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  1. SRI AUROBINDO
  2. Savitri – Eine Legende und ein Symbol (Englisch | Deutsch)

Fünfter Canto

Das Finden der Seele

Weiter ging sie, suchend die mystische Höhle der Seele.

Zuerst trat sie in eine Nacht Gottes ein.

Das Licht, das der mühenden Welt hilft, war erloschen,

Die Kraft, die in unserem Leben kämpft und strauchelt;

Der unfähige Verstand gab seine Gedanken auf,

Das strebende Herz seine vergeblichen Hoffnungen.

Alles Wissen versagte und jegliche Form der Idee

Und Weisheit hüllte ihr demütiges Haupt in Ehrfurcht ein,

Eine Wahrheit spürend, zu groß für Denken oder Sprache,

Gestaltlos, unbeschreibbar, auf ewig die gleiche.

Eine unschuldige und heilige Unwissenheit

Verehrte wie jemand, der huldigt formlosem Gott,

Das ungesehene Licht, das sie weder fordern noch besitzen konnte.

In einer einfachen Lauterkeit des Leerseins

Kniete ihr mentaler Geist vor dem Unerkennbaren nieder.

Alles war ausgemerzt außer ihrem nackten Selbst

Und die demütige Sehnsucht ihres hingegebenen Herzens:

In ihr war keine Stärke mehr, kein Stolz einer Kraft;

Das lodernde Brennen des Begehrens war gesunken

In Scham, eine Nichtigkeit des gesonderten Selbstes,

Die Hoffnung auf spirituelle Größe war entflohen,

Weder um Erlösung noch um eine himmlische Krone bat sie:

Demut gar schien nun ein zu stolzer Stand.

Ihr Selbst war nichts mehr, Gott allein war alles,

Doch Gott kannte sie nicht, sie wusste nur, er war.

Eine heilige Dunkelheit brütete jetzt im Innern,

Die Welt war eine tiefe Finsternis, riesig und nackt.

Diese Leere enthielt mehr als all die strotzenden Welten,

Dieses Ausdruckslose fühlte mehr als alles von der Zeit Geborene,

Dies Dunkle wusste sprachlos, ungemein um das Unbekannte.

Doch alles war formlos, stimmlos, unendlich.

Wie ein Schatten wandeln mag an einem schattigen Ort,

Ein kleines Nichts, das durch ein mächtigeres Nichts zieht,

Eine Nacht der Person, durchquerend als bloßer Umriss

Eine bodenlose unpersönliche Nacht,

So bewegte sie sich schweigend weiter, leer und unbedingt.

In endloser Zeit erreichte ihre Seele ein weites Ende,

Das raumlos Weite wurde der Ort ihres Geistes.

Schließlich nahte eine Wandlung, die Leere zerbrach;

Eine Welle kräuselte im Innern, die Welt hatte sich geregt;

Noch einmal wurde ihr inneres Selbst zu ihrem Raum.

Zu spüren war dort eine beglückende Nähe zum Ziel;

Tief neigte sich der Himmel, den heiligen Hügel zu küssen,

Vor Leidenschaft und Wonne bebte die Luft.

Eine Rose der Herrlichkeit an einem Baum von Träumen,

So erschien das Antlitz der Morgenröte aus mondiger Dämmerung.

Tag kam, Priester eines Opferdienstes der Freude,

In das anbetungsvolle Schweigen ihrer Welt;

Er trug als sein Gewand unsterblichen Glanz,

Zog den Himmel hinter sich wie eine purpurfarbene Schleppe

Und Trug als sein zinnoberrotes Kastenzeichen eine rote Sonne.

Als wär` ein alter erinnerter Traum wahr geworden,

Erkannte sie wieder in ihrem prophetischen mentalen Geist

Den unvergänglichen Glanz jenes Firmaments,

Die zitternde Süße jener glücklichen Luft

Und, verborgen vor des Mentals Blick und des Lebens Zutritt,

Die mystische Höhle in dem heiligen Hügel

Wo sie ihre geheime Seele zu Hause wusste.

Wie in einer elysischen okkulten Tiefe,

Der Wahrheit letzte Zuflucht vor des Denkens entweihender Berührung,

Wie in eines Felsentempels Einsamkeit verborgen,

Gottes Zuflucht vor einer unverständig verehrenden Welt,

Lag sie da, sogar dem inneren Lebenssinn entzogen,

Sich bergend vor des verstrickten Herzens Begier.

Ein zauberhaftes besinnliches Zwielicht traf die Augen

Und eine heilige Stille erfüllte jenen stimmlosen Raum.

Eine ehrfurchtsvolle Düsterkeit umgab die großen Felsentore,

Gemeißelt in den massiven Stein der Materie Trance.

Zwei goldne Schlangen schlängelten sich um den Türsturz,

Ihn umhüllend mit ihrer reinen und furchtbaren Stärke,

Um sich blickend mit der Weisheit tiefen und leuchtenden Augen.

Ein Adler überdeckte ihn mit weiten siegreichen Schwingen:

Als Flammen einer selbstvergessenen bewegungslosen Träumerei

Bevölkerten Tauben die grauen sinnenden Simse

Wie gemeißelte Figuren eines weißbrüstigen Friedens.

Über der Schwelle Schlaf trat sie ein

Und fand sich inmitten großer Götterfiguren,

Im Stein bewusst und lebendig ohne Atem,

Betrachtend mit festem Blick die Seele des Menschen,

Vollziehende Gestalten des kosmischen Selbstes,

Weltsymbole von unumstößlicher Wirkensmacht.

Von den Wänden, bedeckt mit markanten Formen,

Sah herab auf sie die Lebensbühne von Mensch und Tier

Und die hohe Bedeutsamkeit des Lebens der Götter,

Die Macht und die Notwendigkeit dieser zahllosen Welten,

Und Gesichter von Wesen und Strecken von Weltraum

Sprachen die bündige und unerschöpfliche

Hieratische Botschaft der aufsteigenden Ebenen.

In deren Unermesslichkeit, die Unendlichkeit bezeichnet,

Waren sie die Ausdehnung von Gottes Selbst

Und beherbergten, teilnahmslos alles empfangend,

All seine Figuren und seine kleinen und mächtigen Taten

Und seine Leidenschaft und seine Geburt und sein Leben und Tod

Und seine Rückkehr zur Unsterblichkeit.

Zum Bleibenden und Ewigen steigen sie,

Zum reinen Dasein, das überall dasselbe ist,

Zum puren Bewusstsein und zur absoluten Kraft

Und zur unvorstellbaren und formlosen Glückseligkeit,

Zum Frohsinn in der Zeit und zum zeitlosen Mysterium

Des Dreieinigen, der alles und eines ist

Und doch niemand ist als er selbst für sich.

Dort war kein Schritt atmender Menschen, kein Laut,

Nur die lebendige Nähe der Seele.

Doch all die Welten und Gott selbst waren da,

Denn jedes Symbol war eine Wirklichkeit

Und brachte die Gegenwart, von der es stammte.

Dies alles sah sie und wusste und spürte es zutiefst

Nicht durch irgendein Denken des Mentals sondern durch das Selbst.

Ein Licht, nicht geboren aus Sonne oder Mond oder Feuer,

Ein Licht, das im Innern wohnte und im Innern sah,

Verbreitend ringsum eine vertraute Sichtbarkeit,

Machte Geheimnisvolles offenkundiger als das Wort:

Unser Sehen und Empfinden ist ein fehlbarer Blick und Tastsinn

Und nur des Geistes Vision ist völlig wahr.

Als sie weiterging an diesem geheimnisvollen Ort

Durch Raum um Raum, durch Tor um Felsentor,

Da fühlte sie sich eins werden mit allem, was sie sah.

Eine versiegelte Wesenseinheit erwachte in ihr;

Sie erkannte sich als die Geliebte des Erhabenen:

Diese Götter und Göttinnen waren er und sie:

Die Mutter war sie von Schönheit und Wonne,

Das Wort in Brahmas weiter schöpferischer Umarmung,

Die Weltgewalt im Schoße des allmächtigen Shiva, –

Der Meister und die Mutter aller Leben,

Betrachtend die Welten, die ihr Zwillingsblick erschaffen hatte,

Und Krishna und Radha auf ewig umschlungen in Glückseligkeit,

Anbeter und Angebetete selbstvergessen und eins.

Im letzten Gemach auf einem goldnen Sitz

Saß Jemand, dessen Gestalt kein Schauen erfassen konnte;

Man spürte nur der Welt unerreichbaren Quell,

Eine Macht, von der eine umherschweifende Kraft sie war,

Eine unsichtbare Schönheit, Ziel der Welt Begier,

Eine Sonne, von der alles Wissen ein Strahl ist,

Eine Größe, ohne die kein Leben wäre.

Von da an verschwand alles in das schweigende Selbst,

Und alles wurde formlos und rein und nackt.

Dann durch einen Tunnel, gehauen in den letzten Felsen,

Kam sie heraus, wo eine todlose Sonne schien.

Dort war ein Haus, ganz aus Flamme und Licht,

Und tretend durch eine Wand von torlos lebendigem Feuer

Traf dort sie unversehens ihre geheime Seele.

Unsterblich im Vergänglichen stand ein Wesen,

Todlos tändelnd mit vorübergehenden Dingen,

In dessen weiten Augen ruhigen Glücks,

Das Mitleid und Sorge nicht trüben konnten,

Richtete Unendlichkeit ihren Blick auf endliche Formen hin:

Beobachterin des schweigenden Schrittes der Stunden,

Hielt Ewigkeit die Taten der Minuten aufrecht

Und die vorüberziehenden Szenen des Ewigbleibenden Spiel.

In dem Mysterium seines wählenden Willens,

In der Göttlichen Komödie eine Mitwirkende,

Des Geistes bewusste Bevollmächtigte,

Gottes Abgesandte in unsere Menschheit,

Gefährtin des Universums, Strahl des Transzendenten,

War sie in den Raum des sterblichen Körpers gekommen,

Um mit Zeit und Umstand Ball zu spielen.

Eine Freude an der Welt ihre Hauptregung hier,

Die Leidenschaft am Spiel ließ ihre Augen leuchten:

Ein Lächeln auf ihren Lippen begrüßte Glück und Leid der Erde,

Ein Lachen war Antwort auf Frohlocken und Schmerz.

Als Maskerade der Wahrheit sah sie alles,

Verkleidet in den Kostümen der Unwissenheit,

Durchschreitend die Jahre hin zur Unsterblichkeit;

Allem konnte sie mit dem Frieden des starken Geistes begegnen.

Doch da sie die Mühsal des Mentals und Lebens kennt

Wie eine Mutter das Leben ihrer Kinder fühlt und teilt,

Bringt sie einen kleinen Teil ihrer selbst hervor,

Ein Wesen, nicht größer als der Daumen eines Menschen,

In eine verborgene Region des Herzens,

Um der Qual zu trotzen und die Seligkeit zu vergessen,

Um das Leiden zu teilen und die Wunden der Erde zu erdulden

Und sich inmitten der Mühen der Gestirne zu mühen.

Dies lacht und weint in uns, erleidet den Schlag,

Frohlockt im Sieg, kämpft um die Krone;

Wesensgeeint mit dem Mental und Körper und Leben

Nimmt es auf sich deren Angst und Niederlage,

Blutet von des Schicksals Geißeln und hängt am Kreuz,

Und ist doch das unversehrte und unsterbliche Selbst,

Das den Akteur auf der Menschenbühne unterstützt.

