Sri Aurobindo Digital Edition
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  1. SRI AUROBINDO
  2. Die Botschaft der Bhagavadgita - interpretiert von Sri Aurobindo

atha saptamo ‘dhyāyaḥ – jñāna-vijñāna-yogaḥ

7. Kapitel: Der Yoga des Wissens und der Weisheit

Gita 7.1

śrī bhagavān uvāca |

mayy āsakta-manāḥ pārtha yogaṁ yuñjan mad-āśrayaḥ |

asaṁśayaṁ samagraṁ māṁ yathā jñāsyasi tac chṛṇu ||1||

1. Der Erhabene sprach:
Höre, O Partha, wie du Mich durch die Praxis des Yoga, das Mental fest an Mich gebunden und mit Mir als āśraya (der alleinigen Grundlage, Stütze und Zuflucht für dein bewusstes Wesen und Wirken), vollständig und ohne eine Spur von Zweifel erkennen wirst.

Gita 7.2

jñānaṁ te 'haṁ sa-vijñānam idaṁ vakṣyāmy aśeṣataḥ |

yaj jñātvā neha bhūyo ‚nyaj jñātavyam avaśiṣyate ||2||

2. Nennen will ich dir – und nichts dabei auslassen oder offenlassen – das essentielle Wissen, das gestützt ist auf allumfassende Erkenntnis. Wenn du es weißt, bleibt nichts Wissenswertes mehr übrig.

Gita 7.3

manuṣyāṇāṁ sahasreṣu kaścid yatati siddhaye |

yatatām api siddhānāṁ kaścin māṁ vetti tattvataḥ ||3||

3. Unter Tausenden von Menschen ringt nur hier und da einer nach Vollkommenheit. Und von denen, die ringen und zur Vollkommenheit gelangen, erkennt nur hier und da einer Mich in all den Prinzipien Meines Daseins.

Gita 7.4-5

bhūmir āpo 'nalo vāyuḥ khaṁ mano buddhir eva ca |

ahaṅkāra itīyaṁ me bhinnā prakṛtir aṣṭadhā ||4||

apareyam itas tv anyāṁ prakṛtiṁ viddhi me parām |

jīva-bhūtāṁ mahā-bāho yayedaṁ dhāryate jagat ||5||

4.-5. Die fünf Elemente (Zustandsformen des materiellen Daseins), das Mental, die Vernunft und das Ego, dies ist Meine achtfach geteilte Natur. Doch ist dies nur die niedere Natur. Erkenne nun, O Starkarmiger, auch Meine andere Natur, die von dieser verschieden ist, Mein Erhabenes Wesen. Dieses wird zum Jiva, durch den diese Welt getragen und erhalten wird.

Gita 7.6

etad yonīni bhūtāni sarvāṇīty upadhāraya |

ahaṁ kṛtsnasya jagataḥ prabhavaḥ pralayas tathā ||6||

6. Erkenne diese höhere Natur als den Schoß aller Wesen. Ich bin die Geburt der gesamten Welt und ebenso ihre Auflösung.

Gita 7.7

mattaḥ parataraṁ nānyat kiñcid asti dhanañjaya |

mayi sarvam idaṁ protaṁ sūtre maṇi-gaṇā iva ||7||

7. Es gibt nichts Erhabenes jenseits von Mir, O Dhananjaya. Auf Mir ist alles, was es gibt, aufgereiht wie Perlen auf einer Schnur.

Gita 7.8

raso 'ham apsu kaunteya prabhāsmi śaśi-sūryayoḥ |

praṇavaḥ sarva-vedeṣu śabdaḥ khe pauruṣaṁ nṛṣu ||8||

8. Ich bin der Geschmack in den Wassern, O Sohn der Kunti, Ich bin das Licht von Sonne und Mond, Ich bin Pranava (die Silbe OM) in allen Veden, der Klang im Äther und die Männlichkeit in den Männern.

Gita 7.9

puṇyo gandhaḥ pṛthivyāṁ ca tejaś cāsmi vibhāvasau |

jīvanaṁ sarva-bhūteṣu tapaś cāsmi tapasviṣu ||9||

9. Ich bin der reine Wohlgeruch der Erde, die Leuchtkraft im Feuer. Ich bin das Leben in jeglichem Sein. Ich bin die asketische Kraft in denen, die Askese üben.

