Kapitel 11
Frieden und Ruhe
Die Illusion des Handelns
Aufregung, Hast, Ruhelosigkeit führen zu nichts. Es ist Schaum auf dem Meer. Es ist ein großes Theater, das mit sich selbst endet. Menschen haben das Gefühl, sie täten nichts, wenn sie nicht unentwegt umherrennen und in Anfälle fieberhafter Aktivität ausbrechen. Es ist eine Illusion zu glauben, all diese sogenannten Tätigkeiten änderten die Dinge. Es bedeutet nichts weiter, als eine Tasse nehmen und das Wasser darin schlagen. Das Wasser wird aufgerührt, aber trotz all deines Schlagens nicht verändert. Diese Illusion vom Tun ist eine der mächtigsten in der menschlichen Natur. Sie schadet dem Fortschritt, weil sie dir die Notwendigkeit aufzwingt, dich ständig in irgendeine aufgeregte Tätigkeit zu stürzen. Wenn du doch diese Illusion wahrnehmen und erkennen könntest, wie nutzlos all dies ist, wie es nichts verändert! Nirgends kannst du dadurch etwas erreichen. Diejenigen, die in dieser Art herumjagen, sind Werkzeuge von Kräften, die sie zu ihrem eigenen Vergnügen tanzen lassen. Und es sind auch nicht Kräfte von bester Qualität.
Was immer bisher in der Welt geschehen ist, wurde von den wenigen getan, die schweigend außerhalb des Geschehens stehen können. Denn sie sind Instrumente der Göttlichen Macht. Sie sind dynamische Mittler, bewusste Instrumente. Sie bringen die Kräfte herab, die die Welt verändern. Dinge können nur auf diese Weise getan werden, nicht durch rastlose Aktivität. In Frieden, Schweigen und Ruhe wurde die Welt erschaffen; und jedes Mal, wenn etwas wahrhaft aufgebaut wird, dann muss dies in Frieden, Schweigen und Ruhe geschehen. Es ist Unwissenheit zu glauben, du müsstest von morgens bis abends herumrennen und dich mit allen möglichen nutzlosen Dingen abmühen, um etwas für die Welt zu tun.
Lerne, still zu sein
Der Lärm, verursacht durch all die Worte, all die Ideen in deinem Kopf, ist so betäubend, dass er dich daran hindert, die Wahrheit zu hören, die sich offenbaren will.
Lerne, still zu sein und zu schweigen … Wenn du ein Problem lösen musst, anstatt alle Möglichkeiten, alle Konsequenzen, all die Dinge, die man tun oder nicht tun sollte, in deinem Kopf zu wälzen, wenn du stattdessen mit einer Sehnsucht nach gutem Willen, möglichst mit einem Bedürfnis danach, still bleibst, dann kommt die Lösung sehr schnell. Und da du schweigst, bist du imstande, sie zu hören.
Wenn du in einer Schwierigkeit festsitzt, versuche diese Methode: Anstatt dich aufzuregen, Ideen zu wälzen und aktiv nach Lösungen zu suchen, anstatt dich zu sorgen, zu ärgern, in deinem Kopf hierhin und dorthin zu rennen – ich meine nicht äußerlich, denn äußerlich hast du wahrscheinlich genug gesunden Menschenverstand, das zu unterlassen, sondern innerlich, in deinem Kopf – bleibe ruhig. Und entsprechend deiner Natur mit Inbrunst oder mit Frieden, mit Intensität oder Weitwerden oder mit all diesem zusammen, bitte um das Licht und warte auf sein Erscheinen.
Auf diese Weise würde der Pfad beträchtlich verkürzt.
„Friede, Friede, Friede“
Wie können wir in unserem Mental Frieden und Schweigen errichten, die fest begründet sind?
Zuallererst musst du es wollen.
