Kapitel 1

Mehr über das seelische Wesen

Ich habe deine Erklärung der Seele nicht verstanden: „Man könnte zum Beispiel sagen, dass die Schöpfung eines individuellen Wesens das Ergebnis der Projektion in Zeit und Raum von einer der zahllosen Möglichkeiten ist, die latent sind im höchsten Ursprung aller Manifestation, und welche durch das Medium des einen und universalen Bewusstseins konkrete Form annimmt in dem Gesetz oder der Wahrheit eines Individuums und so, in einer fortschreitenden Entwicklung, seine Seele oder sein seelisches Wesen wird.“

Es ist ein wenig philosophisch … Kennst du den Unterschied zwischen dem, was subjektiv und was objektiv ist? Du kennst ihn! Nun, stelle dir genau diese Realität vor, von der wir sprechen, die am Ursprung aller Dinge ist, vom subjektiven zum objektiven Zustand übergehend. Das heißt, was innen war, wird außen als wäre es projiziert. Es ist die gleiche Sache: es ist der Zustand, der sich ändert. Und daher gibt es innerhalb dessen alle Möglichkeiten der objektiven Existenz; innen sind sie nicht ausgedrückt, nicht manifestiert; außen sind sie projiziert wie ein Bild auf einer Kinoleinwand: wir sehen es vor uns. Und jedes Element, das innen eine Möglichkeit war, ein Gesetz, wird das Gesetz einer Verwirklichung. Und jede einzelne dieser Möglichkeiten wird die Realität eines Wesens, einer Individualität, wenn du so willst, von etwas, das objektiv existiert. Und es ist dieses Gesetz, das der Ursprung des Zentrums des seelischen Wesens ist: es ist die Wahrheit des Wesens oder das Gesetz des Wesens. Der Buddha nannte es das „Gesetz“, er sprach von dharma. Es ist die Wahrheit des Wesens. Es ist das, welches es wiederum unzerstörbar an seinen Ursprung bindet. Und das ist der Ausgangspunkt des seelischen Wesens. Und in dem Maße wie sich das entwickelt, dem Bildnis auf der Leinwand entsprechend, nimmt es eine immer komplexere und genauere Form in der Manifestation an. Doch die Realität dieser Form ist eins, sie ist an den Einen gebunden. Und alle Teile sind verbunden und bilden den Einen neu.

DIE MUTTER (6:27)

Liebe Mutter, ist in jedem Menschen ein spirituelles Wesen?

Das hängt davon ab, was wir „Wesen“ nennen. Wenn wir „Wesen“ mit „Gegenwart„ ersetzen, ja, es gibt eine spirituelle Gegenwart in jedem. Wenn wir „Wesen“ eine gesonderte Wesenheit nennen, ihrer selbst voll bewusst, unabhängig, und mit der Befähigung sich durchzusetzen und die übrige Natur zu beherrschen – nein! Die Möglichkeit eines solchen unabhängigen und allmächtigen Wesens ist in jedem, doch ist die Verwirklichung das Ergebnis langer Bemühungen, die sich manchmal über viele Leben ausdehnen.

In jedem, selbst am eigentlichen Beginn, ist diese spirituelle Gegenwart, dieses innere Licht vorhanden … Tatsächlich ist es überall. Ich habe es viele Male in bestimmten Tieren gesehen. Es ist wie ein leuchtender Punkt, der die Grundlage einer gewissen Kontrolle, eines gewissen Schutzes ist, etwas, das selbst im Halbbewusstsein eine bestimmte Harmonie mit der übrigen Schöpfung ermöglicht, so dass irreparable Katastrophen nicht konstant und allgemein sind. Ohne diese Gegenwart wäre die Störung, die durch die Gewalttätigkeiten und Leidenschaften des Vitals geschaffen werden, so groß, dass sie in jedem Augenblick eine allgemeine Katastrophe hervorrufen könnten, eine Art totaler Zerstörung, die den Fortschritt der Natur verhindern würde. Jene Gegenwart, jenes spirituelle Licht, das beinahe ein spirituelles Bewusstsein genannt werden könnte, ist in jedem Wesen und in allen Dingen, und ist der Grund dafür, dass trotz aller Zwietracht, aller Leidenschaft, aller Gewalttätigkeit ein Minimum von allgemeiner Harmonie besteht, die es erlaubt, das Werk der Natur zu vollenden.

Im menschlichen Wesen offenbart sich diese Gegenwart ziemlich deutlich, selbst im rudimentärsten. Selbst im scheußlichsten menschlichen Wesen, in einem, das den Eindruck vermittelt, die Inkarnation eines Teufels oder Ungeheuers zu sein, gibt es etwas im Inneren, das eine Art unwiderstehliche Kontrolle ausübt – selbst im Schlimmsten sind gewisse Dinge unmöglich. Und ohne diese Gegenwart, wenn das [menschliche] Wesen ausschließlich von feindlichen Kräften, den Kräften des Vitals, beherrscht würde, gäbe es diese Unmöglichkeit nicht.

Jedes Mal, wenn eine Welle dieser monströsen, feindlichen, Kräfte sich über die Erde ausbreitet, glaubt man, dass nichts die Unordnung und den Schrecken je davon abhalten kann, sich auszubreiten, und immer, zu einem bestimmten Zeitpunkt, unerwartet, unerklärlich, schaltet sich eine Kontrolle ein, die Welle wird aufgehalten, die Katastrophe ist nicht total. Und der Grund hierfür ist die Gegenwart, diese höchste Gegenwart in der Materie.

Doch nur in wenigen außergewöhnlichen Wesen und nach langer, sehr langer Arbeit der Vorbereitung, die sich über viele, viele Leben erstreckt, wandelt sich diese Gegenwart in ein bewusstes, unabhängiges, voll organisiertes Wesen, allmächtiger Herr seines Wohnsitzes, bewusst genug, mächtig genug, nicht nur diese Wohnung kontrollieren zu können, sondern das, was sie umgibt, in einem Feld der Ausstrahlung und Tätigkeit, das sich immer weiter ausdehnt und immer wirksamer ist.

DIE MUTTER (9:339)

Was ist kennzeichnend für die Substanz der seelischen Welt?

Die Substanz der seelischen Welt ist eine Substanz, die ihr [der seelischen Welt] eigentümlich ist mit ihren spezifischen seelischen Merkmalen: ein Gefühl der Unsterblichkeit, eine volle Empfangsbereitschaft für den göttlichen Einfluss, eine gänzliche Unterwerfung an diesen Einfluss, von dem sie völlig durchdrungen ist. Genau das ist es, was die Seele von anderen Teilen des Wesens unterscheidet. Wenn ich zum Beispiel davon spreche, das Mental und das Vital um das seelische Zentrum zu ordnen, meine ich nicht, dass sie seelisch werden; sie bleiben das Mental und das Vital, sie sind aber um die Seele geordnet, so wie eine Armee sich um ihren Führer ordnet – sie wird nicht zum Führer, sie gehorcht ihm, nicht wahr? Nun, das gleiche geschieht hier; das Vital und das Mental sind um die Seele gruppiert, sie empfangen Befehle von der Seele und führen sie aus, so gut sie können. Ihre Substanz aber wird deshalb nicht zur seelischen Substanz. Sie kann unter dem Einfluss der Seele stehen und mehr oder weniger ihre Natur annehmen, doch nicht ihre Substanz.

DIE MUTTER (4:228)

Ist das seelische Wesen im Herzen?

Nicht im physischen Herzen, nicht im Organ. Es ist in einer vierten Dimension, einer inneren Dimension. Doch in dieser Region, der Region ungefähr hinter dem Solarplexus, findet man es am leichtesten. Das seelische Wesen in Bezug auf unser physisches Wesen ist in der vierten Dimension.

DIE MUTTER (6:392)

Das seelische Wesen ist im Herzzentrum in der Mitte der Brust (nicht im physischen Herzen, denn alle Zentren liegen an der Mittellinie des Körpers), es ist jedoch tief dahinter verborgen. Wenn man sich vom Vital zur Seele wendet, ist es, als würde man tief, tief hinuntergehen, bis man jene zentrale Stätte der Seele erreicht hat. Die Oberfläche des Herzzentrums ist der Ort des emotionalen Wesens; von dort wendet man sich in die Tiefe, um die Seele zu finden.