Gita 7.10

bījaṁ māṁ sarva-bhūtānāṁ viddhi pārtha sanātanam |

buddhir buddhimatām asmi tejas tejasvinām aham ||10||

10. Erkenne Mich als den ewigen Keim von allem Seienden, O Sohn Prithas. Ich bin die Intelligenz des Intelligenten, die Energie des Energetischen.

Gita 7.11

balaṁ balavatām cāhaṁ kāma-rāga-vivarjitam |

dharmāviruddho bhūteṣu kāmo 'smi bharatarṣabha ||11||

11. Ich bin die Stärke des Starken, der frei ist von Begehren und Neigung. Ich bin, O Herr der Bharatas, in den Wesen jenes Begehren, das nicht im Gegensatz zum Dharma steht.

Gita 7.12

ye caiva sāttvikā bhāvā rājasās tāmasāś ca ye |

matta eveti tān viddhi na tv ahaṁ teṣu te mayi ||12||

12. Und auch die zweitrangigen subjektiven Werdeformen der Natur, bhāvāḥ, (die mentalen Zustandsformen, die Gefühle des Verlangens, die Regungen der Leidenschaft, die Reaktionen der Sinne, das begrenzte, in Gegensätzen verlaufende Spiel der Vernunft und die Wandlungen der Gefühle und des moralischen Sinnes), die sattwisch, rajasisch und tamasisch sind, rühren in Wahrheit von Mir her. Aber Ich bin nicht in ihnen; sie sind es, die in Mir sind.

Gita 7.13

tribhir guṇamayair bhāvair ebhiḥ sarvam idaṁ jagat |

mohitaṁ nābhijānāti mām ebhyaḥ param avyayam ||13||

13. Durch diese drei Formen des Werdens, die von der Art der Gunas sind, wird diese ganze Welt verwirrt. Sie erkennt Mich nicht, der Ich erhaben jenseits von ihnen bin und unvergänglich.

Gita 7.14

daivī hy eṣā guṇamayī mama māyā duratyayā |

mām eva ye prapadyante māyām etāṁ taranti te ||14||

14. Dies ist Meine göttliche Maya der Gunas, und sie ist kaum zu überwinden. Über sie hinaus gelangen nur jene, die Meine Nähe suchen.

Gita 7.15

na māṁ duṣkṛtino mūḍhāḥ prapadyante narādhamāḥ |

māyayāpahṛta-jñānā āsuraṁ bhāvam āśritāḥ ||15||

15. Die Übeltäter gelangen nicht zu Mir, jene verwirrten Seelen auf niederer menschlicher Stufe. Denn ihr Wissen wird ihnen weggerissen von Maya, und sie nehmen ihre Zuflucht in der Wesensart des Asura.

Gita 7.16

catur-vidhā bhajante māṁ janāḥ sukṛtino 'rjuna |

ārto jijñāsur arthārthī jñānī ca bharatarṣabha ||16||

16. Unter den Tugendhaften, die sich Mir mit Hingabe zuwenden, O Arjuna, gibt es vier Arten von Bhaktas: die Zuflucht suchenden Verzweifelten, die nach dem Guten in der Welt Strebenden, die Erkenntnis Suchenden, und, O Herrscher der Bharatas, die Mich mit Wissen anbeten.

Gita 7.17

teṣāṁ jñānī nitya-yukta eka-bhaktir viśiṣyate |

priyo hi jñānino' tyartham ahaṁ sa ca mama priyaḥ ||17||

17. Der Beste von ihnen ist der Wissende, der in stetem Einssein mit Gott und dessen Bhakti ganz auf Ihn konzentriert ist. Denn er liebt Mich in vollkommener Weise und wird von Mir geliebt.

Gita 7.18

udārāḥ sarva evaite jñānī tv ātmaiva me matam |

āsthitaḥ sa hi yuktātmā mām evānuttamāṁ gatim ||18||

18. Edel sind all diese Bhaktas, ohne Ausnahme. Aber der Wissende ist wahrlich Mein Selbst. Denn als sein oberstes Ziel hat er Mich angenommen, den Purushottama, mit dem er eins ist.