Durch dies schickt sie uns ihre Glorie und ihre Mächte,

Drängt zu der Weisheit Höhen, durch des Elends Abgründe;

Sie gibt uns die Kraft, unser täglich Werk zu tun,

Und Mitgefühl, das den Kummer anderer teilt,

Und das bisschen Stärke, womit wir unserer Art zu helfen vermögen,

Wir, die spielen müssen die Rolle des Universums,

Die sich aufführt in einer schwachen menschlichen Gestalt,

Und auf unseren Schultern die ringende Welt zu tragen haben.

Dies ist in uns die Gottheit, klein und entstellt;

In diesen menschlichen Teil des Göttlichen

Setzt sie die Größe der Seele in der Zeit,

Um emporzuheben von Licht zu Licht, von Macht zu Macht,

Bis diese als ein König auf himmlischem Gipfel steht.

Im Körper schwach, im Herzen eine unbesiegbare Macht,

Steigt stolpernd sie aufwärts, gehalten von einer ungesehenen Hand,

Ein mühsam ringender Geist in einer sterblichen Gestalt.

Hier in dieser Kammer von Flammen und Licht trafen sie sich;

Sie blickten einander an, erkannten sich,

Die geheime Gottheit und ihr menschlicher Teil,

Die stille unsterbliche und die kämpfende Seele.

Dann mit der Rasanz einer magischen Umwandlung

Stürzten sie ineinander und wurden eins.

Und wieder war sie menschlich auf irdischem Grund

In der murmelnden Nacht inmitten der regengepeitschten Wälder

In der rauen Hütte, wo sie da saß in Trance:

Jene subtile Welt zog sich tief ins Innere zurück

Hinter den Sonnenschleier der inneren Sicht.

Doch jetzt war die halbgeöffnete Lotusknospe ihres Herzens

Erblüht und für den irdischen Strahl aufgetan;

In einem Bild erstrahlte geoffenbart ihre geheime Seele.

Es gab keine Wand, scheidend Seele und Mental,

Keinen mystischen Wall, schützend vor den Ansprüchen des Lebens.

In seinem tiefen Lotusheim saß ihr Wesen

Wie auf dem Marmorsitz der Konzentration

Und rief die mächtige Mutter der Welten an,

Dies Erdgehäuse zu ihrer Wohnstatt zu machen.

Wie in einem Blitz aus einem himmlischen Licht,

Ein lebendiges Abbild der ursprünglichen Macht,

Kam ein Gesicht, eine Gestalt in ihr Herz herab

Und machte daraus seinen Tempel und reinen Aufenthalt.

Doch als seine Füße die bebende Blüte berührten,

Da erschütterte eine gewaltige Bewegung den inneren Raum

Als würde eine Welt erbeben und ihre Seele finden:

Aus des Nichtbewussten seelenlos mentalloser Nacht

Erhob eine lodernde Schlange sich, befreit vom Schlaf.

Wogend ihre Windungen erhob sie sich, stand aufgerichtet,

Und machtvoll aufsteigend, stürmisch auf ihrem Weg

Berührte sie ihre Zentren mit flammendem Mund;

Als hätte ein feuriger Kuss deren Schlaf unterbrochen

Erblühten sie und lachten, übervoll von Licht und Seligkeit.

Am Scheitel dann stieß sie in den Raum des Ewigen.

In der Blüte des Hauptes, in der Blüte der Materie Grund,

In jedem göttlichen Bollwerk und Naturknoten

Hielt sie den mystischen Strom zusammen, der eint

Die sichtlosen Gipfel mit den ungesehenen Tiefen,

Die Festungskette, die die schwache Verteidigungslinie bildet

Und gegen die gewaltige Welt uns schützt,

Unsere Linien des Selbstausdrucks in ihrer Weite.

Ein Abbild der ursprünglichen Macht thronte da

Mit der mächtigen Mutter Antlitz und Gestalt.

Gerüstet, Trägerin der Waffe und des Zeichens,

Deren okkulte Macht kein Zauber nachzuahmen vermag,

Saß vielgestaltig und doch eins sie da, eine Hüterkraft:

Eine Rettergeste streckte ihren erhobenen Arm aus,

Und Symbol irgendeiner kosmischen Urkraft,

Lag ausgestreckt zu ihren Füßen ein heilig Tier,

Eine schweigend flammenäugige Masse von lebendiger Kraft.

Alles machte eine hohe himmlische Wandlung durch:

Brechend des schwarzen Nichtbewussten blind stummen Wall,

Entfernend die Ringe der Unwissenheit,

Stürmten Mächte und Gottheiten flammend hervor;

Jeder Teil des Wesens, zitternd vor Entzücken,

Lag überwältigt von Fluten des Glückes

Und sah ihre Hand in jeglichem Umstand

Und spürte ihre Berührung in jedem Körperteil und jeder Zelle.

In das Land des Lotus des Hauptes,

Das denkendes Mental zu seinem emsigen Raum erkoren hat,

In das Schloss des Lotus zwischen den Augenbrauen,

Von wo aus es die Pfeile seines Sehens und Wollens schießt,

In den Durchgang des Lotus der Kehle,

Wo Rede aufsteigen muss und die Äußerung mentalen Geistes

Und die Impulse des Herzens zu Wort und Tat eilen,

Kam eine freudige Erhebung und ein neues Wirken hinein.

Des Unsterblichen Betrachtungen verdrängten unsere begrenzte Sicht,

Des Unsterblichen Gedankengänge der Erde triste Idee und Ansicht;

Alle Dinge trugen jetzt einen tieferen himmlischeren Sinn.

Eine frohe klare Harmonie markierte den Umriss deren Wahrheit,

Erneuerte Gleichgewicht und Maße der Welt.

Jede Form zeigte ihren geheimen Plan, enthüllte

Gottes Absicht in ihr, für die sie geschaffen war,

Und die lebendige Pracht seines Künstlergedankens.

Ein Kanal der mächtigen Mutter Wahl,

Nahm der Wille des Unsterblichen unter seine ruhige Kontrolle

Unsere blinde oder irrende Regierung des Lebens;

Einst eine lose Republik von Wünschen und Bedürfnissen,

Sich beugend dann dem wankelmütigen Landesherrn Mental,

Gehorchte das Leben nun einem göttlicheren Herrscher

Und jede Handlung wurde eine Handlung Gottes.

Im Königreich des Lotus des Herzens

Schuf Liebe, singend ihre reine Hochzeitshymne,

Leben und Körper zu Spiegeln heiliger Freude

Und alle Emotionen gaben sich Gott.

In den weiten kaiserlichen Bereich des Nabellotus

Waren seine stolzen Ambitionen und seine Herrschergelüste

Zu Werkzeugen einer großartig ruhigen Herrschaft gebändigt,

Um auf irdischem Boden ein Werk Gottes zu tun.

In den kleinen Teilen des engen niederen Zentrums

War sein kindlicher Wettstreit alltäglicher Zwergbegierden

In ein süßes und ausgelassenes Spiel verwandelt,

Ein Tollen kleiner Götter mit Leben in der Zeit.

An dem tiefen Ort, wo einst die Schlange schlief,

Kam ein Griff nach der Materie Riesenkräften

Für große Energieversorgung im kleinen Lebensbezirk;

Gelegt war ein fester Grund für des Himmels herabkommende Macht.

Hinter allem regierte ihre souveräne todlose Seele:

Ihren Schleier der Unwissenheit abwerfend,

Verbündet mit Göttern und kosmischen Wesen und Mächten,

Schuf sie die Harmonie ihres menschlichen Zustandes;

Überantwortet in die Hände der großen Weltmutter

Folgte sie einzig deren oberstem Gebot

In dem Rätsel von des Nichtbewussten Welt.

Ein geheimes Seelenwesen dahinter, das alles unterstützt,

Ist Herr und Zeuge unseres unwissenden Lebens,

Billigt den Blick der Person und die Rolle der Natur.

Doch werden die verborgenen Portale einmal aufgestoßen,

Dann tritt vor die Natur der verhüllte König hin;

Ein Licht kommt in die Unwissenheit herab,

Ihr schwerer schmerzhafter Knoten lockert ihren Griff:

Das Mental wird ein gemeistertes Instrument

Und das Leben eine Farbe und Gestalt der Seele.

Alles wächst glücklich zum Wissen und zur Seligkeit hin.

Eine göttliche Allmacht nimmt dann den Platz der Natur hier ein

Und treibt die Bewegungen unseres Körpers und Mentals an;

Besitzerin unserer leidenschaftlichen Hoffnungen und Träume,

Die geliebte Herrscherin unserer Gedanken und Taten,

Strömt sie in uns mit ihrer ungebundenen Kraft,

Des Unsterblichen Rausch und Macht in sterbliche Glieder.

Ein inneres Gesetz der Schönheit formt unsere Leben;

Zur natürlichen Rede der Wahrheit werden unsere Worte,

Jeder Gedanke ist ein Kräuseln auf einem Meer von Licht.

Dann verlassen Sünde und Tugend die kosmischen Verzeichnisse;

Sie kämpfen nicht mehr in unseren befreiten Herzen:

Unsere Taten stimmen mit Gottes einfach natürlichen Gutem überein

Oder dienen dem Gesetz eines himmlischen Rechts.

Alle unliebsamen Launen, böse und unwahr,

Geben im wilden Durcheinander ihre Stellung auf

Und verbergen ihre Schmach in des Unterbewussten Dämmerung.

Dann erhebt der mentale Geist einen Siegesschrei:

„O Seele, meine Seele, wir haben Himmel erschaffen,

Im Innern haben wir das Königreich Gottes hier gefunden,

Seine Festung erbaut in einer laut unwissenden Welt.

Unser Leben ist zwischen zwei Flüssen des Lichtes verschanzt,

Wir haben den Raum in eine Schlucht des Friedens gewandelt

Und den Körper zu einem Kapitol der Glückseligkeit gemacht.

Was noch, was noch, wenn noch mehr getan werden muss?“

In dem langsamen Prozess des evolvierenden Geistes,

In der kurzen Spanne zwischen einem Tod und einer Geburt

Ist endlich eine erste Stufe der Vollkommenheit erreicht;

Aus dem Holz und Stein des Stoffes unserer Natur

Ist ein Tempel geformt, wo die hohen Götter leben könnten.

Wird auch die ringende Welt außen vor gelassen,

Kann doch eines einzigen Menschen Vollendung die Welt erretten.

Gewonnen ist eine neue Nähe zu den Himmelsgewölben,

Ein erstes Verlöbnis zwischen der Erde und dem Himmel,

Ein tiefes Konkordat zwischen Wahrheit und Leben:

Ein Lager Gottes ist aufgeschlagen in menschlicher Zeit.

Ende des fünften Cantos

Sechster Canto

Nirvana und die Entdeckung des alles verneinenden Absoluten

Eine ruhige bedächtige Sonne sah aus stillen Himmeln herab.

Als zerschlagene verdrossene Nachhut auf dem Rückzug

Waren die letzten Regen murrend durch die Wälder geflohen

Oder verrauscht, ein zischelnd Wispern in den Blättern,

Und der große blaue Zauber des Himmelsgewölbe

Gewann die tiefe Verzückung seines Lächelns wieder.