SRI AUROBINDO (24:1115)

Neulich sagte ich, dass die Menschen ihr seelisches Wesen meist nicht in sich haben. Ich möchte das mehr im einzelnen erklären … Ihr dürft nicht vergessen, dass die inneren Wesen nicht in der dritten Dimension sind. Wenn du deinen Körper öffnest, findest du nur die Eingeweide des Körpers, denn diese sind in der dritten Dimension. Die inneren Wesen sind in einer anderen Dimension, und wenn ich sage, dass einige Menschen ihr seelisches Wesen nicht in sich haben, dann meine ich nicht, dass es nicht im Zentrum ihres Wesens ist, sondern dass ihr äußeres Bewusstsein so klein, so begrenzt, so dunkel ist, dass es nicht fähig ist, einen Kontakt mit dem seelischen Wesen aufrecht zu erhalten, nicht nur bewusst, sondern auch innerlich, da dieses in jeder Weise über es hinausreicht; es ist so viel höher und tiefer als das äußere Bewusstsein, dass keine Beziehung, weder qualitätsmäßig noch wesensmäßig zwischen ihnen besteht. Die Religionen sagen, dass du einen göttlichen Funken in dir hast – es ist gut, dass sie es einen Funken nennen, denn er ist tatsächlich so klein, dass er ohne weiteres irgendwo im Körper sein könnte. Das heißt aber nicht, dass er im Körper ist: er ist innerhalb des Bewusstseins in einer anderen Dimension, und es gibt Menschen, die einen Kontakt damit haben, während andere ihn nicht haben. Wenn du aber zur göttlichen Gegenwart im Atom kommst, ist das Bild leichter zu verstehen, denn hier berührst du einen so unendlich kleinen Bereich, dass du dich auf der Grenzlinie befindest, wo du nicht länger zwischen der zweiten, dritten, vierten oder fünften Dimension unterscheiden kannst. Wenn du moderne Physik studiert hast, wirst du verstehen, was ich meine. Die Bewegungen, die ein Atom bilden, sind hinsichtlich der Größe so verschwindend klein, dass sie mit unserem dreidimensionalen Verstehen nicht verstanden werden können, um so mehr da sie Gesetzen folgen, die sich völlig dieser dreidimensionalen Vorstellung entziehen. Wenn du dich also daran hältst, kannst du sagen, dass der göttliche Funke im Zentrum jedes Atoms ist, und du bist nicht weit von der Wahrheit entfernt; doch meinte ich nicht den göttlichen Funken, ich meinte das Wesen, das seelische Bewusstsein, was etwas anderes ist. Das seelische Wesen ist eine Wesenheit, die eine Form hat; es ist um ein zentrales Bewusstsein geordnet, und da es eine Form hat, hat es eine Dimension, doch eine Dimension von anderer Art als die dritte Dimension des äußeren Bewusstseins.

DIE MUTTER (4:139)

Das physische Herz befindet sich auf der linken Seite, doch ist das Herzzentrum des Yoga in der Mitte der Brust – es ist das Kardialzentrum.

SRI AUROBINDO (22:375)

Ich habe nie von zwei Lotussen im Herzzentrum gehört; es ist aber der Sitz von zwei Mächten, im Vordergrund das höhere Vital oder emotionale Wesen, dahinter und verborgen die Seele oder das seelische Wesen.

SRI AUROBINDO (22:365)

Der Scheitelpunkt des psychischen und emotionalen Zentrums liegt wie der Scheitel der übrigen Zentren in der Wirbelsäule, seine Basis ist vorne im Brustbein.

SRI AUROBINDO (22:375)

Das Herz ist das Zentrums des Wesens und gebietet den übrigen, da sich dort das seelische Wesen oder der caitya purusa befindet. In diesem Sinne war es gemeint, dass alles von dorther kommt, denn es ist das seelische Wesen, das sich jedes Mal ein neues Mental, ein Vital und einen Körper schafft.

SRI AUROBINDO (22:375)

Das seelische Wesen (welches die Seele ist) schafft sich keine Zentren im adhara. Die Zentren sind vorhanden. Das seelische Wesen kann die Zentren, die sich bereits dort befinden, überwachen – das Herz, das Nabel-Zentrum und die beiden unterhalb des Nabels. Auch werden Mental und Vital nicht ausgelöscht – sie werden unter den seelischen Einfluss gebracht und durchseelt; oder das höhere Bewusstsein bemächtigt sich ihrer und wandelt sie in seine Instrumente um.

SRI AUROBINDO (22:375)

Gibt es ein seelisches Wesen im Atom?

Nein, dort ist es noch nicht. Es kann gesagt werden, dass es eine Möglichkeit von seelischem Bewusstsein in der Materie gibt – die Ausbreitung des Göttlichen Bewusstseins hatte nur ein Ziel: eine Ordnung zu ermöglichen, die unter dem direkten Einfluss des Göttlichen wäre. Daher übergeht es alle Welten der Unordnung.1 Es kann daher gesagt werden, dass der Ursprung der Seele auch im Atom ist, in allen Elementen, die das Atom konstituieren, es ist aber nur der Ursprung … Ich muss euch sagen, dass das seelische Wesen, wenn es voll geformt ist, eine deutliche Form hat, die mit unserer physischen Form übereinstimmt. Es ist nicht ungefähr ähnlich, sondern hat eine deutliche Form. Jedes seelische Wesen ist vom anderen verschieden, sie sind nicht alle nach einem Muster gestanzt und modelliert. Sie sind verschieden, jedes hat eine Individualität, eine Persönlichkeit.

DIE MUTTER (4:141)

Ich habe einen ersten Ansatz der seelischen Gegenwart und Vibration im vegetabilen Leben entdeckt, und tatsächlich ist dieses Blühen, das man eine Blume nennt, eine erste Manifestation der seelischen Gegenwart. Die Seele ist nur im Menschen individualisiert, sie war aber vor ihm da; es ist nicht die gleiche Art der Individualisierung wie im Menschen, sie ist fließender: sie manifestiert sich eher als Kraft, als Bewusstsein, denn als Individualität. Nimm die Rose zum Beispiel: ihre große Vollendung an Form und Farbe und Duft drückt sich als Aspiration aus, und als seelisches Geben. Betrachte eine Rose, die sich am Morgen öffnet bei der ersten Berührung der Sonne, es ist ein wunderbares Selbstgeben in der Aspiration.

DIE MUTTER (4:166)

Ja, es ist ein einfacheres und ehrlicheres Bewusstsein – das des Tiers. Natürlich erwartet es etwas, doch auch wenn es dies nicht erhält, bleibt die Liebe bestehen. Viele Tiere, selbst wenn sie schlecht behandelt werden, bewahren ihre Liebe, was auf eine bemerkenswerte seelische Entwicklung im Vital hinweist.

SRI AUROBINDO (22:500)

Das emotionale Wesen der Tiere ist häufig seelischer als das der Menschen, die sehr gefühllos sein können. Kürzlich sah ich Bilder eines zahmen Tigers, der zuerst bei einer Familie gelebt hatte, die ihn später einem Zoo übergab. Der Ausdruck des Leids in dem Gesicht des Tigers in seinem Käfig, sanft und gleichzeitig tragisch-schmerzlich, war herzzerreißend.

SRI AUROBINDO (22:500)

Die Seele ist in Kindern immer im Vordergrund, nicht wahr?

Nicht immer. Die Seele ist mehr im Vordergrund als später, wenn sie heranwachsen und das Mental sich entwickelt, es kann aber nicht gesagt werden, dass man in allen Kindern die Seele fühlt. Und man kann nicht davon ausgehen, was wir hier [im Ashram] haben, denn die Bedingung der Zulassung, die ich mache, wenn die Kinder zu mir gebracht werden, ist diese: wenn ich die Seele an der Oberfläche sehe, nehme ich sie [die Kinder], wenn die Seele aber bereits durch alle möglichen deformierenden Tätigkeiten verhüllt ist, nehme ich sie nicht. Daher sind die Kinder, die wir hier haben eine Ausnahme. Es ist die Elite. Es ist die Auslese.

Doch warum gibt es gefräßige Kinder?

Oh, mein Himmel! Gefräßig, das ist kein Verbrechen! Es gibt gefräßige Kinder. Vielleicht haben sie eine schlechte Verdauung und wollen daher immer essen. Sie gewinnen nichts durch das, was sie essen. Das ganze äußere Wesen ist voll Schwierigkeiten aller Art in jedermann – auch in Kindern. Mit mehr Berechtigung könntest du mich fragen: „Warum gibt es solche grausamen Kinder?“ Das ist tatsächlich eines der furchtbarsten Dinge … Der Grund liegt in der Unbewusstheit. Sie nehmen nicht einmal wahr, dass sie andere leiden lassen. Meist, wenn man Sorge trägt, dass sie es verstehen – zum Beispiel durch Erfahrung –, dann verstehen sie es auch. Kinder, die Tiere misshandeln (es gibt viele) – nun, es kommt daher, dass sie nicht einmal wissen, dass Tiere genauso empfinden wie sie selbst. Wenn man ihnen erklärt, dass es den Tieren Schmerz verursacht, sie zu zwicken oder an den Haaren zu ziehen oder zu schlagen und ihnen nötigenfalls am eigenen Körper zeigt, wie weh es tut, dann tun sie es nicht mehr!

Es gibt solche, die besonders schlimm sind. Sie stehen unter einem bösen Einfluss. Manchmal zeigt es sich von ihrer eigentlichen Kindheit an, und sie bleiben so im ganzen Leben, außer man kann sie umformen, was nicht leicht ist.