Gita 7.19

bahūnāṁ janmanām ante jñānavān māṁ prapadyate |

vāsudevaḥ sarvam iti sa mahātmā sudurlabhaḥ ||19||

19. Am Ende von vielen Geburten gelangt der Wissende zu Mir. Wie wirklich selten ist doch die große Seele, die weiß, dass Vasudeva, das allgegenwärtige Wesen, all das ist, was ist!

Gita 7.20

kāmais tais tair hṛta-jñānāḥ prapadyante 'nya-devatāḥ |

taṁ taṁ niyamam āsthāya prakṛtyā niyatāḥ svayā ||20||

20. Irregeleitet werden die Menschen durch verschiedene äußere Begehren, die sie der Wirkung der inneren Erkenntnis berauben. Sie halten sich dann an andere Gottheiten und stellen diese oder jene Regel auf, die das Bedürfnis ihrer Natur befriedigt.

Gita 7.21

yo yo yāṁ yāṁ tanuṁ bhaktaḥ śraddhayārcitum icchati |

tasya tasyācalāṁ śraddhāṁ tām eva vidadhāmy aham ||21||

21. Den Glauben, mit dem ein hingebungsvoller Verehrer Mich in irgendeiner Gestalt anzubeten wünscht, diesen seinen Glauben mache Ich stark und behüte ihn vor dem Abirren.

Gita 7.22

sa tayā śraddhayā yuktas tasyārādhanam īhate |

labhate ca tataḥ kāmān mayaiva vihitān hi tān ||22||

22. Mit solchem Glauben begabt, betet er diese Gestalt an; und durch die Kraft eines solchen Glaubens in Kult und Anbetung erlangt er die Erfüllung seiner Begehren. Denn Ich selbst bin es, der (in jener Gestalt) ihm diese Früchte zuteil werden lässt.

Gita 7.23

antavat tu phalaṁ teṣāṁ tad bhavaty alpa-medhasām |

devān deva-yajo yānti mad-bhaktā yānti mām api ||23||

23. Aber die Früchte sind vorübergehender Natur, nach ihnen streben jene von geringer Intelligenz und ungebildeter Vernunft. Zu den Göttern kommen die, die die Götter verehren. Doch zu Mir gelangen jene, die Mir hingegeben sind.

Gita 7.24

avyaktaṁ vyaktim āpannaṁ manyante mām abuddhayaḥ |

paraṁ bhāvam ajānanto mamāvyayam anuttamam ||24||

24. Die mit kleinem Verstand denken von Mir, dem Ungeoffenbarten, Ich sei durch Meine Offenbarung beschränkt; denn sie kennen nicht Meine erhabene Wesensart, die unvergängliche, höchst vollkommene.

Gita 7.25

nāhaṁ prakāśaḥ sarvasya yoga-māyā-samāvṛtaḥ |

mūḍho' yaṁ nābhijānāti loko mām ajam avyayam ||25||

25. Auch bin Ich nicht allen offenbar, da Ich in Meine Yoga-Maya eingehüllt bin. Die verwirrte Welt kennt Mich, den Ungeborenen, den Unvergänglichen, nicht.

Gita 7.26

vedāhaṁ samatītāni vartamānāni cārjuna |

bhaviṣyāṇi ca bhūtāni māṁ tu veda na kaścana ||26||

26. Ich weiß um alles vergangene, alles gegenwärtige und alles zukünftige Seiende, O Arjuna, aber Mich kennt noch keiner.

Gita 7.27

icchā-dveṣa samutthena dvandva-mohena bhārata |

sarva-bhūtāni saṁmohaṁ sarge yānti parantapa ||27||

27. Durch die Täuschung der Gegensätze, die ihren Ursprung in Wunsch und Abneigung haben, O Bharata, werden alle Wesen der Schöpfung in die Verwirrung geführt.

Gita 7.28

yeṣāṁ tv anta-gataṁ pāpaṁ janānāṁ puṇya-karmaṇām |

te dvandva-moha-nirmuktā bhajante māṁ dṛḍha-vratāḥ ||28||

28. Doch standhaft in ihrem Gelübde, sich Mir zu weihen, verehren Mich die Menschen edlen Handelns, in denen die Sünde zu Ende gekommen ist und die frei geworden sind von der Täuschung der Gegensätze.

