Erster Canto
Das Traum-Zwielicht des Ideals
Alles war noch Finsternis, schrecklich und trostlos;
Es gab weder Wandlung noch Hoffnung auf Wandlung.
In diesem schwarzen Traum, der ein Haus der Leere war,
Ein Wandeln ins Nirgendwo in einem Land des Nichts,
Trieben sie immerfort ohne Ziel und Zweck;
Düsternis führte zu schlimmerer Düsternis, Tiefe zu hohlerer Tiefe,
In irgend positivem Nichtseins planloser Weite
Durch formlose Wüsten, stumm und unerkennbar.
Ein unwirksamer Strahl von leidendem Licht
Verfolgte ihre Schritte durch das verzweifelnde Dunkel
Wie die Erinnerung an eine verlorene Glorie;
Obwohl er wuchs, schien er unwirklich dort,
Bedrängte aber des Nihils schaurig gewaltige Reich,
Unauslöschbar, beharrlich, einsam, nichtig,
Ein bleiches Gespenst aus einer toten Ewigkeit.
Es war, als müsste sie jetzt ihre Schuld begleichen,
Ihre eitle Vermessenheit, zu existieren und zu denken,
An eine glänzende Maya, die ihre Seele ersann.
Dies musste sie am meisten sühnen mit endlosen Schmerzen,
Ihre tiefe ursprüngliche Sünde, den Willen zu sein,
Und jene letzte, größte Sünde, den spirituellen Hochmut,
Das, aus Staub geschaffen, dem Himmel gleich sich stellt,
Seine Verachtung für den Wurm, der im Schlamm sich windet,
Verdammt zum Eintagswesen, geboren aus dem Traum der Natur,
Ablehnung des vergänglichen Geschöpfes Rolle,
Den Anspruch, ein lebendiges Feuer Gottes zu sein,
Den Willen, unsterblich und göttlich zu sein.
In jenem ungeheuren Dunkel, schwer und kahl,
Büßte sie für alles seit jener ersten Tat, woraus entsprang
Der Irrtum des Zeitbewusstseins,
Das Lösen des Siegels vom Schlaf des Nichtbewussten,
Die uranfängliche und unverziehene Revolte, die brach
Den Frieden und das Schweigen des Nichts,
Das da vor einem scheinbaren Weltall
In einer Leere eingebildeten Raumes erschien
Und Leben aufstieg, erzeugend Leid und Schmerz:
Eine große Verneinung war das Antlitz des Wirklichen,
Untersagend den eitlen Vorgang der Zeit:
Und wenn es keine Welt, kein Geschöpf mehr gibt,
Wenn die Einmischung der Zeit getilgt worden ist,
Wird sie weiter dauern, unverkörpert, frei von Denken, in Frieden.
Verflucht in dem, was einst ihre Gottheitsquelle war,
Verdammt für immer zu leben, leer an Seligkeit,
Ihre Unsterblichkeit ihre Züchtigung,
Zog hin ihr Geist verurteilt, schuldig des Seins,
Für immer durch ewige Nacht.
Doch Maya ist ein Schleier des Absoluten;
Eine okkulte Wahrheit schuf diese mächtige Welt:
Die Weisheit und Selbstkenntnis des Ewigen wirken
Im unwissenden Mental und in den Schritten des Körpers.
Das Nichtbewusste ist der Schlaf des Überbewussten.
Eine unbegreifliche Intelligenz
Denkt sich das tiefgründige Paradox der Schöpfung aus;
Spirituelles Denken ist in die Formen der Materie gezwängt,
Ungesehen wirft es eine stumme Energie heraus
Und erwirkt durch eine Maschine ein Wunderwerk.
Hier ist alles ein Mysterium von Gegensätzen:
Dunkelheit ist eine Magie des selbstverborgenen Lichtes,
Leiden die tragische Maskierung eines geheimen Entzückens
Und Tod ein Instrument des immerwährenden Lebens.
Obwohl der Tod auf den Straßen des Lebens neben uns geht,
Ein schemenhafter Schaulustiger zu Beginn des Körpers
Und ein letztes Gericht über die sinnlosen Werke des Menschen,
Ist das Rätsel seines vieldeutigen Antlitzes ein anderes:
Tod ist eine Treppe, eine Tür, ein stolpernder Schritt,
Den die Seele machen muss von Geburt zu Geburt,
Eine graue Niederlage, trächtig mit Sieg,
Eine Geißel, die uns zu unserem todlosen Zustand peitscht.
Die nichtbewusste Welt ist der Raum, den der Geist sich schuf,
Ewige Nacht der Schatten ewigen Tages.
Nacht ist weder unser Anfang noch unser Ende;
Sie ist die dunkle Mutter, in deren Schoß wir uns verbargen
Vor allzu raschem Erwachen zum Weltschmerz.
Wir kamen aus überirdischem Lichte zu ihr,
Vom Licht leben wir und zum Licht gehen wir.
Hier in diesem Sitz der Finsternis, stumm und allein,
Im Herzen immerwährenden Nichts,
Triumphierte Licht jetzt sogar durch diesen schwachen Strahl:
Sein zartes Eindringen durchbohrte die blinde taube Masse;
Sie nahm nun fast ein schimmerndes Aussehen an,
Das das Phantom einer hehren Sonne barg,
Dessen Ball das Auge des Nichts pupillte.
Ein goldnes Feuer kam und brannte ins Herz der Nacht;
Ihre dämmrige Mentallosigkeit begann zu träumen;
Das Nichtbewusste ward bewusst, Nacht fühlte und dachte.
Bestürmt in der souveränen Leere ihrer Herrschaft
Erbleichte die unduldsame Finsternis und zog sich zurück
Bis nur ein paar schwarze Reste den Strahl befleckten.
Doch am schwindenden Rand des stummen verlorenen Raumes
Ragte immer noch ein großer Drachenkörper mürrisch auf;
Widersacher der zäh ringenden Morgendämmerung,
Verteidigend seinen Boden gequälten Mysteriums,
Schleppte er seine Windungen durch die tote gemarterte Luft
Und floh gekrümmt den grauen Abhang der Zeit hinab.
Es gibt eine Morgendämmerung der Götter;
Wundersam entsteigen ihre Gestalten dem Schlaf
Und Gottes lange Nächte werden rechtfertigt durch den Tagesanbruch.
Ein Glanz bricht an, eine Inbrunst neuer Geburt,
Buntbeflügelte Visionen streifen über die Lider,
Des Himmels singende Herolde wecken trübäugigen Raum.
Die träumenden Gottheiten blicken über das Gesehene hinaus
Und formen in ihrem Denken die idealen Welten,
Entsprungen einem grenzenlosen Moment der Sehnsucht,
Das einst in irgend abgrundtiefem Herzen wohnte.
Vorbei war die Schwere des augenlosen Dunkels
Und all die Kümmernisse der Nacht waren tot:
Von einer blinden Freude mit tastenden Händen überrascht
Wie ein Aufwachender, der wahr seine Träume sieht,
Glitt sie in eine frohe neblige Zwielichtwelt,
Wo alles dem Licht und der Freude und der Liebe nachlief;
Dort rückten ferne Verzückungen näher
Und tiefe Vorgefühle der Wonne,
Immer willig, ergriffen und festgehalten zu werden,
Wurden nie erfasst, doch atmeten seltsame Ekstase.
Eine perlenbeflügelte Unbestimmtheit schwamm flüchtig,
Eine Luft, die nicht zu viel Licht zu ertragen wagte.
Vage Felder waren da, vage Weiden schimmerten, vage Bäume,
Vage Schauplätze, trübselig in dahintreibendem Dunst;
Weiß zog vages Vieh schimmernd durch den Nebel;
Vage Geister wanderten mit einem körperlosen Ruf,
Vage Melodien berührten die Seele und flohen verfolgt
In harmonische nicht fassbare Fernen dahin;
Formen, ungreifbar fein, und halbleuchtende Mächte,
Kein Ziel sich wünschend für ihren unirdischen Lauf,
Durchschweiften glücklich vage ideale Länder,
Oder schwebten ohne Tritt oder ihr Schreiten
Hinterließ Stapfen der Entrücktheit auf dem Boden süßer Erinnerung;
Oder sie schritten nach dem mächtigen Maß ihrer Gedanken,
Geleitet von einem leisen fernen Gesang der Götter.
Ein Kräuseln schimmernder Flügel durchstrich den fernen Himmel;
Vögel wie hellbrüstige Fantasien entflogen
Mit sanft verwirrenden Stimmen voller Sehnsucht,
Und halbgehörtes Muhen zog das lauschende Ohr an,
Als wären dort die strahlenden Kühe des Sonnengottes
Im Dunst verborgen, ziehend der Sonne entgegen.
Diese flüchtigen Wesen, diese schwer fassbaren Gestalten
Waren alles, was das Auge in Anspruch nahm und die Seele traf,
Die natürlichen Bewohner jener Welt.
Nichts aber war dort festgelegt oder verweilte lange;
Kein sterblicher Fuß fand Halt auf diesem Boden,
Kein Lebenshauch verweilte dort verkörpert.
In diesem feinen Chaos floh Freude tanzend vorbei
Und Schönheit entzog sich fester Linie und Form
Und barg ihren Sinn in Mysterien von Farbe;
Doch Frohsinn wiederholte immer die gleichen Klänge
Und gab das Gefühl einer bleibenden Welt;
Es war eine seltsame Beständigkeit der Formen,
Und dieselben Gedanken waren ständige Vorübergehende
Und alles erneuerte endlos seinen Reiz,
Immer lockend das erwartungsvolle Herz
Wie Musik, die man stets zu hören gedenkt,
Wie die Wiederkehr eines eindringlichen Reimes.
Unaufhörlich berührte man Dinge, die man nie zu fassen bekam,
Ein Saum von Welten, die unsichtbar göttlich sind.
Da fielen wie ein Schweif entschwindender Sterne
Hernieder in die dahinflutende Atmosphäre
Farben und Lichter und verschwimmende Schimmer,
Die zum Folgen in einen magischen Himmel riefen,
Und in jedem Schrei, der am Ohr verklang,
Lag der Laut einer unverwirklichten Seligkeit.
Von Anbetung war das sehnsuchtsvolle Herz erfüllt,
Ein Geist der Reinheit, eine schwer fassbare Gegenwart
Von feenhafter Schönheit und unerlangter Wonne,
Deren momentanes und flüchtiges Erschauern,
Wenngleich wesenlos für unser Fleisch
Und sogar in der Unvergänglichkeit kurz,
Viel süßer schien als irgendein gekanntes Entzücken,
Das Erde oder allbezwingender Himmel zu geben vermag.
Himmel, ewig jung, und Erde, zu fest und alt,
Halten das Herz mit Unbeweglichkeit hin:
Ihre Schöpfungsfreuden währen zu lang,
Ihre kühnen Formationen sind zu absolut;
Gestaltet durch eine Qual göttlichen Bemühens
Stehen sie gemeißelt auf den ewigen Bergen,
Oder, aus dem lebendigen Felsen Gottes gehauen,
Erlangen Unsterblichkeit durch vollkommene Form.
Sie sind mit ewigen Dingen zu vertraut:
Gefäße von unendlicher Ausdruckskraft,
Sind sie zu klar, zu großartig, zu bedeutungsreich;
Weder Nebel noch Schatten dämpfen die überwältigende Sicht,
Kein sanftes Halbdunkel einer Ungewissheit.
Nur einen goldnen Saum von Seligkeit berührten diese,
Die schimmernde Schulter irgend gottgleicher Hoffnung,
Die vorbeihuschenden Füße edler Sehnsüchte.
An einer träg bebenden Schwelle zwischen Tag und Nacht
Leuchteten sie wie Besucher vom Morgenstern,
Zufriedene Anfänge von Vollkommenheit, erste
Zitternde Vorstellungen von einer himmlischen Welt:
Sie mischten sich in einer Leidenschaft des Verfolgens,
Durchschauert von einer Freudengischt, zum Ermüden zu leicht.
Alles in dieser Welt war schemenhaft, nicht klar umrissen,
Wie Gesichter, die auf einem Fächer von Feuer tanzen,
Oder wie Wundergebilde in einem farbig verschwommenen Fleck,
Wie unechte Landschaften, in Silbernebel gemalt.
Hier wich Vision bang vor der Sicht zurück,
Klang suchte Zuflucht vor dem Ertappen durch das Ohr,
Und alles Erleben war eine hastige Freude.
Die hier erhaschten Freuden waren halbverbotene Dinge,
Zaghafte Seelenbräute, zart verschleiert,
Wie wenn einer Göttin Busen verträumt sich regt
Zu erstem Wunsch und ihre weiße Seele, verklärt,
Ein schimmernd Eden, von Feenschimmern durchflutet,
Unter feurigem Zauberstab der Erwartung bebt,
Nichts aber schon vertraut ist mit Seligkeit.
Alle Dinge in diesem lichten Reiche waren himmlisch seltsam
In einer fließenden Freude von unermüdlichem Entzücken,
In einer Beharrlichkeit von magischem Wandel.
Vorbei an schwindenden Hecken, eilenden Andeutungen von Feldern,
Auf schnell fliehenden Wegen, die ihren Füßen entflohen,
Zog sie dahin und wünschte kein Ende sich: wie jemand durch Wolken
Auf einem Bergkamm wandert und steigen hört
Zu sich empor aus verborgenen Tiefen her
Das Rauschen unsichtbarer Ströme, so wallte sie bedrängt
Von der Täuschung eines mystischen Raumes,
Spürte einen Zauber von körperlosen Berührungen und vernahm
Eine Lieblichkeit wie von hohen und gedämpften Stimmen,
Rufend wie Reisende auf suchenden Winden
Melodisch mit einem lockenden Schrei.
Wie eine alte und doch immer neue Musik,
Bewegend Eingebungen, die auf ihren Herzenssaiten weilten,
Gedanken, die nirgends Aufnahme fanden, doch sich
Mit leidenschaftlicher Wiederholung an ihr Mental klammerten,
Sehnsüchte, die nicht weh taten, glücklich nur zu leben,
Immer dieselben und immer unerfüllt,
Sangen in der Brust, einer himmlischen Leier gleich.
So konnte alles dauern, doch nichts je sein.
In dieser Schönheit wie von sichtbar gewordenem mentalen Geist,
Gekleidet in die Strahlen des Wunders, schien Satyavan
Vor ihr der Mittelpunkt von dieser Anmut zu sein,
Haupt der Lieblichkeit ihrer sehnsüchtigen Träume
Und Führer von den Fantasien ihrer Seele.
Sogar die furchtbare Hoheit von des Todes Antlitz
Und dessen düstere Trauer konnten weder verdunkeln noch zerstören
Den ungreifbaren Glanz jener fließenden Firmamente.
Der düstere Schatten, mürrisch und unerbittlich,
Ließ Schönheit und Lachen umso zwingender sein;
Verstärkt durch sein Grau, so ward Freude noch lichter und lieblicher;
Sein dunkler Kontrast, verschärfend ideale Sicht,
Vertiefte ungeäußerte Bedeutungen für das Herz;
Schmerz wurde zum zitternden Unterton der Seligkeit
Und Vergängliches zum lockeren Saum der Unsterblichkeit,
Eines Augenblicks Gewand, darin sie schöner erschien,
Steigernd durch Gegensatz ihre Göttlichkeit.
Eine Gefährtin von Strahl und Nebel und Flamme,
Gelockt von mondhellem Antlitz einen glänzenden Augenblick,
Schien fast ein Gedanke sie mitten im Gedankenfluss,
Kaum gesehen von einem visionären Mental
Inmitten der weißen inneren Betrachtungen der Seele.
Halb von dem Traumglück rings überwältigt,
Ging eine Weile sie auf einer Verzauberung Boden,
Doch blieb Besitzerin ihrer Seele noch.
Oben, da sah ihr Geist in seiner mächtigen Trance
Alles, doch lebte für sein jenseitig Werk,
Unwandelbar wie ein ewiger Fixstern.
Ende des ersten Cantos
Zweiter Canto
Das Evangelium des Todes und die Nichtigkeit des Ideals
Dann erscholl die ruhige unerbittliche Stimme:
Hoffnung vernichtend, Lebens goldne Wahrheiten auslöschend,
Traf ihr Ton mit Unheil die zitternde Luft.
Dünn und schwach schwamm jene liebliche Welt dahin, fast so
Wie ein perlig dahinschwindender Abschiedsglanz
Am blassen Saum der Dämmerung mondloser Abende.
„Gefangene der Natur, vielgesichtiger Geist,
Denkens Geschöpf, im Reich des Ideals genießend
Deine substanzlose Unsterblichkeit,
Die das feine wunderbare Mental des Menschen ersonnen hat,
Dies ist die Welt, aus der deine Sehnsüchte kamen.
Wenn es Ewigkeit aus dem Staub erbauen will,
Malt des Menschen Denken Bilder, umrahmt von Illusion;
Herrlichkeiten kündend, die es nie erblicken wird,
Bemüht es sich behutsam zwischen seinen Träumen.
Sieh, diese flüchtigen Formen, lichtbefranst,
Sind das Luftgewand unverkörperter Götter;
Eine Verzückung von Dingen, die nie geboren werden können,
Singt Hoffnung der Hoffnung einen hellen unsterblichen Chor;
Wolke sättigt Wolke, süß neigt sich Phantom
Zu sehnendem Phantom, wird süß umarmt oder süß verjagt.
Dies ist der Stoff, woraus das Ideal gemacht ist:
Sein Bildner ist Denken, seine Grundlage des Herzens Wunsch,
Doch nichts Wirkliches antwortet deren Ruf.
Das Ideal wohnt weder im Himmel noch auf Erden,
Ein heller Wahn von des Menschen Hoffnungsglut,
Trunken vom Wein der eigenen Fantasie.
Es ist eines leuchtenden Schattens träumerische Spur.
Der Irrtum deines Sehens erschafft den azurblauen Himmel,
Der Irrtum deines Sehens wölbte den Regenbogen;
Dein sterblich Verlangen schuf die Seele für dich.
Dieser Engel in deinem Körper, den du Liebe nennst,
Der sich seine Flügel webt aus den Farben deines Gemüts,
Ihn hat ein Gärstoff deines Körpers geboren
Und sterben muss sie mit dem Körper, der sie barg.
Sie ist eine Leidenschaft deiner sehnsüchtigen Zellen,
Sie ist Fleisch, das nach Fleisch verlangt, um ihrer Lust zu frönen;
Sie ist dein Geist, der da sucht nach einem erwidernden Geist
Und für eine Weile träumt, den Gefährten gefunden zu haben;
Sie ist dein Leben, das menschlichen Halt sich wünscht,
Um ihre Schwäche zu stützen, einsam in der Welt,
Oder ihren Hunger am Leben des anderen stillt.
Ein Raubtier, das auf seinem Streifzug innehält,
Duckt sie sich unter einem prächtig blühenden Busch,
Ein Herz und einen Körper sich zum Fraße zu ergreifen:
Dies Tier träumst du unsterblich und einen Gott.