Es gibt eine Art Assoziation zwischen dem Physischen und der Seele und zwischen dem mentalen und vitalen Wesen. Ein mentales Wesen ist sehr häufig ein sehr vitales Wesen. Ein seelisches Wesen ist sehr oft ein physisches Wesen. Kinder – genau deshalb, weil dieses seelische Bewusstsein in ihnen im Vordergrund ist – leben auch völlig in ihrem Körper. Doch sobald man das Mental zu entwickeln beginnt, entwickelt sich auch die Neigung zur Assoziation mit all der Entstellung, die damit verbunden ist. Menschen, die scharf unterscheiden zwischen Mann und Frau (ich weiß nicht warum, denn eines ist so gut wie das andere) sagen, dass der Mann mental und vital ist und die Frau physisch und psychisch. Es ist einige Wahrheit darin enthalten. Es bezieht natürlich alle möglichen Ausnahmen und Komplikationen mit ein. Dies sind willkürliche Vereinfachungen. Tatsächlich hat das physische Wesen eine Einfachheit und sogar einen guten Willen (der nicht immer sehr erleuchtet ist, weit davon entfernt), aber dennoch eine Einfachheit und einen guten Willen, die es in eine engere Beziehung mit der Seele bringen als die Leidenschaften des Vitals und die Dünkel des Mentals. Und wahrscheinlich ist auch dies der Grund, weshalb sich die Seele in Kindern mehr entspannt fühlt, da sie nicht fortwährend von mentalen und vitalen Widersprüchen hin und hergerissen wird.

DIE MUTTER (6:4)

Es ist noch nicht erkannt, was diese Seele ist, oder dass das wahre Geheimnis, ob bei Kind oder Mensch, darin besteht, ihm zu helfen, sein tieferes Selbst zu finden, die wahre seelische Wesenheit im Inneren. Und wenn wir ihr je die Gelegenheit geben, hervorzutreten, und mehr noch, wenn wir sie in den Vordergrund rufen als „der Führer des Marsches, der vor uns liegt“, wird sie selbst die meiste Erziehungsarbeit aus unseres Händen nehmen, und die Fähigkeit des seelischen Wesens auf eine Verwirklichung seiner Möglichkeiten hin entwickeln; wohingegen unser gegenwärtiges, mechanisches Bild vom Leben und Menschen und die äußeren routinemäßigen Methoden, sich mit ihm auseinanderzusetzen, uns daran hindern, irgendeine Erfahrung zu haben oder eine Meinung zu bilden. Die neuen erzieherischen Methoden sind auf dem geraden Weg zu dieser wahreren Handhabung. Die nähere Berührung mit der seelischen Wesenheit hinter dem Vital und der physischen Mentalität und ein sich mehrendes Vertrauen auf seinen Möglichkeiten, muss zu der höchsten Entdeckung führen, dass der Mensch im Inneren eine Seele und eine bewusste Macht des Göttlichen ist, und dass die Anrufung dieses wahren Menschen im Inneren das eigentliche Ziel der Erziehung ist, und tatsächlich [das Ziel] allen menschlichen Lebens, wenn er die verborgene Wahrheit und das tiefste Gesetz seines eigenen Wesens finden und ihnen gemäß leben würde.

SRI AUROBINDO (15:28)

Das seelische Wesen wird durch die innere Wahrheit geformt und ist um sie herum angeordnet.

DIE MUTTER (15:323)

Identifiziert sich das seelische Wesen mit der inneren Wahrheit?

Es ist darum herum angeordnet und nimmt Kontakt damit auf. Die Seele wird durch die Wahrheit bewegt. Die Wahrheit ist etwas ewig Selbstbestehendes, von nichts in Zeit oder Raum abhängig, während das seelische Wesen ein Wesen ist, das wächst, Form annimmt, sich entwickelt, sich mehr und mehr individualisiert. Auf diese Weise wird es immer fähiger, diese Wahrheit zu manifestieren, die ewige Wahrheit, die eins und bleibend ist. Das seelische Wesen ist ein progressives Wesen, was bedeutet, dass die Beziehung zwischen dem seelischen Wesen und der Wahrheit eine progressive ist. Es ist nicht möglich, sich seines seelischen Wesens bewusst zu werden, ohne sich gleichzeitig der inneren Wahrheit bewusst zu werden. All jene, die diese Erfahrung hatten – nicht eine mentale Erfahrung, sondern eine integrale Erfahrung des Kontaktes mit dem seelischen Wesen, nicht einen Kontakt mit der Idee, die sie sich davon gebildet haben, sondern einen echten, konkreten Kontakt – alle sagen das gleiche: genau von der Minute an, da dieser Kontakt hergestellt ist, ist man sich der ewigen Wahrheit in einem voll bewusst, und man erkennt, dass sie der Zweck des Lebens und der Lenker der Welt ist.

DIE MUTTER (15:326)

Kann man in Kontakt mit der ewigen Wahrheit sein, ohne einen Kontakt mit seinem seelischen Wesen zu haben?

Manche Wesen im Universum mögen diesen direkten Kontakt mit der ewigen Wahrheit haben, ohne jeden Kontakt mit dem seelischen Wesen, weil sie kein seelisches Wesen besitzen. Im Menschen jedoch ist immer ein seelisches Wesen, und es ist immer dieses [seelische Wesen], durch das er in Kontakt mit der ewigen Wahrheit kommt. Und dieser Kontakt mit dem seelischen Wesen wird ihm meist auf die gleiche Weise enthüllt, denn er bringt seine eigene Gnade mit sich, seinen eigenen Glanz, seine eigene Glückseligkeit. Das seelische Wesen ist typisch für den Menschen, und wenn man der Sache auf den Grund geht, ist es vielleicht diese Tatsache, die ihm seine Überlegenheit verleiht.

DIE MUTTER (15:327)

Kann ein Kind sich der inneren Wahrheit bewusst werden wie ein Erwachsener?

Für ein Kind ist es ganz klar, denn es ist eine Wahrnehmung ohne alle Komplikationen der Sprache oder des Denkens – es ist das, was das Kind sich entspannt fühlen lässt oder aber nicht (es ist nicht notwendigerweise Freude oder Sorge, die nur dann kommen, wenn die Sache sehr intensiv ist). Und all das ist viel klarer im Kind als im Erwachsenen, denn letzterer hat immer ein Mental, das arbeitet und seine Wahrnehmung der Wahrheit trübt.

Einem Kind Theorien zu vermitteln, ist gänzlich sinnlos, denn sobald sein Mental erwacht, wird es tausend Gründe finden, deinen Theorien zu widersprechen, und es wird recht behalten.

Dieses kleine, wahre Ding im Kind ist die göttliche Gegenwart in der Seele, sie ist auch in Pflanzen und Tieren. In Pflanzen ist sie nicht bewusst, in Tieren beginnt sie bewusst zu sein, und in Kindern ist sie sehr bewusst. Ich habe Kinder gekannt, die sich ihres seelischen Wesens im Alter von fünf Jahren bewusster waren als mit vierzehn, und mit vierzehn Jahren bewusster als mit fünfundzwanzig; und vor allem, von dem Augenblick an, da sie zur Schule gehen, da sie sich dieser Art von intensivem mentalen Training umerziehen, das ihre Aufmerksamkeit auf den intellektuellen Teil ihres Wesens richtet, verlieren sie meist immer und beinahe vollständig diesen Kontakt mit ihrem seelischen Wesen.

Wenn du ein erfahrener Beobachter wärst, könntest du sagen, was in einer Person vor sich geht, einfach indem du in ihre Augen schaust! … Man sagt, die Augen seien der Spiegel der Seele; das ist eine volkstümliche Redewendung, doch wenn die Augen die Seele nicht ausdrücken, dann deshalb, weil sich diese weit im Hintergrund befindet, von vielen Dingen verhüllt. Und dann, schau sorgsam in die Augen von kleinen Kindern, und du wirst eine Art Licht sehen – manche beschreiben es als freimütig – doch so wahr, so wahr, so wahr, das auf die Welt mit Staunen blickt. Nun, dieses Gefühl des Staunens ist ein Staunen der Seele, welche die Wahrheit sieht, aber nicht viel von der Welt versteht, da sie zu weit davon entfernt ist. Kinder haben es, doch in dem Maße wie sie mehr lernen, werden sie intelligenter, gebildeter – und dies ist ausgelöscht, und du siehst alle möglichen Dinge in ihren Augen: Gedanken, Wünsche, Leidenschaften, Bosheit – doch diese gewisse kleine Flamme, die so rein ist, ist nicht länger vorhanden. Und du kannst sicher sein, dass es das Mental ist, das dort ist, und die Seele ist weit in den Hintergrund getreten.

Selbst ein Kind, das kein genügend entwickeltes Gehirn hat, um verstehen zu können – wenn du es einfach eine Vibration des Schutzes oder der Liebe oder Fürsorge oder des Trosts fühlen lässt, wirst du sehen, dass es reagiert. Doch nimm beispielsweise einen Jungen mit vierzehn, der die Schule besucht, der gewöhnliche Eltern hat und schlecht behandelt wurde – sein Mental ist ganz im Vordergrund; etwas Hartes ist in ihm, die Seele ist zurückgetreten. Solche Jungen reagieren nicht auf diese Vibration. Man könnte sagen, sie seien wie aus Holz oder Gips.