Gita 7.29-30

jarā-maraṇa-mokṣāya mām āśritya yatanti ye |

te brahma tad viduḥ kṛtsnam adhyātmaṁ karma cākhilam ||29||

sādhibhūtādhidaivaṁ māṁ sādhiyajñaṁ ca ye viduḥ |

prayāṇa-kāle 'pi ca māṁ te vidur yukta-cetasaḥ ||30||

29.-30. Jene, die ihre Zuflucht ganz zu Mir nehmen, jene, die sich Mir zuwenden in ihrem spirituellen Bemühen um Befreiung von Alter und Tod (vom sterblichen Wesen und dessen Beschränkungen), gelangen dahin, jenen Brahman zu erkennen und die Vollständigkeit der spirituellen Natur und die Ganzheit des Karma. Weil sie Mich erkennen, gleichzeitig um die materielle und die göttliche Natur des Seins wissen und die Wahrheit über den Herrn des Opfers kennen, darum behalten sie das Wissen über Mich auch im kritischen Augenblick ihres Abscheidens aus dem körperlichen Sein und in jenem Augenblick ihr ganzes Bewusstsein fest mit Mir geeint.


oṃ tat sat iti śrīmadbhagavadgītāsūpaniṣatsu brahmavidyāyāṃ yogaśāstre śrī-kṛṣṇārjunasaṃvāde jñāna-vijñāna-yogo nāma saptamo 'dhyāyaḥ

Om tat sat. So endet in der vom Herrn gesungenen Upanishad, der Wissenschaft von Brahman, der Schrift vom Yoga und dem Dialog zwischen Sri Krishna und Arjuna das siebte Kapitel mit dem Titel „Der Yoga des Wissens und der Weisheit“.

athāṣṭamo ‘dhyāyaḥ – akṣara-brahma-yogaḥ

8. Kapitel: Der Yoga des unzerstörbaren Brahman

Gita 8.1

arjuna uvāca |

kiṁ tad-brahma kim adhyātmaṁ kiṁ karma puruṣottama |

adhibhūtaṁ ca kiṁ proktam adhidaivaṁ kim ucyate ||1||

1. Arjuna sprach:
Was bedeutet tad brahman (das Absolute), was ist adhyātma (das Selbst), und was ist karma (das Handeln), O Purushottama? Und was wird als adhibhūta bezeichnet und was als adhidaiva (als erschaffener und als göttlicher Bereich)?

Gita 8.2

adhiyajñaḥ kathaṁ ko ‚tra dehe 'smin madhusūdana |

prayāṇa-kāle ca kathaṁ jñeyo 'si niyatātmabhiḥ ||2||

2. Was bedeutet adhiyajña in diesem Körper, O Madhusudana? Und wie kannst Du im entscheidenden Augenblick des Hinscheidens vom körperlichen Sein von dem erkannt werden, der selbstbeherrscht ist?

Gita 8.3

śrī bhagavān uvāca |

akṣaraṁ brahma paramaṁ svabhāvo 'dhyātmam ucyate |

bhūta-bhāvodbhava-karo visargaḥ karma-saṁjñitaḥ ||3||

3. Der Erhabene sprach:
Akshara ist der erhabene Brahman: svabhāva (Wesensart) wird adhyātma genannt; Karma ist der Name, der dem Schöpfungsablauf, visargaḥ, gegeben wird, der alle Wesen und ihre subjektiven und objektiven Zustandsformen ins Dasein ruft.

Gita 8.4

adhibhūtaṁ kṣaro bhāvaḥ puruṣaś cādhidaivatam |

adhiyajño 'ham evātra dehe deha-bhṛtāṁ vara ||4||

4. Adhibhūta ist kṣaro bhāva (die veränderliche Natur), adhidaiva ist der Purusha. Ich selbst bin der Herr des Opfers, adhiyajña, hier in diesem Körper, O Bester der verkörperten Wesen.

Gita 8.5

anta-kāle ca mām eva smaran muktvā kalevaram |

yaḥ prayāti sa mad-bhāvaṁ yāti nāsty atra saṁśayaḥ ||5||

5. Wer seinen Körper verlässt und zur Zeit seines Endes im Gedenken an Mich weitergeht, erlangt Mein bhāva (das des Purushottama, Meinen Wesenszustand). Daran gibt es keinen Zweifel.

