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  1. ALLES LEBEN IST YOGA
  2. Depression – Ursache und Heilung

Kapitel 1

Orientierungshilfe für einen verwirrten Jünger

Seher, tiefherziger Du, göttlicher König der Geheimnisse,

Geheime Quelle der Liebe, die mitten aus Gottes Herz entsprang,

Wege kennst Du, die kein Fuß in der Zeit je ging.

Ich verstehe meine gegenwärtige Verfassung nicht. Ich bin ratlos, was meinen Weg und mein Tun anbelangt. Bitte führe mich.

Ich verstehe nicht ganz, was dich zu diesen Fragen bewegt. Es hört sich so an, als ob du es dir gestattet hast, dich von der schwammigen und konfusen Atmosphäre der Entmutigung und öden Fragerei beeinflussen zu lassen, die viele hier im Ashram befallen hat. Es gibt sonst keinen anderen Grund für solche Gefühle. Wo bist du? Du bist hier in der Gegenwart der Mutter und in meiner Nähe. Wohin gehst du? Auf die Einung mit dem Göttlichen zu, durch Weihung und Dienen. Was tust du hier? Dem Göttlichen dienen und dich geben. Das Übrige hängt, so wie die Mutter es dir bereits geschrieben hat, von der Einfachheit und der Vollständigkeit ab, mit der du dich gibst und mit der du dienst. Gibt es noch etwas Besonderes in deinen Gedanken, das dich verwirrt hat, so ist es besser, du bringst es ganz deutlich zur Sprache. Aber höre nicht auf die ausgesprochenen oder still suggerierten Gedanken, die sich hier im Ashram umherbewegen und von denen ich gesprochen habe, denn diese sind ein Gift, das nur Unzufriedenheit und Depression bringen wird.

Kapitel 2

Lass dich von der Depression nicht deprimieren

Jegliche Depression ist schlecht, da sie das Bewusstsein senkt, Energie verschwendet und feindlichen Kräften Einlass gewährt.

Sich einer Depression hinzugeben, wenn die Dinge falsch laufen, ist der schlechteste Weg, einer Schwierigkeit zu begegnen. Es muss irgendein Begehren oder ein Verlangen in dir stecken, bewusst oder unbewusst, das sich erhebt und revoltiert, wenn es nicht befriedigt wird. Der beste Weg ist, sich seiner bewusst zu sein, ihm ruhig zu begegnen und es fortwährend hinauszustoßen.

Wenn das niedere Vital (nicht nur das Mental) zu der festen Überzeugung käme, dass jedes Begehren und jede Forderung im Widerspruch zur Wahrheit stehen, und es nicht länger nach ihnen rufen würde, dann würden diese Dinge sehr bald ihre Kraft zur Wiederkehr verlieren.

Die Depression und das vitale Ringen in deinem früheren Bestreben hatten vermutlich ihre Ursache in Übereifer und der Bemühung um ein Ergebnis; als dann ein Absinken des Bewusstseins eintrat, kam ein niedergeschlagenes, enttäuschtes und verwirrtes Vital zum Vorschein, das den Einflüssen des Zweifels, der Verzagtheit und Trägheit, die von der feindlichen Seite der Natur stammen, völlig Einlass gewährte. Du musst eine feste Grundlage der Stille und des Gleichmuts im Vital und Physischen erstreben und ebenso im mentalen Bewusstsein; lass ein volles Herabströmen der Macht und des Ananda geschehen, doch in einen starken adhara, der in der Lage ist, sie aufzunehmen – diese Fähigkeit und Stärke werden durch vollständigen Gleichmut verliehen.

Im Yoga gilt die Regel, sich durch eine Depression nicht deprimieren zu lassen, sondern sich davon zu distanzieren, ihre Ursachen zu entdecken und sie zu beseitigen; denn die Ursache liegt immer in einem selbst, vielleicht ist es eine vitale Schwäche irgendwo, eine falsche Bewegung, der man nachgegeben hat, oder ein kleinliches Begehren, das eine Rückwirkung hervorruft, manchmal indem man es befriedigt, manchmal indem man es zurückweist. Im Yoga löst ein befriedigtes Begehren oder eine falsche Bewegung, der man sich hingibt, sehr häufig eine schlimmere Rückwirkung aus als ein Begehren, das man zurückweist.