DIE MUTTER (4:26)

Wenn die innere Wahrheit, die göttliche Gegenwart, bewusst in der Seele des Kindes wäre, könnte nicht länger gesagt werden, dass ein Kind ein kleines Tier ist, nicht wahr?

Warum nicht? In Tieren gibt es manchmal eine sehr intensive seelische Wahrheit. Natürlich bin ich der Meinung, dass das seelische Wesen in einem Kinde etwas mehr geformt ist, etwas bewusster als in einem Tier. Aber ich habe mit Tieren experimentiert, nur um es zu wissen; nun, ich versichere dir, dass ich selten in menschlichen Wesen solche Tugenden gefunden habe wie in Tieren, ganz simple, anspruchslose Tugenden. Wie zum Beispiel in Katzen: ich habe Katzen viel beobachtet; wenn man sie kennt – nun, sie sind wunderbare Geschöpfe. Ich kannte Mutterkatzen, die sich völlig für ihre Kätzchen aufopferten – die Menschen sprechen von Mutterliebe mit so viel Bewunderung, als wäre sie ein rein menschliches Privileg, aber ich habe diese Liebe in Mutterkatzen gesehen, und zwar in einem Ausmaß, das bei weitem die Liebe der gewöhnlichen Menschheit überschreitet. Ich kannte eine Mutterkatze, die ihre Nahrung nicht anrührte, bevor ihre Kätzchen alles genommen hatten, was sie brauchten. Ich habe eine andere Katze gekannt, die acht Tage bei ihren Kätzchen blieb, ohne eines ihrer Bedürfnisse zu befriedigen, weil sie Angst hatte, sie allein zu lassen; und eine andere Katze, die mehr als fünfzig Mal die gleiche Bewegung wiederholte, um ihre Jungen zu lehren, wie man von einer Wand zum Fenster springt; und ich möchte hinzufügen, mit einer Fürsorge, einer Intelligenz, einer Geschicklichkeit, die viele ungebildete Frauen nicht haben. Und warum ist das so? Weil keine mentale Einmischung stattfand. Es war ein ganz spontaner Instinkt. Was aber ist Instinkt? Es ist die göttliche Gegenwart in der Gattung der Spezies, und das, das ist die Seele der Tiere; eine kollektive, nicht eine individuelle Seele.

Ich habe in Tieren alle Reaktionen gesehen, emotional, liebevoll, sentimental, alle Gefühle, auf die die Menschen so stolz sind. Der einzige Unterschied ist, dass die Tiere nicht darüber sprechen und schreiben können, daher betrachten wir sie als untergeordnete Wesen, weil sie uns nicht mit Büchern, in denen sie ihre Gefühle beschreiben, überfluten können.

DIE MUTTER (4:27)

Mutter, hier spricht Sri Aurobindo von der „Seele dahinter, die alles stützt“. Was bedeutet das?

Nun ja, die Seele ist hinter der ganzen Ordnung, dieser dreifachen Ordnung des menschlichen Lebens und Bewusstseins, die Seele steht dahinter und stützt sie durch ihr Bewusstsein, das unsterblich ist. Aufgrund der Seele haben wir solch klaren Sinn für die Kontinuität. Im anderen Fall, wenn du vergleichst, was du jetzt bist mit dem, was du im Alter von drei Jahren warst, kannst du dich bestimmt in keiner Weise erkennen, weder physisch noch vital noch mental. Es gibt keinerlei Ähnlichkeit. Aber dahinter ist die Seele, die die Entwicklung, das Wachstum des Wesens stützt, und die dir die Kontinuität des Bewusstseins gibt, die dich fühlen lässt, dass du dasselbe Wesen bist, wenn auch absolut verschieden, durchaus verschieden. Wenn man sich später genügend beobachtet, kann man erkennen, dass die Dinge, die man zu jener Zeit verstehen und tun konnte, Dinge sind, die einem jetzt absolut unbegreiflich erscheinen, und dass man niemals etwas Ähnliches tun könnte, da man ganz und gar nicht mehr die gleiche Person ist. Und dennoch, weil da innen das seelische Bewusstsein war, das unsterblich ist, hat man das Gefühl, dass es immer das gleiche Wesen ist, das da war und weiterhin da ist und da sein wird, mit mehr oder weniger fortschreitenden und mehr oder weniger bewussten Veränderungen.

DIE MUTTER (7:221)

Es gibt ein anderes (Mittel gegen die Furcht des Sterbens), ein wenig schwieriger, glaube ich, aber besser. Es besteht darin, sich zu sagen: „Dieser Körper bin nicht ich“, und zu versuchen, in sich den Teil zu finden, der wahrhaft das eigene Selbst ist, bis man sein seelisches Wesen gefunden hat. Und wenn man sein seelisches Wesen gefunden hat – sofort, verstehst du, hat man das Gefühl der Unsterblichkeit. Und man weiß, dass das, was hinausgeht oder hereinkommt, nur eine Frage der Annehmlichkeit ist: „Ich werde nicht wegen eines Paares Schuhe weinen, die ich ablege, weil sie voller Löcher sind! Wenn meine Schuhe abgetragen sind, werfe ich sie fort, und weine nicht.“ Nun, das seelische Wesen hat diesen Körper angenommen, da es ihn für seine Arbeit brauchte, wenn aber die Zeit kommt, den Körper zu verlassen, das heißt, wenn man ihn verlassen muss, weil er, aus dem einen oder anderen Grund, nicht länger von Nutzen ist, dann verlässt man den Körper und hat keine Furcht. Es ist eine ganz natürliche Sache und es geschieht ohne das geringste Bedauern, das ist alles.

Und in dem Augenblick, in dem du in deinem seelischen Wesen bist, hast du dieses Gefühl, spontan, mühelos. Du steigst über das Physische auf und hast das Gefühl der Unsterblichkeit. Meiner Meinung nach ist das das beste Mittel. Alles andere ist ein intellektuelles, vernünftiges, rationales Hilfsmittel. Dies aber ist eine tiefe Erfahrung, und du kannst sie immer wieder haben, sobald du den Kontakt mit deinem seelischen Wesen wiederfindest. Es ist ein wahrhaft interessantes Phänomen, denn es ist automatisch. In dem Augenblick, in dem du in Kontakt mit deinem seelischen Wesen bist, hast du das Gefühl der Unsterblichkeit, das Gefühl, immer gewesen zu sein und immer zu sein, ewig. Und dann ist das, was kommt und geht – dies sind die Zufälle des Lebens, sie sind ohne Bedeutung.

DIE MUTTER (5:316)

Liebe Mutter, vermag die Seele sich ohne das Mental, das Vital und das Physische auszudrücken?

Sie drückt sich fortwährend ohne sie aus. Sie muss sich nur deshalb mit ihrer Hilfe ausdrücken, damit das gewöhnliche menschliche Wesen sie wahrnimmt, dann dieses ist normalerweise nicht in direktem Kontakt mit der Seele. Wenn es in direktem Kontakt mit der Seele wäre, wäre seine Manifestation seelisch – und alles wäre wahrhaft gut. Aber da es nicht in Kontakt mit der Seele ist, weiß es nicht einmal, was sie ist – es fragt sich voller Verwunderung, was für eine Art Wesen das sein mag; um dieses durchschnittliche menschliche Bewusstsein zu erreichen, muss sie gewöhnliche menschliche Mittel gebrauchen, das heißt, die Hilfe des Mentals, des Vitals und des Physischen in Anspruch nehmen.

Eines von diesen mag ausgelassen werden, mit Sicherheit aber nicht das letztere, sonst ist man nicht länger ein bewusstes Wesen.

DIE MUTTER (7:42)

Die Herrschaft des Verstandes sollte nicht vor dem Inkrafttreten des seelischen Gesetzes enden, das den Göttlichen Willen manifestiert.

DIE MUTTER (15:246)

Es ist nicht jede Seele entwickelt und tätig; und nicht jede Seele ist unmittelbar dem Göttlichen zugewandt, bevor sie den Yoga ausübt. Lange Zeit hindurch sucht sie das Göttliche eher über Menschen und Dinge als auf dem direkten Weg.

SRI AUROBINDO (22:297)

Die Quelle der Aufrichtigkeit, des Willens, des Ausharrens befindet sich im seelischen Wesen, was sich in verschiedenen Menschen auf verschiedene Weise ausdrückt. Im Allgemeinen ist es im höheren Teil des Mentals, wo sich dies zu formen beginnt, um aber wirksam zu sein, muss mindestens ein Teil des Vitals reagieren, denn die Intensität deines Willens kommt von dort, die verwirklichende Kraft des Willens kommt von seinem Kontakt mit dem Vital. Wenn es nur widerspenstige Elemente im Vital gäbe, wärst du nicht in der Lage irgendetwas zu tun. Doch gibt es immer etwas, irgendwo, das willens ist. Es ist genug, einmal eine Minute lang eine Aspiration gehabt zu haben und einen Willen, wenn auch sehr flüchtig, um sich des Göttlichen bewusst zu werden, das Göttliche zu verwirklichen, wie es einem Blitze gleich durch das ganze Wesen flammt – es gibt sogar Körperzellen, die reagieren. Das ist nicht alles sofort sichtbar, doch eine Reaktion ist überall. Und indem man langsam, vorsichtig, all diese Teile, die reagiert haben, und wenn es nur einmal war, zusammentut, kann man etwas Zusammenhängendes aufbauen und gestalten, das einem erlauben wird, seine Tätigkeit mit Willen, Aufrichtigkeit und Beharrlichkeit fortzusetzen.