O Menschengeist, vergeblich quälst du
Einer Stunde Glück, sich durch die lange Öde der Unendlichkeit
Zu dehnen, deren formlose, leidenschaftslose Schlünde zu füllen,
Den unempfindlichen Abgrund überredend,
Vergänglichem Ewigkeit zu verleihen,
Und gaukelst deinen schwachen Herzensregungen
Mit deines Geistes Trugbild Unsterblichkeit vor.
Aus dem Nichts geboren taucht hier alles auf;
Eingekreist von der Leere des Raumes dauert es,
Eine Weile gestützt von einer unwissenden Kraft,
Dann bröckelt es ab in sein ursprüngliches Nichts:
Einzig das stumm Alleinige kann ewig sein.
Im Alleinigen gibt es keinen Raum für Liebe.
Um den brüchigen Lehm der Liebe zu kleiden, wobst du vergeblich
Am Webstuhl, geborgt von Unsterblichen,
Das prachtvolle und unvergängliche Gewand des Ideals.
Niemals jedoch ward das Ideal zu etwas Wirklichem gemacht.
In Form gefangen, lebt jene Glorie nicht;
In einem Körper eingeschlossen, atmet sie nicht mehr.
Ungreifbar, fern, für immer rein,
Herrscherin ihrer eigenen leuchtenden Leere,
Steigt sie nur widerwillig in irdische Luft herab,
Um einen weißen Tempel im Herzen des Menschen zu bewohnen:
In seinem Herzen strahlt sie, von seinem Leben wird sie verschmäht.
Unwandelbar, körperlos, schön, erhaben und stumm,
Sitzt unbewegt sie auf ihrem leuchtenden Thron;
Stumm empfängt sie seine Gaben und sein Gebet.
Sie hat keine Stimme, seinem Ruf zu antworten,
Keine Füße zum Gehen, keine Hände zum Nehmen seiner Gaben:
Ätherische Statue von der nackten Idee,
Jungfräuliche Empfängnis eines körperlosen Gottes,
Spornt ihr Licht den Menschen an, den Denker,
Einen irdischen Abglanz von göttlicheren Dingen zu erschaffen.
Ihr farbiger Widerschein fällt auf die Taten des Menschen;
Seine Institutionen sind ihre Ehrengräber,
Er unterschreibt seine toten Bräuche mit ihrem Namen;
Seine Tugenden tragen das himmlische Gewand des Ideals
Und einen Nimbus der Umrisse von ihrem Gesicht:
Er verbirgt deren Kleinheit mit dem göttlichen Namen.
Doch reicht der helle Schein nicht aus,
Ihre ärmliche und irdische Machart zu verbergen:
Nur die Erde ist da und nicht irgendein himmlischer Quell.
Wenn es Himmel gibt, sind im eigenen Licht sie verhüllt,
Wenn unbekannt irgendwo eine ewige Wahrheit herrscht,
Brennt sie in einer ungeheuren Leere Gottes;
Denn Wahrheit leuchtet weit entfernt von den Falschheiten der Welt;
Wie können Himmel herniederkommen zur unglücklichen Erde
Oder das Ewige wohnen in treibender Zeit?
Wie soll das Ideal auf schmerzvollem Boden der Erde wandeln,
Wo Leben nur ein Mühen und ein Hoffen ist,
Ein Kind der Materie und genährt von der Materie,
Ein Feuer, schwach flammend im Herd der Natur,
Eine Woge, die da brandet an einer Küste in der Zeit,
Einer Reise mühseliger Weg mit Tod als Ziel?
Die Avatare lebten und starben umsonst,
Umsonst war das Denken der Weisen, die Stimme des Propheten;
Umsonst wird der leuchtende Aufwärtsweg erblickt.
Ungewandelt liegt die Erde unter der kreisenden Sonne;
Sie liebt ihren Fall und keine Allmacht
Kann ihre sterblichen Unvollkommenheiten tilgen,
Des Menschen krumme Unwissenheit des Himmels Gerade aufzwingen
Oder eine Welt des Todes mit Göttern besiedeln.
O Reisende im Streitwagen der Sonne,
Hohepriesterin im Schrein deiner heiligen Fantasie,
Die mit einem magischen Ritual im Hause der Erde
Ideal und ewiger Liebe Anbetung zollst,
Was ist denn diese Liebe, die dein Denken so vergöttlicht hat,
Diese heilige Legende, dieser unsterbliche Mythos?
Sie ist ein bewusstes Sehnen deines Fleisches,
Sie ist ein wunderbares Brennen deiner Nerven,
Eine Rose von Traumpracht, verzierend dein Mental,
Eine große rote Verzückung und Marter deines Herzens.
Eine plötzliche Verklärung deiner Tage,
Geht vorüber sie, und die Welt ist wie zuvor.
Eine erregende Schärfe von Süße und Schmerz,
Ein Erschauern in ihrem Sehnen lässt sie göttlich erscheinen,
Eine goldne Brücke über dem Lärm der Jahre,
Ein Band, das dich verknüpft mit Ewigkeit.
Und doch, wie kurz und schwach! wie schnell vertan
Ist dieser Schatz, den die Götter dem Menschen gaben,
Diese glückliche Nähe gleichsam von Seele zu Seele,
Dieser Honig der Gemeinschaft des Körpers,
Diese gesteigerte Freude, diese Ekstase in den Adern,
Diese seltsame Erleuchtung der Sinne!
Hätte Satyavan weitergelebt, wäre Liebe gestorben;
Doch Satyavan ist tot und Liebe wird leben
Ein kleines Weilchen in deiner traurigen Brust, bis
Sein Gesicht und Körper an der Wand der Erinnerung verblasst,
Wo andere Körper, andere Gesichter kommen.
Bricht Liebe unversehens in das Leben ein,
Betritt der Mensch zuerst eine Sonnenwelt;
In seiner Leidenschaft fühlt er sein himmlisches Element:
Doch nur ein feiner sonniger Erdenfleck
Nahm das wunderbare Aussehen des Himmels Ausbruch an;
Im Herzen der Rose, da sitzt die Schlange und der Wurm.
Ein Wort, die Tat eines Augenblicks, vermag den Gott zu erschlagen;
Gefährdet ist seine Unsterblichkeit,
Er kann auf tausend Arten leiden und sterben.
Liebe kann nicht allein von Himmelsnahrung leben,
Überleben kann sie nur durch den Saft der Erde.
Denn deine Leidenschaft war ein sinnliches Verlangen, verfeinert,
Ein Hunger des Körpers und des Herzens;
Dein Verlangen kann ermüden, vergehen oder anderswohin sich wenden.
Oder Liebe mag ein schrecklich und erbärmlich Ende finden
Durch bitteren Verrat, oder Wut mit grausamen Wunden
Trennen, oder dein unbefriedigt Wollen zu anderen
Gehen, wenn entehrt und erschlagen der ersten Liebe Glück:
Eine dumpfe Gleichgültigkeit ersetzt das Feuer
Oder eine traute Gewohnheit ahmt Liebe nach:
Eine äußere und bedrückende Einung bleibt
Oder die Routine eines Lebenskompromisses:
Wo einst die Saat der Einheit ausgestreut ward
In einen Anschein von spirituellem Boden
Durch ein göttliches Abenteuer himmlischer Mächte,
Da streiten Zwei, ständige Gefährten ohne Freude,
Zwei Egos, eingespannt in eine einzige Koppel,
Zwei Mentale, uneins durch ihre widerstreitenden Gedanken,
Zwei Wesen, entfremdet, für immer geschieden.
So wird das Ideal verfälscht in der Welt des Menschen;
Banal oder arg, Ernüchterung kommt,
Des Lebens raue Wirklichkeit starrt die Seele an:
Des Himmels Stunde wird vertagt und flieht in körperlose Zeit.
Tod schützt dich davor und schützt Satyavan:
In Sicherheit ist er, seiner selbst nun ledig;
Er reist auf Schweigen und Glückseligkeit zu.
Ruf ihn nicht zurück zu all dem Verrat der Erde
Und zum armselig kleinen Leben des tierischen Menschen.
Lass schlafen ihn in meinen weiten ruhigen Räumen
In Harmonie mit der mächtigen Stille des Todes,
Wo Liebe liegt im Schlummer an der Brust des Friedens.
Und du, geh allein zurück in deine schwache Welt:
Kasteie mit Wissen dein Herz, nimm ab die Haube und sieh,
In klare lebendige Höhen dein Wesen erhoben,
Des Himmelsvogels Blick von ungeahnten Gipfeln.
Denn wenn du deinen Geist einen Traum hingibst,
Wird bald harte Notwendigkeit wach dich rütteln:
Reinste Wonne begann und muss vergehen.
Auch du wirst erkennen, dein Herz kein schwingender Anker,
Dass deine geborgene Seele in ewigen Meeren verankert ist.
Vergebens sind die Zyklen deines genialen mentalen Geistes.
Entsage, vergessend Freude und Hoffnung und Tränen,
Deiner leidenschaftlichen Natur in dem tiefen Schoß
Von einem glücklichen Nichts und einer weltlosen Stille,
Befreit in meine geheimnisvolle Ruhe.
Geeint mit meinem unergründlichen Nihil, vergiss alles.
Vergiss deines fruchtlosen Geistes Kraftvergeudung,
Vergiss den mühsamen Kreislauf deiner Geburt,
Vergiss die Freude und den Kampf und den Schmerz,
Die vage spirituelle Suche, welche begann
Als Welten sprossen wie Büschel von Feuerblumen
Und große brennende Gedanken durch den Himmel des Mentals zogen
Und Zeit und ihre Äonen durch die Weiten krochen
Und Seelen auftauchten in die Sterblichkeit.“
Doch Savitri erwiderte der dunklen Macht:
„Eine gefährliche Musik findest du nun, O Tod,
Deine Rede schmelzend in harmonischen Schmerz,
Und flötest verführerisch zu müden Hoffnungen
Deine Lügen, durchsetzt mit traurigen Tönen der Wahrheit.
Ich aber verbiete deiner Stimme, meine Seele zu töten.
Meine Liebe ist kein Hunger des Herzens;
Meine Liebe ist keine Begierde des Fleisches;
Sie kam von Gott zu mir, zu Gott kehrt sie zurück.
Sogar in dem, was Leben und Mensch verdorben haben,
Ist noch ein Flüstern von Göttlichkeit zu hören,
Ist ein Hauch aus den ewigen Sphären zu spüren.
Gewährt vom Himmel und wunderbar für den Menschen,
Ein süßer Feuerrhythmus von Leidenschaft singt der Liebe vor.
Da ist eine Hoffnung in ihrem wilden unendlichen Schrei;
Sie tönt mit Rufen aus vergessenen Höhen,
Und sind ihre Klänge für hochgeflügelte Seelen
In deren Lichthimmel verstummt, lebt ihr brennender Atem
Im Jenseits weiter, der selige Kern von Sonnen,
Die ewig rein in ungesehenen Firmamenten flammen,
Eine Stimme von der ewigen Ekstase.
Eines Tages werde ich meine große süße Welt
Die schauerlichen Verkleidungen der Götter ablegen sehen,
Entschleiert vom Schrecken und entkleidet von Sünde.
Versöhnt werden wir uns dem Antlitz unserer Mutter nähern,
Wir werden unsere offenherzigen Seelen in ihren Schoß werfen;
Dann werden wir die Ekstase ergreifen, der wir nachjagen,
Dann werden wir erschauern vor dem lange gesuchten Gott,
Dann werden wir des Himmels unverhoffte Melodien finden.
Nicht nur für reine Gottheiten gibt es Hoffnung;
Die gewalttätigen und verfinsterten Gottwesen
Sprangen wutentbrannt von der einen Brust hernieder, aufzuspüren
Was die weißen Göttern verfehlten: Auch sie sind sicher;
Die Augen einer Mutter sind auf sie gerichtet und ihre Arme
Sind in Liebe ausgestreckt nach ihren rebellischen Söhnen.
Einer, der kam, Liebe und Liebender und Geliebtes,
Immerdar, schuf sich ein wundersames Feld
Und wob die Takte eines wundervollen Tanzes.
In dessen Kreise und in dessen magische Wendungen
Tritt angelockt er hinein, abgewiesen flieht er.
In den wilden abwegigen Eingebungen seines Mentals
Schmeckt er den Honig der Tränen und weist Freude ab
Bereuend, und hat Lachen und hat Zorn,
Und beides ist eine zerrissene Musik der Seele,
Die, in Einklang gebracht, nach ihrem himmlischen Reime sucht.
Immer kommt er zu uns über die Jahre
Mit einem neuen süßen Antlitz, welches das alte ist.
Seine Seligkeit lacht uns zu oder sie ruft verborgen
Wie eine ungesehen betörende Flöte, weithin gehört
Aus mondbeschienenem Gezweig pulsierender Wälder,
Uns lockend zu stürmischem Suchen, inbrünstigem Schmerz.
Verkleidet sucht der Liebende unsere Seele und zieht sie zu sich.
Für mich hat er sich benannt, ward Satyavan.
Denn von Anbeginn waren wir Mann und Frau,
Die Zwillingsseelen, geboren aus demselben unvergänglichen Feuer.
Ging er mir nicht in anderen Sternen auf?
Wie hat er durch die Dickichte der Welt
Mich wie ein Löwe in der Nacht verfolgt
Und plötzlich mich auf Wegen überrascht
Und mich gepackt mit seinem herrlich goldnen Sprung!
Unbefriedigt sehnte er sich nach mir durch die Zeit,
Manchmal voll Ingrimm und manchmal voll sanfter Ruhe,
Begehrend mich seit Anbeginn der Welt.
Er stieg wie eine wilde Woge aus den Fluten
Und zog mich hilflos in Meere von Seligkeit.
Aus meiner verhüllten Vergangenheit tauchen seine Arme auf;
Sie haben mich berührt wie der sanft beredende Wind,
Sie haben mich gepflückt wie eine glückliche und bebende Blume,
Sie umfingen mich froh verbrannt in gnadenloser Flamme.
Auch ich fand ihn verzaubert in lieblichen Formen
Und eilte entzückt seiner fernen Stimme nach
Und drang zu ihm durch viele furchtbare Schranken.
Wenn es einen noch glücklicheren, größeren Gott gibt,
So möge er zuerst das Antlitz von Satyavan tragen
Und lass seine Seele eins sein mit ihm, den ich liebe;
So lass ihn mich suchen, dass ich begehren mag.
Denn in meiner Brust schlägt nur ein einzig Herz
Und nur ein Gott thront dort. Geh weiter, O Tod,
Über die Trugschönheit dieser Welt hinaus;
Denn einer ihrer Bürger bin ich nicht.
Ich schätze Gott, das Feuer, nicht Gott, den Traum.“
Aber noch einmal griff der Tod nach ihrem Herzen
Mit der Majestät seiner ruhigen und schrecklichen Stimme:
„Eine helle Halluzination sind deine Gedanken.
Gefangene, fortgezerrt an einem spirituellen Strick,
Des eigenen sinnlichen Wollens eifrige Dienerin,
Du schickst Worte wie Adler der Sonne zu,
Beflügelt mit der roten Pracht deines Herzens.
Doch Wissen wohnt nicht im leidenschaftlichen Herz;
Des Herzens Worte prallen ungehört ab von der Weisheit Thron.
Vergeblich ist dein Sehnen, den Himmel auf Erden zu erbauen.
Erschaffer von Ideal und Idee,
Mentaler Geist, Kind der Materie im Schoße des Lebens,
Will die Schritte seiner Eltern zu höheren Ebenen lenken:
Unfähig, folgen sie nur schlecht dem kühnen Führer.
Doch der Mentale Geist, ein glorreicher Wandersmann am Himmel,
Geht auf der Erde lahm mit langsamen Schritten einher;
Er kann kaum formen den störrischen Stoff des Lebens,
Kann kaum die galoppierenden Hufen der Sinne halten:
Seine Gedanken schauen geradeaus in das Himmlische;
Aus einer überirdischen Mine schürfen sie ihr Gold,
Seine Taten schmieden unter Schmerzen ein gewöhnliches Erz.
All deine hohen Träume wurden vom Geist der Materie gemacht
Zum Trost für sein stumpfes Wirken im Gefängnis der Materie,
Dem einzigen Haus, wo wahr scheint sie allein.
Eine solide Erscheinung der Wirklichkeit,
Aus dem Sein gemeißelt, um die Werke der Zeit zu stützen,
So sitzt Materie auf der festen Erde sicher und stark.
Sie ist die Erstgeborene erschaffener Dinge,
Sie ist die Letzte, wenn Mental und Leben erschlagen sind,
Und endet sie, hört alles auf zu sein.
Alles andere ist nur Resultat von ihr oder ihre Phase:
Deine Seele ist eine kurzlebige Blüte, vom Gärtner Mental
Auf deinem Gartenbeet der Materie hervorgebracht;
Auch sie verwelkt mit jener Pflanze, auf der sie wächst,
Denn ihre himmlische Farbe zieht sie aus dem Saft der Erde:
Deine Gedanken sind Schimmer, die am Saum der Materie vergehen,
Dein Leben eine vergehende Welle auf dem Meer der Materie.
Eine umsichtige Verwalterin der begrenzten Mittel der Wahrheit,
Hütend ihre fundierten Fakten vor der verschwenderischen Macht,
Knüpft an die Zeltpfosten der Sinne sie den mentalen Geist,
Spannt in grauen bleiernen Trott die Launen des Lebens
Und fesselt alle Geschöpfe mit den Stricken des Gesetzes.
Ein Gefäß von umgestaltenden Alchemien,
Ein Leim, der Leben und Mental zusammenkittet,
Versagt Materie, dann bröckelt alles und fällt.
Alles steht auf der Materie wie auf einem Fels.
Doch diese Sicherheit und Bürgschaft
Erweist sich als Betrug, wenn man nach Referenzen fragt:
Eine Vortäuschung von Substanz wo keine Substanz besteht,
Eine Erscheinung und ein Symbol und ein Nichts,
Ihren Formen hat seit je Geburtsrecht gefehlt:
Ihr Aspekt einer festen Stabilität
Ist die Hülle des Wirbels einer gefangenen Bewegung,
Eine Schrittordnung des Tanzes der Energie,
Deren Fußabdrücke immerfort dieselben Zeichen hinterlassen,
Ein greifbares Antlitz von substanzloser Zeit,
Ein Tröpfeln, das die Leere des Raumes punktiert:
Eine stabil erscheinende Bewegung ohne Wandlung,
Doch Wandel kommt, und der letzte Wandel ist Tod.
Was einst so wirklich schien, ist Schauspiel des Nihil.
Ihre Figuren sind Fallen, die einfangen und einsperren den Sinn;
Das anfangslose Leer war ihr Urheber:
Es gibt nichts als vom Zufall umrissene Aspekte
Und scheinbare Gestalten scheinbarer Energie.
Alles atmet und lebt eine Weile durch des Todes Gunst,
Alles denkt und handelt durch des Nichtbewussten Gnade.