Wichtig für dich ist, mehr und mehr tief im Innern zu leben und weniger im äußeren vitalen und mentalen Teil, der diesen Eindrücken ausgesetzt ist. Das innerste seelische Wesen wird durch sie nicht deprimiert; es hat seine eigene Nähe zum Göttlichen und sieht die kleinen Bewegungen an der Oberfläche als äußere Dinge, die dem wahren Wesen fremd sind.

Die äußeren Ursachen für die Verzagtheit liefert das Mental, und es ist das Mental, das auf sie reagiert oder nicht reagiert. Nichts Äußeres kann dich anfechten, wenn das Mental (meist das vitale Mental) es sich nicht auf eine bestimmte Weise selber darstellt und seine eigene Reaktion darauf schafft.

Das vitale Mental ist Teil des Mentals. Solange das Mental (das mentale Mental, das vitale Mental, das physische Mental, das unterbewusste Mental) nicht auf äußere Dinge reagiert, ist eine Depression unmöglich. Was niemals deprimiert sein kann, ist auf der einen Seite das Selbst, auf der anderen der Stein und dazwischen das wahre Mental, das wahre Vital, das wahre physische Bewusstsein – weil sie nicht auf Dinge ansprechen, die eine Depression auslösen.

Die Arbeit der Selbstläuterung und Wandlung ist ohne Straucheln, Versagen usw. nicht möglich; sich deswegen aber aufzuregen oder reumütig zu werden, ist eher schädlich als förderlich; es führt leicht zu einer Depression, und diese wiederum bringt eine Umwölkung des Mentals und Schwäche mit sich. Die falsche Bewegung und ihre Natur ruhig zu beobachten (in diesem Fall war es die Zunge, welche Fehler beging, und die Zunge ist immer ein sich leicht irrendes Glied) und sie innerlich in Ordnung zu bringen, ist stets der beste Weg. Was ständig bewahrt werden muss, ist Ruhe, besonders wenn es die wahre spirituelle Ruhe des Selbstes ist; damit kann alles Übrige zur rechten Zeit und mit der geringstmöglichen Störung geschehen.

Wer fühlte nicht irgendwo in sich die Verworrenheit oder Unwissenheit, solange das volle Licht und die wahre Kraft noch nicht eingetreten sind? Dein Fehler ist, dass du immer über die Verwirrung nachdenkst und mit ihr ringst, ihr Wichtigkeit beimisst und, indem du dich mit ihr beschäftigst, sie vergrößerst und behandelst, als wäre sie die einzige wirkliche und wahre Sache. Wenn du die Yoga-Kraft fühlst, wende dich der Kraft zu und lass sie wirken – diese Kraft ist es, die dich von Verwirrung und Finsternis befreit; es geschieht nicht durch dich oder dein Grübeln und Ringen. Was hast du davon zu erforschen, ob dein Glaube und Vertrauen von der „wahren“ Art sind oder nicht? Fühle die Kraft, sei ruhig, lasse sie wirken – das ist alles, was gebraucht wird.