Seine wohltuende Pracht, entlastet von sturmgepeitschten Gluten,

Fand Raum für ein Schwelgen warmer milder Tage,

Der Nacht Goldschatz herbstlicher Monde

Glitt segelnd durch Kräuselungen von Traumlandluft.

Und Savitris Leben war heiter, erfüllt gleich dem der Erde;

Sie hatte sich gefunden, sie kannte das Ziel ihres Seins.

Obwohl ihr Königreich von wunderbarer Wandlung im Innern

Unausgesprochen blieb in ihrer geheimen Brust,

Spürte doch alles, was rings um sie lebte, den Zauber seiner Magie:

Der Bäume raschelnde Stimmen erzählten es den Winden,

Blumen verkündeten in glühenden Farben eine unbekannte Freude,

Der Vögel fröhliches Gezwitscher wurde zum Lobgesang,

Die Tiere vergaßen ihren Streit und lebten vergnügt.

Vertieft in weite Kommunion mit dem Ungesehenen,

Empfingen die sanften Asketen des Waldes

Eine plötzliche Steigerung ihres einsamen Sinnens.

Diese lichte Vollkommenheit ihres inneren Zustands

Strömte über in ihren äußeren Lebensbereich,

Machte Tristes, Gewöhnliches und Natürliches schön

Und Taten wunderbar und Zeit göttlich.

Auch die kleinste unbedeutendste Arbeit wurde

Ein liebliches oder freudiges und glorreiches Sakrament,

Eine Darbringung an das Selbst dieser großen Welt

Oder ein Dienst am Einen in jedem und allem.

Ein Licht drang in alle aus dem Lichte ihres Wesens;

Der Tanz ihrer Herzschläge vermittelte Seligkeit:

Glück wurde glücklicher, mit ihr geteilt, durch ihre Berührung

Und Kummer fand Trost, wenn sie sich nahte.

Über dem geliebten Haupt Satyavans

Sah sie nicht mehr Schicksals dunklen und todbringenden Ring;

Ein goldner Kreis um eine mystische Sonne

Erschloss ihrer neugeborenen prophezeienden Sicht

Das zyklische Rund eines hoheitsvollen Lebens.

In ihren Visionen und tiefgeprägten wahrhaftigen Träumen,

In kurzen Verschiebungen der Zukunft schweren Abschirmung,

Lag er nicht mehr da durch ein trauriges Dekret

Als ein Opfer in der düsteren Höhle des Todes

Oder fern von ihr in selige Räume getragen,

Vergessend die Süße der Erde herzlichen Freude,

Vergessend das leidenschaftliche Einssein der Liebe Umarmung,

Enthoben in die Seligkeit des selbstverzückt Unsterblichen.

Immer war er bei ihr, eine lebendige Seele,

Die ihren Augen mit verliebten Blicken begegnete,

Ein lebendiger Körper, der Freude ihres Körpers nah.

Doch jetzt nicht in diesen großen wilden Wäldern mehr,

Verwandt mit den Tagen von Vogel und Tier

Und gleich der Kargheit der Erde brauner Brust,

Sondern inmitten der denkenden hochgebauten Leben der Menschen

In Gemächern mit Wandbehängen und Kristallböden,

In geschützter Stadt oder auf Gartenpromenaden,

Sogar in der Ferne näher als ihre Gedanken,

Körper dicht an Körper, Seele dicht an Seele,

Sich bewegend wie durch einen gemeinsamen Atem und Willen

In dem einzigen Kreisen ihrer Tage

Durch die unsichtbare Atmosphäre der Liebe miteinander verknüpft,

Untrennbar wie die Erde und der Himmel.

So beschritt sie eine Weile den Goldnen Pfad;

Dies war die Sonne vor abgrundtiefer Nacht.

Als sie einmal in tiefem glückseligem Sinnen saß,

Noch bebend von der starken Umarmung ihres Geliebten,

Und ihre Freude zur Brücke zwischen Erde und Himmel machte,

Gähnte plötzlich ein Schlund unter ihrem Herzen.

Ein gewaltiges und namenloses Entsetzen zerrte an ihren Nerven

Wie ein wildes Tier seine halbgerissene Beute zerrt;

Es schien keine Höhle zu haben, aus der es entsprang:

Es war nicht ihres, hielt aber seine unsichtbare Ursache verborgen.

Dann schoss seine gewaltige und furchterregende Quelle hervor.

Ein gestaltlos Grauen mit formlos endlosen Schwingen,

Füllend das Weltall mit seinem gefährlichen Atem,

Eine dichtere Finsternis als die Nacht ertragen konnte,

Verhüllte die Himmel und nahm die Erde in Besitz.

Es kam als rollende Sturzwelle schweigenden Todes

Gebraust um des bebenden Erdballs fernen Rand;

Den Himmel in den Schatten stellend mit seinem gewaltigen Schritt

Wollte es die erstickte und angstvolle Luft austilgen

Und die Fabel von der Freude am Leben beenden.

Das schien ihr eigenes Sein zu verbieten,

Alles zerstörend, wovon ihre Natur lebte,

Und trachtete Körper und Seele von ihr auszulöschen,

Ein Klammergriff von einem halbgesehenen Unsichtbaren,

Ein Ozean des Schreckens und der unumschränkten Macht,

Eine Person und eine schwarze Unendlichkeit.

Es schien ihr entgegen zu brüllen ohne Gedanken oder Worte

Die Botschaft seiner düsteren Ewigkeit

Und den furchtbaren Sinn seiner Schweigsamkeiten:

Aus irgend finster monströsen Weite heraufgestiegen,

Aus einer bodenlosen Tiefe von Leid und Angst,

Sich vorgestellt von einem blinden gleichgültigen Selbst,

Einem Bewusstsein des Seins ohne seine Freude,

Leer an Denken, unfähig zu Seligkeit,

Das Leben öde wähnte und nirgends eine Seele fand,

Übermittelte eine Stimme der stummen Angst des Herzens

Ein nacktes Gefühl von unausgesprochenen Worten;

In ihren eigenen Tiefen hörte sie den ungesagten Gedanken,

Der die Welt und alles, was Leben bedeutete, unwirklich machte.

„Wer bist du, der du deine Krone forderst für gesonderte Geburt,

Die Illusion deiner Seele Wirklichkeit

Und persönlichem Gott auf einem unwissenden Erdball

In dem tierischen Körper eines unvollkommenen Menschen?

Hoffe nicht glücklich zu sein in einer Welt voller Schmerz

Und träume nicht, lauschend auf das ungesprochene Wort

Und geblendet von dem unbeschreiblichen Strahl,

Der das Reich des stummen Überbewussten übersteigt,

Dem Unkennbaren einen Körper zu verschaffen,

Oder für eine Gutheißung zu deines Herzens Wonne

Dem schweigend stillen Erhabenen Seligkeit aufzubürden,

Entehrend seine blanke und gestaltlose Heiligkeit,

Oder das Göttliche in dein Gemach zu rufen

Und bei Gott zu sitzen und eine menschliche Freude zu kosten.

Ich habe alles erschaffen, alles verschlinge ich;

Ich bin der Tod und die dunkle schreckliche Mutter des Lebens,

Ich bin Kali, schwarz und nackt in der Welt,

Ich bin Maya und das Universum ist mein Trug.

Ich verwüste menschliches Glück mit meinem Atem

Und erschlage den Lebenswillen, die Daseinsfreude,

Auf dass alles zurückkehre in das Nichts

Und nur das Ewige und Absolute verbleibt.

Denn wahr sein kann nur das blanke Ewige.

Alles andere ist Schatten und Blitz im hellen Spiegel des Mentals,

Mental, hohler Spiegel, worin das Unwissen sieht

Ein herrlich Bild seines eigenen falschen Selbstes

Und träumt, es sehe eine glorreiche feste Welt.

O Seele, Erfinderin der Gedanken und Hoffnungen des Menschen,

Du selbst eine Erfindung des Stroms des Augenblicks,

Der Illusion Kern oder subtiler Scheitelpunkt,

Erkenn endlich dich selbst, lass ab vom eitlen Dasein.“

Ein Schatten des verneinenden Absoluten,

So zog das unduldsame Dunkel wogend vorbei,

Verebbte die gewaltige Stimme in ihr.

Das ließ ihre innere Welt verwüstet zurück:

Ein ödes Schweigen lastete auf ihrem Herzen,

Ihr Königreich der Wonne war nicht mehr da;

Nur ihre Seele blieb, deren leere Bühne,

Und wartete auf den unbekannten ewigen Willen.

Dann kam von den Höhen eine mächtigere Stimme herab,

Das Wort, das das Herz berührt und die Seele findet,

Die Stimme des Lichts nach der Stimme der Nacht:

Der Schrei des Abgrunds zog des Himmels Antwort herbei,

Eine Macht des Sturms verjagt von der Macht der Sonne.

„O Seele, entblöße dein Königreich nicht vor dem Feinde;

Dein Königtum der Glückseligkeit zu verbergen willige ein

Dass Zeit und Schicksal nicht Zugang dort finden

Und an deine Tore mit Donnerschlag pochen.

Verbirg, solange du kannst, den Schatz deines gesonderten Selbstes

Hinter dem leuchtenden Schutzwall deiner Tiefen

Bis es Teil eines gewaltigeren Imperiums wird.

Doch nicht für sich selbst nur wird das Selbst gewonnen:

Gib dich nicht zufrieden mit einem eroberten Reich;

Wage alles, um die ganze Welt dein zu machen,

Um in größere Königreiche einzubrechen, darauf richte deine Kraft.

Befürchte nicht ein Nichts zu sein, auf dass du alles seist;

Willige ein in die Leerheit des Höchsten,

Dass alles in dir sein Absolutes erreicht.

Akzeptiere es, klein und menschlich auf der Erde zu sein,

Unterbrechend deine neugeborene Göttlichkeit,

Damit der Mensch sein ganzes Selbst in Gott finden möge.

Wenn du nur um deinetwillen gekommen wärst

Ein unsterblicher Geist in die Welt des Sterblichen hinein,

Um dein strahlendes Königreich in Gottes Dunkel zu begründen,

Im Reiche des Nichtbewussten ein leuchtender Stern,

Ein Tor in der Unwissenheit, zum Licht hin geöffnet,

Warum hättest du dann überhaupt kommen sollen?

Du bist herabgekommen in eine kämpfende Welt,

Um einer blinden und leidenden sterblichen Art beizustehen,

Um die Augen, die noch nicht sehen, dem Licht zu öffnen,

Um Glückseligkeit in das Herz des Kummers zu bringen,

Um dein Leben zur Brücke zwischen Erde und Himmel zu machen;

Wenn du das sich plagende Universum erretten willst,

Musst du das universale Leiden als deines empfinden:

Du musst den Schmerz ertragen, den zu heilen du trachtest;

Der Tagbringer muss wandeln in der dunkelsten Nacht.

Wer die Welt retten will, muss ihren Schmerz teilen.

Kennt er Leid nicht, wie soll er des Leidens Heilung finden?

Wandelt er weit über dem Haupt der Sterblichkeit einher,

Wie soll der Sterbliche den allzu hohen Pfad erreichen?

