in der menschlichen Natur nicht mehr bestehen sollten, statt sie zurückzuweisen.

Was ein äußeres freies Leben betrifft, kann nicht gesagt werden, dass es für jedermann in jeglichem Stadium gut sei, sowenig ein zurückgezogenes Leben für alle oder in jedem Stadium gut sein kann. Die Schattenseite eines freien vergnüglichen äußeren sozialen Lebens ohne Einschränkungen ist, dass man völlig oder überwiegend nach außen geworfen und Teil von allen Arten vitalen Austausches wird, die das innere Wachsen oder die vollkommene Selbstweihung an das Göttliche behindern können. Der Nachteil eines zu vollständigen Rückzugs aus dem Leben liegt darin, dass er einen Menschen zu einseitig, subjektiv, ohne den stabilisierenden Kontakt mit der Erde und folglich mit der Gefahr des Siechtums und der Selbst-Täuschung verschließt. Der Mittelweg mit dem Grundsatz, mehr und mehr im Innern zu leben, distanziert von äußeren Dingen, ohne sie beiseite zu werfen, vielmehr sie mit einem neuen Bewusstsein zu sehen, einer neuen Betrachtung, und von diesem inneren Bewusstsein aus auf diese einzuwirken ist der beste Weg. Für einige ist es in manchen Stadien notwendig, die äußeren Kontakte zu verringern, ohne sie während der Durchführung der Bewusstseinsverlagerung ganz und gar zu verwerfen. In dieser Angelegenheit kann man kein absolutes Gesetz aufstellen.

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