Kapitel 1

Liebe und Bhakti für Krishna

Worte Sri Aurobindos

Was Krishna anbelangt, warum näherst du dich ihm nicht einfach und geradewegs? Die einfache Annäherung ist gleichbedeutend mit Vertrauen. Wenn du betest, vertraue darauf, dass er dich erhört. Wenn die Erwiderung lange auf sich warten lässt, vertraue darauf, dass er es weiß und dich liebt und dass er in seiner Weisheit die richtige Zeit wählen wird. Reinige in der Zwischenzeit ruhig das Gelände, damit er nicht über Stock und Stein stolpern möge, wenn er schließlich kommt. Das ist mein Vorschlag, und ich weiß, was ich sage – denn was immer du auch denken magst, ich kenne sehr wohl all die menschlichen Schwierigkeiten und Kämpfe, und ich weiß um ihre Heilung. Daher lege ich soviel Wert auf das, was die Kämpfe und Schwierigkeiten vermindern und abkürzen würde, nämlich auf die seelische Wende, den Glauben, ein vollkommenes und einfaches Vertrauen und Sich-Verlassen. Du wirst dich erinnern, dass dies die Ziele des Vaishnava-Yoga sind. Natürlich, es gibt auch den anderen Vaishnava-Weg, der zwischen Sehnen und Verzweiflung hin und her pendelt – inbrünstiges Suchen und Trennungsschmerz. Diesem letzteren scheinst du zu folgen, und ich leugne nicht, dass man auch auf ihm das Ziel erreichen kann, wie beinahe auf jedem anderen Weg, sofern man ihm ernsthaft folgt. Jene aber, die ihm folgen, finden dann sogar Geschmack an der Trennung, an der Abwesenheit und der Laune des Göttlichen Liebenden. In ihren Liedern berichten einige, wie sie ihm ihr ganzes Leben folgten, er aber immer wieder ihrer Schau entglitt, und selbst hieran finden sie Gefallen und suchen ihn immerzu. Du aber findest keinen Gefallen daran, weshalb du nicht erwarten kannst, dass ich diesem Weg für dich zustimme. Folge Krishna um jeden Preis, doch mit der festen Absicht, ihn zu erreichen, folge ihm nicht mit der Befürchtung eines Fehlschlages oder indem du irgendwie der Möglichkeit zustimmst, auf halbem Wege abzubrechen.

Worte Sri Aurobindos

Die direkte Annäherung an Krishna ist nicht sicher oder einfach; es kann manchmal schrecklich riskant sein, wenn etwas im Sadhak ist, das die Klarheit und Einzigartigkeit seiner Haltung beeinträchtigt. In diesem Fall kann jedes falsche Begehren, jede Eitelkeit, jeder Stolz, jede sexuelle Unreinheit, jeder Ehrgeiz oder jede andere ausgeprägte Schwäche den Weg zu einer ernsthaften Verzerrung der Sadhana ebnen, die sich in falsche Bahnen verwandelt, zu einer Störung oder einem Scheitern führen, sogar in das spirituelle Verderben. Krishnas eigener Einfluss kann kein falscher Einfluss sein, wenn es wirklich der seinige ist, doch man kann ihn leicht mit einem anderen Einfluss verwechseln und diesen als seinen akzeptieren. Krishna ist der Herr der Liebe und Schönheit und der Freude, und nichts ist einfacher für die Menschen, die auf der Suche nach diesen Dingen immer in die falsche Richtung gehen, ihre falsche Art und Weise der Suche nach ihm mit hineinbringen. Diese Erfahrung muss einer der Gründe sein, warum die Seher darauf bestanden, sich Krishna durch einen Guru zu nahen, da man ansonsten nicht zu ihm gelangen könne. Darum bestanden sie auf vairagya, auf der Loslösung von den gewöhnlichen Zielen und Zwecken der menschlichen Natur, wenn es notwendig sei. Deshalb zeigt sich Krishna auch nicht gerne, bis das Feld für ihn frei ist! Die Intervention einer Macht oder eines Einflusses, die sich als Krishna darstellt, sogar seine Gestalt oder Stimme nachahmt, wären fatal, akzeptierte man sie; aber selbst seine wirkliche Offenbarung könnte jemanden aus der Fassung bringen, der nicht wirklich bereit dafür ist. Man muss sich vor diesen Gefahren hüten, und es ist der Guru, der sich als Schutzschild gegen sie einsetzen kann.

Worte Sri Aurobindos

Natürlich, der Verehrer liebt Krishna, weil Krishna liebenswert ist, und aus keinem anderen Grund – das ist sein Gefühl, sein wahres Gefühl. Er hat keine Zeit, sich den Kopf darüber zu zerbrechen, was ihn zur Liebe befähigt; ihm genügt die Tatsache, dass er liebt, und er braucht seine Gefühle nicht zu analysieren. Für ihn besteht die Gnade Krishnas darin, dass Krishna liebenswert ist, dass er sich dem Verehrer zeigt, dass er ihn ruft und seine Flöte ihn lockt. Das ist genug für das Herz, und wenn es nach mehr verlangt, dann ist es die Sehnsucht, dass der andere oder dass alle die Flöte hören, sein Antlitz sehen und die ganze Schönheit und die Wonne seiner Liebe fühlen mögen.