Süchtige nach der rosa Pracht deiner Gedanken,
Wende nicht deinen Blick in dich selbst, um zu schauen
Auf Visionen in dem schimmernden Kristall, Mental,
Schließe nicht deine Lider, um Formen der Götter zu erträumen.
Willige endlich ein, die Augen zu öffnen und sieh
Den Stoff daraus du und die Welt gemacht.
Nichtbewusst in der stummen nichtbewussten Leere
Entstand auf unerklärliche Weise eine sich bewegende Welt:
Eine Weile sicher, glücklich empfindungslos,
Konnte sie nicht mit ihrer eigenen Wahrheit zufrieden bleiben.
Denn auf ihrer nichtbewussten Brust ward etwas geboren
Verdammt zu sehen und zu wissen, zu fühlen und zu lieben,
Es nahm ihre Taten wahr, wähnte eine Seele im Innern;
Es tappte nach Wahrheit und träumte von Selbst und Gott.
Solange alles unbewusst war, war auch alles gut.
Ich, Tod, war König und wahrte meinen königlichen Stand,
Entwarf meinen eigenwillig unfehlbaren Plan,
Erschaffend empfindungslos mit einem ruhigen Herz.
In meiner Hoheitsgewalt der Unwirklichkeit
Das Nichts zwingend, eine Form anzunehmen,
Wob unfehlbar meine blinde gedankenlose Kraft
Durch Zufall eine Festigkeit wie die des Schicksals,
Aus einer Laune heraus die Formeln der Notwendigkeit,
So bauend auf dem hohlen Fundament der Nichtigkeit
Die sichere Bizarrerie der Natur Schema.
Ich wölbte den leeren Äther zum Raum;
Ein riesiger sich ausdehnender und zusammenziehender Atem
Barg die Feuer des Universums in sich:
Den höchsten Urfunken schlug ich heraus
Und streute seine lichten Heeresreihen durch die Nichtigkeit,
Fertigte die Sterne aus der okkulten Strahlung,
Stellte die Truppen auf zum unsichtbaren Tanz;
Ich formte die Schönheit der Erde aus Gas und Atom
Und schuf aus chemischem Plasma den lebenden Mensch.
Dann kam Denken hinzu und verdarb die harmonische Welt:
Materie begann zu hoffen und zu denken und zu fühlen,
Gewebe und Nerven ertrugen Freude und Qual.
Der bewusstlose Kosmos rang, sein Werk zu lernen;
Ein unwissend persönlicher Gott ward im Mental geboren
Und ersann, um zu verstehen, das Gesetz der Vernunft,
Das unpersönlich Weite pulsierte zurück auf des Menschen Begier,
Und Tumult erschütterte der großen Welt blindes stilles Herz
Und Natur verlor ihre weite unsterbliche Ruhe.
So kam es zu diesem verfälschten unbegreiflichen Szenarium
Von Seelen, verstrickt in des Lebens Freude und Schmerz,
In der Materie Schlaf und des Mentals Sterblichkeit,
Von Wesen, den Tod erwartend im Verlies der Natur,
Von Bewusstsein, versackt in suchender Unwissenheit
Und stockend schleppendem Plan der Evolution.
Dies ist die Welt, in der du dich bewegst, verirrt
Auf den verworrenen Pfaden des menschlichen Mentals,
In dem ausgangslosen Kreisen deines menschlichen Lebens,
Auf der Suche nach deiner Seele, wähnst Gott sei hier.
Doch wo ist Raum für Seele oder Platz für Gott
In der brachialen Ungeheuerlichkeit einer Maschine?
Du hältst vergänglichen Hauch für deine Seele,
Geboren aus einem Gas, einem Plasma, einem Sperma, einem Gen,
Ein vergrößertes Bild des Menschen Mentals für Gott,
Ein Schatten deiner Selbst, geworfen auf den Raum.
Gestellt zwischen das obere und untere Leer,
Reflektiert dein Bewusstsein die Welt um dich herum
Im Zerrspiegel der Unwissenheit
Oder wendet sich nach oben, um imaginäre Sterne einzufangen.
Oder wenn eine Halbwahrheit mit der Erde spielt
Und ihr Licht auf einen dunklen schattigen Boden wirft,
Berührt sie nur und hinterlässt einen leuchtenden Fleck.
Unsterblichkeit forderst du für deinen Geist,
Doch für den unvollkommenen Menschen,
Ein Gott, der sich bei jedem Schritt verletzt,
Wäre Unsterblichkeit ein Kreislauf nur von unaufhörlicher Pein.
Weisheit und Liebe forderst du als dein Recht;
Doch Erkenntnis in dieser Welt ist des Irrtums Gefährtin,
Eine brillante Kupplerin des Nichtwisssens,
Und menschliche Liebe ist ein Mime auf der Erdenbühne,
Die mit Begeisterung einen Elfentanz imitiert.
Ein Extrakt, gepresst aus harter Erfahrung,
Abgefüllt in Fässer der Erinnerung, haftet menschlichem Wissen
Herber Geschmack von einem sterblichen Tropfen an:
Ein süßes Sekret aus den erotischen Drüsen,
Schmeichelnd und quälend die brennenden Nerven,
Ist Liebe ein Honig und ein Gift in der Brust,
Getrunken als der Götter Nektar.
Der Erde menschliche Weisheit ist keine hochstirnige Macht
Und Liebe kein strahlender Engel von den Himmeln her;
Streben sie über die Stumpfsinnsluft der Erde hinaus
Mit schwachen wachsartigen Flügeln sonnenwärts,
Wie hoch käme dann dieser erzwungen unnatürliche Flug?
Denn nicht auf Erden kann göttliche Weisheit herrschen
Und nicht auf Erden göttliche Liebe gefunden werden;
Sie leben, himmelgebürtig, im Himmel nur;
Und auch dort sind sie vielleicht nur schimmernde Träume.
Ja, ist nicht alles, was du bist und tust, ein Traum?
Dein Mental und Leben sind Kniffe der Materie Kraft.
Kommt dir dein Mental wie eine strahlende Sonne vor,
Eilt dein Leben als lebhafter und prachtvoller Strom dahin,
So ist dies bloß die Illusion deines sterblichen Herzens,
Geblendet durch einen Schein von Glück oder Licht.
Unfähig aus ihrem eigenen göttlichen Recht zu leben,
Überzeugt von ihrer brillanten Unwirklichkeit,
Sobald ihnen der Boden unter den Füßen weggerissen wird,
Sterben diese Kinder der Materie in der Materie.
Selbst Materie löst sich auf in das Unbestimmte der Energie
Und Energie ist eine Bewegung der alten Null.
Wie sollen des Ideals substanzlose Farben
Denn haften auf dem Zinnoberfleck der Erde,
Ein Traum in einem Traum sich doppelt erfüllen?
Wie soll das Irrlicht zu einem Sterne werden?
Das Ideal ist eine Krankheit deines Mentals,
Ein helles Delirium deines Sprechens und Denkens,
Ein seltsamer Wein der Schönheit, der dich zu falscher Sicht erhebt.
Als eine edle Fiktion deiner Sehnsucht gemacht,
Muss es an deiner menschlichen Unvollkommenheit Anteil haben:
Seine Formen in der Natur enttäuschen das Herz,
Und nie wird es da finden seine himmlische Gestalt
Und nie kann es erfüllen sich in aller Zeit.
O Seele, irregeleitet vom Glanz deiner Gedanken,
O irdische Kreatur mit deinem Traum vom Himmel,
Gehorch, ergeben und still, dem irdischen Gesetz.
Nimm an das kurze Licht, das auf deine Tage fällt;
Greif, was du kannst, von Lebens vergönntem Glück;
Und beugend der Prüfung von Schicksals Geißel dich
Erleid, was du musst, an Mühsal, Kummer und Sorge.
Dann wird sich dir nahen, beschwichtigend dein feurig Herz,
Meine lange ruhige Nacht immerwährenden Schlafes:
Dorthin, in das Schweigen, aus dem du kamst, kehr zurück.“
Ende des zweiten Cantos
Dritter Canto
Die Debatte zwischen Liebe und Tod
Mit traurig vernichtendem Tonfall sank die Stimme;
Sie schien den Vorwärtsmarsch des Lebens
In irgend stille ursprüngliche Nichtigkeit zu führen.
Savitri aber antwortete dem allmächtigen Tod:
„O dunkelstirniger Sophist des Universums,
Der die Wirklichkeit mit ihrer eigenen Idee verschleiert,
Versteckend der Natur lebendig Antlitz unter groben Dingen,
Maskierend Ewigkeit mit deinem Totentanz,
Du hast das unkundige Mental zu einem Schleier gewoben
Und Denken zum Lieferanten und Schreiber des Irrtums gemacht,
Zu einem falschen Zeugen den Dienersinn des mentalen Geistes.
Ein Ästhet des Leidens dieser Welt,
Verfechter einer harten und traurigen Philosophie,
Du hast Worte verwendet, um das Licht auszusperren,
Und Wahrheit herbeigerufen, um eine Lüge zu rechtfertigen.
Eine verlogene Wirklichkeit ist der Falschheit Krone
Und eine verfälschte Wahrheit ihr kostbarster Schmuck.
O Tod, du sprichst die Wahrheit, doch Wahrheit, die erschlägt,
Ich antworte dir mit der Wahrheit, die errettet.
Als Wanderer, der sich selbst von neuem entdeckt,
Hat Einer die Welt der Materie zum Ausgangspunkt sich gemacht,
Er hat das Nichts zu seinem Lebensraum gemacht
Und Nacht zu einem Vorgang des ewigen Lichtes
Und Tod zu einem Ansporn zur Unsterblichkeit.
In die Kapuze der Materie barg Gott sein Haupt vor dem Blicke,
Sein Bewusstsein tauchte in nichtbewusste Tiefen,
Allwissen schien ein gewaltig dunkles Nichtwissen;
Unendlichkeit trug die Gestalt einer grenzenlosen Null.
Seine Abgründe von Seligkeit wurden empfindungslose Tiefen,
Ewigkeit ward zur blanken spirituellen Weite.
Eine uranfängliche Nichtigkeit vernichtend,
Fasste das Zeitlose in Leerheit Fuß
Und umriss die Figur von einem Universum,
Damit der Geist das Abenteuer ins Zeitliche wagen kann
Und mit unerbittlicher Notwendigkeit ringe
Und die Seele eine kosmische Pilgerfahrt antrete.
Ein Geist zog durch schwarze Unermesslichkeiten
Und schuf ein Denken in uraltem Nichts;
Eine Seele ward entfacht in Gottes ungeheurer Leere,
Eine heimlich ringende Glut werdenden Feuers.
Im Schlund des Nihil waltete seine mächtige Kraft;
Sie entließ Gestalten aus ihrem formlosen Schwung,
Machte Materie zum Körper des Körperlosen.
Kindlich und dumpf erwachten die ewigen Mächte.
In träger Materie atmete ein schlummernd Leben,
Im unterbewussten Leben lag der Mentale Geist im Schlaf;
Im erwachenden Leben streckte er seine gigantischen Glieder aus,
Um die Trägheit seines Schlummers abzuschütteln;
Eine empfindungslose Substanz erbebte zu Sinn,
Das Herz der Welt fing an zu schlagen, ihre Augen begannen zu sehen,
Im Gewimmel stummer Schwingungen eines Gehirns
Tappte Denken im Kreise, um sich selber zu finden,
Entdeckte Sprache und nährte das neugeborene Wort,
Das die Unwissenheit der Welt mit Bögen von Licht überbrückte.
Im erwachenden Mental erbaute sich der Denker sein Haus.
Ein mit Vernunft begabtes Tier wollte und plante und suchte;
Er stand aufrecht unter seinen rohen Artgenossen,
Er baute das Leben neu, vermaß das Universum,
Trotzte seinem Schicksal und rang mit ungesehenen Mächten,
Bezwang und nutzte die Gesetze, nach denen die Welt funktioniert,
Und hoffte, die Himmel dahinzuziehen bis zu den Sternen,
Ein Meister seiner riesigen Umgebung.
Nun starrt der Halbgott durch die Fenster des Mentals,
Versteckt hinter den Vorhängen des Menschen Seele:
Er hat das Unbekannte erblickt, der Wahrheit schleierlos Gesicht gesehen;
Ein Strahl hat ihn berührt von der ewigen Sonne her;
Reglos, lautlos in ahnenden Tiefen,
Steht er wach im Lichte der Übernatur
Und sieht eine Pracht aufsteigender Schwingen
Und sieht die gewaltige herabsteigende Macht Gottes.
O Tod, du blickst auf eine unvollendete Welt,
Von dir bestürmt und ihres Weges ungewiss,
Bevölkert von unvollkommenen Mentalen und unwissenden Leben,
Und sagst, Gott sei nicht und alles sei vergebens.
Wie könnte das Kind denn schon erwachsen sein?
Weil er noch klein ist, wird er deshalb niemals größer werden?
Weil er unwissend ist, wird er deshalb niemals lernen?
In einem kleinen zarten Samen birgt sich ein großer Baum,
In einem winzigen Gen ist ein denkend Wesen eingeschlossen;
Ein kleines Element in einer kleinen Samenzelle,
Es wächst und wird ein Eroberer und ein Weiser.
Willst du, O Tod, Gottes mystische Wahrheit ausspeien,
Das okkulte spirituelle Wunder leugnen?
Willst du immer noch sagen, es gibt keinen Geist, keinen Gott?
Eine stumm materielle Natur erwacht und sieht;
Erfunden hat sie Sprache, einen Willen enthüllt.
Etwas wartet jenseits, zu dem sie strebt,
Etwas umgibt sie, in das hinein sie wächst:
Den Geist zu enthüllen, sich in Gott zurückzuverwandeln,
Sich selbst zu übersteigen, ist höchste Aufgabe ihr.
In Gott verborgen begann die Welt zu sein,
Langsam wandert sie weiter hin zu geoffenbartem Gott:
Unsere Unvollkommenheit drängt der Vollendung zu,
Der Körper ist die Schmetterlingspuppe von einer Seele:
Das Unendliche hält das Endliche in seinen Armen,
Zeit ist auf dem Weg zu enthüllter Ewigkeit.
Eine Wunderstruktur von dem ewigen Magier,
Materie verbirgt ihr Mysterium vor den eigenen Augen,
Eine Schrift, verfasst in kryptischen Zeichen,
Ein okkultes Dokument von des Allwundervollen Kunst.
Von seiner geheimen Macht zeugt alles hier,
In allem spüren wir seine Gegenwart und seine Kraft.
Eine Glut seiner souveränen Glorie ist die Sonne,
Eine Glorie ist der goldne und schimmernde Mond,
Eine Glorie ist sein Traum vom purpurnen Himmel.
Ein Marsch seiner Größe sind die kreisenden Sterne.
Sein Lachen der Schönheit bricht aus grünen Bäumen,
Seine Augenblicke der Schönheit triumphieren in einer Blume;
Der blauen See Gesang, des Baches wandernde Stimme
Sind Rauschen, das von der Harfe des Ewigen fällt.
Diese Welt ist Gott, erfüllt in Äußerem.
Seine Wege fordern unsere Vernunft und unseren Sinn heraus;
Durch blinde rohe Regungen einer unwissenden Kraft,
Durch Mittel, die wir verächtlich als klein, obskur oder nieder wähnen,
Eine Größe, die auf kleinen Dingen beruht,
Hat er in der unwissenden Leere eine Welt erbaut.
Seine Formen hat er aus unendlich kleinem Staub gehäuft;
Seine Wunder sind aus unscheinbaren Dingen erbaut.
Ist der mentale Geist gelähmt, Leben stümperhaft und grob,
Gibt es bestialische Masken und böse Taten,
Sind sie Umstände seines weiten und vielschichtigen Geschehens,
Notwendige Schritte in seinem großen und gewagten Schauspiel;
Aus diesem und allem macht er sein Passionsspiel,
Ein Spiel und doch kein Spiel, sondern der tiefe Entwurf
Einer transzendenten Weisheit, die Wege findet,
Ihren Herrn im Schatten und der Nacht zu treffen:
Über ihr ist die Nachtwache der Gestirne;
Beobachtet von einer einsamen Unendlichkeit
Verkörpert sie in stummer Materie das Göttliche,
In Symbolmentalen und Symbolleben das Absolute.
Ein Wunderschmied ihr mechanisch Handwerk;
Die Maschinerie der Materie brachte die Gesetze des Denkens hervor,
Die Motoren des Lebens dienten der Arbeit einer Seele:
Die Mächtige Mutter schuf ihre Schöpfung,
Eine gewaltige Laune, selbstgebunden durch eiserne Gesetze,
Und schloss Gott in eine rätselhafte Welt ein:
Den Allweisen lullte sie in nichtwissenden Schlaf ein,
Allmacht trieb sie auf den Rücken der Trägheit,
Durchmaß vollendet mit göttlich unbewussten Schritten
Den ungeheuren Kreis ihrer Wunderwerke.
Unsterblichkeit versicherte sich durch Tod;
Des Ewigen Antlitz ward sichtbar durch die Strömungen der Zeit.
Sein Wissen verkleidete er als Unwissenheit,
Sein Gutes säte er in das monströse Beet des Bösen,
Machte aus Irrtum für die Wahrheit ein Tor,
Seine Pflanze der Seligkeit goss er mit Tränen des Leides.
Tausend Aspekte weisen auf den Einen hin;
Eine zweifache Natur verdeckte den Einzigen.
In diesem Treffen von des Ewigen sich vermengender Masken,
Diesem wirren Tanz leidenschaftlicher Gegensätze,
Die Liebende gleich in eine verbotene Umarmung schließen
Den Streit ihrer verlorenen Wesenseinheit,
Drängten durch dieses Ringen und Gerangel der Extreme der Macht
Die Millionen Wege der Erde hin zur Göttlichkeit.
Alle strauchelten einem strauchelnden Führer nach,
Doch jedes Straucheln ist ein notwendiger Schritt
Auf fremden Wegen zu einem unbekannten Ziele hin.
Alle irrten und stolperten dem Einen Göttlichen entgegen.
Wie umgewandelt durch einen titanischen Bann
Nahmen die ewigen Mächte ein zweifelhaftes Antlitz an:
Götzen einer abgeleiteten Göttlichkeit,
Trugen sie Köpfe von Tier oder Troll,
Nahmen Ohren eines Fauns, die Hufe eines Satyrs an,
Oder bargen das Dämonische in ihrem Blick:
Sie machten aus denkendem Mental ein wirres Labyrinth,
Sie hießen eine Metamorphose des Herzens gut,
Lassend bacchantische Schwelger aus der Nacht
In sein Heiligtum der Wonnen hinein,
Wie in einer dionysischen Maskerade.
Auf den Landstraßen, in den Gärten der Welt
Schwelgten sie, vergessend ihren göttlichen Teil,
Wie Trunkenbolde von einem unheilvollen zirzischen Wein
Oder wie ein Kind vergnügt im Morast der Natur sich wälzt.