Gita 8.6

yaṁ yaṁ vāpi smaran bhāvaṁ tyajaty ante kalevaram |

taṁ tam evaiti kaunteya sadā tad-bhāva-bhāvitaḥ ||6||

6. Wer jedoch am Ende den Körper aufgibt und dabei an irgendeine Gestaltung des Seins denkt, der erlangt jene Gestalt, O Kaunteya, zu dem die Seele während ihres körperlichen Lebens innerlich herangewachsen war.

Gita 8.7

tasmāt sarveṣu kāleṣu mām anusmara yudhya ca |

mayy arpita-mano buddhir mām evaiṣyasy asaṁśayaḥ ||7||

7. Darum gedenke Meiner zu allen Zeiten und kämpfe! Denn wenn dein Gemüt und dein Verstand immer fest auf Mich gerichtet und an Mich hingegeben sind, wirst du sicher zu Mir gelangen.

Gita 8.8

abhyāsa-yoga-yuktena cetasā nānya-gāminā |

paramaṁ puruṣaṁ divyaṁ yāti pārthānucintayan ||8||

8. Denn wenn man immer seiner gedenkt mit einem Bewusstsein, das in einem unentwegten Yoga von ständiger Praxis mit ihm vereint ist, dann, O Partha, gelangt man zum göttlichen und erhabenen Purusha.

Gita 8.9-10

kaviṁ purāṇam anuśāsitāram aṇor aṇīyāṁsam anusmared yaḥ |

sarvasya dhātāram acintya-rūpam āditya-varṇaṁ tamasaḥ parastāt ||9||

prayāṇa-kāle manasā'calena bhaktyā yukto yoga-balena caiva |

bhruvor madhye prāṇam āveśya samyak sa taṁ paraṁ puruṣam upaiti divyam ||10||

9.-10. Dies erhabene Selbst ist der Seher, der Uralte der Tage, feiner als das Feinst-Stoffliche und (in der Schau und Weisheit seines ewigen Selbsts) der Meister und Gebieter allen Seins. Alle Dinge, die sind, setzt er in seinem Wesen an ihren rechten Ort. Unvorstellbar ist seine Gestalt. Er ist strahlend wie die Sonne jenseits von Dunkelheit. Wer zur Zeit seines Abscheidens an diesen Purusha mit unbewegtem Mental denkt, in seiner Seele gewappnet mit der Kraft des Yoga, in Bhakti eins geworden ist mit Gott und die Lebenskraft völlig emporgezogen hat und zwischen den Augenbrauen, dem Ort der mystischen Schau, konzentriert, er gelangt zu diesem höchsten, göttlichen Purusha.

Gita 8.11

yad akṣaraṁ veda-vido vadanti viśanti yad yatayo vīta-rāgāḥ |

yad icchanto brahmacaryaṁ caranti tat te padaṁ saṅgraheṇa pravakṣye ||11||

11. Diese erhabene Seele ist der unwandelbare, selbst-seiende Brahman, von dem die Veda-Kenner sprechen. Und er ist es, zu dem die Asketen eingehen, wenn sie die Neigungen ihres sterblichen Mentals hinter sich gelassen haben. Aus Verlangen nach ihm praktizieren sie die Kontrolle über die körperlichen Leidenschaften. Diesen Zustand will Ich dir jetzt in Kürze beschreiben.

Gita 8.12-13

sarva-dvārāṇi saṁyamya mano hṛdi-nirudhya ca |

mūrdhny ādhāyātmanaḥ prāṇam āsthito yoga-dhāraṇām ||12||

oṁ ity ekākṣaraṁ brahma-vyāharan mām anusmaran |

yaḥ prayāti tyajan dehaṁ sa yāti paramāṁ gatim ||13||

12.-13. Wer alle Tore der Sinne verschlossen, das mentale Bewusstsein ganz in das Herz zurückgezogen, die Lebenskraft aus ihren diffusen Abläufen emporgenommen hat in das Haupt, die Intelligenz im Aussprechen der heiligen Silbe OM konzentriert und sein begreifendes Denken in der Erinnerung an die erhabene Gottheit, wer so seinen Körper aufgibt und weitergeht, gelangt zum höchsten Zustand.

