Kapitel 16
Sobald man Frieden hat
Worte der Mutter
Ich würde gerne etwas über meinen gegenwärtigen Bewusstseinszustand erfahren, denn ich habe das Gefühl, dass alles in mir in Frieden ist.
In Frieden zu sein ist eine gute Sache. Riskiere nicht, den Frieden zu zerstören, indem du über diesen Zustand sprichst.
Worte der Mutter
Nur in der Stille kann ein wahrer Fortschritt gemacht werden; nur in der Stille kann man eine verkehrte Regung berichtigen; nur in der Stille kann man jemand anderem eine Hilfe sein.
Wenn du eine Wahrheit entdeckt oder einen Fehler in dir berichtigt oder einen Fortschritt gemacht hast, bedeutet das Sprechen oder Schreiben darüber zu jemand anderem als dem Guru, dass du sofort die Wahrheit oder den Fortschritt verlierst.
Worte Sri Aurobindos
Es ist natürlich deshalb [das Gefühl der Zerstreuung], weil das Bewusstsein in diese Dinge [Diskussion und Gelächter] hinausgetrieben wird und man aus dem inneren Gleichgewicht gerät und Schwierigkeit hat, es wieder zu erlangen – besonders weil eine Art Zerstreuung der Vital-Energie stattfindet. Wenn man einen Zustand erreicht, in dem man diese Dinge nur von der Oberfläche des Bewusstseins aus tun kann und im Inneren bleibt und das, was an der Oberfläche vor sich geht, beobachtet, ohne sich darin zu verlieren, dann hat man seine Ausgeglichenheit bewahrt. Es ist aber ein wenig schwierig, diese eigene Zweiteilung zu vollziehen – man schafft es jedoch mit der Zeit, besonders wenn der innere Friede und die innere Stille sehr intensiv und dauerhaft werden.
Worte Sri Aurobindos
Wenn der Friede im Inneren sehr stark ist, wird er durch das Sprechen nicht umwölkt – denn dieser Friede ist nicht mental oder vital, auch wenn er das Mental und Vital durchdringt – oder es handelt sich um eine rasch vorüberziehende Wolke, die nicht stört. Im Allgemeinen jedoch wird das Bewusstsein durch solch ein Gespräch zerstreut, und man kann viel dabei verlieren. Nicht zu sprechen hat nur den Nachteil, dass es zu sehr isoliert, wenn es streng eingehalten wird – spricht man über derartige Dinge (wie Neuigkeiten usw.) nicht, verliert man nichts.
Worte der Mutter
Aber zu diesen Empfindungen muss ein gewisses Maß an Wissen hinzugefügt werden. Denn es ist nicht so einfach, anderen Frieden und Freude zu vermitteln, und wenn man nicht selbst einen unerschütterlichen Frieden und eine unerschütterliche Freude in sich trägt, ist die Gefahr groß, dass man das, was man hat, verliert, anstatt es an andere weiterzugeben.
Worte Sri Aurobindos
Friede befreit von aller Abhängigkeit von äußeren Kontakten – er bringt das, was die Gita atmarati, das Entzücken des Selbstes, nennt. Zu Beginn jedoch, solange Kontakt mit anderen besteht, ist es schwierig, ihn unversehrt zu bewahren, da das Bewusstsein die Gewohnheit hat, sich in der Rede oder im äußeren Austausch zu zerstreuen oder aber auf die normale Ebene abzusinken. Man hat daher, solange der Friede nicht gefestigt ist, sehr vorsichtig zu sein; ist er jedoch einmal gefestigt, verteidigt er sich meist selbst, und alle äußeren Kontakte werden für ein Bewusstsein, das voll des höheren Friedens ist, zu Dingen an der Oberfläche.
Worte Sri Aurobindos
Das höhere Bewusstsein bringt beim Herabkommen Frieden und Reinheit in alle inneren Wesensteile; das innere Wesen trennt sich von dem unvollkommenen äußeren Bewusstsein, und gleichzeitig trägt der Friede, der kommt, eine Kraft in sich, die das, was dem Frieden und der Reinheit widerspricht, hinauswerfen kann. Das Ego kann dann langsam oder schnell, aber gewiss verschwinden – Rajas und Tamas verwandeln sich in ihre göttlichen Vertreter.
Worte Sri Aurobindos
Die Macht und der Friede, die herabkommen, stammen von dem über deinem Kopf befindlichen höheren Bewusstsein, von einem größeren Selbst, dessen sich dein Mental, das menschliche Mental im Allgemeinen, nicht bewusst ist. Es sind die Macht und der Friede des Göttlichen. Wenn sie dich von außerhalb des Körpers umgeben (daher empfindest du sie als äußerlich), wirken sie wie ein Schutz und eine Hülle. Sie kommen aber auch in den Körper herab, in den Kopf (Mental), in das Herz und den Nabel (Vital) und erfassen den ganzen Körper, arbeiten in dir und tun das zur Wandlung des Bewusstseins Erforderliche. Wenn du sie dort nicht fühlst, wenn du sie nur als äußerlich empfindest, so deshalb, weil du sehr stark im äußeren, physischen Bewusstsein lebst – tatsächlich aber wirken sie in deinem inneren Wesen. Wenn du das innere Bewusstsein entdeckst, fühlst du sie [die Macht und den Frieden] wieder im Inneren, und sie erwecken dein eigenes wahres Bewusstsein, das Seelische in dir – und nur die Seele gibt Glauben und Hingabe. Es ist jedoch ein großer Fortschritt, wenn du sogar in deinem äußeren physischen Bewusstsein empfindest, wie dich der Friede einhüllt.
Worte Sri Aurobindos
Auf einer höheren Entwicklungsstufe, wenn die innere Stille hergestellt ist, betrachtet man die Fehler der Natur einfach als Fehler einer Maschinerie, die man in Ordnung bringen muss, und ruft das Licht und die Kraft zu ihrer Behebung herab. Am Anfang jedoch hilft die Regung der Reue sogar, sofern sie keine Entmutigung oder Depression mit sich bringt.
Worte Sri Aurobindos
Deine Erfahrungen scheinen in Ordnung zu sein. Die erste ist die des höheren (yogischen oder spirituellen) Bewusstseins, das in den Körper von oberhalb des Kopfes herabkommt. Es wird häufig wie ein Strom empfunden, der durch den Kopf in den ganzen Körper fließt, und das erste, was es bringt, ist eine Herabkunft des Friedens. Eine der Folgen dieser Herabkunft ist, dass man ein inneres Wesen in sich fühlt, das von der äußeren Tätigkeit losgelöst ist und sie vom Hintergrund her stützt, ohne daran beteiligt zu sein – das ist die zweite Erfahrung. Die dritte [Erfahrung] hinsichtlich des Schlafes kommt, wenn man Vertrauen in die Mutter hat und wie in ihrem Schoß unter ihrem Schutz einschläft, umgeben von ihrer Gegenwart.
Worte Sri Aurobindos
Der Friede ist das wahre Heilmittel; … Den Frieden über oder um deinen Kopf zu spüren, ist ein erster Schritt; du musst dich mit ihm verbinden, und er muss in dich herabkommen und dein Mental, dein Leben und deinen Körper erfüllen und dich umgeben, so dass du in ihm lebst – denn dieser Friede ist ein Zeichen der Gegenwart des Göttlichen bei dir, und wenn du ihn einmal hast, wird alles andere von selbst kommen.
Worte Sri Aurobindos
Auch wenn Friede und Weite vorhanden sind, können diese Dinge (vital-physische Ego-Regungen) an der Oberfläche treiben und versuchen einzudringen – sie ergreifen aber dann das Bewusstsein nicht, sondern berühren es lediglich. Die alten Yogis betrachteten dies als ein mechanisches Überbleibsel der Prakriti, als Fortsetzung ihrer blinden Gewohnheit, die nach der eigentlichen Befreiung des Selbstes zurückgeblieben war. Man sah darüber als von nicht großer Wichtigkeit hinweg; dieser Standpunkt aber ist in unserer Sadhana unhaltbar, da sie nicht nur auf die Befreiung des Purusha abzielt, sondern auch auf eine völlige Transformation der Prakriti.