Genauso wie uns ständig Kräfte umgeben, deren Anliegen es ist zu deprimieren und zu entmutigen, sind auch immer Kräfte über uns und um uns, auf die wir uns stützen können, die wir in uns hereinziehen können, damit sie uns regenerieren und erneut mit Stärke, Glauben, Freude und jener Macht erfüllen, die ausharrt und überwindet. Man kann es tatsächlich zu einer Gewohnheit machen, sich diesen hilfreichen Kräften zu öffnen und sie entweder passiv zu empfangen oder aktiv in Anspruch zu nehmen – denn beides ist möglich. Es ist leichter, wenn du weißt, dass sie über dir und um dich herum sind, und wenn du den Glauben und Willen hast, sie zu empfangen – denn das bringt dann die Erfahrung und das konkrete Gefühl von ihnen und die Fähigkeit, sie bei Bedarf oder nach Wunsch aufzunehmen. Es ist eine Frage der Gewöhnung deines Bewusstseins an die Möglichkeit, mit diesen hilfreichen Kräften in Kontakt zu kommen und den Kontakt zu bewahren – und zu diesem Zweck musst du dich daran gewöhnen, die Einwirkungen der anderen Kräfte auf dich, wie Depression, Mangel an Selbstvertrauen, Unzufriedenheit und alle ähnlichen Störungen, zurückzuweisen.

Diese Dinge, die dich in deinen Träumen erschrecken wollen, sind lediglich Eindrücke, die dir durch kleine vitale Kräfte aufgedrängt werden, welche dein Vorwärtskommen in der Sadhana verhindern wollen (indem sie dich nervös machen). Sie können dir in Wirklichkeit nichts anhaben, du musst nur alle Furcht zurückweisen. Wenn diese Dinge kommen, halte immer an dem einen Gedanken fest: „Der Schutz der Mutter umgibt mich, mir kann nichts Schlimmes geschehen“ – denn wenn sich die Seele geöffnet und man Glauben an die Mutter hat, ist das genug, um diese Dinge abzuwenden. Viele Sadhaks lernen, wenn sie alarmierende Träume haben, den Namen der Mutter sogar im Traum zu rufen, und dann werden die bedrohlichen Dinge machtlos oder hören auf zu bestehen. Du darfst dich daher nicht einschüchtern lassen und musst diese Eindrücke mit Verachtung zurückweisen. Wenn es etwas Furchterregendes gibt, rufe den Schutz der Mutter herab.

… im Inneren gibt es eine Seele und oben ist die Gnade. „Dies ist alles, was du weißt oder wissen musst“.

Kapitel 3

Das Evangelium des Kummers

Stimmungen von Verzweiflung und Dunkelheit haben Tradition auf dem Pfad der Sadhana – in allen Yogas, ob östlich oder westlich, scheinen sie die Regel gewesen zu sein. Ich weiß selbst alles darüber, aber meine Erfahrung hat mich zu der Erkenntnis geführt, dass sie eine nicht notwendige Tradition sind und dass man ohne sie auskäme, wenn man nur wollte. Deswegen versuche ich, wann immer sie in dir oder anderen auftreten, ihnen die Botschaft des Glaubens gegenüberzustellen. Wenn sie dennoch kommen, muss man so schnell wie möglich hindurch und zurück in die Sonne.

Was die Depression anbelangt, so ist sie tatsächlich eine furchtbare Bürde auf dem Weg… Die Gita sagt ausdrücklich: „Übe den Yoga mit unverzagtem Herzen aus“, anirvinnacetasa. Ich weiß sehr wohl, dass Schmerz und Leid, dass Kampf und Anfälle von Verzweiflung auf dem Weg durchaus an der Tagesordnung sind – sie sind aber nicht unvermeidlich –, nicht weil sie uns helfen, sondern weil sie uns von der Dunkelheit dieser menschlichen Natur auferlegt wurden, aus der wir uns zum Licht hindurchzukämpfen haben.

Das Dürsten nach dem Göttlichen ist die eine Sache und Depression eine ganz andere; auch ist die Depression nicht eine zwangsläufige Folge des ungestillten Durstes nach dem Göttlichen, der zu einem noch heftigeren Dürsten führen kann oder zu einem festen Entschluss und hartnäckiger Anstrengung oder zu einem noch sehnsuchtsvolleren Ruf nach dem Göttlichen oder einer seelischen Betrübnis, die keinesfalls mit Depression und Verzweiflung identisch ist. Eine Depression ist ihrer Natur nach ein umwölkter, düsterer Zustand, und es ist für das Licht schwieriger, Wolken und Düsterkeit zu durchdringen als eine klare Atmosphäre. Es ist eine allgemeine Erfahrung, dass eine Depression das innere Licht behindert.