Gita 8.14

ananya-cetāḥ satataṁ yo māṁ smarati nityaśaḥ |

tasyāhaṁ sulabhaḥ pārtha nitya-yuktasya yoginaḥ ||14||

14. Der Yogin, O Partha, der sich Meiner ständig erinnert, der an niemand anderen denkt, der mit Mir im andauernden Einssein ist, findet es leichter, zu Mir zu gelangen.

Gita 8.15

mām upetya punar janma duḥkhālayam aśāśvatam |

nāpnuvanti mahātmānaḥ saṁsiddhiṁ paramāṁ gatāḥ ||15||

15. Wenn diese großen Seelen zu Mir gekommen sind, kehren sie nicht wieder in die Geburt zurück, in den vergänglichen, leidvollen Zustand unseres sterblichen Wesens. Sie erreichen die höchste Vollkommenheit.

Gita 8.16

ābrahma-bhuvanāl lokāḥ punar āvartino 'rjuna |

mām upetya tu kaunteya punar janma na vidyate ||16||

16. Die höchsten Himmel des kosmischen Plans sind noch der Rückkehr zur Wiedergeburt unterworfen. Jedoch wird keine Wiedergeburt jener Seele auferlegt, O Kaunteya, die zu Mir (dem Purushottama) kommt.

Gita 8.17

sahasra-yuga-paryantam ahar yad brahmaṇo viduḥ |

rātriṁ yuga-sahasrāntāṁ te 'ho-rātra-vido janāḥ ||17||

17. Jene, die einen Tag des Brahman, der eine Dauer von tausend Zeitaltern (Yugas) hat, und die Nacht, die tausend Zeitalter umschließt, kennen, sind die Kenner von Tag und Nacht.

Gita 8.18

avyaktād vyaktayaḥ sarvāḥ prabhavanty ahar-āgame |

rātry-āgame pralīyante tatraivāvyakta-saṁjñake ||18||

18. Beim Anbruch des Tages werden alle Manifestationen aus dem Nicht-Manifestierten heraus ins Dasein geboren. Beim Anbruch der Nacht vergehen sie alle oder werden in sie aufgelöst.

Gita 8.19

bhūta-grāmaḥ sa evāyaṁ bhūtvā bhūtvā pralīyate |

rātry-āgame 'vaśaḥ pārtha prabhavaty ahar-āgame ||19||

19. Diese Vielzahl von Daseinsformen tritt wieder und wieder hilflos in das Werden ein, wird zunichte gemacht mit dem Anbruch der Nacht, O Partha, und wird wieder ins Dasein geboren mit dem Beginn des Tages.

Gita 8.20

paras tasmāt tu bhāvo ‚nyo 'vyakto 'vyaktāt sanātanaḥ |

yaḥ sa sarveṣu bhūteṣu naśyatsu na vinaśyati ||20||

20. Aber dies Nicht-Manifestierte ist nicht die ursprüngliche Göttlichkeit des Seins. Es gibt noch einen anderen Zustand seines Daseins, einen supra-kosmisch Unmanifestierten, jenseits dieser kosmischen Nicht-Manifestation (der ewig in sich selbst ruht, kein Gegensatz zu diesem kosmischen Zustand der Offenbarung ist, aber weit darüber steht und, ihm ungleich, unveränderlich ist und ewig), der nicht gezwungen ist, zugrunde zu gehen mit dem Untergang all dieser Daseinsformen.

Gita 8.21

avyakto 'kṣara ity uktas tam āhuḥ paramāṁ gatim |

yaṁ prāpya na nivartante tad dhāma paramaṁ mama ||21||

21. Dieser Zustand wird der Ungeoffenbarte, Unwandelbare genannt. Von ihm sprechen sie als von der erhabenen Seele und vom höchsten Zustand. Wer diesen erlangt, kehrt nicht zurück. Er ist Mein erhabener Ort im Sein.

Gita 8.22

puruṣaḥ sa paraḥ pārtha bhaktyā labhyas tv ananyayā |

yasyāntaḥsthāni bhūtāni yena sarvam idaṁ tatam ||22||

22. Aber jener erhabene Purusha kann nur durch ein Bhakti gewonnen werden, das sich allein ihm zuwendet, in dem alle Wesen sind und durch den diese ganze Welt im Raum ausgebreitet wurde.