Selbst eine flüchtige Vorstellung in einem Kind, in einem bestimmten Augenblick seiner Kindheit, wenn das seelische Wesen ganz im Vordergrund ist, wenn es ihr gelingt das äußere Bewusstsein zu durchdringen und dem Kind einfach einen Eindruck von etwas Schönem zu geben, das verwirklicht werden muss, schafft einen kleinen Kern, und darauf solltest du dein Tun aufbauen. Zu der großen Masse der Menschheit würdest du niemals sagen: „Du musst das Göttliche verwirklichen“ oder „Übe den Yoga aus, um das Göttliche zu finden“. Wenn du genau hinsiehst, wirst du erkennen, dass es eine winzige Minderheit ist, zu der dies gesagt werden kann. Es bedeutet, dass diese Minderheit von Wesen darauf „vorbereitet“ ist, den Yoga auszuüben; so ist es. Der Beginn einer Verwirklichung hatte stattgefunden – ein Beginn ist genug. Bei anderen ist es vielleicht etwas Altes, ein Erwachen, das von vergangenen Leben herrühren mag. Doch sprechen wir von jenen, die weniger bereit sind; es sind jene, durch deren ganzes Wesen in einem bestimmten Augenblick ein Blitz fuhr und eine Reaktion auslöste – das aber genügt. Es geschieht nicht vielen Menschen. Jene, die bereit sind, den Yoga auszuüben, sind nicht viele im Vergleich mit der unbewussten, menschlichen Masse. Nur eine Sache ist gewiss: die Tatsache, dass ihr alle hier seid, beweist, dass wenigstens ihr es hattet – es gibt solche, die sehr weit auf dem Pfade sind (manchmal wissen sie gar nichts davon), doch wenigstens ihr alle hattet ihn, diese Art von spontanem integralen Kontakt, der wie ein elektrischer Schock ist, ein Blitz, der dich durchfährt, und du erwachst zu der Tatsache: es gibt etwas zu verwirklichen. Möglicherweise überträgt sich die Erfahrung nicht in Worte, nur in eine Flamme. Das ist genug. Und um diesen Kern herum baut man sich auf, langsam, langsam, fortschreitend. Und wenn es einmal stattgefunden hat, verschwindet es nie mehr. Nur dann, wenn du einen Pakt mit den feindlichen Mächten geschlossen und dir beträchtliche Mühe gegeben hast, den Kontakt [mit dem seelischen Wesen] zu unterbrechen und seine Existenz zu ignorieren, – allein dann magst du den Eindruck gewinnen, er sei nicht mehr vorhanden. Und doch, ein einziger Blitz genügt, und er kehrt zurück.

Wenn du dies nur einmal erlebt hast, kannst du dir sagen, dass du in diesem Leben oder einem anderen mit Sicherheit die Verwirklichung erlangen wirst.

DIE MUTTER (4:254)

Die vollständige Einung des ganzen Wesens um das seelische Zentrum ist die essentielle Bedingung, um vollkommene Aufrichtigkeit zu verwirklichen.

DIE MUTTER (15:200)

Mitleid und Erbarmen sind im wesentlichen seelische Tugenden. Sie tauchen im Bewusstsein nur dann auf, wenn das seelische Wesen am aktiven Leben teilnimmt.

Das Vital und das Physische betrachten sie als Schwächen, denn sie drosseln den freien Ausdruck ihrer Impulse, die auf der Macht der Stärke gründen.

Das Mental ist, wie immer wenn es ungenügend gebildet ist, der Komplize des vitalen Wesens und der Sklave der physischen Natur, deren Gesetze, so überwältigend in ihrem halbbewussten Mechanismus, es nicht voll versteht. Wenn das Mental zur Wahrnehmung der ersten seelischen Regungen erwacht, entstellt es sie in seiner Unwissenheit und wendet Erbarmen in Mitleid oder bestenfalls in Wohltätigkeit; und Dankbarkeit in den Wunsch zurückzuzahlen, dem nach und nach die Fähigkeit anzuerkennen und zu bewundern folgt.

Allein, wenn das seelische Bewusstsein allmächtig im Wesen ist, kann Erbarmen mit allem, das der Hilfe bedarf, in welchem Bereich auch immer, sowie Dankbarkeit für alles, das die göttliche Gegenwart und Gnade offenbart, in welcher Form auch immer, in all ihrer ursprünglichen und leuchtenden Reinheit ausgedrückt werden, ohne dass man Erbarmen mit irgendeiner Spur von Gönnerhaftigkeit oder Dankbarkeit mit irgendeinem Gefühl von Minderwertigkeit verwechselt.

DIE MUTTER (15:297)

Die Entspannung und der Friede werden sehr tief und weit innen gefühlt, denn sie sind in der Seele, und die Seele ist sehr tief in uns, und verdeckt vom Mental und Vital. Wenn du meditierst, öffnest Du dich der Seele, gewahrst das Seelenbewusstsein tief innen und fühlst diese Dinge. Damit diese Entspannung, dieser Friede und dieses Glück stark und beständig und im ganzen Wesen und Körper empfunden werden, musst du noch tiefer nach innen gehen und die volle Kraft der Seele in das Physische bringen. Dies geschieht am leichtesten durch regelmäßige Konzentration und Meditation, verbunden mit dem Streben nach diesem Bewusstsein. Es kann ebenfalls durch Arbeit geschehen, durch Hingebung, indem man die Arbeit allein für das Göttliche tut, ohne an sich zu denken, und immer die Vorstellung im Herzen bewahrt, dass man sich der Mutter weiht. Dies auf vollkommene Weise zu tun, ist jedoch nicht einfach.

SRI AUROBINDO (23:738)

Liebe Mutter, was bedeutet seelische Ausgeglichenheit?

Seelische Ausgeglichenheit bedeutet die Ausgeglichenheit des Wesens, die von der Tatsache herrührt, dass die Seele die Bewegungen des Wesens lenkt, Herr aller Bewusstseinsregungen ist. Die Seele ist immer ausgeglichen. Wenn sie aktiv ist und das Wesen lenkt, bringt sie unweigerlich Ausgeglichenheit.

DIE MUTTER (6:393)

Warum wird dann gesagt: „Die seelische Ausgeglichenheit ist notwendig?“

Ja. Es bedeutet, dass die Hilfe der seelischen Ausgeglichenheit erforderlich ist. Es bedeutet nicht, dass das seelische Wesen ausgeglichen werden muss: man muss vielmehr unter dem Einfluss der seelischen Ausgeglichenheit stehen. Die Seele ist immer ausgeglichen. Aber das menschliche Wesen ist nicht immer unter dem Einfluss der Seele, welcher die Ausgeglichenheit bringt. Der Einfluss der Seele bringt die Ausgeglichenheit.

DIE MUTTER (6:396)

Es gibt viele verschiedene Gründe dafür, dass man sich manchmal mehr voller Leben fühlt, mehr voller Kraft und Freude … Im gewöhnlichen Leben gibt es Menschen, die aufgrund ihrer eigentlichen Konstitution, der Art und Weise wie sie gemacht sind, sich in einer gewissen Harmonie mit der Natur befinden, so als würden sie im gleichen Rhythmus atmen; und diese Menschen sind im Allgemeinen immer fröhlich und glücklich; sie haben in allem, was sie tun, Erfolg, sie meiden viele Sorgen und Katastrophen, sie sind tatsächlich im Harmonie mit dem Rhythmus des Lebens und der Natur. Und außerdem gibt es Tage, da man in Kontakt mit dem wirkenden göttlichen Bewusstsein ist, mit der Gnade, und dann hat alles den Anflug dieser Gegenwart, und ist von ihr getönt; selbst Dinge, die dir meist langweilig und uninteressant erscheinen, werden charmant, angenehm, lehrreich, alles lebt und vibriert und ist voller Versprechen und Kraft. Wenn man sich daher dem öffnet, fühlt man sich stärker, freier, glücklicher, voller Energie, und alles hat eine Bedeutung. Man versteht, warum die Dinge so sind, wie sie sind, und nimmt an der allgemeinen Bewegung teil.

Es gibt andere Zeiten, wenn man aus dem einen oder anderen Grund wie umwölkt ist oder verschlossen oder tief in einem Loch, und man empfindet nichts mehr und alle Dinge sind ohne Geschmack, Interesse und Wert; man ist ein wandelnder Holzklotz.

Wenn man nun fähig ist, sich bewusst mit seinem seelischen Wesen zu einen, kann man immer in diesem Zustand der Empfangsbereitschaft sein, der inneren Freude, der Energie, des Fortschritts, der Einung mit der Göttlichen Gegenwart. Und wenn man damit geeint ist, sieht man sie überall, in allem, und alle Dinge erhalten ihre wahre Bedeutung.