Ein vada oder Evangelium des Kummers zu schaffen ist gefährlich, weil der Kummer, wenn man sich ihm hingibt, zur Gewohnheit wird und sich festsetzt – und wenn diese Dinge einmal festkleben, dann gibt es nur wenige, die noch klebriger sind.

Die Traurigkeit, von der du sprichst, ist nicht von seelischer Art, denn das „schmerzliche Sehnen“ ist Sache des Vitals und nicht der Seele. Die Seele ist niemals wegen eines enttäuschten Verlangens traurig – es liegt nicht in ihrer Natur; sie fühlt manchmal die Sorge, wenn sie sieht, wie das Göttliche zurückgewiesen wird oder wie sich das Mental, das Vital und das Physische im Menschen oder in der Natur von der Wahrheit abwenden, um der Perversion, der Finsternis oder Unwissenheit zu folgen. Immerhin, wenn das Supramental die Herrschaft angetreten hat, ist selbst die vitale äußere Natur gezwungen, sich zu wandeln, und deshalb wird es für Gefühle dieser Art keine Gelegenheit mehr geben.

Das von der Seele ausgelöste Unbehagen ist nicht Depression, es ist von der Art einer Zurückweisung der falschen Bewegung. Wenn durch das Unbehagen Depression oder vitale Unzufriedenheit ausgelöst wird, hat es mit der Seele nichts zu tun.

Die Neigung zu unbegründeter Traurigkeit, Verzagtheit und die Einbildungen, Ängste und abwegigen Schlussfolgerungen – die, wenn du es genau betrachtest, die gleichen Bewegungen, Ideen und Gefühle und, wie eine Maschine, sogar die gleichen Redensarten ständig wiederholen –, all das ist typisch für das Wirken der niederen vitalen Natur. Der einzige Weg, sich davon zu befreien, ist ihr mit der festen Entschlossenheit des höheren Vitals, des Mentals und des seelischen Wesens zu begegnen, um die niedere vitale Natur zu bekämpfen, zurückzuweisen und zu meistern.

Kapitel 4

Wer die Himmel hier herniederbringen will, muss selbst hinabsteigen in den Schlamm

Die Bürde der Liebe

Nur göttliche Liebe kann die Bürde tragen, welche ich schultern muss, welche all jene schultern müssen, die alles andere dem einen Ziel geopfert haben, nämlich die Erde aus ihrer Dunkelheit heraus zum Göttlichen zu erheben. Ein Gallio-gleicher „Je m’ en fiche“-ism (das kümmert mich nicht) würde mich nicht einen Schritt voranbringen; er wäre sicher nicht göttlich. Es ist etwas ganz anderes, das mich befähigt, ohne Tränen und Klagen zum Ziel voranzuschreiten.

… natürlich muss jeder, der die Erdnatur wandeln möchte, sie zuerst akzeptieren, um sie wandeln zu können. Um aus einem unveröffentlichten Gedicht von mir zu zitieren:

Wer die Himmel hier herniederbringen will,

Muss selbst hinabsteigen in den Schlamm

Und die Bürde irdischer Natur tragen,

Den schmerzvollen Weg beschreiten.1

Nein, nicht mit dem Lichthimmel bin ich beschäftigt – ich wünschte, ich wäre es. Eher mit dem anderen Ende der Dinge: In den Abgrund muss ich eintauchen, um eine Brücke zwischen den beiden zu errichten. Aber auch das ist für meine Arbeit erforderlich, und man muss es auf sich nehmen.