Sogar Weisheit, die Gottes Wege bahnt,
Ist ein Partnerin in dem tief verhängnisvollen Spiel:
Verloren gegangen ist der Pilgerin Felleisen und Tasche,
Sie kann die Karte nicht lesen und den Stern nicht deuten.
Ihr Vorrat ist eine armselig selbstgerechte Tugend
Und das pragmatische Tasten oder abstrakte Sehen der Vernunft,
Oder die Technik des Erfolges einer kurzen Stunde
Lehrt sie, eine Amtsdienerin an der Schule der Nützlichkeit.
An der Meeresoberfläche des weiten Bewusstseins
Werden Schwärme kleiner Gedanken ins Netz gefischt,
Doch die großen Wahrheiten entgehen ihrem nicht allzu weiten Wurf;
Durch der Schöpfung Tiefen vor dem Blick geschützt
Schwimmen sie verborgen in blinden ungeheuren Schlünden,
Sicher vor dem schwachen Echolot des mentalen Geistes,
Zu weit für des kümmerlichen Tauchers seichtes Eintauchen.
Mit unkundigen Augen späht unsere sterbliche Schau;
Sie hat keinen Blick auf das tiefe Herz der Dinge.
Unser Wissen stützt sich auf den Stab des Irrtums,
Ein Anbeter falscher Dogmen und falscher Götter,
Oder ein Fanatiker eines leidenschaftlich intoleranten Glaubens,
Oder ein Sucher, der jeder gefundenen Wahrheit misstraut,
Ein Skeptiker, der dem Licht mit unnachgiebigem Nein begegnet
Oder das Herz mit trocknem ironischem Lächeln abschreckt,
Ein Zyniker, der im Menschen den Gott ausmerzt;
Eine Dunkelheit wälzt sich auf den Pfaden der Zeit dahin
Oder hebt ihr riesenhaftes Haupt, um die Sterne zu schlucken;
Sie macht eine Wolke aus dem deutenden Mental
Und fängt die Orakel der Sonne ab.
Dennoch ist Licht da; es steht vor den Türen der Natur:
Es hält eine Fackel, den Wanderer hineinzuführen.
Es harrt in unseren geheimen Zellen, entfacht zu werden;
Es ist ein Stern, der ein unwissendes Meer erhellt,
Eine Lampe an unserem Heck, die die Nacht durchdringt.
Mit wachsendem Wissen flammt Licht von innen auf:
Es ist ein leuchtender Krieger in dem Mental,
Ein Adler der Träume in dem ahnungsvollen Herz,
Eine Rüstung für den Kampf, ein Bogen Gottes.
Dann dämmern größere Morgen und der Weisheit Prunk
Zieht durch des Wesens trüb halberhellte Gefilde;
Philosophie erklimmt des Denkens Wolkenbankgipfel
Und Wissenschaft entreißt der Natur okkulte Mächte,
Gewaltige Djinne, die den kleinen Bedürfnissen eines Zwerges dienen,
Legt deren versiegelte Kunst im Einzelnen bloß
Und bezwingt sie durch ihre eigene gefangene Kraft.
Auf Höhen, von des mentalen Geistes kühnstem Aufstieg unerreicht,
An einem gefährlichen Rande schwindender Zeit,
Da zieht die Seele sich zurück in ihr todloses Selbst;
Des Menschen Wissen wird zu Gottes himmlischem Strahl.
Dort ist das mystische Reich, aus dem die Macht entspringt,
Deren Feuer in den Augen des Sehers und Weisen brennt;
Ein Lichtblitz visionären Sehens,
So spielt sie an einem inneren Randstreifen des Mentals:
Verstummtes Denken blickt in ein strahlendes Leer.
Eine Stimme kommt von mystischen ungesehenen Gipfeln herab:
Ein Schrei der Herrlichkeit aus einem Munde des Sturms,
Sie ist die Stimme, die da spricht zur Tiefe der Nacht,
Sie ist der Donner und der flammende Ruf.
Über den Ebenen, die aufsteigen aus der nichtwissenden Erde,
Hebt eine Hand sich zum Reich des Unsichtbaren,
Jenseits vom blendenden Saum des Überbewussten
Und reißt die Abschirmungen vom Unbekannten hinweg;
In die Augen des Ewigen blickt innen ein Geist.
Sie hört das Wort, für das unsere Herzen taub waren,
Sie sieht durch den Glanz, in dem unsere Gedanken blind wurden;
Sie trinkt von den nackten Brüsten glorreicher Wahrheit,
Sie lernt die Geheimnisse der Ewigkeit.
So wurde alles in die rätselhafte Nacht getaucht,
So wird gen blendende Sonne alles erhöht.
O Tod, dies ist das Mysterium deines Reiches.
Im abnormen und magischen Feld der Erde,
Auf seiner ziellosen Reise getragen von der Sonne,
Inmitten der Gewaltmärsche der großen stummen Sterne,
Besetzte eine Finsternis die Gefilde Gottes,
Und die Welt der Materie ward beherrscht von deiner Gestalt.
Deine Maske hat das Antlitz des Ewigen bedeckt,
Die Seligkeit, die schuf die Welt, verfiel in Schlaf.
Alleingelassen in der Weite schlummerte sie weiter:
Eine schlimme Wandlung befiel da
Ihre Glieder, bis sie sich selber nicht mehr kannte.
Nur durch ihren schöpferischen Schlummer huschten
Schwache Erinnerungen an die Freude und die Schönheit
Unter des Himmels blauem Lachen inmitten grünverzierter Bäume
Und froh sich verschwendender Düfte und Farben,
In dem Gefilde der goldnen Sonnenpromenade
Und beim verträumten Lichte der Sternenwacht,
Inmitten von andachtsvollen Bergeshäuptern,
An der Brust einer üppigen regengeküssten Erde
Und an den saphirblauen Brandungen des Meeres.
Doch nun ist die ursprüngliche Unschuld verloren
Und Tod und Unwissenheit regieren die sterbliche Welt
Und das Gesicht der Natur trägt eine grauere Färbung.
Noch wahrt die Erde ihren frühen Liebreiz und Zauber,
Die Erhabenheit und die Schönheit sind ihr noch zu eigen,
Doch verhüllt ist der göttliche Einwohner.
Die Seelen der Menschen sind vom Licht abgeirrt
Und die große Mutter wendet ihr Antlitz ab.
Die Augen der Schöpferin Seligkeit sind geschlossen
Und in ihren Träumen hat Sorge sie heimgesucht.
Wie sie hin und her sich wirft auf ihrem Bett der Leere,
Weil sie nicht erwachen und sich finden kann
Und ihre perfekte Form nicht wieder aufbauen kann,
Ihrer Wesensart und ihres Standes nicht bewusst,
Vergessend ihr Gespür für Glückseligkeit,
Vergessend zu erschaffen eine Welt der Freude,
Weint sie und bringt die Augen ihrer Geschöpfe zum Weinen;
Prüfend mit der Schneide des Kummers die Brust ihrer Kinder,
Verschwendet sie an das eitle Hoffen und Mühen des Lebens
Den bitteren Luxus von Gram und Tränen.
In der alptraumhaften Wandlung ihres halbbewussten Traumes,
Gemartert und mit ihrer Berührung marternd,
Kommt sie zu unseren Herzen, Körpern und Leben,
Tragend eine harte und grausame Maske der Pein.
Unsere Natur, entstellt durch die missratene Geburt,
Gibt verschrobene Antworten auf des Lebens fragende Schocks,
Findet einen herben Geschmack an den Schmerzen der Welt,
Trinkt den sauren Wein des Leidens Abartigkeit.
Ein Fluch liegt auf der reinen Lebensfreude:
Wonne, Gottes süßestes Zeichen und der Schönheit Zwilling,
Gefürchtet vom strebenden Heiligen und strengen Weisen,
Wird gemieden, ein gefährlicher und zweideutiger Betrug,
Als fadenscheiniger Trick einer höllischen Macht
Lockt sie die Seele zu ihrer Selbstverletzung und Fall.
Ein puritanischer Gott machte Vergnügen zu einer giftigen Frucht
Oder roten Droge auf dem Marktplatz des Todes,
Und Sünde zum Kind der Natur Ekstase.
Und dennoch jagt ein jedes Geschöpf nach Glück,
Erkauft mit harten Schmerzen oder reißt mit Gewalt
Von der betäubten Brust des unbeseelten Erdballs
Irgendein Stück, eine Scherbe der Seligkeit.
Sogar die Freude selbst wird zu einem giftigen Trank;
Ihr Hunger zum grausigen Haken des Schicksals gemacht.
Alle Mittel sind gut, um einen einzigen Strahl zu fangen,
Geopfert wird Ewigkeit für eines Augenblicks Seligkeit:
Doch zur Freude und nicht zur Sorge ward die Erde gemacht
Und nicht als ein Traum in endlos leidender Zeit.
Obwohl Gott die Welt zur Wonne sich schuf,
Übernahm eine unwissende Macht die Führung und schien sein Wille
Und Todes tiefe Falschheit ward Herr des Lebens.
Alles ward ein Spiel des Zufalls, vortäuschend Schicksal.
Unser Geist atmet eine geheime Luft von reiner Glückseligkeit
Tief wie ein saphirblauer Himmel;
Unser Herz und Körper spüren ihren obskuren Aufruf,
Unsere Sinne greifen danach, berühren und verlieren sie.
Zöge dieses sich zurück, die Welt würde in der Leere versinken;
Wäre dieses nicht, nichts könnte sich regen oder leben.
Eine verborgene Glückseligkeit liegt den Dingen zu Grunde.
Eine stumme Wonne betrachtet die unzähligen Werke der Zeit:
Um Gottes Freude an Dingen ein Heim zu geben, gab Raum weiten Platz,
Um Gottes Freude am Selbst ein Heim zu geben, sind Seelen geboren.
Ein alter Zauber umgibt dies Universum;
Seine Objekte sind verzierte Kelche der Weltwonne,
Deren verzauberter Wein einer tiefen Seele Verzückungstrunk ist:
Der Allwundervolle hat mit seinen Träumen den Himmel gefüllt,
Er hat aus leerem uraltem Raum sein Wunderhaus gemacht;
Er goss seinen Geist in die Zeichen der Materie:
Seine Feuer der Erhabenheit lodern in der großen Sonne,
Er gleitet durch das Himmelszelt, schimmernd im Mond;
Er ist Schönheit, jubilierend in den Gefilden des Klangs;
Er singt die Strophen der Gedichte des Windes;
Er ist Stille, die nachts in den Sternen wacht;
Er steht auf bei Morgengrauen und ruft von jedem Zweig,
Liegt benommen im Stein und träumt in Blume und Baum.
Sogar in dieser Mühe und Qual der Unwissenheit,
Auf diesem hart gefahrvollen Boden der beschwerlichen Erde,
Beharrt trotz Tod und üblen Umständen
Ein Wille zu leben, eine Freude zu sein.
Es gibt eine Freude an allem, was die Sinne trifft,
Eine Freude an jeglicher Erfahrung der Seele,
Eine Freude am Schlechten und eine Freude am Guten,
Eine Freude an Tugend und eine Freude an Sünde:
Gleichgültig gegenüber der Drohung des Karmagesetzes
Wagt Freude auf verbotenem Boden zu gedeihen,
Ihr Saft fließt durch die Pflanze und Blüten der Pein:
Sie ist ergriffen von der Schicksalsdramatik und Untergangstragik,
Sie bezieht ihre Nahrung aus Kummer und Ekstase,
An Gefahr und Schwierigkeit schärft sie ihre Kraft;
Sie suhlt sich mit dem Reptil und mit dem Wurm
Und erhebt ihr Haupt, ebenbürtig den Sternen;
Sie nimmt am Tanz der Elfen teil, speist mit dem Gnom:
Sie aalt sich in dem Licht und in der Wärme vieler Sonnen,
Die Sonne der Schönheit und die Sonne der Macht
Hegen und pflegen sie mit goldnen Strahlen;
Sie wächst dem Titan und dem Gott entgegen.
Auf Erden weilend trinkt sie zutiefst sich satt
Durch das Gleichnis ihres Vergnügens und ihres Schmerzes,
Der Trauben des Himmels und den Blumen des Abgrunds,
Der Flammenstiche und Folterkünste der Hölle
Und trüber Splitter der Glorie des Paradieses.
An den kleinen erbärmlichen Genüssen des Menschen Leben,
Seinen armseligen Leidenschaften und Freuden findet sie Geschmack,
Einen Geschmack an Tränen und Qualen gebrochener Herzen,
An der Krone aus Gold und an der Krone aus Dornen,
An des Lebens süßem Nektar und seinem bitteren Wein.
Alles Sein durchforscht sie nach unbekannter Seligkeit,
Sucht in jeglicher Erfahrung nach Neuem und Fremdem.
In die Tage des irdischen Geschöpfes bringt Leben
Eine Zunge der Glorie aus einer helleren Sphäre:
Sie vertieft sich in seinem Nachsinnen und seiner Kunst,
Sie springt auf in der Pracht eines vollkommenen Wortes,
Sie frohlockt in seinen hohen Beschlüssen und edlen Taten,
Wandelt in seinen Irrtümern, wagt sich zum Rande des Abgrunds,
Sie steigt in seinen Aufstiegen, wälzt sich in seinem Fall.
Seine Kammer teilen Engels- und Dämonenbräute,
Besitzer oder Mitbewerber um das Herz des Lebens.
Für den, der sich am kosmischen Schauplatz erfreut,
Sind seine Größe und seine Kleinheit gleich an Wert,
Sein Großmut und seine Niedertracht werfen ihre Farben
Auf irgend neutralen Hintergrund der Götter:
Er bewundert das Können des Künstlers, der dies alles plante.
Doch nicht für immer dauert dies gefährliche Spiel:
Jenseits der Erde, doch bestimmt für erlöste Erde,
Bereiten Weisheit und Freude ihre vollendete Krone vor;
Übermenschliche Wahrheit ruft denkenden Menschen.
Endlich wendet sich die Seele ewigen Dingen zu,
In jedem Schrein schreit sie nach der Umarmung Gottes.
Dann wird das krönende Mysterium aufgeführt,
Dann wird das lang ersehnte Wunder vollbracht.
Unsterbliche Seligkeit öffnet ihre großen himmlischen Augen
Den Sternen zu, sie rührt ihre mächtigen Glieder;
Zeit erbebt bei ihren sapphischen Liebesversen
Und Raum füllt sich mit einer weißen Glückseligkeit.
Überlassend dann das menschliche Herz seinem Leid,
Aufgebend Sprache und die namenbestimmten Reiche,
Durch ein schimmernd fernes Himmelsgewölbe wortlosen Denkens,
Durch bloße denkfreie Himmel absoluten Sehens,
Steigt sie empor zu den Gipfeln, wo die ungeborene Idee
Der Zukunft sich erinnert, die noch werden muss,
Herabschaut auf die Werke einer ringenden Kraft,
Unwandelbar über der Welt, die diese schuf.
In dem gewaltigen goldnen Lachen der Wahrheit Sonne
Schwebt wie ein großer Himmelsvogel auf einem reglosen Meer
Ihre beflügelte Inbrunst schöpferischer Freude
Über der stillen Tiefe des Friedens des Ewigen.
Dies war das Ziel, dies das himmlische Gesetz,
Das der Natur zugewiesene Werk, als durchtränkt von Schönheit
In trüben Nebelgewässern nichtbewussten Schlafes
Diese grandiose Schöpfung der Leere entstieg, –
Hierzu kam der Geist in den Abgrund
Und lud mit seiner Macht der Materie unkundige Kraft,
In der Nacht kahler Sitzung Licht zu erdomen,
In des Todes Reich Unsterblichkeit heimzubringen.
Langsam reift eine mystische Verklärung heran.
Unsere ganze Erde begann im Schlamm und endet im Himmel,
Und Liebe, die einst Begierde des Tieres war,
Süße Verrücktheit dann im verzückten Herz,
Eine innige Kameradschaft im freudvoll mentalen Geist,
Wird zu einem weiten Raum spirituellen Sehnens.
Eine einsame Seele lechzt nach dem Alleinigen,
Das Herz, das den Menschen liebte, entflammt in der Liebe zu Gott,
Ein Körper ist seine Kammer und sein Schrein.
Dann ist unser Sein aus dem Getrenntsein erlöst;
Alles ist es selbst, alles ist neugefühlt in Gott:
Ein Liebender, der sich da herabneigt aus der Pforte seines Klosters,
Sammelt die ganze Welt in seine einzige Brust.
Dann endet die Tätigkeit von Nacht und Tod:
Wenn Einheit gewonnen ist, wenn Streit vergangen ist
Und alles gewusst und alles von Liebe umfangen ist,
Wer würde zurückkehren zu Unwissenheit und Schmerz?
O Tod, ich habe über dich gesiegt im Innern;
Ich zittere nicht mehr unter dem Ansturm des Leides;
Eine mächtige Ruhe, die da wohnt tief im Innern,
Hat meinen Körper und meinen Sinn in Besitz genommen:
Sie ergreift das Leid der Welt und wandelt es zu Stärke,
Sie vereint die Freude der Welt mit der Freude Gottes.
Auf Gottes Ruhe thront meine ewige Liebe;
Denn Liebe muss über die Himmel sich erheben
Und da finden ihren geheim unsäglichen Sinn;
Sie muss ihre menschlichen Weisen in göttliche Weisen wandeln
Und doch ihre Souveränität irdischer Seligkeit bewahren.
O Tod, nicht für meines Herzens innige Glut
Noch meines glücklichen Körpers Wonne allein
Habe ich von dir den lebenden Satyavan gefordert,
Sondern für sein und mein Werk, unseren heiligen Auftrag.
Unsere Leben sind Gottes Boten unter den Sternen;
Um im Schatten des Todes zu weilen, sind sie gekommen,
Gottes Licht zur Erde lockend für die unwissende Menschenart,
Seine Liebe, um den Hohlraum im Herzen des Menschen zu füllen,
Seine Seligkeit, um das Elend der Welt zu heilen.
Denn ich, die Frau, bin die Kraft Gottes,
Er, die in den Menschen gesandte Seele des Ewigen.
Mein Wille ist größer als dein Gesetz, O Tod;
Meine Liebe ist stärker als die Bindungen des Schicksals:
Unsere Liebe ist das himmlische Siegel des Höchsten.
Dies Siegel schütze ich vor deiner brechenden Hand.
Liebe darf nicht zu leben aufhören auf Erden;
Denn Liebe ist das helle Bindeglied zwischen Erde und Himmel,
Liebe ist hier der Engel des fernen Transzendenten;
Liebe ist des Menschen Pfandrecht auf das Absolute.“
Aber der Frau entgegnete Tod, der Gott,
Mit ironischem Lachen in seiner Stimme,
Entmutigend die Mühen der Sterne:
„Auch so betrügen Menschen die Wahrheit mit prächtigen Gedanken.
Den glorreichen Scharlatan, den Mentalen Geist, willst dingen du
Zu weben aus der spinnfädrigen Luft seines Ideals
Ein feines Gewand für deines Körpers nackte Begehren
Und deines Herzens klammernd gierige Leidenschaft zu kleiden?