Gita 8.23

yatra kāle tv anāvṛttim āvṛttiṁ caiva yoginaḥ |

prayātā yānti taṁ kālaṁ vakṣyāmi bharatarṣabha ||23||

23. Jene Zeit will Ich dir noch erklären, O Bester der Bharatas, in der abscheidende Yogins nicht mehr zurückkehren, und auch jene, in der Yogins, die darin scheiden, wieder zurückkommen.

Gita 8.24-25

agnir jyotir ahaḥ śuklaḥ ṣaṇ-māsā uttarāyaṇam |

tatra prayātā gacchanti brahma brahma-vido janāḥ ||24||

dhūmo rātris tathā kṛṣṇaḥ ṣaṇ-māsā dakṣiṇāyanam |

tatra cāndramasaṁ jyotir yogī prāpya nivartate ||25||

24.-25. Diese Zeiten entsprechen den Gegensätzen von Feuer und Licht, Rauch und Nebel, Tag und Nacht, der hellen Hälfte des Mond-Monats und der dunklen, dem nördlichen und dem südlichen Wendekreis. Während des ersten von den Gegensatz-Paaren gehen die Kenner Brahmans in Brahman ein. Aber während des zweiten gelangt der Yogin in das „Mond-Licht“ und kehrt darum wieder in die menschliche Geburt zurück.

Gita 8.26

śukla-kṛṣṇe gatī hy ete jagataḥ śāśvate mate |

ekayā yāty anāvṛttim anyayāvartate punaḥ ||26||

26. Es sind die hellen und die dunklen Pfade (in den Upanishaden werden sie der „Pfad der Götter“ und der „Pfad der Väter“ genannt). Den einen nimmt jener, der nicht mehr zurückkehrt; den anderen der, der wiederkehrt.

Gita 8.27

naite sṛtī pārtha jānan yogī muhyati kaścana |

tasmāt sarveṣu kāleṣu yoga-yukto bhavārjuna ||27||

27. Der Yogin, der sie kennt, wird nicht in die Irre geführt. Darum, O Arjuna, sei zu allen Zeiten im Yoga.

Gita 8.28

vedeṣu yajñeṣu tapaḥsu caiva dāneṣu yat puṇya-phalaṁ pradiṣṭam |

atyeti tat sarvam idaṁ viditvā yogī paraṁ sthānam upaiti cādyam ||28||

28. Wenn der Yogin dies weiß, lässt er die Frucht aller verdienstlichen Werke, die in den Veden genannt werden, der Opfer, der Verzichtleistungen und wohltätigen Gaben, weit hinter sich und gelangt zum höchsten und ewigen Zustand.


oṃ tat sat iti śrīmadbhagavadgītāsūpaniṣatsu brahmavidyāyāṃ yogaśāstre śrī-kṛṣṇārjunasaṃvāde akṣara-brahma-yogo nāmāṣṭamo 'dhyāyaḥ

Om tat sat. So endet in der vom Herrn gesungenen Upanishad, der Wissenschaft von Brahman, der Schrift vom Yoga und dem Dialog zwischen Sri Krishna und Arjuna das achte Kapitel mit dem Titel „Der Yoga des unzerstörbaren Brahman“.

atha navamo ‘dhyāyaḥ – rāja-vidyā-rāja-guhya-yogaḥ

9. Kapitel: Der Yoga des Königs-Wissens und des Königs-Geheimnisses

Gita 9.1

śrī bhagavān uvāca |

idaṁ tu te guhyatamaṁ pravakṣyāmy anasūyave |

jñānaṁ vijñāna-sahitaṁ yaj jñātvā mokṣyase 'śubhāt ||1||

1. Der Erhabene sprach:
Was Ich dir nun mitteilen will, da du kein Nörgler bist, ist das Geheimste, das essentielle Wissen, das mit allumfassender Erkenntnis verbunden ist. Wenn du dies weißt, wirst du vom Übel befreit werden.

Gita 9.2

rāja-vidyā rāja-guhyaṁ pavitram idam uttamam |

pratyakṣāvagamaṁ dharmyaṁ susukhaṁ kartum avyayam ||2||

2. Dies ist das Königs-Wissen, das Königs-Geheimnis (die Weisheit aller Weisheiten, das Geheimnis aller Geheimnisse). Es ist ein reines und erhabenes Licht, das man durch unmittelbare spirituelle Erfahrung nachprüfen kann. Es ist das rechte und wahrhaftige Wissen, das wirkliche Gesetz des Seins. Es ist leicht zu verwirklichen und unvergänglich.