Sri Aurobindos Leben: von Anfang an eine Schlacht

Welch seltsame Vorstellungen mal wieder! – Ich sei mit einem supramentalen Temperament geboren und wisse nichts von harten Realitäten. Guter Gott! Mein ganzes Leben war ein Kampf mit harten Realitäten, mit schwierigen Umständen, Hunger in England und ständigen Gefahren und gewaltigen Schwierigkeiten bis hin zu den weit größeren Schwierigkeiten, die hier in Pondicherry ständig aufkommen, innere und äußere. Mein Leben war von Anfang an eine Schlacht und ist noch eine Schlacht: Die Tatsache, dass ich sie jetzt oben von einem Zimmer aus und mit spirituellen wie auch anderen Mitteln schlage, die äußerlich sind, bedeutet keinen Unterschied für ihren Charakter. Aber da wir diese Dinge nicht hinausposaunt haben, ist es nur natürlich, wenn andere glauben, ich lebte in einem erhabenen, zauberhaften, lotosessenden Traumland, wo sich keine harten Fakten des Lebens oder der Natur präsentieren. Nichtsdestoweniger – was für eine Illusion!

Du glaubst also, dass es in mir (die Mutter bringe ich nicht herein) nie Zweifel oder Verzagen gab, keine Attacken jener Art. Ich habe jede Attacke ertragen, die Menschen ertragen haben, andernfalls wäre ich nicht in der Lage, jemandem zu versichern: „Auch dies lässt sich meistern.“ Zumindest hätte ich kein Recht, so zu reden. Deine Psychologie ist furchtbar starr. Ich wiederhole: Wenn das Göttliche die Bürde irdischer Natur auf sich nimmt, so geschieht dies vollständig, aufrichtig und ohne irgendwelche Zaubertricks oder Vortäuschung. Wenn es etwas hinter sich hat, das stets aus den Umhüllungen hervortritt, so ist es im Wesentlichen dasselbe, wenn auch graduell größer, das auch hinter anderen steht – und um das zu erwecken, ist es da.

Das seelische Wesen tut dasselbe für alle, die für den spirituellen Weg bestimmt sind – man braucht nicht ein außerordentliches Wesen zu sein, um dem Yoga zu folgen. Das ist der Fehler, den du machst – auf Größe herumzureiten, als ob nur die Großen spirituell sein können.

Hilfreiche Schwierigkeiten

Was Glauben betrifft – du schreibst, als ob ich nie Zweifel oder Schwierigkeiten gehabt hätte. Ich hatte schlimmere, als ein menschlicher Geist sich vorstellen kann. Nicht weil ich Schwierigkeiten ignoriert habe, sondern weil ich sie klarer gesehen, sie umfassender erfahren habe als irgend jemand, der jetzt lebt oder vor mir lebte, bin ich mir der Resultate meiner Arbeit sicher, nachdem ich die Schwierigkeiten erfahren und ausgelotet habe. Aber selbst wenn ich die Möglichkeit sähe, dass es auf nichts hinauslaufen könnte (was unmöglich ist), würde ich doch unbekümmert weitermachen, weil ich immer noch zum Besten meiner Kraft die Arbeit geleistet habe, die ich zu tun hatte, und was so getan wird, zählt immer in der Ökonomie des Universums. Aber warum sollte ich das Gefühl haben, dass all dies vielleicht auf nichts hinausläuft, wenn ich doch jeden Schritt sehe und wohin er führt, und jede Woche und jeder Tag – einst war es jedes Jahr und jeder Monat, und hernach wird es jeder Tag und jede Stunde sein – mich meinem Ziel um so viel näher bringt? Auf dem Weg, den man mit dem größeren Licht von oben geht, bringt auch jede Schwierigkeit ihre Hilfe und hat ihren Wert, und auch die Nacht trägt in sich die Bürde des Lichtes, das sein soll.