Beschmiere nicht das Netz des Lebens mit magischen Farben:
Mache lieber dein Denken zu einem klaren und zuverlässigen Spiegel,
Der Materie und Sterblichkeit widerspiegelt,
Und erkenne deine Seele als ein Produkt des Fleisches,
Ein erfundenes Selbst in einer konstruierten Welt.
Deine Worte sind weitschweifiges Geraune in mystischem Traum.
Denn wie könnte im besudelten Menschenherz
Die makellose Erhabenheit deines traumerbauten Gottes wohnen,
Oder wer kann da ein Gesicht und eine Gestalt göttlicher Art sehen
In dem nackten zweibeinigen Wurm, den du Mensch nennst?
O menschliches Gesicht, mentalgemalte Masken leg ab:
Sei das Tier, der Wurm, den Natur vorgesehen hat;
Akzeptiere deine eitle Geburt, dein kleinliches Leben.
Denn Wahrheit ist nackt wie Stein und hart wie Tod;
Lebe nackt in der Nacktheit, hart mit der Wahrheit Härte.“
Doch Savitri entgegnete dem schauerlichen Gott:
„Ja, menschlich bin ich. Dennoch wird der Mensch durch mich,
Da in der Menschheit Gott seiner Stunde harrt,
Dich niedertrampeln, um die todlosen Höhen zu erstürmen,
Übersteigend Leid und Schmerz und Schicksal und Tod.
Ja, mein Menschsein ist eine Maske Gottes:
Er wohnt in mir, der Beweger meiner Taten,
Drehend das große Rad seines kosmischen Werks.
Ich bin der lebendige Körper seines Lichtes,
Ich bin das denkende Instrument seiner Macht,
Ich verkörpere Weisheit in einer irdischen Brust,
Ich bin sein siegreicher und untötbarer Wille.
Der formlose Geist nahm in mir seine Gestalt an;
In mir sind der Namenlose und der geheime Name.“
Aus dem ungläubigen Dunkel erscholl des Todes Schrei:
„O Priesterin im Hause der Einbildungskraft,
Überzeuge erst die unwandelbaren Gesetze der Natur
Und mache das Unmögliche dir zum alltäglichen Werk.
Wie kannst du zwei ewige Feinde zur Heirat zwingen?
Unversöhnlich in ihrer Umarmung
Heben sie die Glorie ihrer reinen Extreme auf:
Eine unglückliche Ehe verstümmelt ihre verkümmerte Kraft.
Wie soll dein Wille das Wahre und das Falsche einen?
Wo Materie alles ist, dort ist Geist ein Traum:
Wenn alle der Geist sind, ist Materie eine Lüge,
Und wer war der Lügner, der das Universum schmiedete?
Das Wirkliche kann sich mit dem Unwirklichen nicht vermählen.
Wer Gott sich zuwenden will, muss die Welt verlassen;
Wer im Geist leben will, muss auf das Leben verzichten;
Wer dem Selbst begegnet ist, gibt sich selber auf.
Die Reisenden auf den Millionen Straßen des Mentals,
Die Dasein durchwandert haben bis an sein Ende,
Die Weisen, die des Weltozeans Weiten erkundeten,
Haben Auslöschung als den einzigen sicheren Hafen gefunden.
Nur zwei Türen hat der Mensch für sein Entrinnen,
Den Tod seines Körpers, der Materie Pforte zum Frieden,
Den Tod seiner Seele, seine letzte Glückseligkeit.
In mir nehmen alle Zuflucht, denn ich, Tod, bin Gott.“
Doch Savitri erwiderte dem mächtigen Tod:
„Mein Herz ist weiser als die Gedanken der Vernunft,
Mein Herz ist stärker als deine Fesseln, O Tod.
Es sieht und spürt das eine Herz in allem schlagen,
Es spürt die sonnengleichen Hände des hohen Transzendenten,
Es sieht den kosmischen Geist bei seinem Wirken;
In der düsteren Nacht liegt es allein mit Gott.
Meines Herzens Stärke kann das Leid des Universums tragen
Und niemals weichen von seiner leuchtenden Bahn,
Seinem weißen ungeheuren Orbit durch Gottes Frieden.
Austrinken kann es das Meer der Allwonne
Und nie verlieren die weiße spirituelle Berührung,
Die Ruhe, die tief im Unendlichen brütet.“
Er sagte: „Bist du wirklich so stark, O Herz,
O Seele, so frei? Und kannst du sammeln denn
Helle Freude von meinen blühenden Zweigen am Wegesrand
Und dennoch nicht vom Ziel deiner schweren Reise abweichen,
Der Welt Gefahren begegnen und niemals straucheln?
Zeige mir deine Stärke und Freiheit von meinen Gesetzen.“
Doch Savitri gab zur Antwort: „Ganz sicher werde ich
Inmitten der grünen und raunenden Wälder des Lebens
Innig nahe Freuden finden, mir zu eigen, weil sie seine sind,
Oder meine für ihn, denn unsere Freuden sind eins.
Und verweile ich, ist Zeit die unsrige und die Gottes,
Und falle ich, ist seine Hand nicht der meinen nah?
Alles ist ein einziger Plan; jede Tat am Wegesrand
Vertieft die Antwort der Seele, bringt das Ziel näher.“
Tod, das verachtende Nihil, antwortete ihr:
„So beweis den weisen Göttern deine absolute Kraft,
Indem du irdische Freuden wählst! Verlang für dich selbst
Und leb dennoch frei vom Selbst und seinen groben Masken.
Dann werde ich dir alles geben, was deine Seele begehrt,
All die flüchtigen Freuden, die Erde sterblichen Herzen gönnt.
Deinen liebsten Wunsch nur, der alles überwiegt,
Verwehren die harten Gesetze und dein ironisch Geschick.
Mein Wille, einmal verhängt, bleibt unwandelbar durch Zeit,
Und Satyavan kann niemals dein mehr sein.“
Aber Savitri erwiderte der vagen Macht:
„Wenn die Augen der Finsternis direkt auf Wahrheit blicken können,
Dann schau in mein Herz und, wissend was ich bin,
Gib was du willst oder was du musst, O Tod.
Ich fordere nichts als Satyavan allein.“
Stille trat ein, wie von ungewissen Geschicken.
Wie jemand, der an einem Punkte nachgibt, verächtlich noch,
So neigte Tod kalt zustimmend sein souveränes Haupt:
„Ich gebe dir, gerettet aus Tod und bitterem Geschick,
Was auch immer einst der lebende Satyavan
In seinem Herzen für Savitri wünschte.
Ich gebe dir helle Mittage und heile Morgen,
Töchter von deiner Gestalt an Herz und Verstand,
Lichte Heldensöhne und ungestörte Süße
Der Eintracht mit deinem Gatten, lieb und treu.
Und ernten sollst du in deinem freudvollen Haus
Glückseligkeit deiner umgebenen Abende.
Liebe soll durch dich viele versammelte Herzen binden.
Die gegensätzliche Süße in deinen Tagen soll dir begegnen
Als zarter Dienst für alles, was dein Leben wünscht,
Und als liebende Herrschaft über all deine Lieben,
Zwei Pole der Seligkeit vereint, O Savitri.
Zu deiner verlassenen Erde kehr um, O Kind.“
Doch Savitri erwiderte: „Versag deine Gaben dir.
Die Erde kann nicht erblühen, kehr ich allein zurück.“
Und wieder stieß Tod seinen zornigen Schrei aus,
Wie ein Löwe tobt, dem seine Beute entwischt:
„Was weißt du vom reichen und wechselvollen Leben der Erde,
Die du meinst, wenn ein Mann tot ist, müsste alle Freude enden?
Erwarte nicht, dass du bis ans Ende unglücklich bleibst:
Denn Kummer stirbt alsbald im müden Menschenherz;
Bald füllen andere Gäste die leeren Zimmer.
Ein vergängliches Gemälde auf eines Feiertags Boden,
Ward Liebe für des Augenblicks Schönheit gemacht.
Oder wenn sie auf der ewigen Fährte reist,
Wechseln fließend in ihrer Umarmung ihre Objekte
Wie Wellen für einen Schwimmer auf unendlicher See.“
Doch Savitri erwiderte dem vagen Gott:
„Gib mir Satyavan zurück, meinen einzigen Herrn.
Deine Gedanken sind ausdruckslos für meine Seele, die da fühlt
Die tiefe ewige Wahrheit in vergänglichen Dingen.“
Tod antwortete ihr: „Kehr um und prüf deine Seele!
Bald schon wirst du beruhigt entdecken, dass andere Männer
Auf üppiger Erde Schönheit, Kraft und Wahrheit haben,
Und hast du halb vergessen, wird einer von ihnen
Sich um dein Herz ranken, das da nötig hat
An deiner Brust ein antwortend menschlich Herz;
Denn welch sterblich Wesen vermag froh allein zu leben?
Dann wird Satyavan in die Vergangenheit gleiten,
Eine leise Erinnerung, von dir hinweggestoßen
Durch neue Liebe und deiner Kinder zarte Hände,
Bis du verwundert fragst, ob du wirklich geliebt hast.
So ist das Leben, das der Erde Mühsal gebar,
Ein ständiger Strom, der nie der gleiche ist.“
Doch dem mächtigen Tod erwiderte Savitri:
„O dunkler ironischer Kritiker von Gottes Werk,
Du verhöhnst die stolpernde Suche von Mental und Körper
Nach dem, was das Herz in einer Prophetenstunde hält
Und was der unsterbliche Geist sich zu eigen machen wird.
Mein ist ein Herz, das angebetet hat, obwohl verlassen,
Das Bild des Gottes, den es liebend verehrt;
Ich stand in Flammen, seinen Schritten zu folgen.
Sind wir es nicht, die unermessliche Einsamkeit ertrugen
Als wir auf den Höhen saßen allein mit Gott?
Warum streitest du, O Tod, vergeblich mit mir,
Einem Mental, von allen zwielichtigen Gedanken frei,
Dem die Geheimnisse der Götter offen liegen?
Denn jetzt endlich weiß ich es ohne jeden Zweifel,
Die großen Gestirne brennen mit meinem unablässigen Feuer
Und Leben und Tod dienen ihm als Brennstoff.
Das Leben war nur mein blinder Versuch zu lieben:
Die Erde sah meinen Kampf, der Himmel meinen Sieg;
Alles wird erfasst, transzendiert; es werden sich küssen
und ihre Schleier vor dem Hochzeitsfeuer ablegen
Der ewige Bräutigam und die ewige Braut.
Die Himmel nehmen letztlich unsere gebrochenen Flüge auf.
Am Bug unseres Lebens, der die Wogen der Zeit durchbricht,
Hat kein Signallicht der Hoffnung umsonst gestrahlt.“
So sprach sie; die grenzenlosen Glieder des Gottes
Wie von geheimer Ekstase befallen
Erschauderten still so wie im Dunkeln bewegte
Und dem Mond überlassene trübe Gefilde des Meeres.
Dann, wie von plötzlichem Winde emporgehoben
Rings um sie in dieser vagen und schimmernden Welt,
Erzitterte das Zwielicht wie ein zerreißender Schleier.
So stritten die großen Gegner mit bewehrter Rede.
Um jene Geister in dem funkelnden Nebel
Floh ein sich vertiefendes Halblicht mit perlweißen Schwingen
Als wollte es einen fernen idealen Morgen erreichen.
Klar umrissen flogen ihre Gedanken durch den schimmernden Dunst,
Sich hellgefitticht vermischend mit seinen Lichtern und Schleiern,
Und all ihre Worte wurden schillernden Juwelen gleich
In das Glühen einer mysteriösen Welt geholt,
Oder trickreich in das Regenbogenfarbspiel gemischt,
Verschwammen wie Echos sie in fernem Klang.
Dort wird alle Äußerung und alle Stimmung
Ein unbeständiges Gewebe, genäht vom mentalen Geist
Für schöner Veränderung hauchzartes Gewand.
Gesammelt in ihrem schweigenden Willen wandelte sie
Auf dem trüben Gras von vagen unwirklichen Ebenen,
Ein schwebender Schleier von Visionen vor ihr,
Eine nachziehende Robe von Träumen hinterher.
Doch ihres Geistes Flamme von bewusster Kraft
Zog nun von fruchtloser Süße sich zurück,
Rief ihre Gedanken ab vom Sprechen, um im Innern zu sitzen
In einem tiefen Raum im Hause der Meditation.
Denn nur dort konnte die feste Wahrheit der Seele wohnen:
Unvergänglich, eine Zunge des Opfers,
Sie flammte unauslöschlich auf dem zentralen Herd,
Wo für den hohen Hausherrn und seine Gefährtin
Das Wacht- und Zeugenfeuer der Heimstatt brennt,
Davon die Altäre der Götter entfacht werden.
Noch trieben alle gezwungenermaßen gleitend unverändert voran,
Noch war die Ordnung jener Welten verkehrt:
Die Sterbliche führte, der Gott und der Geist gehorchten,
Und sie als des Marsches Führerin wallte hinter ihnen
Und die Gefolgsleute ihres Willens waren jene vor ihr.
Vorwärts zogen sie durch die treibenden Wege,
Vage begleitet von den schimmernden Nebeln.
Doch schneller floh nun alles, als wär es aufgeschreckt,
Flüchtend vor der Klarheit ihrer Seele.
Ein Himmelsvogel auf juwelenbestückten Schwingen des Windes,
Schwebend wie ein buntes und umhegtes Feuer,
Von Geistwesen getragen in einer perlfarbenen Grotte,
So zog ihre Seele weiter durch verzauberten Dämmerschein.
Der Tod schritt vor ihr und Satyavan,
Im Dunkel vor dem Tod, ein verblassender Stern.
Die ungesehene Waage seines Schicksals war da oben.
Ende des dritten Cantos
Vierter Canto
Das Traum-Zwielicht des Irdisch-Wirklichen
Es kam ein Hang, der langsam nach unten sank;
Er glitt einem stolprig grauen Abstieg zu.
Das mattherzig Wunderwerk des Ideals war verloren;
Sein drängend Wunder hell zarter Träume
Und vager halbumrissener Erhabenheiten lagen hinter ihr:
Denken fiel auf tiefere Stufen; hart und angespannt
Verlangte es nach einer groben Wirklichkeit.
Das Zwielicht schwebte noch immer, aber änderte seine Töne
Und umhüllte schwer einen weniger reizvollen Traum;
Es legte sich in müden Schwaden auf die Luft;
Seine Symbolfarben stimmten zu matteren Rottönen
Und schienen beinah ein trüber Tagesdunst.
Eine Anspannung, stramm und schrecklich, bedrängte ihr Herz;
Bleiern ward ihr Sinn von einer gefährlichen Last,
Und traurigere, stärkere Klänge waren in ihren Ohren,
Und durch harsche Brechungen der züngelnden Grelle
Erhaschte ihre Schau ein Drängen treibender Ebenen
Und wolkenverhangener Berge und weiter gelbbrauner Ströme,
Und Städte stiegen mit Minaretten und Türmen
Auf ein nutzlos unveränderliches Himmelsgewölbe zu:
Lange Kaimauern, Ufertreppen und Häfen voll mit weißen Segeln
Fingen eine Weile ihren Blick und schwanden dann.
Dazwischen quälten sich mühselig viele Menschen
In ständig wechselnd unbeständigen Gruppen,
Ein verwischter Film von erhellten schattenhaften Formen,
Eingehüllt in den grauen Mantel eines Traumes.
Bedeutung im zähen Lebensfluss wähnend,
Trauten sie der ungewissen Umgebung
Und warteten, auf das Tod den Schauplatz ihres Geistes wandle.
Ein barbarisches Lärmen von Arbeit und ein Stampfen
Von gepanzertem Leben und das monotone Brummen
Von Gedanken und Taten, die stets dieselben waren,
Als bedränge das dumpfe unaufhörliche Dröhnen
Einer großen rohen Maschine ihre Seele, –
Ein grau verdrießlich Rumoren gleich einem Gespenst
Von laut unruhigem Meer, das stöhnt und klagt.
Eine gewaltige unmenschliche zyklopische Stimme,
Ein gen Himmel sich türmender Gesang der Babelbauer,
Ein Hämmern von Maschinen und das Klirren von Werkzeugen
Brachten den tiefen Unterton von der Arbeit Schmerz.
Wie wenn blasse Blitze einen gequälten Himmel zerreißen,
Flackerten hoch oben Reihen von Wolkenrändern,
Jagend wie Rauch, geblasen aus einem roten Schlot,
Die erzwungenen Schöpfungen eines unwissenden Mentals:
Dahintreibend sah sie bemalten Fetzen gleich
Phantome menschlichen Denkens und vereitelter Hoffnungen,
Die Formen der Natur und die Künste des Menschen,
Philosophien und Disziplinen und Gesetze,
Und den toten Geist alter Gesellschaften,
Konstruktionen des Titanen und des Wurms.
Wie verlorene Überreste eines vergessenen Lichtes
Flohen vor ihrem Mental mit hängenden Flügeln
Verdunkelte Enthüllungen und erlösende Worte,
Entleert von ihrer Mission und ihrer Kraft zu retten,
Die Botschaften der Evangeliengötter,
Stimmen von Propheten, Schriften schwindender Glaubensbekenntnisse.
Vorbei flog alles, was zu seiner Stunde für ewig erklärt:
Ideale, Systeme, Wissenschaften, Dichtungen, Künste
Gingen unermüdlich unter und tauchten wieder auf,
Rastlos gesucht von irgend schöpferischer Macht;
Doch Träume waren es, schweifend durch eine leere Weite.
Asketische Stimmen einsamer Seher riefen
Auf Berggipfeln oder an Flussufern
Oder aus dem verlassenen Herzen der Waldlichtungen,
Suchend Himmels Ruhe oder des Geistes weltlosen Frieden,
Oder in Körpern, regungslos wie Statuen, erstarrt
In tranceartigen Stillständen ihres schlaflosen Denkens,
Saßen schlafende Seelen, und auch dies war ein Traum.
Was die Vergangenheit geschaffen und zerschlagen hat,
Ihre verlorenen vergessenen Formen von einst, war dort,
Und was die Gegenwart als neu enthüllt liebt,
Und was die Zukunft erhofft, war alles bereits gescheitert,
Erfasst und vertan in vergeblichen Bemühungen,
Fruchtlos wiederholt von Zeitalter zu Zeitalter.
Unermüdlich kehrte alles wieder und beharrte
Wegen der Freude an den Qualen des Trachtens
Und der Freude am Mühen und Gewinnen und Verlieren
Und der Freude am Erschaffen und Erhalten und der Freude am Töten.
Die rollenden Zyklen gingen und kamen wieder,
Brachten die gleichen Mühen und das gleiche unfruchtbare Ende,
Formen immer neu und immer alt, die langen
Entsetzlichen Umwälzungen der Welt.
Noch einmal erhob sich die große zerstörende Stimme:
Durch das fruchtlose Mühen der Welten
Verfolgte seiner gewaltigen Verneinung allvernichtende Macht
Den unwissenden Marsch der schmerzbeladenen Zeit.