Wovon hängt das ab? … Von einem inneren Rhythmus. Vielleicht einer Gnade. In jedem Fall von einer Empfangsbereitschaft für etwas, das jenseits deiner ist.

DIE MUTTER (8:305)

Wahrlich, der Ausdruck eines echten seelischen Lebens im Wesen ist Friede, eine freudige Heiterkeit.

Alles Leiden ist daher ein wertvoller Hinweis auf unseren schwachen Punkt, jenes Punktes, der eine größere spirituelle Bemühung von uns verlangt.

DIE MUTTER (2:57)

Wahres Glück hängt nicht von den äußeren Umständen des Lebens ab. Wahres Glück kann man nur erlangen und fortwährend bewahren, indem man sein seelisches Wesen entdeckt und sich damit eint.

DIE MUTTER (16:290)

Ich glaube, je seelischer man ist, desto mehr Schwierigkeiten hat man im Allgemeinen. Nur, dass man gerüstet ist, den Schwierigkeiten entgegenzutreten. Doch je seelischer man ist, desto mehr steht man in Widerspruch mit dem gegenwärtigen Zustand der Welt. Und wenn man sich mit etwas in Widerspruch befindet, resultiert das in Schwierigkeiten. Und ich habe bemerkt, dass sehr häufig diejenigen, die viele Schwierigkeiten haben, jene sind, die einen mehr oder weniger engen Kontakt mit ihrem seelischen Wesen haben. Wenn du über Umstände sprechen willst – ich meine nicht den Charakter, das ist etwas ganz anderes, sondern die äußeren Umstände – die Menschen, die am meisten zu kämpfen haben, und den meisten Grund hätten zu leiden, sind jene, die ein sehr entwickeltes seelisches Wesen haben.

Die Entwicklung des seelischen Wesens hat ein zweifaches und gleichzeitiges Ergebnis. Das heißt, mit der Entwicklung des seelischen Wesens wächst die Empfindsamkeit des Menschen. Und mit dem Anwachsen der Empfindsamkeit geht die Fähigkeit zu leiden einher; aber es besteht ein Ausgleich, das heißt, in dem Maß wie man in Beziehung mit dem seelischen Wesen steht, begegnet man den Umständen des Lebens in ganz anderer Art und Weise, mit einer Art inneren Freiheit, die es einem ermöglicht, sich von einer Situation zurückzuziehen und den Schock nicht in der üblichen Weise zu empfinden. Du vermagst den Schwierigkeiten oder den äußeren Dingen mit Ruhe, Frieden und einem hinreichend inneren Wissen zu begegnen, und wirst nicht beunruhigt. So, auf der einen Seite bist du empfindsamer, auf der anderen hast du größere Kraft mit der Empfindsamkeit fertig zu werden.

DIE MUTTER (7:21)

Es ist nicht das seelische Wesen, das aus persönlichen Gründen leidet, sondern das Mental, das Vital und das gewöhnliche Bewusstsein des unwissenden Menschen. Und zwar weil der Kontakt zwischen dem äußeren Bewusstsein und dem seelischen Bewusstsein kein gefestigter ist. Derjenige, in welchem der Kontakt wohl fundiert ist, ist immer glücklich.

Das seelische Wesen arbeitet mit Beharrlichkeit und Inbrunst, um die zu bewerkstelligende Einung zu einer vollendeten Tatsache zu machen, doch beklagt es sich niemals, und weiß auf die Stunde der Verwirklichung zu warten.

DIE MUTTER (14:357)

Das reine seelische Wesen besteht aus der Essenz des Ananda, es stammt von der Seligkeitsseele im Universum; das oberflächliche Herz der Emotionen aber wird durch die widerstreitenden Erscheinungen der Welt niedergedrückt, und erduldet viele Reaktionen von Leid, Furcht, Niedergeschlagenheit und Leidenschaft, sowie von kurzlebiger und teilweiser Freude.

SRI AUROBINDO (21:708)

Du kannst deine Möglichkeiten vervielfältigen, vergrößern und mehren; du kannst plötzlich etwas hervorbringen, von dem du nicht wusstest, dass es in dir sei … Wenn man sein seelisches Wesen entdeckt, entwickeln und offenbaren sich gleichzeitig ganz unerwartete Dinge, die man vorher keinesfalls tun konnte, und von denen man nicht annahm, dass sie in der eigenen Natur liegen würden. Auch hiervon weiß ich zahlreiche Beispiele …

Ich kannte ein junges Mädchen, die in einem sehr durchschnittlichen Milieu geboren wurde, nicht viel Erziehung genossen hatte, sich in einem recht schwerfälligen Französisch ausdrückte, und ihre Vorstellungskraft nicht entwickelt hatte und überhaupt keinen literarischen Sinn besaß: solcherart waren unter anderem die Möglichkeiten, die sie nicht hatte. Nun, dann hatte sie die innere Erfahrung der Fühlungnahme mit ihrem seelischen Wesen, und solange diese lebendig und sehr gegenwärtig war, schrieb sie bewundernswerte Dinge. Wenn sie von diesem [Bewusstseins-] Zustand in ihren gewöhnlichen zurück verfiel, konnte sie keine zwei Sätze richtig zusammenbringen! Und ich sah Beispiele von beiden Arten ihrer Schriftstellerei.

Es ist ein Genius in jedem von uns – wir wissen es nur nicht. Wir müssen den Weg finden, damit er hervortritt, er ist da und schläft, er bittet um nichts anderes, als sich offenbaren zu dürfen; wir müssen ihm die Tür öffnen.

DIE MUTTER (9:396)

Ich bin auch gefragt worden, ob das seelische Wesen oder das seelische Bewusstsein dasjenige Medium sei, durch welches die Inspiration wahrgenommen werde.

Im Allgemeinen, ja. Der erste Kontakt, den du mit höheren Regionen hast, ist ein seelischer. Gewiss, bevor ein inneres seelisches Öffnen erreicht wird, ist es schwierig, diese Inspirationen zu haben. Es kann ausnahmsweise vorkommen und unter außergewöhnlichen Bedingungen als eine Gnade, doch der wahre Kontakt kommt durch die Seele – weil das seelische Bewusstsein ganz bestimmt das Medium mit der größten Affinität zur göttlichen Wahrheit ist.

Später, wenn man aus dem mentalen Bewusstsein in ein höheres Bewusstsein jenseits des Mentals aufgetaucht ist, selbst jenseits des höheren Mentals, und wenn man sich den Regionen des Obermentals öffnet, und durch das Obermental dem Supramental, kann man die Inspirationen direkt empfangen. Und dort natürlich werden sie häufiger, reicher, wenn man es so ausdrücken will, vollständiger. Es kommt dann eine Zeit, in der Inspiration nach Wunsch erlangt werden kann, das aber setzt offensichtlich eine beträchtliche innere Entwicklung voraus.

DIE MUTTER (10:5)

Jeder von euch sollte fähig sein, mit seinem seelischen Wesen die Fühlung aufzunehmen, es ist keine unerreichbare Sache. Dein seelisches Wesen ist genau deshalb da, um dich mit den göttlichen Kräften in Kontakt zu bringen. Und wenn du in Kontakt mit deinem seelischen Wesen bist, beginnst du zu fühlen, eine Art Wahrnehmung dessen zu haben, was göttliche Liebe sein kann. Wie ich gerade gesagt habe, ist es nicht genug, dass du eines Morgens aufwachst und sagst: „Oh, ich wäre gerne in Kontakt mit der göttlichen Liebe“, so ist es nicht. Wenn es dir gelingt, durch eine anhaltende Bemühung, durch eine tiefe Konzentration, durch ein großes Vergessen des Selbstes in Kontakt mit deinem seelischen Wesen zu kommen, würdest du nicht einmal davon träumen, zu denken: „Oh, ich wäre gerne in Kontakt mit der göttlichen Liebe“ – du bist dann in einem Zustand, in dem alles diese göttliche Liebe zu sein scheint, und nichts sonst. Und dennoch ist es nur eine Umkleidung, es ist aber die Umkleidung mit einem schönen Gewebe.

Also, die göttliche Liebe braucht nicht für sich und getrennt vom seelischen Wesen gesucht und erkannt werden?

Nein, finde dein seelisches Wesen und du wirst verstehen, was göttliche Liebe ist. Versuche nicht in direkten Kontakt mit der göttlichen Liebe zu kommen, denn dies wird wiederum ein vitales Begehren sein, das dich treibt; du wirst dir dessen vielleicht nicht bewusst sein, aber es wird ein vitales Begehren sein.

Du musst dich bemühen, mit deinem seelischen Wesen in Kontakt zu kommen, bewusst und frei im Bewusstsein deines seelischen Wesens zu werden, und dann, ganz natürlich, spontan, wirst du wissen, was göttliche Liebe ist.

DIE MUTTER (4:245)

Auf der physischen Ebene drückt sich das Göttliche durch Schönheit aus, auf der mentalen Ebene durch Wissen, auf der vitalen Ebene durch Macht und auf der seelischen Ebene durch Liebe.