Wenn sie sehen, wie einer der ihren die Gipfel des Himmels erklimmt,

Können Menschen hoffen, diesen titanischen Aufstieg zu erlernen.

Gott muss auf Erden geboren werden und sein wie der Mensch,

Damit der Mensch als Mensch auch werde wie Gott.

Wer die Welt retten will, muss eins sein mit der Welt,

Muss alles, was leidet, im Raume seines Herzens bergen

Und den Kummer und die Freude von allem Lebendigen tragen.

Seine Seele muss weiter sein als das Universum

Und Ewigkeit fühlen als ihren eigenen Stoff,

Von sich weisend des Augenblicks Persönlichkeit,

Sich älter wissen als die Geburt der Zeit,

Die Schöpfung ein Ereignis in ihrem Bewusstsein,

Arkturus und Belphegor als Feuerkörner,

Die in einer Ecke ihres grenzenlosen Selbstes kreisen,

Der Welt Vernichtung als kleinen flüchtigen Sturm

In der stillen Unendlichkeit, die sie geworden ist.

Wenn du ein wenig die weitläufige Kette lösen würdest,

Zurücktrittst von der Welt, die von der Idee geschaffen ward,

Deines Mentals Wahl aus dem Unendlichen,

Deiner Sinne Glosse zu des Urkleinen Tanz,

Dann wirst du wissen, woher die große Knechtschaft kam.

Verbanne aus dir alles Denken und sei Gottes Leere.

Dann wirst du das Unkennbare enthüllen

Und das Überbewusste bewusst werden auf deinen Höhen;

Des Unendlichen Schau wird dringen durch deinen Blick;

Du wirst in die Augen des Unbekannten blicken,

Die verborgene Wahrheit finden im falsch und nichtig Gesehenen,

Hinter Bekanntem des Mysteriums Hintergrund entdecken.

Du wirst eins sein mit Gottes nackter Wirklichkeit

Und der wunderreichen Welt, zu der er wurde,

Und dem noch göttlicheren Wunder, das noch kommen wird

Wenn Natur, die jetzt noch unbewusst Gott ist,

Durchscheinend wird für das Licht des Ewigen,

Ihr Sehen seine Sicht, ihr Schreiten seine Schritte der Macht,

Und Leben durchdrungen ist von einer spirituellen Freude

Und Materie die willige Braut des Geistes ist.

Akzeptiere, nichts und niemand zu sein, das Werk der Zeit löse auf,

Lege ab dein Mental, stehe ab von Name und Form.

Annulliere dich selbst, damit einzig Gott sei.“

So sprach die mächtige und erhebende Stimme,

Und Savitri lauschte; sie neigte ihr Haupt und sinnierte,

Tauchend ihren tiefen Blick in sich selbst,

Im Alleinsein ihrer Seele in der schweigenden Nacht.

Abseits und zurückstehend, losgelöst und ruhig,

Eine Zeugin des Schauspieles ihrer selbst,

Eine Beobachterin ihrer eigenen inneren Bühne,

Sah sie die Passion und Mühsal des Lebens

Und hörte in den geschäftigen Durchgangsstraßen des Mentals

Das unaufhörliche Hin und Her ihrer Gedanken.

Alles ließ sie aufsteigen, was sich rühren wollte;

Nichts rufend, erzwingend, nichts verbietend,

Überließ sie alles dem in Zeit geformten Prozess

Und dem freien Anstoß des Willens der Natur.

So folgend dem verwickelten Menschenspiel,

Hörte sie die Stimme des Souffleurs hinter den Szenen,

Gewahrte den Originaltext des Librettos

Und das Orgelthema der komponierenden Kraft.

Sie erblickte alles, was aus den Tiefen des Menschen stieg,

Die Tierinstinkte, die zwischen den Bäumen des Lebens pirschen,

Die Triebe, die dem Herzen zuflüstern,

Und die Donnerjagd der Leidenschaft, die durch die Nerven saust;

Sie sah die Mächte, die da starren aus dem Schlund,

Und das wortlose Licht, das die Seele befreit.

Doch vor allem ging ihr Blick der Geburt des Denkens nach.

Befreit vom Blick des oberflächlichen Mentals,

Befasste sie sich nicht mit der Begutachtung der amtlichen Sache,

Der Ausgabe von Formularen aus dem Büro des Gehirns,

Seine Fabrik der Gedankenlaute und lautlosen Wörter

Und im Innern verwahrte Stimmen, ungehört von den Menschen,

Seine Prägeanstalt und Schatzkammer blinkender Münze.

Doch waren dies nur Spielmarken im Symbolspiel des Mentals,

Die Platten eines Grammophons, der Film einer Reproduktion,

Eine Liste von Zeichen, eine Chiffre und ein Code.

In unserem ungesehenen subtilen Körper entsteht das Denken

Oder es tritt dort ein aus dem kosmischen Feld.

Oft trat aus ihrer Seele ein Gedanke nackt hervor,

Leuchtend mit geheimnisvollen Lippen und wundervollen Augen;

Oder ein glühendes Gesicht tauchte aus ihrem Herzen auf

Und suchte nach Leben und Liebe und inbrünstiger Wahrheit,

Strebte zum Himmel oder umarmte die Welt

Oder führte die Fantasie wie einen dahinziehenden Mond

Durch den trüben Himmel gewöhnlicher Menschentage,

Gab inmitten zweifelhafter Gewissheiten der Überlieferungen der Erde

Der himmlischen Schönheit des Glaubens Gestalt,

Als lachte über Blumendrucke in einem schäbigen Raum

Eine lebendige Rose in einer goldnen Vase.

Ein Thaumaturg saß in der Tiefe ihres Herzens,

Zwang den Schritt vorwärts, den Blick aufwärts,

Bis Wunderbares in die erleuchtete Brust sprang

Und Leben herrlich ward durch verklärende Hoffnung.

Ein sehender Wille sinnierte zwischen den Augenbrauen;

Gedanken, gleißende Engel, standen hinter dem Gehirn

In blitzender Rüstung, die Hände zum Gebet gefaltet,

Und gossen des Himmels Strahlen in die irdische Form.

Aus ihrer Brust flammten Imaginationen auf,

Unirdisch Schönes, Berührungen von überwältigender Freude

Und Pläne von Wunder, Träume von Wonne:

Dicht um ihren Nabellotus geschart,

Da verströmten ihre starken Empfindungen strotzender Welten

Ihre stummen Regungen der ungeformten Idee;

Zur kleinen empfindsamen Blüte der Kehle drängend,

Brachten sie ihre lautlosen ungeäußerten Resonanzen,

Um die Wendungen einer himmlischen Rede zu entfachen.

Darunter, dort formten Begierden ihren wortlosen Wunsch,

Und Sehnsüchte körperlicher Süße und Ekstase

Übertrugen in den Akzent von einem Ruf

Ihre Macht über Dinge und ihre Gewalt über Seelen.

Aus ihren bewussten Gliedern stiegen die Gedanken des Körpers

Und trugen ihre Sehnsüchte zu seiner mystischen Krone hin,

Wo das Raunen der Natur auf das Unsagbare trifft.

Doch für den Sterblichen, eingesperrt im äußeren Mental,

Müssen alle an seinem Tore ihre Pässe zeigen;

Als Tarnung müssen sie amtliche Mütze und Maske aufsetzen

Oder sich als Erzeugnisse des Gehirns ausgeben,

Unbekannt ihre geheime Wahrheit und verborgene Quelle.

Nur zum inneren Mental sprechen sie direkt,

Legen einen Körper an und nehmen eine Stimme an,

Ihr Durchgang gesehen, ihr Bericht gehört und erkannt,

Ihr Geburtsort und ihr Geburtsmal geoffenbart,

Kundgetan dem Blick eines Unsterblichen,

Die Boten unserer Natur an die Zeugenseele.

Undurchdringlich, dem sterblichen Sinn vorenthalten,

Zeigten die inneren Gemächer des Hauses des Geistes

Ihr deren Geschehnisse und deren Gäste;

Augen blickten durch Spalten in der unsichtbaren Wand,

Und durch die Heimlichkeit ungesehener Pforten

Kamen in den kleinen vorderen Raum des Mentals

Gedanken, die unsere begrenzte menschliche Reichweite vergrößerten,

Hielten die halb-erstickte oder schwindende Fackel des Ideals hoch

Oder spähten durch das Endliche auf das Unendliche.

Ein Sehen öffnete sich auf das Unsichtbare

Und nahm die Formen wahr, die sterbliche Augen nicht sehen,

Die Töne, die sterbliches Lauschen nicht hören kann,

Die wonnevolle Süße der Berührung des Untastbaren;

Die Objekte, die für uns nur leere Luft sind,

Sind dort der Stoff alltäglicher Erfahrung

Und die übliche Kost von Sinn und Denken.

Die Wesen der feinstofflichen Reiche erschienen

Und Schauplätze, die sich hinter unserer irdischen Szenerie verbergen;

Sie sah das Leben entlegener Kontinente

Und Distanz machte nicht für ferne Stimmen taub;

Sie fühlte die Regungen, die unbekannte Gemüter durchqueren;

Ereignisse der Vergangenheit spielten sich vor ihren Augen ab.

Die Gedanken der großen Welt waren Teil ihres eigenen Denkens,

Die Gefühle, auf ewig stumm und ungeteilt,

Die Ideen, die nie einen Ausdruck fanden.

Die zusammenhangslosen Winke des unklaren Unterbewussten

Legten einen verzerrten Sinn frei, tief und seltsam,

Das bizarre Geheimnis ihrer täppischen Sprache,

Ihre Verknüpfungen mit der zugrunde liegenden Wirklichkeit.

Das Ungesehene wurde sichtbar und hörbar:

Gedanken sprangen nieder aus einem überbewussten Feld

Wie Adler, die von einem unsichtbaren Gipfel herniederstoßen,

Gedanken glänzten aus den abgeschirmten unterschwelligen Tiefen

Wie goldne Fische in einem verborgenen Meer.

Diese Welt ist eine weite ungebrochene Ganzheit,

Eine tiefe Verbundenheit vereint ihre widerstreitenden Mächte;

Gottes Gipfel blicken zurück auf den stummen Abgrund.

So führt der Mensch, sich entwickelnd zu göttlichsten Höhen,

Noch immer Zwiegespräch mit dem Tier und dem Djinn;

Mit Sternguckeraugen wohnt die menschliche Gottheit

Noch immer mit dem Urtier in einem Haus.

Das Hohe trifft das Niedere, alles folgt einem einzigen Plan.

So erblickte sie die vielen Geburten des Denkens,

Wenn Geburten von dem sein können, was ewig ist;

Denn die Mächte des Ewigen sind gleich ihm selbst,

Zeitlos in dem Zeitlosen, in Zeit auf ewig geboren.

Auch dies sah sie, dass alles im äußeren Mental

Gemacht und nicht geboren wird, ein vergängliches Produkt,

Durch Erdkraft geschmiedet in des Körpers Fabrik.

Dieses Mental ist eine dynamische kleine Maschine,

Die bis zu ihrer Abnutzung unablässig produziert,

Mit Rohstoff, bezogen von der Außenwelt,

Die Muster entworfen von einem Künstlergott.

Oft sind unsere Gedanken kosmische Fertigware,

Eingelassen durch ein stilles Amtstor

Und durch des Unterbewussten Gänge geschleust,

Verkauft dann als selbstgemacht auf dem Markt der Zeit.