„Sieh die Figuren dieses Symbolreiches,
Das mit soliden Konturen schöpferischen Traumes
Die großen konkreten Taten der Erde inspiriert.
In dieser Bewegungsparabel des menschlichen Lebens
Erkennst du schon das Ende, das die Natur
Der Sünde des Seins und dem Irrtum in Dingen bringt
Und der Begierde, welche zu leben zwingt,
Und des Menschen unheilbare Krankheit des Hoffens.
In der Hierarchie einer unveränderlichen Ordnung,
Wo Natur sich gleich bleibt, kann der Mensch sich nicht ändern:
Stets gehorcht er ihrem festen Mutationsgesetz;
In einer neuen Version ihrer alten Erzählung
Dreht die Menschenart in ewigrollenden Zyklen sich.
Sein Mental ist in kreisenden Grenzen eingepfercht:
Denn Mental ist der Mensch, über Denken kann er nicht hinaus.
Könnt‘ er seine Grenzen verlassen, wäre er sicher:
Er sieht seine größeren Himmel, doch kann sie nicht ersteigen;
Er sinkt, sogar beflügelt, zu seinem heimischen Grund.
Er ist ein Gefangener im Netze seines Mentals
Und schlägt mit Seelenflügeln gegen die Mauern des Lebens.
Vergeblich erhebt sein Herz ein sehnend Gebet,
Bevölkernd mit strahlenden Göttern das formlose Leer;
Dann kehrt er sich enttäuscht dieser Leere zu
Und bittet um Erlösung in ihrem glücklichen Nichts,
Dem stillen Nirvana seines Traumes vom Selbst:
Das Wort vergeht im Schweigen, im Nichts der Name.
Gesondert inmitten der sterblichen Scharen,
Ruft er die unmitteilsame Gottheit an
Seiner einsamen Seele Liebhaber zu sein
Oder wirft seinen Geist in ihre leere Umarmung hinein.
Oder er findet sein Abbild in dem unparteiischen All;
Dem Unbewegten leiht seinen eigenen Willen er,
Dem Ewigen schreibt Zorn und Liebe er zu
Und schmückt mit tausend Namen den Unbeschreibbaren.
Hoffe nicht, Gott in sein Leben herabzurufen.
Wie bringst du den Immerwährenden hierher?
Es gibt kein Heim für ihn in hastender Zeit.
Vergeblich suchst du ein Ziel in der Welt der Materie;
Es gibt kein Ziel dort, nur einen Willen zu sein.
Durch die Natur gebunden wandeln alle, immer sich gleich.
Schau diese Formen, die kurz verweilen und gehen,
Diese Leben, die sehnen und ringen und dann nicht mehr sind,
Diese Strukturen, die keine bleibende Wahrheit haben,
Die Erlösungslehren, die sich selber nicht erlösen können
Sondern im Würgegriff der Jahre untergehen,
Von des Menschen Denken verworfen, Lügen gestraft von der Zeit,
Philosophien, die alle Probleme bloßgelegt
Doch nichts je gelöst haben seit die Erde begann,
Und Wissenschaften, allgewaltig vergebens,
Die den Menschen lehren, woraus die Sonnen bestehen,
Geformtes umzuformen für äußeren Zweck,
Durch den Himmel zu schweben und unter dem Meer dahinzugleiten,
Aber nicht lehren, was sie sind und warum sie kamen;
Diese Staatswesen, Bauwerke des menschlichen Gehirns,
Die mit Steinen von Gut und Böse des Menschen Geist einmauern,
Dann, rissig schon, Palast und Gefängnis zugleich,
Verfallen sie während sie noch herrschen, bröckelnd vor ihrem Sturz;
Diese Umwälzungen, Dämon oder trunkener Gott,
Plagen den wunden Körper der Menschheit
Nur um in neuen Farben ein altes Gesicht zu malen;
Diese Kriege, Blutbad im Triumph, Zerstörung im Wahnsinn,
Das Werk von Jahrhunderten schwindend in einer Stunde,
Das Blut des Besiegten und die Krone des Siegers,
Wofür die Nachgeborenen mit ihrem Schmerz zahlen müssen,
Des Helden göttlich Antlitz auf Satyrs Gliedern,
Des Dämons Größe mit der des Halbgottes verquickt,
Der Ruhm und die Bestialität und die Schande;
Wozu das alles, die Arbeit und der Lärm,
Die vergänglichen Freuden, das zeitlose Meer der Tränen,
Die Sehnsucht und die Hoffnung und der Schrei,
Der Kampf und der Sieg und der Fall,
Die ziellose Reise, die niemals innehalten kann,
Das wache Mühen, der unzusammenhängende Schlaf,
Gesang, Geschreie und Geweine, Weisheit und Geschwätz,
Das Lachen der Menschen, die Ironie der Götter?
Wohin führt der Marsch, wohin die Pilgerreise?
Wer hat die Landkarte oder plante die Strecken?
Oder aber die Welt geht selbstbewegt ihren eigenen Weg,
Oder nichts ist da als nur ein Mental, das träumt:
Die Welt ist ein Mythos, der zufällig wirklich wurde,
Eine Legende, sich selbst erzählt von bewusstem Mental,
Eingebildet und gespielt auf dem Boden einer vorgegaukelten Materie,
Auf dem sie steht in einer substanzlosen Weite.
Das Mental ist Autor, Zuschauer, Schauspieler, Bühne:
Nur das Mental ist, und was es denkt, wird gesehen.
Wenn das Mental alles ist, gib die Hoffnung auf Seligkeit auf;
Wenn das Mental alles ist, gib die Hoffnung auf Wahrheit auf.
Denn niemals kann das Mental den Körper der Wahrheit berühren
Und niemals kann das Mental die Seele Gottes sehen;
Es ergreift nur seinen Schatten, hört nicht sein Lachen,
Wenn es sich von ihm abkehrt zum eitlen Schein der Dinge hin.
Das Mental ist ein Stoff, gewebt aus Licht und Schatten,
Wo Recht und Unrecht ihre Teile miteinander verwoben haben;
Oder das Mental ist eine Zweckehe der Natur
Zwischen Wahrheit und Falschheit, zwischen Freude und Schmerz:
Dies streitende Paar vermag kein Gericht zu scheiden.
Jeder Gedanke ist eine Goldmünze von glänzender Legierung
Und Irrtum und Wahrheit sind ihre Vorder- und Rückseite:
Dies ist die kaiserliche Prägung des Gehirns
Und von solcher Art ist seine gesamte Währung.
Denk nicht auf Erden die lebende Wahrheit zu pflanzen
Oder die Welt der Materie zur Heimstatt Gottes zu machen;
Wahrheit kommt nicht dorthin, sondern nur der Gedanke an Wahrheit,
Nicht Gott ist da, sondern nur der Name Gottes.
Gibt es ein Selbst, so ist es körperlos und ungeboren;
Niemand ist es und es wird von niemandem besessen.
Worauf willst du dann deine glückliche Welt aufbauen?
Wirf dein Leben und Mental von dir, dann bist du Selbst,
Eine alles sehende Allgegenwart, rein, allein.
Gibt es einen Gott, so kümmert ihn die Welt nicht;
Auf alles schaut er mit ruhig gleichgültigem Blick,
Verdammt hat er alle Herzen zu Leid und Begier,
Gebunden hat er alles Leben mit seinen unerbittlichen Gesetzen;
Er antwortet nicht der unwissenden Stimme des Gebetes.
Ewig, während die Zeitalter unten sich mühen,
Unbewegt, ungerührt von dem, was er geschaffen hat,
Sieht er als Kleinigkeiten zwischen den Sternen
Des Tieres Todesqual und des Menschen Los:
Unsagbar weise, ragt über dein Denken er;
Seine einsame Freude braucht deine Liebe nicht.
Seine Wahrheit kann nicht in menschlichem Denken weilen:
Wenn Wahrheit du begehrst, mach still dein Mental
Für immer, vernichtet vom stummen ungesehenen Licht.
Unsterbliche Seligkeit lebt nicht in menschlicher Luft:
Wie soll die mächtige Mutter ihre ruhige Wonne
In dieser engen zerbrechlichen Vase wohlauf bewahren,
Oder ihre süße ungebrochene Ekstase
In Herzen heimisch machen, die irdischer Kummer bedrängen kann,
Und in Körpern, die sorgloser Tod beliebig erschlagen kann?
Träume nicht die Welt zu wandeln, die Gott geplant hat,
Strebe nicht zu ändern sein ewiges Gesetz.
Wenn es Himmel gibt, deren Pforten dem Leid verschlossen sind,
Dann suche dort die Freude, die du auf Erden nicht finden konntest;
Oder hoch in der unvergänglichen Hemisphäre,
Wo Licht heimisch und Wonne König ist
Und Geist der todlose Grund der Dinge ist,
Dort wähle deinen hohen Stand, Kind der Ewigkeit.
Wenn du Geist bist und die Natur dein Gewand,
Wirf ab dein Kleid und sei dein nacktes Selbst
In seiner todlosen Wahrheit unwandelbar,
Im stummen Alleinigen auf ewig allein.
Sodann wende dich Gott zu, für ihn lass alles zurück;
Vergessend Liebe, vergessend Satyavan,
Annulliere dich selbst in seinem unbewegten Frieden.
O Seele, ertrinke in seinem stillen Seligsein.
Denn du musst dir selbst sterben, um Gottes Höhe zu erreichen:
Ich, der Tod, bin das Tor zur Unsterblichkeit.“
Doch Savitri antwortete dem sophistischen Gott:
„Willst wieder mit Licht du blenden der Wahrheit Augen,
Wissen zum Schnapper an Unwissens Falle machen
Und das Wort zum Wurfspeer, der meine lebendige Seele tötet?
O König, biete deine Wohltaten müden Geistern an
Und Herzen, die nicht die Wunden der Zeit ertrugen,
Lass jene, die an Körper und Mental gebunden waren,
Diese Fesseln durchreißen und in die weiße Stille entfliehen,
Schreiend nach einer Zuflucht vor dem Spiele Gottes.
Gewiss, deine Wohltaten sind groß, bist du doch Er!
Doch wie soll in endlosem Frieden Ruhe suchen ich,
Die der mächtigen Mutter stürmische Kraft behaust,
Ihre Schau, gewandt die rätselhafte Welt zu lesen,
Ihren Willen, gehärtet in der Glut der Weisheit Sonne
Und dem flammenden Schweigen ihres Herzens der Liebe?
Die Welt ist ein spirituelles Paradoxon,
Erfunden durch ein Bedürfnis in dem Ungesehenen,
Für den Sinn des Geschöpfes eine armselige Übersetzung
Von Dem, was auf ewig Idee und Sprache übersteigt,
Ein Symbol für Das, was niemals versinnbildlicht werden kann,
Eine Sprache, falsch betont, falsch buchstabiert, doch wahr.
Ihre Mächte sind von den ewigen Höhen gekommen
Und in den nichtbewussten dunklen Abgrund getaucht
Und entstiegen ihm, um ihr wunderbares Werk zu tun.
Die Seele ist ein Abbild des Ungeoffenbarten,
Das Mental ringt, das Undenkbare zu denken,
Das Leben, dem Unsterblichen Geburt zu verleihen,
Der Körper, ein Schrein für den Unbegrenzbaren zu sein.
Die Welt ist nicht getrennt von Wahrheit und Gott.
Vergeblich hast du die dunkle unüberbrückbare Kluft gegraben,
Vergeblich hast du den blinden und torlosen Wall gebaut:
Des Menschen Seele geht durch dich hindurch zum Paradiese,
Des Himmels Sonne bahnt sich ihren Weg durch Tod und Nacht;
Ihr Licht ist zu sehen am Rande unseres Seins.
Mein Mental ist eine Fackel, entfacht von der ewigen Sonne,
Mein Leben ist ein Atemzug des unsterblichen Gastes,
Mein sterblicher Körper ist das Haus des Ewigen.
Die Fackel wird bereits zum todlosen Strahl,
Das Leben ist bereits des Unsterblichen Kraft,
Das Haus wird Teil des Hausherrn und eins mit ihm.
Sagst du, Wahrheit könne nie das menschliche Mental erleuchten
Und Seligkeit niemals in das Herz des Sterblichen eindringen
Oder Gott nie zur Welt herabsteigen, die er schuf?
Wenn in der sinnlosen Leere Schöpfung erstand,
Wenn von einer körperlosen Kraft Materie geboren ward,
Wenn Leben im unbewussten Baum aufsteigen konnte,
Seine grüne Wonne in smaragdgrünen Blätter sprießt
Und sein Lachen der Schönheit in der Blume blüht,
Wenn in Gewebe, Nerv und Zelle der Sinn erwachen konnte
Und Denken die graue Substanz des Gehirns ergriff,
Und Seele aus ihrer Verborgenheit durch das Fleisch lugte,
Wie soll nicht das namenlose Licht auf Menschen überspringen
Und unbekannte Mächte aus dem Schlafe der Natur erstehen?
Schon jetzt steigen Anzeichen einer leuchtenden Wahrheit wie Sterne
In der mentalbemondeten Pracht der Unwissenheit auf;
Schon jetzt verspüren wir des todlosen Liebhabers Hauch:
Wenn die Kammertür auch nur ein wenig offensteht,
Was kann dann Gott daran hindern, sich hereinzustehlen,
Oder wer kann ihm verbieten, die schlafende Seele zu küssen?
Gott ist schon in der Nähe, die Wahrheit ist nah:
Weil der dunkle atheistische Körper ihn nicht kennt,
Muss da der Weise das Licht, der Seher seine Seele leugnen?
Mich binden weder Denken, Sinn noch Form;
Ich lebe in der Glorie des Unendlichen,
Ich bin dem Namenlosen und Unkennbaren nah,
Der Unbeschreibbare ist jetzt mein Hausgenosse.
Doch stehend am lichten Rande der Ewigkeit
Habe ich entdeckt, dass die Welt Er war;
Dem Geist bin ich mit Geist begegnet, dem Selbst mit Selbst,
Doch auch den Körper meines Gottes habe ich geliebt.
Ich habe ihn verfolgt in seiner irdischen Gestalt.
Eine einsame Freiheit kann da nicht befriedigen
Ein Herz, das eins geworden ist mit jedem Herz:
Ich bin eine Abgesandte der aufstrebenden Welt,
Meines Geistes Freiheit, die fordere ich für alle.“
Dann erklang von neuem ein tieferer Schrei des Todes.
Wie unter der Last eines unfruchtbaren Gesetzes
Vom eigenen verstockten sinnlosen Willen unterdrückt,
Verächtlich, überdrüssig und mitleidsvoll,
Tönte er nicht mehr unduldsam
Sondern glich der Lebenskraft Stimme, die ewig ringt
Auf ihren zahllosen Pfaden und nichts erreicht
Wegen Geburt und Wandel, ihren sterblichen Mächten,
Durch die sie währt, an Endpfosten festgelegt,
Den Wenden in einem weit kreisend ziellosen Rennen,
Das seinen Lauf nimmt und immer dasselbe bleibt.
Durch seinen langen Umgang mit Schicksal, Zufall und Zeit
Überzeugt von der Vergeblichkeit des Spiels, verloren oder gewonnen,
Zermalmt von des Unwissens und Zweifels Last,
Die durch Erkenntnis und Wachstum noch sich zu mehren scheint,
Erliegt der Erdgeist und er verzweifelt und schaut
Alt, müde und entmutigt auf sein Werk.
Aber war denn alles nichts oder vergeblich erlangt?
Etwas Großes ward vollbracht, etwas Licht, etwas Kraft
Befreit aus dem Griff des riesigen Nichtbewussten:
Er ist aufgetaucht aus der Nacht; er sieht seine Morgenröten
Auf ewig kreisen, wenn auch kein Morgen bleibt.
Diese Wandlung lag in der Gottheit weithallenden Stimme;
Seine Schreckensgestalt war verändert und ließ
Unser flüchtig Bemühen um Ewigkeit zu,
Doch warf große Zweifel, was sonst noch sein könnte,
Auf grandiose Andeutungen eines unmöglichen Tages.
Die große Stimme rief brandend Savitri zu:
„Weil du die Weisheit kennst, die sowohl den Schleier
Der Formen wie die Verachtung der Formen übersteigt,
Erhebe dich, befreit durch die sehenden Götter.
Wärst frei im Mental du geblieben von Lebens stürmischem Druck,
Hättest du ihnen gleich sein können, allwissend, still.
Doch das heftige und leidenschaftliche Herz verwehrt es.
Es ist der Sturmvogel einer anarchischen Macht,
Die die Welt aufheben würde und ihr entreißen
Die unentzifferbare Schriftrolle vom Schicksal,
Von Todes Herrschaft und Gesetz und vom Willen, den keiner kennt.
Stürmer zu Taten, Verletzer Gottes
Sind diese großen Geister, die zu viel Liebe haben,
Und solche, wie du Gebauten, denn du bist beides,
Sind in die engen Schranken des Lebens gekommen
Mit allzu weiten Naturen, der Zeit voraus.
Verehrer der Kraft, die nicht ihre Rückwirkung kennen,
Ihre gigantischen Willen zwingen die unruhigen Jahre.
Die Weisen sind ruhig; schweigsam steigen die großen Berge
Unaufhörlich zu ihrem unerreichten Himmelsgewölbe,
Fest verankert auf ihrem unveränderlichen Grund, ihre Häupter
Traumlos in des Himmels unwandelbarem Reich.
Auf ihren strebenden Gipfeln, erhaben und still,
Hebend die aufsteigende Seele halbwegs zum Himmel,
Stehen die mächtigen Mittler zufrieden da,
Um das Kreisen der Sterne anzuschauen:
Reglos bewegend mit der Macht der Erde,
Sehen sie die Zeitalter vorübergehen und bleiben gleich.
Die Weisen denken mit den Zyklen, sie hören den Schritt
Entlegener Dinge; geduldig, unbewegt halten sie
Ihre gefährliche Weisheit in ihren Tiefen zurück,
Damit nicht des Menschen schwache Tage ins Unbekannte sinken,
Wie von festgebundenem Leviathan ein Schiff gerissen wird
In den Abgrund seines gewaltigen Meeres.
Sieh, wie alles erzittert, wenn die Götter zu nahe kommen!
Alles ist in Bewegung, in Gefahr, verängstigt, zerrissen, aufgewühlt.
Die eilenden Äonen würden allzu rasch voranstolpern,
Würde Kraft vom Himmel die unvollkommene Erde überraschen
Und unverhülltes Wissen diese untauglichen Seelen erschlagen.
Die Gottheiten haben ihre fürchterliche Macht abgeschirmt:
Gott verbirgt sein Denken und scheint sogar zu irren.
Sei still und halt dich zurück in dieser bedächtig weisen Welt.
Mächtig bist du, erfüllt von der furchtbaren Göttin,
Zu der du im Morgengrauen in den dunklen Wäldern riefst.