Wenn wir uns hoch genug erheben, entdecken wir, dass diese vier Aspekte sich miteinander in einem einzigen Bewusstsein vereinen, voller Liebe, leuchtend, mächtig, schön, alles enthaltend, alles durchdringend. Allein, um dem universalen Spiel Genüge zu tun, teilt sich dieses Bewusstsein in verschiedene Linien oder Aspekte der Manifestation auf.

DIE MUTTER (15:6)

Je tiefer die Emotion, je intensiver die Bhakti ist, desto größer ist die Kraft für die Verwirklichung und Umwandlung. Die Intensität der Emotion bringt meist das seelische Wesen zum Erwachen – und denn öffnen sich die inneren Türen dem Göttlichen.

SRI AUROBINDO (23:780)

Die Emotion ist ein gutes Element im Yoga, das emotionale Begehren aber wird leicht zu einer Ursache der Störung, zu einem Hindernis.

Wende deine Emotionen dem Göttlichen zu, strebe nach ihrer Läuterung – dann werden sie zu einer Hilfe auf dem Weg und sind nicht mehr eine Ursache des Leidens.

Die Emotion nicht abzutöten, sondern sie dem Göttlichen zuzuwenden, das ist der richtige Weg im Yoga.

Sie muss aber eine reine Emotion werden und auf spirituellem Frieden und spiritueller Freude aufgebaut sein, und sie muss in Ananda umgewandelt werden können. Gleichmut und Ruhe im Mental und den vitalen Teilen und ein intensives seelisches Gefühl im Herzen können durchaus harmonieren.

Erwecke durch dein Streben das seelische Feuer im Herzen, das stetig zum Göttlichen brennt – das ist der einzige Weg, die emotionale Natur zu befreien und zu vollenden.

SRI AUROBINDO (23:780)

Nur die gewöhnlichen vitalen Emotionen sind es, die Energie verschwenden und die Konzentration und den Frieden stören, und die verhindert werden müssen. Emotion als solche ist nichts Schlechtes; sie ist ein notwendiger Teil der menschlichen Natur, und die seelische Emotion ist eine der machtvollsten Hilfen der Sadhana. Diese seelische Emotion, welche die Tränen der Liebe für das Göttliche oder die Tränen des Ananda auslöst, sollte nicht unterdrückt werden; es ist allein das vitale Gemisch, das die Störung in der Sadhana verursacht.

SRI AUROBINDO (23:781)

Die emotionale Anbetung ist äußerlicher als die seelische – sie neigt dazu, sich äußerlich auszudrücken. Die seelische ist innerlich, und kann die Richtung für das ganze innere und äußere Leben bestimmen. Die emotionale kann zwar intensiv sein, ist aber in ihrer Grundlage weder fest noch machtvoll genug, um richtungsändernd auf das Leben einzuwirken.

SRI AUROBINDO (23:781)

Wie oft haben wir das wiederholt: alles, was vom Mental stammt, ist gänzlich relativ. Je gebildeter das Mental ist und sich verschiedenen Disziplinen unterworfen hat, desto fähiger wird es, zu beweisen, dass das, was es vorbringt oder was es sagt, richtig sei. Man kann die Richtigkeit von allem und jedem durch Argumentation beweisen, doch dadurch wird es nicht wahr. Es bleibt eine Meinung, ein Vorurteil, ein Wissen, das auf Erscheinungen beruht, die als solche mehr als zweifelhaft sind.

Es scheint also nur einen Ausweg zu geben, und der ist, seine Seele zu suchen und zu finden. Sie ist da, sie will sich nicht verstecken, sie spricht nicht mit dir, um die Dinge zu komplizieren; im Gegenteil, sie gibt sich große Mühe, dir dabei zu helfen, gefunden und gehört zu werden. Doch zwischen deiner Seele und deinem aktiven Bewusstsein, gibt es zwei Wesen, die eine Menge Lärm schlagen, das Mental und das Vital. Und weil sie viel Lärm machen, während die Seele das nicht tut – oder vielmehr so wenig wie möglich tut –, hindert ihr Lärmen dich daran, die Stimme der Seele zu hören.

Wenn du nun wissen willst, was deine Seele weiß, musst du dich innerlich bemühen, sehr aufmerksam zu sein; und in der Tat, wenn du aufmerksam bist, kannst du hinter dem äußeren Lärm von Mental und Vital etwas sehr Subtiles, sehr Ruhiges, sehr Friedvolles wahrnehmen – etwas das weiß, und auch sagt, was es weiß. Aber die Hartnäckigkeit der anderen ist so zwingend, während jene so ruhig ist, dass du sehr leicht verleitet wirst, auf das zu hören, was den meisten Lärm macht; meist erkennst du erst hinterher, dass jene recht hatte. Sie erlegt sich dir nicht auf, sie zwingt dich nicht zu hören, denn sie ist ohne Ungestüm.

Wenn du zögerst, wenn du dich fragst, was unter diesen oder jenen Umständen zu tun sei, kommen das Begehren und die mentalen und vitalen Vorlieben, die einen Druck ausüben, die beharren, bestätigen und sich aufdrängen und, mit den besten Gründen der Welt, Beweismaterial für sich aufbauen. Und wenn du nicht auf der Hut bist, wenn du dir nicht eine feste Disziplin auferlegt hast, wenn du nicht die Gewohnheit der Selbstkontrolle hast, überzeugen sie dich schließlich, dass sie im Recht sind. Und, wie ich kurz zuvor sagte, sie schlagen soviel Lärm, dass du die winzige Stimme oder die winzige, sehr ruhige Andeutung der Seele nicht einmal hörst, welche sagt: „Tu es nicht.“

Dieses „Tu es nicht“ kommt oft, doch du verwirfst es als etwas, das keine Macht hat und folgst deinem impulsiven Geschick. Doch wenn du wahrhaft aufrichtig bist in deinem Willen, die Wahrheit zu finden und zu leben, dann lernst du immer besser zu hören, du lernst mehr und mehr zu unterscheiden, und selbst wenn es dich eine Anstrengung kostet, selbst wenn es dir Schmerz verursacht, lernst du zu gehorchen. Und selbst, wenn du nur einmal gehorcht hast, ist es eine machtvolle Hilfe, ein beträchtlicher Fortschritt auf dem Pfad der Unterscheidung zwischen dem, was die Seele ist und was nicht. Mit diesem Unterscheidungsvermögen und der notwendigen Aufrichtigkeit, wirst du mit Sicherheit das Ziel erreichen.

Nur solltest du es nicht eilig haben, du darfst nicht ungeduldig sein, du musst sehr ausdauernd sein. Du tust zehn Mal das Falsche, bevor du einmal das Richtige tust. Wenn du aber das Falsche tust, darfst du nicht alles verzweifelt aufgeben, sondern musst dir sagen, dass die Gnade dich niemals verlässt, und dass es das nächste Mal besser sein wird.

Wir sagen also abschließend, dass du, um die Dinge zu erkennen wie sie sind, dich zuerst mit deiner Seele vereinen musst, und um dich mit deiner Seele vereinen zu können, musst du es beharrlich und ausdauernd wollen.

Nur die Intensität der Konzentration auf das Ziel kann den Weg verkürzen.

DIE MUTTER (10:24)

Liebe Mutter, ist es möglich mit dem menschlichen Mental die Seele eines anderen Menschen zu erkennen?

Die Dinge sind nicht so scharf umrissen und getrennt wie sie im Sprechen sind; genau deshalb ist es ziemlich schwierig, in sich selbst sehr klar und deutlich die verschiedenen Teile des Wesens zu sehen, außer man hatte ein sehr langes Training und eine lange Schulung, um zu lernen und zu beobachten. Es gibt keine Isolierungen zwischen der Seele und dem Mental, dem Vital, und selbst dem Physischen. Es gibt eine Infiltration der Seele in das Mental. In manchen Menschen ist sie sogar ganz beträchtlich, sie ist wahrnehmbar. Daher ist der Teil des Mentals, der eine gewisse Sensibilität hat, einen gewissen subtilen Kontakt mit dem seelischen Wesen, fähig, die Gegenwart der Seele in anderen zu fühlen.