Denn nun tragen sie den Stempel einer lebenden Person;

Ein Kniff, eine spezielle Färbung kennzeichnet sie als eigene.

All das andere ist das Machwerk der Natur, und auch dies ist ihres.

Unsere Aufgaben sind vorgegeben, wir sind nur Instrumente;

Nichts, was wir erschaffen, gehört uns ganz:

Die Macht, die in uns wirkt, ist nicht unsere Kraft.

Auch der Genius schöpft aus einer hohen Quelle,

Verborgen ist in einer überirdischen Heimlichkeit

Das Werk, das ihm einen unsterblichen Namen verleiht.

Das Wort, die Form, der Liebreiz, die Herrlichkeit und Anmut

Sind ausgesandte Funken von einem gewaltigen Feuer;

Ein Muster aus Gottes Laboratorium,

Für welches er das Patent auf Erden besitzt,

Kommt zu ihm, in goldnen Hüllen verpackt;

Er lauscht auf das Postbotenklopfen der Inspiration

Und nimmt die unschätzbare Gabe in Empfang,

Ein wenig beschädigt vom Adressat Mental

Oder vermischt mit den Erzeugnissen seines Gehirns;

Am göttlichsten ist es, wenn es am wenigsten entstellt ist.

Obwohl sein Ego die Welt für sich beansprucht,

Ist für das kosmische Werk der Mensch ein Dynamo;

Das meiste tut Natur in ihm, Gott den hohen Rest:

Nur die Einwilligung seiner Seele ist sein eigen.

Dieser Unabhängige, einst eine höchste Macht,

Selbstgeboren bevor das Universum geschaffen ward,

Annehmend Kosmos, verdingt sich selbst als Knecht der Natur

Bis er ihr Befreiter wird – oder Gottes Sklave.

So sieht es an unserer sterblichen Oberfläche aus;

Dahinter liegt die größere Wahrheit unseres Seins:

Unser Bewusstsein ist kosmisch und unermesslich,

Doch nur wenn wir durch den Wall der Materie brechen

Können wir in jener spirituellen Weite stehen,

Wo wir als Meister unserer Welt leben können

Und Mental nur ein Mittel ist und Körper ein Werkzeug.

Denn oberhalb der Geburt von Körper und Denken

Lebt unseres Geistes Wahrheit im nackten Selbst

Und überblickt von jener Höhe aus, ungebunden, die Welt.

Dem mentalen Geist entstieg sie, um seinem Gesetz zu entgehen,

Damit er in irgend tiefem Schatten des Selbstes schlafen

Oder in dem Schweigen des Ungesehenen verstummen mag.

Hoch gelangte sie und ward frei von Natur

Und sah das Leben der Schöpfung von weit oben her

Ihren souveränen Willen legte von dort aus auf alles sie,

Um ihn der zeitlosen Ruhe Gottes zu weihen:

Dann ward im Raum ihres Wesens alles still,

Nur manchmal stiegen kleine Gedanken auf und sanken wieder

Wie ruhige Wellen auf einem stillen Meer

Oder Kräuseln, das über einen einsamen Teich ausläuft,

Wenn in seiner träumenden Ruhe ein verirrter Stein ihn stört.

Doch die Fabrik des mentalen Geistes hatte zu arbeiten aufgehört,

Es gab keinen Laut mehr vom Pochen des Dynamos,

Kein Ruf kam mehr von den stillen Feldern des Lebens.

Doch hörten auch jene Regungen in ihr schließlich auf;

Ihr Mental glich jetzt einem weiten leeren Raum

Oder einer friedvollen Landschaft ohne einen Laut.

Dies nennen Menschen Ruhe und preisen es als Frieden.

Doch für ihr tieferes Sehen war alles noch da,

Brodelnd wie ein Chaos unter einem Verschluss;

Gefühle und Gedanken schrien nach Wort und Tat,

Fanden aber keine Antwort im zum Schweigen gebrachten Gehirn:

Unterdrückt war alles, doch ausgelöscht war nichts;

Explodieren konnte es in jedem Augenblick.

Dann kam auch dies zum Erliegen; wie ein Stein war der Körper.

Alles war jetzt eine weite mächtige Leere,

Doch ausgeschlossen noch von der Stille der Ewigkeit;

Denn fern war noch die Ruh‘ des Absolutums

Und das Ozeanschweigen der Unendlichkeit.

Auch jetzt kreuzte so mancher Gedanke ihre Einsamkeit;

Diese wallten nicht von den Tiefen oder dem Innern,

Aus Formlosem aufgeworfen, um eine Form zu suchen,

Äußerten nicht des Körpers Bedürfnis noch des Lebens Ruf.

Diese schienen in menschlicher Zeit weder geboren noch gemacht:

Kinder von kosmischer Natur aus einer fernen Welt,

Gestalten der Idee in voller Rüstung des Wortes,

Entsandt wie Reisende in einem fremden Raum.

Aus einer entlegenen Weite schienen sie hergelangt

Auf gewaltigen Schwingen, wie große weiße Segel,

Und fanden mit Leichtigkeit das innere Ohr,

Als ob sie ein natürliches Vorrecht hätten,

Die hohen königlichen Eingänge der Seele zu betreten.

Noch lag ihr Pfad tief verborgen im Licht.

Ausblickend dann, woher die Eindringlinge kamen,

Sah sie eine spirituelle Unermesslichkeit

Den Weltraum durchdringen und umfassen

Wie Äther unsere klare fühlbare Luft,

Und durch sie ruhig einen Gedanken segeln.

Wie ein Schiff sacht dahingleitet und sich seinem Hafen nähert,

Das von Embargo und Blockade nicht weiß,

Im Vertrauen auf die Einfahrt und das Siegel des Passierscheines,

Erreichte er die stille Stadt des Gehirns

Zu seinem gewohnten und erwarteten Kai,

Traf aber auf einen sperrenden Willen, dem Schlag einer Kraft,

Und ging verschwindend im Unermesslichen unter.

Nach einer langen leeren Pause erschien ein anderer,

Und weitere, einer nach dem anderen, tauchten plötzlich auf,

Des Mentals unverhoffte Besuche von dem Ungesehenen,

Gleich fernen Segeln auf einem einsamen Meer.

Doch bald blieb dieser Verkehr aus, Mentals Küste lief keiner mehr an.

Dann wurde alles still, nichts regte sich mehr:

Unbewegt, selbstversunken, zeitlos, einsam

Durchdrang ein schweigender Geist schweigenden Raum.

In jener absoluten Stille, kahl und gewaltig,

Ward flüchtig ein allverneinend Erhabenes Leer erblickt,

Das einforderte seines mystischen Nihil souveränes Recht,

Aufzuheben Natur und die Seele zu leugnen.

Sogar der nackte Selbstsinn ward blass und dünn:

Unpersönlich, zeichenlos, eigenschaftslos, leer von Formen

Hatte ein blankes reines Bewusstsein das Mental ersetzt.

Ihr Geist schien die Substanz eines Namens zu sein,

Die Welt ein bildhaft dargestelltes Symbol, gezeichnet auf das Selbst,

Ein Traum von Bildern, ein Traum von Klängen

Erbaute den Anschein eines Universums

Oder verlieh dem Geist die Erscheinung einer Welt.

Dies war Selbstschau; in jenem unduldsamen Schweigen

Konnte kein Begriff und kein Konzept Gestalt annehmen,

Da war kein Sinn, um die Form der Dinge zu umreißen,

Eine reine Selbstbetrachtung war da, kein Gedanke tauchte auf.

Emotion schlief tief unten im stillen Herzen

Oder lag begraben auf einem Friedhof des Friedens:

Alle Gefühle schienen still zu sein, beruhigt oder tot,

Als könnten die zerrissenen Saiten des Herzens nicht mehr klingen

Und Freude und Kummer könnten nie mehr auferstehen.

Mit einem unbewussten Rhythmus schlug weiter das Herz,

Doch kam weder Antwort noch Ruf von ihm.

Vergeblich war die Provokation der Ereignisse;

Nichts im Innern sprach auf eine Berührung von außen an,

Kein Nerv ward erregt und keine Reaktion zeigte sich.

Und doch sah und bewegte sich ihr Körper und sprach;

Er verstand ohne die Hilfe des Denkens,

Er sagte alles, was zu sagen nötig war,

Er tat alles, was zu tun notwendig war.

Es gab keine Person, die hinter der Handlung stand,

Kein mentaler Geist, der wählte oder das passende Wort eingab:

Alles funktionierte wie eine unfehlbar geschickte Maschine.

Als setzte er alt gewohnte Abläufe fort,

Angetrieben von einer alten unerschöpflichen Kraft,

Vollzog der Motor das Werk, für das er geschaffen war:

Ihr Bewusstsein schaute zu und nahm nicht teil;

Es stützte alles, beteiligt war es nirgendwo.

Es gab keinen starken Initiatorwillen;

Ein Zusammenhangloses, durchquerend eine feste Leere,

Schlüpfte in eine Ordnung von zusammenhängendem Zufall.

Eine reine Wahrnehmung war die einzige Macht,

Die hinter ihrem Tun und ihrem Sehen stand.

Würde diese sich zurückziehen, vergingen alle Dinge,

Ihr eigenes Universum würde aufhören zu sein,

Das Haus, das sie erbaute aus Steinen von Denken und Sinn

In jenem Anbeginn nach der Geburt von Raum.

Dies Schauen war identisch mit dem Geschauten;

Es wusste ohne Wissen alles zu Wissende,

Es sah unbefangen die Welt vorübergehen,

Doch mit demselben gleichgültig unbewegten Blick

Sah es auch die abgrundtiefe Unwirklichkeit.

Es betrachtete die Figur des kosmischen Spiels,

Doch schien Denken und inneres Leben in Formen tot zu sein,

Ausgelöscht durch den Zerfall ihres eigenen Denkens:

Ein hohles körperliches Gehäuse bestand noch weiter fort.

Alles schien ein glänzender Schatten seiner selbst,

Ein kosmischer Film von Szenen und Bildern:

Die beharrende Masse und Kontur der Hügel

War eine Zeichnung, skizziert auf ein stilles Mental

Und gehalten in zitternd falscher Festigkeit

Durch ständiges Pulsieren visionären Sehens.

Der Wald mit seiner smaragdgrünen Vielfalt

Kleidete mit seiner Farbenpracht vagen leeren Raum,

Farben eines Gemäldes, verbergend ein nichtig Äußeres,

Das flackerte am Rande der Auflösung;

Die blauen Himmel, eine Täuschung der Augen,

Überdachten des Mentals Illusion von einer Welt.

Die Menschen, die unter einem unwirklichen Himmel wandelten,

Schienen bewegliche Puppen zu sein, aus Pappe gestanzt,

Und von unsichtbaren Händen über den Boden geschoben

Oder bewegte Bilder auf dem Film der Fantasie:

Da gab es keine Seele im Innern, keine Kraft des Lebens.

Des Gehirns Schwingungen, die wie Gedanken erscheinen,

Des Nervs flüchtige Antwort auf jeglichen Kontaktes Anklopfen,

Des Herzens Erbeben, gefühlt als Freude, Kummer und Liebe,

Waren Zuckungen des Körpers, deren scheinbares Selbst,

Dieser Körper, geschmiedet aus Atomen und aus Gas,

Eine fabrizierte Lüge aus der Mache der Maya,

Sein Leben ein Traum, gesehen von der schlafenden Leere.