Und dann musst du es versuchen und musst durchhalten und immer wieder versuchen…
Zunächst sitze ruhig. Und dann, anstatt an fünfzig verschiedene Dinge zu denken, beginnst du dir zu sagen: „Friede, Friede, Friede, Friede, Friede, Friede, Ruhe, Friede!“ Du stellst dir Frieden und Ruhe vor. Du sehnst dich danach, bittest darum, dass sie kommen mögen: „Friede, Friede, Ruhe!“ Und dann, wenn etwas kommt und dich berührt und handelt, sage leise folgendes: „Friede, Friede, Friede.“ Betrachte deine Gedanken nicht, höre ihnen nicht zu, verstehst du? Du darfst nicht allem, was auftaucht, Aufmerksamkeit widmen. Nicht wahr, wenn jemand dich sehr stark belästigt und du möchtest ihn loswerden, dann hörst du ihm nicht zu! Gut! Du wendest deinen Kopf ab (Geste) und denkst an etwas anderes. Nun, das musst du tun: wenn Gedanken auftauchen, schaust du nicht hin, du hörst nicht auf sie, du darfst ihnen keine Beachtung schenken, du musst dich verhalten, als existierten sie nicht, verstehst du! Und dann, wiederhole es die ganze Zeit wie ein – wie soll ich es ausdrücken? – wie ein Idiot es tut, der ständig dasselbe vor sich hinspricht. Nun, du musst es genauso machen. Du musst immer wieder sagen: „Friede, Friede, Friede.“ So versuchst du das einige Minuten lang und dann tust du, was du tun musst; und dann, ein anderes Mal, fängst du von neuem an. Setze dich nieder und bemühe dich. Tue das, wenn du morgens aufstehst und am Abend, wenn du zu Bett gehst. Du kannst das machen… nun, wenn du deine Nahrung richtig verdauen willst, kannst du es einige Minuten vor dem Essen praktizieren. Du kannst dir nicht vorstellen, wie sehr das deiner Verdauung hilft! Bevor du mit dem Essen beginnst, setze dich eine Weile ruhig hin und sage: „Friede, Friede, Friede!“ und alles wird ruhig (die Mutter breitet beide Arme aus) und dann musst du weitermachen. Und es kommt eine Zeit, in der du dich nicht länger niedersetzen musst, ganz gleich, was du tust und sagst, es ist immer: „Friede, Friede, Friede.“ Alles bleibt hier, so, es dringt nicht ein (Geste vor ihrer Stirn), es bleibt dort. Und dann weilt man in einem vollkommenen Frieden… nach einigen Jahren.
Aber am Anfang, einem sehr kleinen Anfang, zwei oder drei Minuten, es ist sehr einfach. Für etwas Kompliziertes musst du eine Anstrengung unternehmen, und wenn man das tut, ist man nicht still. Es ist schwierig, während einer Anstrengung ruhig zu bleiben. Sehr einfach, sehr einfach, du musst bei diesen Dingen sehr einfach sein. Es ist, als lerntest du, einen Freund zu rufen: kraft deines Rufes kommt er. Nun, mache Frieden und Ruhe zu deinen Freunden und rufe sie: „Komme, Friede, Friede, Friede, Friede, komme!“
Setze dich ruhig nieder
Wenn du ein wenig Zeit hast, sei es eine Stunde oder wenige Minuten, dann sage dir: „Endlich habe ich Zeit, mich zu konzentrieren, mich zu sammeln, den Sinn meines Lebens wiederzuerleben, mich selbst dem Wahren und dem Ewigen zu überantworten.“ Wenn du dafür sorgtest, dich immer so zu verhalten, wenn dich die äußeren Umstände nicht umtreiben, dann entdecktest du, dass du auf dem Pfade schnell voranschreitest. Statt deine Zeit zu vergeuden, indem du schwatzt, sinnlose Dinge treibst und Sachen liest, die das Bewusstsein herabmindern … ist es besser, maßvoll, ausgeglichen, geduldig, still zu sein, aber niemals eine Gelegenheit zu versäumen, die dir geschenkt wurde, nämlich eine, die du für den wahren Zweck des vor dir liegenden, unbeschäftigten Augenblicks verwenden kannst.
Wenn du nichts zu tun hast, wirst du unruhig, du läufst herum, triffst Freunde, gehst spazieren, um nur die besten Dingen zu erwähnen; ich beziehe mich nicht auf Dinge, die offenkundig nicht getan werden sollten. Stattdessen setze dich still hin, dem Himmel, dem Meer zugewandt oder unter Bäume, was immer möglich ist (hier steht dir alles zur Verfügung) und versuche, eines dieser Dinge zu verstehen – zu begreifen, warum du lebst, zu lernen, wie du leben musst, darüber nachzusinnen, was du tun möchtest und was getan werden sollte und welches der beste Weg ist, der Unwissenheit und Falschheit und dem Schmerz, in denen du lebst, zu entrinnen.
Mache dein Bewusstsein weit
Liebe Mutter, wie können wir unser Bewusstsein weit machen?
Weit? Ah, es gibt viele Methoden.