Gebrauch nicht deine Stärke wie die wilden Titanenseelen!
Rühr nicht die festgelegten Linien an, die uralten Gesetze,
Respektiere die Ruhe der großen alteingerichteten Dinge.“
Doch Savitri gab dem riesigen Gott zur Antwort:
„Was ist die Ruhe, die du so rühmst, O Gesetz, O Tod?
Ist sie nicht der stumpfsinnig behäbige Trott
Monströser Energien, angekettet in einer starren Runde,
Seelenlos und steinäugig voller mechanischer Träume?
Der Seele Hoffen wäre eitel, gäbe es nur wandelloses Gesetz:
Immer zu Neuem und Unbekanntem drängen
Die eilenden Äonen und rechtfertigen so Gott.
Was wären die Zeitalter der Erde, würde die graue Schranke
Niemals brechen und Glorien nicht aufgehen,
Sprengend ihre dunkle Saat, während langsames Menschenleben
Hurtig auf plötzlich herrliche Pfade springt,
Durch göttliche Worte und menschliche Götter offenbart?
Dräng nicht fühlendem Mental und Herz
Die dumpfe Festigkeit auf, die Lebloses fesselt.
Die unbewusste Herrschaft ist für die Tierart gut,
Die zufrieden unter dem unabänderlichen Joche leben;
Der Mensch wendet sich einem edleren Gange zu, einem Meisterpfad.
Mit lebendigem Fuße zertrete ich dein Gesetz;
Denn in Freiheit mich zu erheben ward ich geboren.
Wenn mächtig ich bin, lass unverhüllt meine Kraft
Ebenbürtige Gefährtin der zeitlosen Mächte sein,
Ansonsten lass meine entmutigte Seele niedersinken
In den ursprünglichen Schlaf, der Gottheit nicht wert.
Ich fordere von der Zeit meines Willens Ewigkeit,
Gott von seinen Momenten.“ Tod entgegnete ihr:
„Warum sollte sich der edle und unsterbliche Wille
Zu den ärmlichen Werken der vergänglichen Erde herablassen,
Vergessend Freiheit und den Pfad des Ewigen?
Ist das der hohe Nutzen von Kraft und Denken,
Mit den Banden von Tod und Zeit zu ringen
Und all die Mühe aufzubringen, die Götter erlangen könnte,
Und zu kämpfen und die Qual von Wunden zu ertragen,
Um die trivialen Freuden zu erhaschen, die Erde da verwahrt
In ihrer kleinen Schatztruhe vergänglicher Dinge?
Kind, bist du über die Götter hinweggestampft,
Um armselige Fetzen irdischen Lebens zu erbeuten
Für ihn, den du liebst, indem du die große Befreiung verwirkst,
Zurückhaltend von baldiger Himmelswonne
Seine Seele, die milde Gottheiten gerufen haben?
Sind deine Arme süßer als die Höfe Gottes?“
Sie antwortete: „Ich schreite geradeaus auf dem Pfade,
Den die starke Hand gehauen mir, die unsere Wege plante.
Ich laufe, wohin seine süße furchtbare Stimme befiehlt
Und ich werde durch die Zügel Gottes gelenkt.
Warum entwarf er seinen Plan mächtiger Welten so weit
Oder erfüllte Unendlichkeit mit seinem inbrünstigen Atem?
Oder wozu formte er meine sterbliche Gestalt
Und säte in mich seine hellen und stolzen Verlangen,
Wenn nicht zu vollbringen, in mir zu erblühen, zu lieben,
Meißelnd sein menschliches Ebenbild, reich geformt
An Gedanken und Räumen und goldnen Mächten?
Der ferne Himmel kann in seiner Ruhe auf unser Kommen warten.
Leicht war es für Gott, die Himmel zu erbauen.
Die Erde war sein schwieriges Werk, die Erde bot
Die Glorie des Problems und des Wettlaufs und des Ringens.
Dort sind die unheilvollen Masken, die schrecklichen Mächte;
Dort ist es Größe, die Götter zu erschaffen.
Ist nicht der Geist unsterblich und von allem entbunden
Von jeher, befreit von der Umklammerung der Zeit?
Warum kam er herab in den Raum des Sterblichen?
Einen Auftrag gab Gott seinem hohen Geist im Menschen
Und schrieb ein heimliches Dekret auf die Gipfelhöhen der Natur.
Freiheit ist dies mit ewig thronender Seele,
Weit in des Lebens Grenzen, stark in der Materie Verknotungen,
Bildend aus den Welten großen Tatenstoff,
Um feinsinnige Weisheit zu weben aus groben, verstreuten Fäden,
Und Liebe und Schönheit aus Krieg und Nacht,
Das wundervolle Wagnis, das göttliche Spiel.
Ist frei denn die Seele, die nur sich frei fühlt,
Wenn alles ihr entrissen ist, und die Banden nicht küssen kann,
Die der Liebhaber schlingt um die Glieder seiner Gespielin,
Die seine Tyrannei erwählt, erdrückt in seiner Umarmung?
Ihn besser mit ihrem grenzenlosen Herzen zu fassen,
Nimmt sie den einschränkenden Kreis seiner Arme an,
Beugt sie sich voller Seligkeit unter seine beherrschenden Hände,
Lacht in seinen reichen Zwängen, am freiesten, wenn am gebundensten.
Dies ist meine Antwort auf deine Verlockungen, O Tod.“
Unverrückbar, des Todes Verneinung traf ihren Ruf:
„Wie machtvoll auch sei, wie auch immer dein geheimer Name
In heimlichen Konklaven der Götter laute,
Deines Herzens kurzlebige Leidenschaft vermag nicht zu brechen
Den ehernen Wall der feststehenden Dinge,
Mit dem die großen Götter ihr Lager im Raum umzäunen.
Wer du auch immer hinter deiner menschlichen Maske bist,
Sogar wenn du die Mutter der Welten bist
Und deinen Anspruch absteckst in den Reichen des Zufalls,
So ist das kosmische Gesetz doch größer als dein Wille.
Sogar Gott befolgt die Gesetze, die er schuf:
Das Gesetz bleibt bestehen und kann sich niemals ändern,
Die Person ist eine Blase auf dem Meer der Zeit.
Vorläuferin einer größeren Wahrheit, die da kommen wird,
Deine Seele Schöpferin ihres freieren Gesetzes,
Prahlst du mit einer Kraft dahinter, auf die sie sich stützt,
Mit einem Licht darüber, das einzig du gesehen hast,
Und forderst die ersten Früchte der Wahrheit Sieg.
Was aber ist Wahrheit und wer entdeckt ihre Form
Inmitten der fadenscheinigen Bilder des Sinnes,
Inmitten der wimmelnden Mutmaßungen des mentalen Geistes
Und der dunklen Zweideutigkeit einer Welt,
Die mit den Ungewissheiten des Denkens bevölkert ist?
Wo ist denn Wahrheit und wann ward ihr Schritt gehört
Inmitten des endlosen Lärms auf dem Markt der Zeit
Und welche ist ihre Stimme inmitten der tausend Schreie,
Die das lauschende Gehirn durchziehen und die Seele täuschen?
Oder ist die Wahrheit nichts als nur ein hoher Sternenname
Oder ein vages und prächtiges Wort, durch das des Menschen Denken
Gutheißt und heiligt die Wahl seiner Natur,
Des Herzens Wunsch, der Wissen als sein Gewand anlegt,
Die Lieblingsidee, erwählt unter den Auserwählten,
Denkens Günstling unter all den Kindern des Halblichtes,
Die hellstimmig auf den Spielplätzen des Mentals tummeln
Oder kindlich schlummernd dessen Schlafsäle füllt?
Hier hängen alle Dinge zwischen Gottes Ja und Nein,
Zwei Mächte, wirklich, aber eine für die andere nicht wahr,
Zwei Brudersterne in der Mondnacht des Mentals,
Die zu zwei entgegengesetzten Horizonten blicken,
Der weiße Kopf und schwarze Schwanz des mystischen Erpels,
Der rasche und der lahme Fuß, starker Flügel, gebrochener Flügel,
Stützend den Körper der unsicheren Welt,
Ein Drache am Himmelszelt, unwirklich und groß.
Zu gefährlich muss deine hohe stolze Wahrheit leben,
Verstrickt in die sterbliche Kleinheit der Materie.
In dieser Welt ist alles wahr, und doch ist alles falsch:
Ihre Gedanken laufen in einer ewigen Ziffer ab,
Ihre Taten schwellen an zur gerundeten Nullsumme der Zeit.
So ist der Mensch zugleich Tier und Gott,
Ein ungereimtes Rätsel aus Gottes Hand,
Unfähig innen der Gottheit Form zu befreien,
Ein Wesen, weniger als er selbst und doch auch mehr,
Das strebende Tier, der vereitelte Gott,
Dennoch weder Tier noch Gottheit sondern Mensch,
Aber Mensch, verhaftet der Art, über die der Erde Mühe trachtet hinaus,
Klimmend auf Gottes Treppen Höherem zu.
Objekte sind Schein und niemand kennt deren Wahrheit,
Ideen sind Mutmaßungen eines unwissenden Gottes.
Wahrheit hat kein Heim in der Erde vernunftwidrigen Brust:
Doch ohne Vernunft ist Leben ein Wirrwarr von Träumen,
Aber Vernunft schwebt über einem düsteren Abgrund
Und steht zu guter Letzt auf einer Planke des Zweifels.
Ewige Wahrheit lebt nicht bei sterblichen Menschen.
Falls sie in deinem sterblichen Herz aber wohnt,
So zeige mir den Leib der lebendigen Wahrheit
Oder zeichne mir den Umriss ihres Gesichtes,
Dass auch ich gehorchen und sie anzubeten vermag.
Dann will ich dir wiedergeben deinen Satyavan.
Doch hier gibt es nur Fakten und eisernes Gesetz.
Diese Wahrheit weiß ich, dass Satyavan tot ist,
Und auch deine Süße ihn nicht zurücklocken kann.
Keine magische Wahrheit kann die Toten zum Leben erwecken,
Keine Macht der Erde kann einst Geschehenes rückgängig machen,
Kein Glück des Herzens kann den Tod überdauern,
Keine Seligkeit kann das Vergangene zu neuem Leben verhelfen.
Nur Leben allein kann die stumme Öde trösten
Und die Leerheit der Zeit mit Denken füllen.
So lass deinen Toten, O Savitri, und lebe.“
Die Frau antwortete dem mächtigen Schatten,
Und wie sie sprach, verschwand Sterblichkeit;
In ihren Augen ward sichtbar ihr Göttin-Selbst,
Licht kam, ein Himmelstraum, in ihr Gesicht.
„O Tod, auch du bist Gott und doch nicht Er,
Sondern nur sein eigener schwarzer Schatten auf seinem Pfad
Wenn Nacht verlassend er den Weg nach oben einschlägt
Und deren anhaftende nichtbewusste Kraft mit sich schleppt.
Von unbewusstem Gott bist du das düstere Haupt,
Von seiner Unwissenheit bist du das verstockte Zeichen,
Von ihrem weiten finsteren Schoß das natürliche Kind,
Vor seiner Unsterblichkeit die unselige Schranke.
Alle Gegensätze sind Aspekte von Gottes Antlitz.
Die Vielen sind der unzählbare Eine,
Der Eine trägt die Vielzahl in seiner Brust;
Er ist der Unpersönliche, unkennbar, allein,
Er ist die eine unendliche Person, sehend seine Welt;
Das Schweigen trägt das große stumme Siegel des Ewigen,
Sein Licht inspiriert das ewige Wort;
Er ist die tiefe und todlose Stille des Unbewegten,
Seine weiße und zeichenlos leere Ruhe, die verneint,
Und ist doch das Schöpferselbst, der allmächtige Herr,
Und sieht seinen Willen durch Götterformen getan,
Durch das Begehren, das halbbewussten Menschen treibt,
Und durch die widerstrebende und nichtsehende Nacht.
Diese weiten göttlichen Extreme, diese gegensätzlichen Kräfte
Sind die rechte und linke Seite von Gottes Leib;
Das Dasein, ausbalanciert zwischen zwei mächtigen Armen,
Stellt den mentalen Geist vor ungelöste Abgründe des Denkens.
Finsternis unten, ein unermessliches Licht oben,
Im Lichte vereint, doch entzweit durch trennendes Mental
Stehen sie Auge in Auge gegenüber, gegensätzlich, unzertrennlich,
Zwei Gegenseiten, die für sein Weltvorhaben notwendig sind,
Zwei Pole, deren Ströme die immense Weltkraft wecken.
In der gewaltigen Heimlichkeit seines Selbstes,
Über der Welt sinnierend mit gleichwertigen Schwingen,
Ist er beides in einem, anfangslos, ohne Ende:
Übersteigend beides, geht er in das Absolute ein.
Sein Wesen ist ein Mysterium jenseits des Mentals,
Seine Wege verwirren sterbliche Unwissenheit;
Das Endliche, in seine kleinen Abschnitte eingehegt,
Staunt, traut der Verwegenheit Gottes nicht,
Der da wagt das unvorstellbare All zu sein
Und zu sehen und zu handeln wie ein Unendlicher.
Gegen menschliche Vernunft ist dies sein Verstoß,
Bekannt und doch immer unerkennbar zu sein,
Alles zu sein und doch das mystisch Ganze übersteigend,
Absolut, in einer relativen Zeitwelt zu wohnen,
Ewig und allwissend, Geburt zu erleiden,
Allmächtig, sich mit Zufall und Schicksal zu balgen,
Geist, und doch Materie und die Leere zu sein,
Unbegrenzbar, jenseits von Form oder Namen,
In einem Körper zu wohnen, einzig und zuhöchst,
Tier zu sein sowie menschlich und göttlich:
Ein stilles tiefes Meer, er lacht in rollenden Wogen;
Universal, er ist alle, – transzendent, keiner.
Für den rechtschaffenen Mensch ist dies sein kosmischer Frevel,
Allmächtig, jenseits von Gut und Böse zu weilen,
In einer ruchlosen Welt die Guten ihrem Schicksal überlassend,
Die Bösen auf dieser enormen Bühne herrschen lassend.
Alles scheint Widerspruch und Kampf und Zufall zu sein,
Ein zielloses Mühen mit kaum ersichtlichem Sinn,
Für Augen, die nur einen Teil sehen und das Ganze verfehlen;
Menschen erforschen das Äußere, die Tiefen verwehren ihnen die Suche:
Ein hybrides Mysterium fordert den Blick heraus,
Oder ein entmutigend erbärmlich Wunder.
Doch in des exakten Nichtbewussten schieren Dünkel,
In dem zufälligen Irrtum der Welt Unwissenheit,
Ist ein Plan, eine verborgene Intelligenz erkennbar.
Da liegt eine Absicht in jeglichem Straucheln und Fallen;
Der Natur sorglosestes Rekeln ist eine Pose,
Die einen Schritt nach vorne, ein tiefes Ergebnis vorbereitet.
Geniale Noten, eingefügt in eine an Motiven reiche Partitur,
So betonen diese Millionen Dissonanzen das harmonische Thema
Des gewaltigen Orchestertanzes der Evolution.
Eine höchste Wahrheit zwang die Welt zu sein;
Eingehüllt hat sie sich in Materie wie in ein Leichentuch,
Ein Tuch des Todes, ein Tuch der Unwissenheit.
Sie hieß die Sonnen durch schweigenden Raum zu brennen,
Flammenzeichen ihres unverstandenen Denkens
In eines weit brütenden Äthers formloser Muse:
Sie machte aus Wissen ein verschleiertes und ringendes Licht,
Aus Sein eine Substanz, betäubt, dicht und stumm,
Aus Seligkeit die Schönheit einer empfindungslosen Welt.
In Endlichem wohnt das bewusst Unendliche:
Involviert schläft es in der Materie hilfloser Trance,
Es lenkt die Welt von seiner schlafend besinnungslosen Leere aus;
Träumend entlässt es Mental und Herz und Seele,
Um verkrüppelt, gebunden, auf der harten Erde zu mühen;
Ein gebrochen Ganzes, wirkt es durch verstreute Punkte;
Seine schimmernden Scherben sind der Weisheit diamantene Gedanken,
Sein schattiger Widerschein unsere Unwissenheit.
Es beginnt mit zahllosen Strömen aus der dumpfen Masse,
Es bildet aus Gehirn und Nerven ein Wesen heran,
Ein empfindendes Geschöpf aus Freude und Schmerz.
Ein Bündel dunkler Gefühle, ein Tüpfelchen von Sinn
Überlebt antwortend den Schocks des Lebens eine Weile,
Und verlässt dann, erdrückt oder kraftlos, die tote Form,
Verlässt das riesige Universum, in dem es lebte,
Ein unbedeutender unbeachteter Gast.
Doch die Seele wächst verborgen in ihrem Hause;
Sie gibt dem Körper ihre Stärke und Herrlichkeit;
Sie folgt Zielen in einer unwissend ziellosen Welt,
Sie verleiht Bedeutung dem bedeutungslosen Leben der Erde.
Ein Halbgott-Tier, denkender Mensch kam;
Er wälzt sich im Schlamm, doch erhebt sich himmelwärts im Denken;
Er spielt und grübelt, lacht und weint und träumt,
Stellt seine kleinen Sehnsüchte zufrieden wie das Tier;
Er vertieft sich in das Buch des Lebens mit Augen des Schülers.
Raus aus diesem Gewirr von Verstand und Sinn,
Aus dem engen Horizont von endlichem Denken
Erwacht er schließlich im spirituellen Mental;
Eine hohe Freiheit beginnt und leuchtender Raum:
Er schaut flüchtig Ewigkeit, berührt das Unendliche,
Er trifft die Götter in großen und unerwarteten Stunden,
Er empfindet das Universum als sein größeres Selbst,
Macht Raum und Zeit zu seiner Gelegenheit,
Um die Höhen und Tiefen des Wesens im Licht zu einen,
In der Höhle des Herzens spricht er heimlich mit Gott.
Doch dies sind Berührungen und erlebte großartige Momente;
Bruchstücke höchster Wahrheit haben seine Seele erhellt,
Spiegelungen der Sonne in stillen Gewässern.
Wenige haben den letzten höchsten Anstieg gewagt
Und brechen oben durch Grenzen blendenden Lichtes
Und spüren um sich einen Hauch mächtigerer Luft,
Empfangen Botschaften eines weiteren Seins
Und baden in dessen immensen intuitiven Strahl.
Auf dem Gipfelmental sind strahlende Höhenlagen,
Preisgegeben dem Glanz der Unendlichkeit,
Außenbezirke und Güter des Hauses der Wahrheit,
Erhobene Besitztümer des Mentals und unbeschränkt.
Der Mensch kann dort auf Besuch sein, leben aber kann er dort nicht.
Ein kosmisches Denken breitet seine Weiten aus;
Seine kleinsten Teile sind Philosophien hier,
Lockend mit ihrer Tiefe, unermesslich reich,
Jede ein allwissendes System der Dinge darstellend.