Die Tiere, allein oder in Rudeln durch Lichtungen streifend,

Flohen wie eine flüchtige Vision von Schönheit und Anmut,

Von einem allerschaffenden Auge sich ausgemalt.

Doch gab es etwas hinter der verblassenden Szene;

Wohin sie sich wandte, wohin sie auch sah,

War es wahrnehmbar, doch versteckt vor Mental und Sicht.

Das Eine einzig Wirkliche schloss vom Raum sich aus

Und weilte fern von der Idee der Zeit.

Seine Wahrheit entzog sich von Form und Linie und Farbe.

Alles andere ward substanzlos, selbstvernichtet,

Nur dies allein schien immerwährend und wahr,

Doch wohnte nirgends, es war außerhalb der Stunden.

Nur dies konnte die Mühe des Sehens rechtfertigen,

Doch konnte Sehen dem keine Form verleihen;

Dies allein konnte das unzufriedene Ohr besänftigen,

Doch lauschte Gehör vergebens nach einem fehlenden Laut;

Dies antwortete nicht dem Sinn, rief nicht dem Mental.

Es traf sie als die unerfasst unhörbare Stimme,

Die immerfort aus dem Unkennbaren spricht.

Es traf sie wie ein allgegenwärtiger Punkt,

Frei von Maßen, unfixiert, unsichtbar,

Der mit seinem vervielfachten Pochen einziger Einzigartigkeit

Seine alleinige Ewigkeit betont.

Es stand ihr gegenüber als Unermesslichkeit eines gewaltigen Nichts,

Ein endloses Nein zu allem, was zu sein scheint,

Ein endloses Ja zu niemals Empfangenem

Und zu allem, was unersonnen und unerdacht ist,

Eine ewige Null oder ein nie gewordenes Irgendwas,

Ein raumloses und ein ortloses Unendliches.

Doch Ewigkeit und Unendlichkeit schienen bloß Worte,

Vergeblich angeheftet von Mentals Untauglichkeit

Dessen gewaltiger einsamen Wirklichkeit.

Die Welt ist nur ein Funkensprühen von seinem Licht,

Alle Augenblicke Blitze von seiner Zeitlosigkeit,

Alle Objekte Glanzlichter von dem Körperlosen,

Die aus dem Mental verschwinden, wenn Das gesehen wird.

Es hielt, als sei es ein Schild vor seinem Gesicht,

Ein Bewusstsein, das ohne einen Sehenden sah,

Die Wahrheit, wo weder Wissen noch Wissender noch Gewusstes ist,

Die Liebe, verliebt in ihre eigene Wonne,

In der weder der Liebende noch die Geliebte ist

Und ihre persönliche Leidenschaft in die Weite bringen,

Die Kraft, allmächtig in der Ruhe,

Die Seligkeit, die zu kosten nie jemand erhoffen kann.

Es hob den überzeugenden Betrug des Selbstes auf,

Eine Wahrheit im Nichtsein war sein mächtiger Schlüssel.

Wenn alles Dasein verzichten könnte zu sein

Und Sein in des Nichtseins Armen Zuflucht nähme

Und Nichtsein seine verschlüsselte Runde streichen könnte,

Erschiene vielleicht ein Glanz jener Wirklichkeit.

Eine formlose Befreiung kam über sie.

Einst in Fleisch und Gehirn lebendig begraben

Hatte sie sich von Körper, Mental und Leben erhoben;

Sie war nun nicht mehr eine Person in einer Welt,

Entflohen war sie in die Unendlichkeit.

Was einst sie selbst gewesen war, das war verschwunden;

Es gab kein Gefüge von Dingen, keine Form der Seele.

Ein Flüchtling aus dem Herrschaftsgebiet der Sinne,

Der Notwendigkeit des Denkens sich entziehend,

Entbunden von Wissen und von Unwissenheit

Und befreit von dem Wahren und dem Unwahren,

Teilte sie des Überbewussten hohe Zuflucht

Jenseits des selbstgeborenen Wortes, der nackten Idee,

Den ersten nackten festen Grund des Bewusstseins;

Wesen gab es dort keine, für Dasein war kein Platz,

Es gab keine Verlockung zur Freude am Sein.

Unsagbar ausgelöscht, ein Niemand und Nichts,

Ein schwindendes Überbleibsel wie eine violette Spur,

Eine schwache Aufzeichnung nur von einem vergangenen Selbst,

So war sie im Unkennbaren ein Punkt.

Nur eine letzte Annullierung blieb,

Der Vernichtung vager unbestimmbarer Schritt:

Eine Erinnerung an das Sein war noch da

Und hielt sie abgesondert vom Nichtvorhandensein:

Sie war in Dem, aber wurde dennoch nicht Das.

Dieser Schatten ihrer selbst, so nah am Nichts,

Könnte wieder zum Stützpunkt des Selbstes für das Leben werden,

Zurückkehren aus dem Unbegreiflichen

Und das sein, was eine geheimnisvolle Weite bestimmen mag.

So wie das Unkennbare entschiede dann,

Könnte sie ein Nichts sein oder neuwerden zum All,

Oder wenn das allmächtige Nihil eine Gestalt annähme

Als Jemand hervorgehen und die Welt erlösen.

So könnte sie auch erfahren, was die mystische Ziffer enthält,

Dieser scheinbare Ausgang oder das verschlossene Ende von allem

Könnte ein unsichtbar düsterer Durchgang sein, dem Blick entzogen,

Ihr Zustand die Sonne bei Sonnenfinsternis

Auf ihrem geheimen Weg in das Unsagbare.

So könnte selbst jetzt noch ihr herrlich Wesen zurückflammen

Aus dem Schweigen und der Nichtigkeit,

Ein strahlender Teil des Allwundervollen,

Eine Macht von irgend allbejahendem Absoluten,

Als leuchtender Spiegel der ewigen Wahrheit,

Der dem Einen-in-allem sein offenbares Angesicht zeigt,

Den Seelen der Menschen ihre tiefe Wesenseinheit.

Oder sie könnte in Gottes Stille erwachen

Jenseits des kosmischen Tages und der kosmischen Nacht

Und besänftigt in seiner weißen Ewigkeit ruhen.

Doch war dies jetzt unwirklich oder weit entfernt

Oder verdeckt in der mystischen unergründlichen Leere.

In unendlichem Nichtsein lag das letzte Zeichen

Oder aber das Wirkliche war das Unkennbare.

Ein einsam Absolutes verneinte alles:

Es tilgte aus seinem Alleinsein die unwissende Welt

Und ertränkte die Seele in seinem ewigen Frieden.

Ende des sechsten Cantos

Siebter Canto

Die Entdeckung des kosmischen Geistes und des kosmischen Bewusstseins

In der kleinen Einsiedelei im Herzen des Waldes,

Im Sonnenlicht und im Mondlicht und im Dunkel

Ging der menschliche Alltag arbeitsam weiter

Wie zuvor mit seinen kleinen unveränderlichen Werken

Und seinem kargen äußeren Rahmen der Routine

Und der glücklichen Ruhe des asketischen Friedens.

Das alte Schöne lächelte aus dieser irdischen Szenerie;

Auch sie war den Menschen ihr altes gütiges Selbst.

Die Uralte Mutter zog ihr Kind an ihre Brust

Und drückte sie in ihren umfangenden Armen ganz nah an sich,

Als hielt die immer gleiche Erde so für immer

Den lebendigen Geist und Körper in ihrem Griff,

Als gäbe es weder Tod noch Ende noch Wandel.

Einzig daran gewöhnt, äußere Zeichen zu lesen,

Sah keiner etwas Neues an ihr, keiner ahnte ihren Zustand;

Sie sahen eine Person, wo nur Gottes Weite war,

Ein stilles Sein oder ein mächtiges Nichts.

Für alle war sie die gleiche vollkommene Savitri:

Eine Größe und eine Lieblichkeit und ein Licht

Strömten aus ihr auf ihre kleine Welt.

Das Leben zeigte allen das gleiche vertraute Gesicht,

Ihr Tun nahm den alten unveränderten Lauf,

Sie sprach die Worte, die sie stets zu sprechen pflegte,

Und tat die Dinge, die sie schon immer getan hatte.

Ihre Augen blickten auf das unveränderliche Antlitz der Erde,

Um ihrer Seele Stummheit ging alles weiter wie bisher;

Ein leeres Bewusstsein sah von innen zu,

Entleert von allem außer der bloßen Wirklichkeit.

Es gab keinen Willen hinter Wort und Tat,

Kein Gedanke formte sich in ihrem Gehirn, um die Rede zu leiten:

Ein unpersönlich Leeres wandelte und sprach in ihr,

Etwas vielleicht Ungefühltes, Ungesehenes, Unbekanntes

Behütete den Körper für sein künftig Werk,

Oder Natur bewegte sich in ihrem alten Strom der Kraft.

Vielleicht trug sie, bewusst gemacht in ihrer Brust,

Das wunderreiche Nihil, Ursprung unserer Seelen

Und Quelle und Summe des weiten Weltgeschehens,

Mutterleib und Grab des Denkens, eine Ziffer Gottes,

Ein Nullkreis der Totalität des Seins.

Es gebrauchte ihre Worte und wirkte in ihren Taten,

Es war Schönheit in ihren Gliedern, Leben in ihrem Atem;

Das ursprüngliche Mysterium trug ihr menschliches Antlitz.

So war gesondertem Selbst sie innen verloren;

Ihr sterbliches Ego ging in Gottes Nacht zugrunde.

Übrig blieb nur ein Körper, des Egos Schale,

Die in der Strömung und Gischt des Weltmeeres trieb,

Ein Meer des Traumes, geschaut von einem reglosen Sinn

In einer Gestalt von unwirklicher Wirklichkeit.

Eine unpersönliche Voraussicht konnte schon sehen, –

In dem denklosen Wissen des Geistes

Schien es schon jetzt fast geschehen, unvermeidlich, –

Das Einzelwesen sterben, den Kosmos vergehen;

Wenn diese dahin, würde die Transzendenz zum Mythos,

Zum Heiligen Geist ohne Vater und Sohn,

Oder, Substrat von dem was einst gewesen war,

Sein, das nie eine Welt gebären wollte,

Zurückversetzt in seine ursprüngliche Einsamkeit,

Teilnahmslos, allein, schweigend, ungreifbar.

Doch war nicht alles erloschen in diesem tiefen Schwund;

Das Wesen wandelte nicht ins Nichts.

Da war ein hohes überragend Geheimnisvolles,

Und wenn sie mit Satyavan so allein dasaß,

Ihr reglos mentaler Geist bei seinem, der forschte und strebte,

Wandte sie sich in der Stille tiefer und inniger Nacht

Dem Antlitz einer verschleiert stimmlosen Wahrheit zu,

Die in den stummen Nischen des Herzens sich verbirgt

Oder jenseits des letzten Gipfels wartet, den Denken erstieg, –

Selbst nicht zu sehen, sieht sie die ringende Welt

Und treibt unsere Suche an, sorgt sich aber nicht ums Gefundenwerden, –

Aus jener fernen Weite kam eine Antwort.