Die einfachste ist, sich mit etwas, das weit ist, zu identifizieren. Zum Beispiel wenn du fühlst, dass du in vollständig engem und beschränkten Denken, Wollen, Bewusstsein eingeschlossen bist, dich wie eingekapselt empfindest, dann beginnst du, über etwas sehr Weites nachzudenken, wie zum Beispiel die Unermesslichkeit des Ozeans, und wenn es dir wirklich gelingt, dir diesen Ozean vorzustellen. wie er sich weit, weit, weit, weit in alle Richtungen ausdehnt, so (die Mutter breitet ihre Arme aus), wie er, verglichen mit dir, sich so weit erstreckt, so weit, dass du das andere Ufer nicht sehen, du nirgends sein Ende erfassen kannst, weder hinten noch vorne, noch links oder rechts… er ist weit, weit, weit, weit… Daran denkst du, und dann fühlst du, dass du auf diesem Meer dahintreibst, so, und dann gibt es keine Grenzen… Das ist sehr leicht. Dann kannst du dein Bewusstsein ein wenig weiten.
Andere beginnen zum Beispiel damit, den Himmel zu betrachten. Und dann lassen sie in ihrer Vorstellung all jene Räume zwischen den Sternen erstehen und die ganze… diese ganze Unendlichkeit von Räumen, in welchen die Erde nur ein winziger Punkt ist und du auch nur ein winziger Punkt, kleiner als eine Ameise auf der Erde. Und so schaust du den Himmel an und fühlst, dass du in diesen endlosen Räumen zwischen den Wolken schwebst und dich immer mehr ausdehnst, um weiter und weiter zu werden. Manche Leute sind damit erfolgreich.
Es besteht auch die Möglichkeit zu versuchen, sich mit allen Dingen auf der Erde zu identifizieren. Zum Beispiel wenn du einer Sache in einer engen Sichtweise begegnest und durch den Standpunkt anderer gekränkt bist, musst du damit beginnen, dein Bewusstsein zu verschieben, es in andere zu verlagern und dich allmählich mit den ganzen verschiedenen Denkweisen all der anderen zu identifizieren zu versuchen. Das ist ein wenig… wie soll ich es ausdrücken?… gefährlich. Denn sich in das Denken und Wollen anderer hineinzuversetzen, bedeutet, sich mit einem Haufen Dummheit (Mutter lacht) und schlechtem Willen zu identifizieren, und das kann Folgen, die nicht sehr gut sind, mit sich bringen. Aber dennoch fällt dies manchen Leuten leichter. Wenn sie sich zum Beispiel mit jemandem in Unstimmigkeit befinden, bemühen sie sich, um ihr Bewusstsein zu erweitern, sich in dessen Lage zu versetzen und die Angelegenheit nicht mehr aus ihrem eigenen, sondern aus dessen Gesichtswinkel zu sehen. Das weitet das Bewusstsein, wenn auch nicht so umfangreich, wie die ersteren Methoden, von denen ich sprach, welche ganz unschuldig sind. Sie fügen dir keinen Schaden zu, sie nützen dir sehr. Sie lassen dich ein Gefühl tiefen Friedens erleben.
Öffne dich den höheren Regionen
Wenn du dich den höheren Bewusstseinsregionen öffnest und die Kraft von oben herabkommt, dann begründet sie auf ganz natürliche Weise ein Schweigen in den niederen Bereichen, denn diese werden von dieser herabkommenden höheren Macht regiert. Sie stammt aus den höheren Bereichen des Mentals oder jenseits davon, selbst vom Supramental. Wenn also diese Kraft und dieses Bewusstsein herabkommen und in das Bewusstsein einer niederen Ebene eindringen, wird dieses naturgemäß ruhig, denn es wird gleichsam besetzt, überflutet von diesem höheren Licht, das es umwandelt.
Tatsächlich ist dies sogar der einzige Weg, ein beständiges Schweigen in seinem Mental zu errichten. Es geschieht, damit man sich den höheren Sphären öffnet und dieses höhere Bewusstsein, diese Kraft, dieses Licht, fortwährend in das niedere Mental hineinlässt und von ihm Besitz ergreift. Und dann, wenn dies geschieht, vermag dieses dauerhaft ruhig und still zu sein, denn es ist dieses Eine, welches wirkt und das ganze Wesen erfüllt. Man kann handeln, schreiben und sprechen, ohne dass dabei das Mental tätig wird, nur mit dieser Kraft, die von oben herab das Mental durchdringt und von ihm Gebrauch macht. Das Mental selbst wird zu einem ausschließlich passiven Instrument. Und wirklich, dies ist die einzige Möglichkeit, ein Schweigen fest zu begründen; denn sobald dies stattgefunden hat, rührt sich das Mental nicht länger, es agiert nur noch auf den Impuls dieser Macht hin, wenn sie sich in ihm offenbart. Es ist ein sehr ruhiges, sehr stilles Feld, und die Kraft bringt bei ihrem Erscheinen seine Elemente in Bewegung und bedient sich ihrer, und sie findet ihren Ausdruck durch ihn, ohne ihn in Bewegung zu versetzen. Es bleibt sehr still.