Doch höher noch kann da klimmen das aufsteigende Licht;
Dort gibt es Weiten der Schau und ewige Sonnen,
Ozeane von unsterblicher Leuchtkraft,
Flammenberge, die mit ihren Gipfeln den Himmel erstürmen,
Verweilend dort, wird alles eine Flamme des Sehens;
Ein brennendes Haupt der Schau führt den mentalen Geist,
Denken zieht seinen langen Kometenschweif hinterher;
Das Herz glüht, ein Erleuchteter und Seher,
Und der Sinn wird zur Wesenseinheit entfacht.
Ein höchster Flug erhebt sich zu einem tiefsten Blick:
In einer weiten Öffnung des ihr heimischen Firmaments
Schweifen Blitze der Intuition in heller Meute dahin
Und jagen alle verborgenen Wahrheiten aus ihren Schlupfwinkeln,
Ihre feurige Schneide absoluten Schauens
Dringt in versperrte unbekannte Winkel des Selbstes,
Durchstöbert die Himmelsnischen des Gehirns,
Erhellt die okkulten Kammern des Herzens;
Ihr sperrspitziger Iktus der Entdeckung,
Leicht gedrückt an die Hülle des Namens, dem Schirm der Form,
Legt die geheime Seele von allem bloß, was ist.
Denken hat dort der Enthüllung sonnenhelle Augen;
Das Wort, eine mächtige und inspirierende Stimme,
Betritt der Wahrheit innerste Kammer der Verschwiegenheit
Und reißt den Schleier weg von Gott und Leben.
Dann breitet sich die letzte Weite des grenzenlos Endlichen aus,
Das kosmische Imperium des Obermentals,
Pufferstaat der Zeit an der Grenze zur Ewigkeit,
Allzu groß für die Erfahrung eines Menschen Seele:
Alles hier sammelt sich unter dem einen goldnen Himmel:
Die Mächte, die den Kosmos erbauen, richten sich ein
In seinem Hause der unendlichen Möglichkeiten;
Von dort baut sich jeder Gott die Welt seiner eigenen Art;
Ideen bilden eine Phalanx wie eine Gruppe von Sonnen
Und jede hat ein Heer von Strahlen aufgestellt.
Denken sammelt sich in Massen, wird mit einem Blick erfasst;
Alle Zeit ist ein einziger Körper, Raum ein einziger Blick:
Dort ist der Gottheit allumfassende Schau
Und dort sind die Grenzgebiete des unsterblichen Mentals:
Die Linie, die beide Hemisphären trennt und verbindet,
Umfriedet die Arbeit der Götter,
Schützend Ewigkeit von der Mühsal der Zeit.
In ihrem glorreichen Königreich ewigen Lichtes
Allherrscherin, von niemandem beherrscht, die höchste Wahrheit,
Allmächtig, allwissend und allein,
Führt in einem goldnen Land ihr unermessliches Haus;
In seinem Korridor vernimmt sie den Schritt, der da kommt
Aus dem Unmanifestierten, um nie mehr zurückzukehren
Bis das Unbekannte vom Menschen erkannt und gesehen ist.
Über der Ausdehnung und Lohe kosmischer Sicht,
Über dem Schweigen des wortlosen Denkens,
Formlose Schöpferin unsterblicher Formen,
Namenlos, versehen mit dem göttlichen Namen,
Transzendierend die Stunden der Zeit, transzendierend Zeitlosigkeit,
Da thront die Mächtige Mutter in klarer Ruhe
Und hält auf ihren Knien das ewige Kind,
Den Tag erwartend, an dem es zum Schicksal sprechen wird.
Dort ist das Bild der Hoffnung unserer Zukunft;
Dort ist die Sonne, deren alle Dunkelheit harrt,
Dort ist die unvergängliche Harmonie;
Die Widersprüche der Welt steigen auf zu ihr und sind eins:
Dort ist die Wahrheit, von der die Wahrheiten der Welt Splitter sind,
Das Licht, von dem die Unwissenheit der Welt der Schatten ist
Bis Wahrheit den von ihr geworfenen Schatten zurücknimmt,
Die Liebe, die unsere Herzen herniederrufen, um allen Streit zu heilen,
Die Seligkeit, nach der die hoffnungslosen Sorgen der Welt sich sehnen:
Von dorther kommt die Glorie, die manchmal auf Erden zu sehen ist,
Die Besuche der Gottheit bei der menschlichen Seele,
Die Schönheit und der Traum auf dem Antlitz der Natur.
Dort ruft die Vollkommenheit, geboren aus Ewigkeit,
Zu sich die Vollkommenheit, geboren in Zeit,
Die Wahrheit Gottes, die das menschliche Leben überrascht,
Das Bild Gottes, das endliche Formen überragt.
Dort in einer Welt immerwährenden Lichtes,
In den Reichen des unsterblichen Supramentals,
Wahrheit, die hier ihr Haupt im Mysterium verbirgt,
Ihr Rätsel, das Vernunft für unmöglich hält
Im starren Gefüge der materiellen Form,
Lebt bar von Mysterien, ihr Antlitz demaskiert
Und ist dort Natur und das allgemeine Gesetz der Dinge.
Dort in einem Körper aus spirituellem Stoff,
Dem Herdstein für das Feuer, das immer lebt,
Überträgt Handeln die Regungen der Seele,
Denken schreitet unfehlbar und absolut einher
Und Leben ist Ritus einer unaufhörlichen Anbetung,
Ein Opfer der Verzückung an den Einen.
Eine kosmische Vision, ein spiritueller Sinn
Fühlt das ganze Unendliche in endlicher Form untergebracht
Und nimmt durch eine bebende Ekstase von Licht
Das helle Antlitz des Körperlosen wahr,
Vermag in der Wahrheit eines Augenblicks, in des Augenblicks Seele,
Den Honigwein der Ewigkeit zu schlürfen.
Ein Geist, der niemand und unzählbar ist,
Der eine Akteur von seiner Welt, die mystisch unendliche Person,
Vervielfältigt seine Myriaden-Persönlichkeit,
Drückt all seinen Körpern den Stempel seiner Göttlichkeit auf
Und sitzt unsterblich und einzigartig in jeglichem.
Der Unbewegte steht hinter jeder alltäglichen Tat,
Ein Hintergrund für das Geschehen und den Schauplatz,
Die Schöpfung stützend mit seiner Macht und Ruhe
Und Wandlung mit dem todlosen Stand des Unwandelbaren.
Der Zeitlose schaut aus den reisenden Stunden;
Der Unsagbare legt ein Gewand von Sprache an,
Wo all seine Worte eingewoben sind wie magische Fäden,
Bewegend mit Schönem, inspirierend mit ihrem Glanz,
Und jeder Gedanke den ihm zugedachten Platz einnimmt,
Aufgezeichnet in der Erinnerung der Welt.
Die höchste Wahrheit, weit und unpersönlich,
Richtet fehlerlos die Stunde und den Umstand ein,
Ihre Substanz ein reines stets gleiches Gold,
Jedoch geformt in Gefäße für des Geistes Gebrauch
Wird ihr Gold zum Weinkrug und zur Vase.
Eine erhabene Epiphanie ist alles dort:
Der Allwundervolle macht aus jedem Ereignis ein Wunderwerk,
Der Allschöne ist ein Mirakel in jeder Gestalt;
Der Allselige trifft mit Entzücken das Pochen des Herzens,
Eine reine himmlische Freude ist der Gebrauch der Sinne.
Dort ist jedes Wesen ein Glied des Selbstes,
Ein Teil des millionenfach gedachten Alls,
Ein Anwärter auf die zeitlose Einheit,
Die Süße im Vielen, die Freude am Unterschied,
Umsäumt von der Vertrautheit mit dem Einen.
Doch wer kann dir das glorreiche Angesicht der Wahrheit zeigen?
Unsere menschlichen Worte können sie nur umreißen.
Dem Denken ist sie ein undenkbarer Rausch von Licht,
Dem Reden ein unausdrückbares Wunder.
O Tod, wenn du die höchste Wahrheit berühren könntest,
Würdest du plötzlich weise werden und wärst nicht mehr.
Könnten unsere Seelen Gottes Wahrheit sehen, lieben und erfassen,
Würde ihre unendliche Strahlkraft unsere Herzen ergreifen,
Unser Wesen in das Ebenbild Gottes umgeschaffen
Und irdisches Leben göttliches Leben werden.“
Dann antwortete der Tod Savitri zum letzten Mal:
„Transzendiert die höchste Wahrheit ihren Schatten hier,
Durch Wissen und die aufsteigenden Weiten getrennt,
Welche Brücke kann die Kluft überspannen, den sie hinterließ
Zwischen ihr und der Traumwelt, die sie geschaffen hat?
Oder wer könnte hoffen, sie zu den Menschen herabzubringen,
Bewegend sie mit wunden Füßen auf dem rauen Erdball zu gehen,
Zurücklassend ihre unnahbare Glorie und Seligkeit,
Vergeudend ihre Herrlichkeit an blasse irdische Luft?
Ist dein jene Stärke, O Schönheit sterblicher Glieder,
O Seele, die flattert meinem Netz zu entfliehen?
Wer bist du denn, der sich verbirgt unter menschlichem Deckmantel?
Deine Stimme trägt den Klang der Unendlichkeit,
Wissen ist mit dir, Wahrheit spricht durch deine Worte;
In deinen Augen strahlt das Licht von Jenseitigem.
Doch wo ist deine Kraft, Zeit und Tod zu besiegen?
Hast du Gottes Kraft, hier Himmels Werte zu erbauen?
Denn Wahrheit und Wissen sind ein nutzloser Schimmer,
Bringt Wissen nicht das Vermögen, die Welt zu verändern,
Kommt Macht nicht, der Wahrheit ihr Recht zu verschaffen.
Eine blinde Kraft, nicht Wahrheit, schuf diese unwissende Welt,
Eine blinde Kraft, nicht Wahrheit, ordnet das Leben der Menschen:
Durch Macht, nicht durch Licht, regieren die großen Götter die Welt;
Macht ist der Arm Gottes, das Siegel des Schicksals.
O menschliche Anwärterin auf Unsterblichkeit,
Enthülle deine Macht, lege die Kraft deines Geistes bloß,
Dann werde ich dir Satyavan zurückgeben.
Oder wenn die Mächtige Mutter mit dir ist,
Zeige mir ihr Antlitz, dass ich sie anzubeten vermag;
Lass todlose Augen in die Augen des Todes blicken,
Lass eine unvergängliche Kraft, die grobe Dinge berührt,
Der Erde Tod in unsterbliches Leben wandeln.
Dann kann dein Toter zu dir zurückkehren und leben.
Die hingestreckte Erde wird ihren Blick vielleicht erheben
Und den geheimen Körper Gottes nahe bei sich spüren
Und Liebe und Freude die fliehende Zeit einholen.“
Und Savitri sah den Tod an und antwortete nicht.
Fast schien es, als ob in seiner Symbolgestalt
Das Dunkel der Welt dem Himmelslicht zugestimmt hätte
Und Gott bräuchte den Schirm des Nichtbewussten nicht mehr.
Eine mächtige Transformation kam über sie.
Ein Glorienschein der innewohnenden Gottheit,
Des Unsterblichen Glanz, der ihr Antlitz erhellte
Und im Haus ihres Körpers sein Strahlen unterbrachte,
Floß über und machte die Luft zu einem leuchtenden Meer.
In einem flammenden Augenblick der Apokalypse
Warf die Inkarnation ihren Schleier ab.
Eine kleine Gestalt in der Unendlichkeit,
Dennoch stand sie da und schien des Ewigen eigenes Haus zu sein,
Als wäre der Mittelpunkt der Welt ihre eigene Seele
Und all der weite Raum deren äußeres Gewand.
Ein Bogen der ruhigen Erhabenheit des fernen Himmels,
Niedersteigend in die Demut der Erde,
So umwölbte ihre Stirn des Allweisen Blick,
Waren ihre Augen zwei Sterne, die auf das Universum schauten.
Die Macht, die von der Höhe ihres Wesens herrschte,
Die Gegenwart, die in der Lotusheimlichkeit weilte,
Kam herab und zog in das Zentrum zwischen ihren Augenbrauen ein,
Wo der Herr des Mentals sitzt in seinem Aufsichtsraum;
Dort thronend auf dem heimatlichen Sitz der Konzentration
Öffnet er das mysteriöse dritte Auge im Menschen,
Auge des Ungesehenen, das auf das Ungesehene schaut,
Wenn Licht mit einer goldnen Ekstase sein Gehirn füllt
Und des Ewigen Weisheit ihn zu einer Entscheidung treibt
Und ewiger Wille den Willen des Sterblichen lenkt.
Sie wogte in der Lotusblüte ihrer Kehle des Gesangs,
Und in ihrer Sprache pochte das unsterbliche Wort,
Ihr Leben hallte wider von den Schritten der Weltseele,
Wandelnd im Einklang mit dem kosmischen Denken.
Wie Gottes Sonne in die mystische Höhle schlüpft,
Wo sich sein Licht vor den verfolgenden Göttern verbirgt,
So glitt sie in den Lotus ihres Herzens
Und weckte da die Kraft, die Schicksal wandelt.
Sie strömte in die Tiefe des Lotus ihres Nabels,
Wohnte im engen Haus der kleinen Lebensnatur,
Ließ blühen auf Körpergelüsten die Blume der Himmelsverzückung
Und machte Begehren zu einer reinen himmlischen Flamme,
Brach in die Höhle ein, wo eingerollt die Weltenergie schläft,
Und traf die tausendhäubige Schlangenkraft,
Die lodernd auffuhr und oben das Weltselbst umfing,
Einte die Stummheit der Materie mit dem Schweigen des Geistes
Und füllte die Taten der Erde mit der stillen Macht des Geistes.
Derart verwandelt harrte sie dem zu sprechenden Wort.
Ewigkeit blickte in die Augen des Todes
Und Dunkelheit sah Gottes lebendige Wirklichkeit.
Dann erklang eine Stimme wie das Selbst der Stille
Oder die leise ruhige Äußerung des Unendlichen
Wenn es zum Schweigen im Herz des Schlafes spricht.
„Ich grüße dich, allmächtiger und siegreicher Tod,
Du großartige Finsternis des Unendlichen.
O Leere, die du Raum schaffst für alles, was wird,
Hunger, der du am Universum nagst
Und die kalten Überreste der Sonnen verzehrst
Und die ganze Welt mit deinem Feuerschlund verschlingst,
Verschwender der Energie, die die Sterne schuf,
Nichtbewusstsein, Träger der Saat des Denkens,
Nichtwissen, in dem Allwissenheit begraben schläft
Und langsam aufersteht in dessen hohler Brust,
Tragend des Mentals Maske heller Unwissenheit.
Du bist mein Schatten und mein Instrument.
Ich gab dir deine schaurige Gestalt des Grauens
Und dein scharfes Schwert des Schreckens, Leidens und Schmerzes,
Um die Seele des Menschen zu zwingen, nach Licht zu ringen
In der Kürze seiner halbbewussten Tage.
Du bist sein Ansporn nach Größe in seinen Werken,
Die Geißel seiner Sehnsucht nach ewiger Seligkeit,
Sein brennend Bedürfnis nach Unsterblichkeit.
Lebe, Tod, eine Weile, sei noch mein Instrument.
Eines Tages wird auch der Mensch dein unergründliches Herz
Des Schweigens und den brütenden Frieden der Nacht kennen
Und ernsten Gehorsam gegen das ewige Gesetz
Und das ruhige unnachgiebige Mitleid in deinem Blicke.
Jetzt aber, O zeitlose Hoheit, tritt beiseite
Und verlass den Pfad meiner verkörperten Kraft.
Entlöse den strahlenden Gott von deiner schwarzen Maske:
Entlasse die Seele der Welt, genannt Satyavan,
Dass frei von deiner Umklammerung von Schmerz und Unwissenheit
Er Meister über Leben und Schicksal sei
Und für den Menschen stehe im Hause Gottes,
Der Gefährte der Weisheit und der Gemahl des Lichtes,
Der ewige Bräutigam der ewigen Braut.“
So sprach sie; doch der Tod, nicht überzeugt, widersetzte sich noch,
Obwohl er wusste, weigerte er sich zu wissen,
Obwohl er sah, weigerte er sich zu sehen.
Unerschütterlich stand er und forderte sein Recht.
Sein Geist beugte sich; sein Wille gehorchte dem Gesetz
Der eigenen Natur, das sogar die Götter bindet.
Die Zwei standen sich von Angesicht zu Angesicht gegenüber.
Sein Wesen türmte sich wie ein riesiges Bollwerk der Dunkelheit;
Um es herum wuchs ihr Licht, eines Ozeans Belagerung.
Eine Weile überlebte der Schatten, trotzend dem Himmel:
Bedrängt von vorne, niedergedrückt von oben,
Eine greifbare Masse von bewusster Macht, so ertrug er
Die Tyrannei ihres göttlichen Verlangens.
Ein Druck von unerträglicher Kraft
Lastete auf seinem ungebeugten Haupt und seiner sturen Brust;
Licht leckte wie eine brennende Zunge seine Gedanken auf,
Licht war eine leuchtende Tortur in seinem Herzen,
Licht strömte, eine prächtige Qual, durch seine Nerven;
Sein Dunkel murrte vergehend in ihrer Glut.
Ihr meisternd Wort gebot über jedes Glied
Und entzog seinem enormen Willen den Platz,
Der, gleichsam hinausgedrängt in einen hilflosen Raum,
Nicht mehr eintreten konnte sondern leer ihn ließ.
Er rief die Nacht, doch sie wich schaudernd zurück,
Er rief die Hölle, doch die zog sich mürrisch zurück:
Er wandte sich um Beistand an das Nichtbewusste,
Aus dem er geboren ward, sein großes stützendes Selbst;
Das zog ihn nach unten, einer grenzenlosen Nichtsheit zu,
Wie um durch ihn selber zu verschlingen ihn:
Er rief seine Stärke, doch schlug sie ab seinen Ruf.
Sein Körper ward vom Licht verzehrt, sein Geist verschlungen.
Endlich erkannte er die unvermeidliche Niederlage
Und ließ, zerfallend, ab von der Gestalt, die er getragen hatte,
Und gab die Hoffnung auf, des Menschen Seele zu erbeuten
Und dem unsterblichen Geist Sterblichkeit aufzuzwingen.
Weit weg floh er, scheuend ihre schreckliche Berührung,
Und suchte Zuflucht in der weichenden Nacht.
Aus dem Traum-Zwielicht dieser Symbol-Welt
Entwich der schreckliche universale Schatten,
Verschwindend in die Leere, aus der er kam.
Seiner Grundursache gleichsam beraubt,
Verging das Zwielichtreich, von ihren Seelen sich verflüchtigend,
Und Satyavan und Savitri waren allein.
Doch keiner rührte sich: Zwischen diesen Gestalten erhob sich
Eine stumme unsichtbare und durchscheinende Wand.
In des langen leeren Augenblicks Pause konnte sich nichts regen:
Ende des vierten Cantos
Ende des zehnten Buches