Etwas, unbekannt, unerreicht, unergründlich,

Sandte Botschaften seines körperlosen Lichtes hernieder,

Warf leuchtende Blitze aus einem Denken, ungleich dem unsrigen,

Durch die unbewegte Stille ihres Mentals:

In seiner Macht verantwortungsloser Souveränität

Griff es zur Sprache, um jenem Flammen Form zu verleihen,

Ließ das Herz der Weisheit in einem Wort pochen

Und sprach durch sterbliche Lippen Unsterbliches.

Oder, den Weisen der Wälder lauschend,

Es brachen in Frage und Antwort aus ihr

Hoch seltsame Offenbarungen hervor, unmöglich für Menschen,

Etwas oder jemand, geheim und fern,

Machte sich ihren Körper für seinen mystischen Gebrauch zu eigen,

Ihr Mund ward ergriffen, um unsagbare Wahrheiten zu kanalisieren,

Wissen, undenkbar, fand eine Äußerung.

Überrascht von einer neuen Erleuchtung,

Getroffen von einem Lichtstrahl des Absoluten,

Staunten sie über sie, denn sie schien zu wissen,

Was sie nur manchmal aus der Ferne erblickten.

Diese Gedanken wurden nicht in ihrem lauschenden Gehirn gebildet,

Wie eine unbesaitete Harfe war ihr leeres Herz;

Der Körper, teilnahmslos, suchte eigene Stimme nicht,

Sondern ließ die leuchtende Größe durch sich ziehen.

Eine zweifache Macht an den okkulten Polen des Seins

Wirkte noch, namenlos und unsichtbar:

Ihre göttliche Leerheit war deren Instrument.

Die nichtbewusste Natur befasste sich mit der Welt, die sie schuf,

Und glitt, noch des Körpers Instrumente verwendend,

Durch die bewusste Leere, die sie geworden war;

Das überbewusste Mysterium sandte durch diese Leere

Sein Wort, um am Denken der Menschen zu rühren.

Solch große unpersönliche Rede war bis jetzt noch selten.

Doch nun ließ der bewegungslose weite spirituelle Raum,

Worin ihr mentaler Geist überlebte, ruhig und bloß,

Einen Reisenden aus den kosmischen Breiten zu:

Ein Gedanke kam hindurch, drapiert wie eine äußere Stimme.

Er wandte sich nicht an den Zeugen des Mentals,

Er sprach nicht zum still empfangenden Herzen;

Er kam unmittelbar zum Sitz der reinen Wahrnehmung,

Nun einziges Zentrum des Bewusstseins,

Falls ein Zentrum sein kann, wo alles Raum nur schien;

Nicht mehr eingeschlossen von des Körpers Mauern und Tore

Ging weit ihr Wesen, ein Kreis ohne Umfang,

Schon jetzt über alle kosmischen Grenzen hinaus

Und dehnte sich mehr und mehr in die Unendlichkeit aus.

Dies Wesen war seine eigene grenzenlose Welt,

Eine Welt ohne Form oder Merkmal oder Umstand;

Es hatte keinen Boden, keine Wand, kein Dach des Denkens,

Doch sah es sich selbst und blickte auf alles rings umher

In einem Schweigen, statisch und unermesslich.

Dort war keine Person, kein zentriertes Mental,

Kein Sitz des Gefühls, auf den Ereignisse schlagen

Oder Objekte wirken und den Druck der Gegenwirkung bilden.

In dieser inneren Welt gab es keine Regung,

Alles war eine stille und gleichförmige Unendlichkeit.

In ihr harrte der Ungesehene, der Ungekannte seiner Stunde.

Doch nun saß sie beim schlafenden Satyavan,

Im Innern wach, und die ungeheure Nacht

Umgab sie mit der Weite des Unkennbaren.

Aus ihrem eigenen Herzen begann eine Stimme zu sprechen,

Die nicht die ihre war, doch Denken und Sinn beherrschte.

Als diese sprach, änderte sich alles in ihrem Inneren und Äußeren;

Alles war, alles lebte; sie fühlte alles Seiende als eines;

Die Welt der Unwirklichkeit hörte auf zu sein:

Es gab kein vom Mental erschaffenes Universum mehr,

Bloßgestellt als eine Konstruktion oder als ein Zeichen;

Ein Geist, ein Wesen sah geschaffene Dinge

Und goss sich in ungezählte Formen

Und war, was er sah und schuf; alles wurde jetzt

Eine augenscheinliche Gewissheit der einen gewaltigen Wahrheit,

Einer Wahrheit, in welcher Verneinung keinen Platz mehr hatte,

Ein Sein und ein lebendiges Bewusstsein,

Eine klare und absolute Wirklichkeit.

Das Unwirkliche fand dort nirgends Platz,

Der Sinn für Unwirklichkeit war ausgemerzt:

Dort war alles bewusst, gemacht aus dem Unendlichen,

Alles hatte eine Substanz von Ewigkeit.

Und doch war dies dasselbe Unentzifferbare;

Kosmos schien es abzulegen wie einen Traum,

Der auf immer dahinschwand in ein ursprüngliches Leer.

Doch war dies kein vager allgegenwärtiger Punkt mehr

Oder eine Ziffer der Weite in unwirklichem Nichts.

Es war dasselbe, doch nun scheinbar nicht mehr fern

Dem lebendigen Griff ihrer wiedererlangten Seele.

Es war ihr Selbst, es war das Selbst von allen,

Es war die Wirklichkeit aller existierenden Dinge,

Es war das Bewusstsein von allem, das lebte

Und fühlte und sah; es war Zeitlosigkeit und Zeit,

Es war die Seligkeit von Formlosigkeit und Form.

Es war alle Liebe und die Arme des einen Geliebten,

Es war Sehen und Denken in einem allsehenden Mental,

Es war Freude des Seins auf den Gipfeln Gottes.

Sie ging über die Zeit hinaus in die Ewigkeit,

Entschlüpfte dem Raum und wurde die Unendlichkeit;

Ihr Wesen stieg zu unerreichbaren Höhen auf

Und fand kein Ende seiner Reise in dem Selbst.

Es tauchte in die unergründlichen Tiefen

Und fand kein Ende des stillen Mysteriums,

Das die ganze Welt in einer einsamen Brust hielt,

Dennoch die ganze Vielfalt der Schöpfung in sich aufnahm.

Sie war alle Weite und ein unermesslicher Punkt,

Sie war eine Höhe jenseits von Höhen, eine Tiefe jenseits von Tiefen,

Sie lebte im Immerwährenden und war alles,

Was den Tod beherbergt und die rollenden Stunden trägt.

Alle Gegensätze waren wahr in einem einzigen gewaltigen Geist,

Der Maß, Wandel und Umstand überstieg.

Ein Einzelwesen, eins mit kosmischem Selbst

In dem Herzen des Transzendenten Wunders

Und des Geheimnisses der Weltpersönlichkeit,

War der Schöpfer und der Herr von allem.

Mental war ein einziger unzählbarer Blick

Auf sich selbst und auf dies alles, wozu es wurde.

Leben war sein Drama und die Weite eine Bühne,

Das Universum war sein Körper, Gott dessen Seele.

Alles war eine einzige unermessliche Wirklichkeit,

Alles deren unzähligen Phänomene.

Ihr Geist sah die Welt als lebendigen Gott;

Er sah den Einen und wusste, alles war Er.

Sie wusste ihn als den Selbst-Raum des Absoluten,

Eins mit ihrem Selbst und Grund aller Dinge hier,

In denen die Welt wandernd nach der Wahrheit sucht,

Die sich hinter ihrem Antlitz der Unwissenheit verbirgt:

Sie folgte ihm auf dem Marsch der endlosen Zeit.

Alle Geschehnisse der Natur waren Ereignisse in ihr,

Die Herzschläge des Kosmos waren ihre eigenen,

Alle Wesen dachten und fühlten und bewegten sich in ihr;

Sie bewohnte die Weite des Universums,

Seine Fernen waren die Grenzen ihrer Natur,

Seine Nähen die Vertrautheiten ihres eigenen Lebens.

Ihr Mental wurde vertraut mit seinem Mental,

Sein Körper war der größere Rahmen ihres Körpers,

Darin sie lebte und sich wusste in ihm

Eins, vielgestaltig in seiner Vielgestaltigkeit.

Sie war ein einziges Wesen und doch alle Dinge;

Die Welt war der weite Umfang ihres Geistes,

Die Gedanken anderer waren ihre Vertrauten,

Deren Gefühle nahe an ihrem universalen Herzen,

Deren Körper ihre vielen Körper, nah verwandt mit ihr;

Sie war nicht mehr sie selbst sondern die ganze Welt.

Aus den Unendlichkeiten kam alles zu ihr,

In die Unendlichkeiten spürte sie sich hinein,

Unendlichkeit war ihr natürliches Heim.

Sie weilte nirgends, überall war ihr Geist,

Die fernen Sternbilder kreisten um sie;

Erde sah ihre Geburt, alle Welten waren ihre Kolonien,

Die größeren Welten von Leben und Mental waren ihre;

Die ganze Natur gab sie in ihren Linien wieder,

Ihre Bewegungen waren große Abbilder der ihrigen.

Sie war das eine Selbst all dieser Selbste,

Sie war in ihnen und alle waren sie in ihr.

Eine mächtige Wesenseinheit war dies zuerst,

Worin ihre eigene Identität verloren ging:

Was sie selbst zu sein schien, war ein Bild des Ganzen.

Sie war ein unterbewusstes Leben von Baum und Blume,

Das erste Aufbrechen der honigsüßen Knospen des Frühlings;

Sie glühte in der Inbrunst und Pracht der Rose,

Sie war das rote Herz der Passionsblume,

Das Traumweiß des Lotus in seinem Teich.

Aus unterbewusstem Leben stieg sie zum Mental,

War Denken und Leidenschaft des Herzens der Welt,

Sie war die Gottheit, verborgen im Herzen des Menschen,

Sie war das Aufsteigen seiner Seele hin zu Gott.

Der Kosmos erblühte in ihr, sie war sein Beet.

Sie war Zeit und die Träume Gottes in der Zeit;

Sie war Raum und die Weite seiner Tage.

Von da stieg über Zeit und Raum sie hinaus;

Das Überbewusste war ihre heimische Luft,

Unendlichkeit war ihr natürlicher Bewegungsraum;

Ewigkeit schaute von ihr aus auf die Zeit.

Ende des siebten Cantos
Ende des siebten Buches

ACHTES BUCH

Das Buch vom Tod

Das Buch vom Tod wurde dem dritten Canto einer frühen Fassung Savitris entnommen, die als solche nur aus sechs Gesängen und einem Epilog bestand. Dieser Canto wurde nur leicht überarbeitet und einige neue Zeilen wurden hinzugefügt. Seine ursprüngliche Benennung, "Canto Three" (Dritter Canto), wurde als Erinnerung daran beibehalten.

Dritter Canto

Tod im Wald

Hier war es nun, in dieser herrlich goldnen Morgenröte.

Bei ihrem noch schlafenden Gemahl liegend, schaute sie

Auf ihre Vergangenheit, wie ein Sterbender

Zurückblickt auf die sonnigen Felder des Lebens,

Wo auch er mit den Anderen tollte und spielte,

Sein Haupt hochhaltend im dunklen mächtigen Strom,

In dessen Tiefen er für immer eintauchen muss.