Stürme und Sonnenweg

Ich stimme Dir zu, der Gedanke einer weiteren Attacke dieser Art ist nicht angenehm. Ich bin selbst wohl mehr ein Held aus Notwendigkeit als aus freier Wahl – ich schätze nicht Stürme und Schlachten, am wenigsten auf der subtil-physischen Ebene. Der Sonnenweg mag eine Illusion sein – obgleich ich das nicht glaube, denn ich sah, wie manch einer ihn jahrelang beschritt. Aber ein Weg mit nur natürlichen oder auch nur gemäßigten Schlechtwetterböen, ein Weg ohne Taifune ist möglich – es gibt so viele Beispiele dafür; durgam pathastat, das ist ein schwieriger Pfad, mag generell wahr sein, und sicher ist der Pfad von laya oder Nirvana äußerst schwierig für die meisten (obgleich es in meinem Fall so war, dass ich in das Nirvana hineingeriet, ohne es zu beabsichtigen, oder vielmehr geriet Nirvana nicht lange nach Beginn meiner yogischen Laufbahn beiläufig in mich hinein, ohne um Erlaubnis zu fragen). Doch der Pfad muss nicht durch periodische heftige Stürme heimgesucht werden, obgleich das für sehr viele eine offensichtliche Tatsache ist. Aber selbst für sie gilt: Wenn sie fest bleiben, so sehe ich, dass nach einem gewissen Punkt die Stürme an Kraft, Häufigkeit, Dauer verlieren. Deswegen bestand ich so sehr darauf, dass du fest bleibst; denn wenn du fest bleibst, muss der Wendepunkt einmal kommen. In jüngster Zeit habe ich einige erstaunliche Beispiele dafür gesehen, wie diese taifunartige Periodizität nach vielen Jahren heftiger Wiederkehr abzuflachen begann.

1 Aus: „A God’s Labour“, später veröffentlicht in Poems Past and Present. Vgl. den Band Collected Poems der Centenary Edition, 1972, p. 99

Kapitel 5

Treue gegenüber dem Licht der Seele und dem göttlichen Ruf

Weise diese Regungen von Zweifel und Niedergeschlagenheit und all das Übrige zurück – sie gehören nicht zu deiner wahren und höheren Natur. Weise diese Suggestionen der Unfähigkeit, Untauglichkeit und all diese irrationalen Bewegungen einer fremden Kraft zurück. Bleibe dem Licht deiner Seele treu, selbst wenn es von Wolken verhüllt ist. Meine Hilfe und die der Mutter werden im Hintergrund wirken, selbst in Augenblicken, in denen du sie nicht fühlen kannst. Das einzige Erfordernis für dich und alle ist, sogar in der Finsternis der dunklen Mächte des physischen Bewusstseins deiner Seele gegenüber unbeirrbar treu zu sein und dich des Göttlichen Rufes zu erinnern. Sei treu, und du wirst siegen.

Als ich davon sprach, dem Licht der Seele und dem göttlichen Ruf treu zu sein, bezog ich mich nicht auf etwas Vergangenes oder auf irgendein Vergehen deinerseits. Ich wollte damit einfach das große Erfordernis hervorheben, sich in allen Krisen und Anfechtungen nicht irgendwelchen Einflüssen, Impulsen und Verlockungen hinzugeben, sondern ihnen allen den Ruf der Wahrheit entgegenzuhalten, das gebieterische Zeichen des Lichtes, und wenn Zweifel und Depressionen auftreten zu sagen: „Ich gehöre dem Göttlichen, ich kann nicht scheitern“, allen Suggestionen von Unreinheit und Untauglichkeit entgegenzuhalten: „Ich bin ein Kind der Unsterblichkeit, erwählt vom Göttlichen; ich brauche nur mir und Ihm gegenüber wahr zu sein – der Sieg ist gewiss; selbst wenn ich zu Fall käme, würde ich mich wieder erheben“, allen Impulsen, sich abzuwenden und einem geringeren Ideal zu dienen, zu erwidern: „Das ist das Größte, das ist die Wahrheit, die allein die Seele in mir befriedigen kann; ich werde durch alle Prüfungen und Leiden hindurch bis zum Ende der göttlichen Reise ausharren.“ Das ist es, was ich unter Treue gegenüber dem Licht und dem Ruf verstehe.

  1. Bibliographie

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