Jene, die in bestimmten Ausmaß die Fähigkeit haben in das Bewusstsein von anderen einzutreten, bis zu dem Punkt, wo sie fähig sind, deren Denken und mentale Aktivität direkt wahrzunehmen oder zu fühlen, welche in die mentale Atmosphäre von anderen eintreten können, ohne Worte gebrauchen zu müssen, um sich verständlich zu machen – diese Menschen können leicht unterscheiden zwischen jemanden, dessen Seele aktiv ist und jemanden, dessen Seele schläft. Die Aktivität der Seele gibt der mentalen Aktivität eine besondere Färbung – sie ist leichter, umfassender und leuchtender – das kann gefühlt werden. Zum Beispiel, wenn du in die Augen von jemanden schaust, vermagst du mit einiger Sicherheit zu sagen, dass diese Person eine lebendige Seele hat, oder aber, dass du seine Seele in seinen Augen nicht siehst. Viele Menschen können das fühlen und sagen – „viele“, ich meine, unter den entwickelten Menschen. Aber natürlich, genau zu wissen, wie weit jemandes Seele erwacht und aktiv ist, inwieweit sie das Wesen lenkt, inwieweit sie der Meister ist, muss man selbst das seelische Bewusstsein haben, denn allein das kann endgültig entscheiden. Es ist trotzdem nicht ganz ausgeschlossen, eine innere Vibration zu spüren, die dich sagen lässt: „Oh, diese Person hat eine Seele.“

Nun, offensichtlich ist meist das, was die Menschen „Seele“ nennen – einige Initiierte ausgenommen – die vitale Aktivität. Wenn jemand ein starkes, aktives, widerspenstiges Vital hat, das die Tätigkeiten des Körpers lenkt, das einen sehr lebendigen oder intensiven Kontakt mit Menschen und Dingen und Ereignissen hat, wenn es einen ausgeprägten Sinn für Kunst hat, für alles, was Schönheit ausdrückt, sind wir im Allgemeinen versucht zu sagen: „Oh, er hat eine lebendige Seele“; es ist aber nicht seine Seele, es ist sein vitales Wesen, das lebendig ist, und die Tätigkeiten des Körpers dominiert. Das ist der erste Unterschied zwischen jemanden, der sich zu entwickeln beginnt und jenen, die noch in der Trägheit, dem tamas des rein stofflichen Lebens befangen sind. Es verleiht sowohl der Erscheinung als auch der Tätigkeit eine Art Vibration, eine intensive Vibration, die oft den Eindruck entstehen lässt, dass diese Person eine lebendige Seele hat; es stimmt aber nicht, es ist ihr Vital, das entwickelt ist, das eine spezielle Fähigkeit besitzt, und stärker als die physische Trägheit ist, und eine Vibration, ein Leben und eine Aktivität von großer Intensität verleiht, welche jene, deren vitales Wesen nicht entwickelt ist, nicht besitzen. Diese Verwechslung zwischen vitaler Aktivität und der Seele ist eine sehr häufige … Die vitale Vibration ist viel eher wahrnehmbar für das menschliche Bewusstsein als die Vibration der Seele.

Um die Seele in jemanden wahrzunehmen, muss das Mental in der Regel sehr ruhig sein – sehr ruhig, denn wenn es aktiv ist, werden seine Vibrationen gesehen, nicht die der Seele.

Und dann, wenn du jemanden betrachtest, der sich seiner Seele bewusst ist und in seiner Seele lebt – wenn du ihn betrachtest, hast du den Eindruck in die Person hinabzusteigen, tief, tief, tief in sie einzutreten, weit, weit, weit, weit innen; während meist, wenn du in die Augen von jemanden schaust, du sehr bald auf eine Fläche stößt, die vibriert und deinen Blick erwidert, aber du hast nicht das Gefühl, hinabzusteigen, nach unten, tief wie in ein Loch, und sehr weit, sehr, sehr, sehr weit innen, … und dann hast du … eine kleine, sehr ruhige Reaktion. Im anderen Fall trittst du ein – es gibt Augen, in die du nicht eintreten kannst, sie sind geschlossen wie eine Tür. Und wiederum gibt es Augen, die offen sind – du trittst ein und dann, ziemlich nah dahinter, erreichst du etwas, das pulsiert, so, manchmal leuchtend, vibrierend. Und dann, das ist es; wenn du dich irrst, sagst du: „Oh, er hat eine lebendige Seele“ – es stimmt nicht, es ist sein Vital.

Um die Seele zu finden, musst du es so machen (Geste des Tief-nach-Innen Gehens), so, zieh dich zurück von der Oberfläche, zieh dich tief nach innen zurück und geh hinein, geh hinunter, hinunter in ein sehr tiefes Loch, still, reglos, und dort, dort ist eine Art von … etwas Warmes, Ruhiges, reich an Substanz und sehr still, sehr voll, wie etwas Süßes, das ist deine Seele.

Und wenn man beharrlich und sich seiner selbst bewusst ist, stößt man auf eine Art von Fülle, die das Gefühl von etwas Vollständigem verleiht, das unergründliche Tiefen birgt, die, würde man in sie eintreten, viele Geheimnisse enthüllten … wie die Spiegelung von etwas Ewigem in sehr friedvollen Wassern. Und man fühlt sich nicht länger durch die Zeit begrenzt.

Man hat das Gefühl, immer gewesen zu sein und in alle Ewigkeit zu sein.

So ist es, wenn man den Kern der Seele berührt hat.

Und wenn der Kontakt bewusst und vollständig genug war, befreit er dich von der Fessel der äußeren Form; du hast nicht länger die Empfindung, dass du nur deshalb lebst, weil du einen Körper hast. Das ist meist die übliche Empfindung des Wesens, so sehr an diese äußere Form gebunden zu sein, dass man an den Körper denkt, wenn man an „sich selbst“ denkt. Das ist die übliche Sache. Die persönliche Wirklichkeit ist die Wirklichkeit des Körpers. Erst wenn man sich um die innere Entwicklung bemüht und versucht hat, „etwas“ im eigenen Wesen zu finden, das ein wenig beständig ist, beginnt man zu fühlen, dass dieses „Etwas“, das durch alle Zeiten und allen Wechsel immer bewusst ist, dass dieses Etwas „ich selbst“ sein muss. Das jedoch erfordert bereits ein Forschen, das ziemlich tief geht. Im anderen Fall, wenn du denkst: „Ich werde dies tun“, „Ich brauche jenes“, ist es immer dein Körper, eine kleine Art von Willen, der aus einem Gemisch von Gefühlen besteht, von mehr oder weniger verworrenen, sentimentalen Reaktionen und noch konfuseren, vermischten Gedanken, die von einem Impuls, einer Anziehung, einem Begehren, einer Art von Willen angeregt werden; und all das wird augenblicklich „ich selbst“ – aber nicht direkt, denn man sieht dieses „ich selbst“ nicht als unabhängig von Kopf, Körper, Armen und Beinen und allem, was sich bewegt an – es ist sehr eng damit verbunden.

Erst nachdem du viel nachgedacht, viel gesehen, viel gelernt, viel beobachtet hast, beginnst du zu erkennen, dass das eine mehr oder weniger unabhängig vom anderen ist, und dass der Wille dahinter, es entweder handeln lässt oder nicht, und dann fängst du an, dich mit der Bewegung, der Tätigkeit, nicht mehr völlig zu identifizieren, zu erkennen, dass etwas schwebt. Doch um das zu erkennen, hast du viel zu beobachten.

Und dann musst du noch viel mehr beobachten, um zu sehen, dass diese zweite Sache, diese Art von aktivem, bewussten Willen von etwas anderem in Bewegung gesetzt wird, das beobachtet, urteilt, entscheidet und versucht, seine Entscheidungen auf Wissen zu gründen – das geschieht noch viel später. Und daher, wenn du beginnst dieses „etwas andere“ zu sehen, beginnst du zu erkennen, dass es die Macht hat, die zweite Sache, die ein aktiver Wille ist, in Bewegung zu setzen; und nicht nur das, sondern dass es eine sehr direkte und sehr wichtige Wirkung auf die Reaktionen hat, die Gefühle, die Sinneswahrnehmungen, und dass es schließlich alle Regungen des Wesens zu kontrollieren vermag – dieser Teil, der wacht, beobachtet, urteilt und entscheidet. Das ist der Anfang der Kontrolle. Wenn man sich dessen bewusst wird, hat man den Faden ergriffen, und wenn man von Kontrolle spricht, weiß man: „Ah, ja, dies ist es, was die Macht der Kontrolle hat.“

So lernt man sich selbst beobachten.

DIE MUTTER (9:308)

Zu Beginn der Menschheit war das Ego das einende Element. Um das Ego wurden die verschiedenen Daseinszustände gruppiert; doch nun, da die Geburt der Übermenschheit vorbereitet wird, muss das Ego verschwinden und dem seelischen Wesen Platz machen, das durch die göttliche Intervention langsam geformt wurde, um das Göttliche im menschlichen Wesen zu manifestieren.

Unter diesem Einfluss der Seele manifestiert sich das Göttliche im Menschen und bereitet so das Kommen der Übermenschheit vor. Die Seele ist unsterblich, und es ist die Seele, durch welche die Unsterblichkeit auf Erden manifestiert werden kann.

Daher ist das Wichtige, jetzt die Seele zu finden, sich mit ihr zu einen, und ihr zu erlauben, das Ego zu ersetzen, das gezwungen werden wird, sich entweder umwandeln zu lassen oder zu verschwinden.

DIE MUTTER (16:432)

1 Zu der Zeit, als dieses Gespräch veröffentlicht wurde, fügte die Mutter der Genauigkeit halber folgende Bemerkung hinzu: „Einige Teile des Vitals sind Welten der Unordnung und die Wesen, die dem Vital innewohnen, haben kein seelisches Wesen. Das seelische Wesen existiert nur auf Erden, in der physischen Welt. Daher sagte ich in Kürze, dass der göttliche Funke, der die Seele um sich anordnet, die Welten der Unordnung überging und sich direkt in der physischen Welt manifestierte, um dort diese Möglichkeit der Ordnung um den göttlichen Funken zu schaffen.“

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