Gita 9.3

aśraddadhānāḥ puruṣā dharmasyāsya parantapa |

aprāpya māṁ nivartante mṛtyu-saṁsāra-vartmani ||3||

3. (Aber Glaube ist nötig.) Die Seele, die es nicht fertigbringt, Glauben an die höhere Wahrheit und an das höhere Gesetz aufzubringen, O Parantapa, und nicht zu Mir gelangt, diese Seele muss wieder auf den Pfad des gewöhnlichen sterblichen Lebens zurückkehren (dem Tod, dem Irrtum und dem Übel unterworfen).

Gita 9.4

mayā tatam idaṁ sarvaṁ jagad avyakta-mūrtinā |

mat-sthāni sarva-bhūtāni na cāhaṁ teṣv avasthitaḥ ||4||

4. Durch Mich ist dieses ganze Universum in dem unbeschreiblichen Mysterium Meines Wesens ausgebreitet worden. Alle Daseinsformen haben ihren Stand in Mir, nicht Ich in ihnen.

Gita 9.5

na ca mat-sthāni bhūtāni paśya me yogam aiśvaram |

bhūta-bhṛn na ca bhūta-stho mamātmā bhūta-bhāvanaḥ ||5||

5. Und doch haben alle Daseinsformen ihren Stand auch wieder nicht in Mir – verstehe Meinen göttlichen Yoga richtig! Es ist Mein Selbst, das alle Wesen trägt und deren Dasein begründet.

Gita 9.6

yathākāśa-sthito nityaṁ vāyuḥ sarvatra-go mahān |

tathā sarvāṇi bhūtāni mat-sthānīty upadhāraya ||6||

6. Ebenso wie das weite, überall eindringende Prinzip der Luft im Prinzip des Äthers wohnt, so wohnen alle Daseinsformen in Mir. So musst du dies verstehen!

Gita 9.7

sarva-bhūtāni kaunteya prakṛtiṁ yānti māmikām |

kalpa-kṣaye punas tāni kalpādau visṛjāmy aham ||7||

7. Alle Daseinsformen, O Kaunteya, kehren am Ende eines Zyklus in Meine göttliche Natur zurück (aus den Aktivitäten der Natur in deren Unbeweglichkeit und Schweigen). Mit Beginn eines neuen Zyklus lasse Ich sie wieder aus Mir hervorgehen.

Gita 9.8

prakṛtiṁ svām avaṣṭabhya visṛjāmi punaḥ punaḥ |

bhūta-grāmam imaṁ kṛtsnam avaśaṁ prakṛter vaśāt ||8||

8. Indem Ich Mich mit allem Nachdruck auf Meine eigene Natur (Prakriti) stütze, erschaffe Ich diese Vielfalt von Daseinsformen (lasse Ich sie in ein unterschiedliches Dasein hervorgehen), die hilflos der Herrschaft der Natur unterworfen sind.

Gita 9.9

na ca māṁ tāni karmāṇi nibadhnanti dhanañjaya |

udāsīnavad āsīnam asaktaṁ teṣu karmasu ||9||

9. Aber dies Wirken bindet Mich nicht, O Dhananjaya, denn Ich sitze wie unbeteiligt darüber, ohne dass Ich an diese Aktionen gebunden wäre.

Gita 9.10

mayādhyakṣeṇa prakṛtiḥ sūyate sa-carācaram |

hetunānena kaunteya jagad viparivartate ||10||

10. Ich bin der führende Herrscher über das eigene Wirken Meiner Natur, (nicht ein Geist, der in ihr geboren wurde, sondern) der schöpferische Geist, der sie veranlasst, all das hervorzubringen, was in der Manifestation erscheint. Aus diesem Grund, O Kaunteya, schreitet die Welt in Zyklen fort.

Gita 9.11

avajānanti māṁ mūḍhā mānuṣīṁ tanum āśritam |

paraṁ bhāvam ajānanto mama bhūta-maheśvaram ||11||

11. