Kapitel 14
Eine Frage des Glaubens
„Wie kann man diese beiden Vorstellungen vereinen: l. dass der Wille des Göttlichen hinter allen Bewegungen und Geschehnissen steht und 2. dass der Wille des Göttlichen in der Manifestation entstellt ist?“
Es gibt zwei Arten von Glauben:
Den Glauben, der den Gleichmut herniederruft und den Glauben, der die Verwirklichung herabruft.
Diese beiden Arten des Glaubens stimmen mit zwei verschiedenen Aspekten des Göttlichen überein.
Es gibt das Transzendente Göttliche und es gibt das Kosmische Göttliche.
Der Wille der Verwirklichung ist der des Transzendenten Göttlichen.
Das Anliegen des Kosmischen Göttlichen ist das tatsächliche Ausarbeiten der Dinge unter den gegenwärtigen Umständen. Der Wille dieses Kosmischen Göttlichen ist in jedem Umstand, jeder Bewegung dieser Welt manifestiert.
Der Kosmische Wille wirkt für unser gewöhnliches Bewusstsein nicht als eine unabhängige Macht, die tut, was sie will; er wirkt in allen Wesen, durch alle Kräfte, die in der Welt spielen, sowie in dem Gesetz dieser Kräfte und seinen Folgen; nur wenn wir uns öffnen und das gewöhnliche Bewusstsein überschreiten, können wir sein Eingreifen als eine unabhängige Macht fühlen, die sich über das gewöhnliche Spiel der Kräfte hinwegsetzt.
Dann können wir auch erkennen, dass selbst im Spiel der Kräfte und trotz ihrer Entstellungen der Kosmische Wille auf eine mögliche Verwirklichung des Transzendenten Göttlichen Willens hinarbeitet.
Die Supramentale Verwirklichung ist der Wille des Transzendenten Göttlichen, den wir auszuarbeiten haben. Die Gegebenheiten, unter denen wir ihn auszuarbeiten haben, sind die eines niederen Bewusstseins, in dem die Dinge durch unsere eigene Unwissenheit, durch Schwächen und Fehler, sowie durch den Zusammenprall der einander widerstreitenden Kräfte entstellt werden können. Daher sind Glaube und Gleichmut unerlässlich.
Wir müssen den Glauben haben, dass trotz unserer Unwissenheit, unserer Irrtümer und Schwächen, trotz der Angriffe feindlicher Mächte und trotz allem sofortigen Sich-Einstellen von Fehlern, der Göttliche Wille uns durch alle Widrigkeiten hindurch der endgültigen Verwirklichung entgegenführt. Dieser Glaube wird uns Gleichmut geben; es ist ein Glaube, der das, was geschieht, hinnimmt, und zwar nicht als etwas Endgültiges, sondern als etwas, das man auf seinem Weg auf sich nehmen muss. Ist einmal dieser Gleichmut gesichert, dann kann auch eine andere Art Glauben gefestigt werden, der – vom Gleichmut gestützt – mit einem Einfluss des supramentalen Bewusstseins dynamisch gemacht werden kann, der die gegenwärtigen Umstände überwinden und bestimmen kann, was geschehen soll und der dazu beiträgt, die Verwirklichung des Transzendenten Göttlichen Willens herabzubringen.
Der Glaube an das Kosmische Göttliche ist in der Macht seines Wirkens durch die Erfordernisse des Spiels begrenzt.
Um sich gänzlich von diesen Begrenzungen zu befreien, muss man das Transzendente Göttliche erreichen.
24. Juni 1931