Alles, was sie gewesen war und getan hatte, erlebte sie wieder.

So sauste das ganze Jahr im raschen und wirbelnden Lauf

Von Erinnerungen durch sie hindurch und floh

In die unwiederbringliche Vergangenheit dahin.

Still stand sie dann auf und, nach verrichtetem Dienst,

Verneigte sich vor der großen Göttin, schlicht gemeißelt

Von Satyavan in einen Stein des Waldes.

Ihre Seele und Durga wussten, welch Gebet sie flüsterte.

Womöglich spürte sie in dem düsteren mächtigen Wald

Die unendliche Mutter wachen über ihr Kind,

Womöglich sprach die verhüllte Stimme ein leises Wort.

Und dann trat sie vor die blasse Mutter Königin.

Sie sprach, aber mit verhaltenen Lippen und ruhiger Miene,

Damit nicht ein beiläufiges Wort oder verräterischer Blick

In die ahnungslose Brust der Mutter sich stehle,

Erschlagend alles Glück und Bedürfnis zu leben,

Ein schlimmes Vorgefühl des kommenden Leids.

Nur das Notwendigste wurde ausgesprochen:

Alles andere drängte sie zurück in ihr gequältes Herz

Und zwang ihrer Rede einen äußeren Frieden auf.

„Ein Jahr ist es nun, dass ich mit Satyavan

Hier am smaragdgrünen Saume der weiten Wälder lebe,

Im ehernen Ring der gewaltigen Gipfel

Unter den blauen Spalten im Waldeshimmel,

Und ich bin weder in die Schweigsamkeiten

Dieser großen Waldungen gegangen, die meine Gedanken

Geheimnisvoll umgeben, noch in ihrer grünen Wunderwelt

Gewandert, sondern diese kleine Lichtung war mir meine Welt.

Nun aber hat ein starker Wunsch mein ganzes Herz ergriffen,

Mit Satyavan zu schreiten an seiner Hand

In jenes Leben, das er geliebt hat, die Pflanzenwelt berühren,

Die er durchschritten hat, die Waldblumen zu kennen

Und in Ruhe den Vögeln zu lauschen und dem wuselnden Leben,

Das kommt und geht, dem reichen fernen Rascheln der Zweige

Und all dem mystischen Geflüster des Waldes.

Gib mich nun frei und lass mein Herz Ruhe finden.“

Sie antwortete: „Tue, was dein weiser Verstand verlangt,

O stilles Königskind mit den Augen, die herrschen.

Ich halte dich für eine starke Göttin, die gekommen ist,

Sich unserer öden Tage zu erbarmen; so dienst du

Wie es eine Sklavin täte und stehst doch jenseits

Dessen, was du tust und was unser Verstand begreift,

So wie die starke Sonne, die von oben her der Erde dient.“

Da gingen der todgeweihte Mann und die Gemahlin, die wusste,

Vereint Hand in Hand in diese feierliche Welt,

Wo Schönheit und Pracht und wortloser Traum,

Wo das mystische Schweigen der Natur zu spüren war

In Kommunion mit Gottes Heimlichkeit.

An ihrer Seite schritt Satyavan voller Freude,

Da sie mit ihm durch seine grünen Lieblingsplätze zog:

Er zeigte ihr den ganzen Reichtum des Waldes, Blumen

In allen Düften und Farben

Und geschmeidig dichte Ranken, rot und grün,

Und seltsam gefiederte Vögel, die jedem süßen Ruf,

Der da heimsuchte ferne Zweige, noch lieblicher Antwort gaben

Mit des schrillen Sängers Namen.

Er sprach von all den Dingen, die er liebte: sie waren

Die Kameraden seiner Kindheit und seine Spielgefährten,

Zeitgenossen und Begleiter seines Lebens

Hier in dieser Welt, deren Stimmungen er kannte:

Ihre Gedanken, die leer waren für das gewöhnliche Mental,

Teilte er, spürte auf jede wilde Gefühlswallung

Eine Antwort. Sie lauschte innig, tief in sich aufzunehmen

Die Stimme, die bald von zärtlichen Worten ließe,

Und deren geliebten Tonfall zu wahren

Für einsame Erinnerung, wenn niemand mehr neben ihr ging

Und die geliebte Stimme nicht mehr erklingen konnte.

Doch achtete sie kaum auf das Gesagte;

An Tod dachte sie, nicht an Leben oder des Lebens einsames Ende.

Liebe, in ihrer Brust versehrt von der scharfen Schneide

Der Qual, klagte bei jedem Schritt vor Schmerz

Und schrie: „Jetzt, jetzt vielleicht verstummt seine Stimme

Auf alle Zeiten.“ Beängstigt von irgend vager Berührung schon,

Blickten zuweilen ihre Augen umher

Wie um den finsteren und fürchterlichen Gott sich nahen zu sehen.

Satyavan aber hatte innegehalten. Er wollte beenden

Die Arbeit hier, damit sie beide glücklich, vereint und unbekümmert

Weiterwandern könnten durch das grüne tiefe

Urzeitliche Geheimnis im Herzen des Waldes.

Einen Baum, der ruhig sein Haupt gen Himmel hob

In strotzender Üppigkeit, herbeirufend

Den Wind mit seinem verliebt weitem Gezweig,

Den wählte er und mit seinem Stahl nahm er den Ast in Angriff,

Braun, rau und stark, verborgen in seinem smaragdgrünen Kleid.

Wortlos, doch ganz nah, sah sie zu, um keine Regung

Von diesem geliebten hellen Gesicht und Körper zu verlieren.

Ihr Leben lief nun in Sekunden ab, nicht in Stunden,

Und sparsam ging sie um mit jedem Augenblick

Wie ein fahler Kaufmann, der sich über seinen Vorrat beugt,

Der Geizhals mit dem armseligen Rest seines Goldes.

Satyavan jedoch schwang eine freudige Axt.

Er sang in hohen Tönen eines Weisen Choral,

Der von besiegtem Tod und erschlagenen Dämonen erklang,

Und manchmal hielt er inne, um ihr süße Worte zuzurufen

Voll Zärtlichkeit und Neckerei, lieblicher als Liebe:

Sie sprang einer Pantherin gleich jedes seiner Worte an

Und trug sie in ihr Höhlenherz.

Doch als er so am Schaffen war, da kam sein Verhängnis über ihn.

Die gewaltsamen und hungrigen Hunde des Schmerzes

Durchstreiften seinen Körper und packten beim Vorüberziehen

Lautlos zu, und bestürmt rang sein schmerzvoller Atem damit,

Des Lebens starke Herzstricke zu zerreißen und frei zu sein.

Dann half, als ließe ein wildes Tier seine Beute los,

Ein Augenblick in einer Woge großer Erleichterung,

Und er stand neugeboren da an Kraft und frohem Wohlgefühl

Und frohlockend nahm er sein zuversichtlich Werk wieder auf

Doch mit weniger gezielten Hieben. Nun aber schlug

Der große Holzfäller nach ihm und das Mühen erlahmte: erhebend

Noch seinen Arm, warf er die scharfe Axt

Weit von sich weg wie ein Instrument der Pein.

Sie kam zu ihm in stiller Pein und nahm ihn in die Arme,

Und er rief ihr zu: „Savitri, ein Schmerz

Spaltet mir Haupt und Brust, als würde die Axt

Mich durchdringen statt den lebenden Ast.

Solche Qual zerreißt mich wie wohl der Baum fühlen muss,

Wenn gefällt er sein Leben verlieren muss.

Lass eine Weile meinen Kopf in deinem Schoße ruhen

Und behüte mich mit deinen Händen vor üblem Los:

Vielleicht geht durch dein Berühren der Tod vorbei.“

Da setzte sich Savitri unter weite Zweige,

Kühl, grün vor der Sonne, nicht unter dem geschundenen Baum,

Den seine scharfe Axt gespalten hatte, – diesem blieb sie fern;

An glückverheißenden königlichen Stamm gelehnt

Wachte sie über ihn in ihrem Schoße und suchte

Mit ihren Händen die Qual der Stirn und des Körpers zu mildern.

Aller Kummer und alle Angst waren nun gänzlich tot in ihr

Und eine große Ruhe war eingetreten. Der Wunsch zu lindern

Sein Leiden, der Impuls, der sich dem Schmerz widersetzt,

Blieb als einzig sterbliches Gefühl zurück. Es verging:

Ohne Kummer und voll Stärke harrte sie den Göttern gleich.

Doch war jetzt seine lieblich vertraute Farbe gewandelt

In ein fahles Grau, und seine Augen

Getrübt und des klaren Lichtes beraubt, das sie liebte.

Es blieb nur noch das dumpfe und stoffliche Mental,

Leer vom leuchtenden Blick des hellen Geistes.

Aber noch einmal, bevor er völlig entschwand,

Rief er in klammernd letzter Verzweiflung aus:

„Savitri, Savitri, O Savitri,

Beuge dich nieder, meine Seele, und küss mich während ich sterbe.“

Und als ihre bleichen Lippen die seinen drückten,

Wurden seine schwächer, verloren sie letzte Süße der Erwiderung;

Seine Wange lag lastend auf ihrem goldnen Arm. Noch suchte sie

Seinen Mund mit ihrem bebenden Mund, als könnte

Sie mit ihrem Kuss seine Seele zur Rückkehr überreden;

Dann nahm sie wahr, dass sie nicht mehr alleine waren.

Gekommen war Etwas, bewusst, groß und schrecklich.

Nahe bei ihr spürte sie einen stillen Schatten, unermesslich,

Der den Mittag mit finsterem Rücken gefrieren ließ.

Eine furchtbare Stille hatte sich über den Ort gelegt:

Der Ruf der Vögel war verstummt, die Stimmen der Tiere.

Ein Grauen und eine Angst erfüllte die Welt,

Als hätte das Mysterium der Vernichtung

Greifbar Gestalt angenommen. Ein kosmischer Geist

Schaute aus furchtbaren Augen auf alles hin,

Verachtend alles mit seinem unerträglichen Blick,

Und mit unsterblichen Lidern und einer weiten Stirn

Sah es in seinem ungeheuren zerstörenden Denken

Alle Dinge und Wesen als einen erbärmlichen Traum,

Verwerfend mit ruhiger Verachtung das freudvolle Glück der Natur,

Mit wortloser Bedeutung seines eindringlichen Blickes

Die Unwirklichkeit bekundend von allen Dingen

Und vom Leben, das ewig sein wollte jedoch nie war,

Und dessen kurze und eitle Wiederkehr ohne Unterlass,

Als ob aus einem Schweigen ohne Form oder Namen

Der Schatten eines fernen sorglosen Gottes

Das illusorische Universum zu seinem eigenen Nichts verdammte,

Das sein Schauspiel von Idee und Tat in der Zeit aufhebt

Und seine Nachahmung von Ewigkeit.

Sie wusste, dort stand der sichtbare Tod

Und geschieden aus ihren Armen war Satyavan.

Ende des achten Buches, "dritter Canto"
Ende des zweiten Teils

  1. DRITTER TEIL
  2. NEUNTES BUCH
  3. Zur schwarzen Leere hin
  4. Die Reise in ewiger Nacht und die Stimme der Finsternis

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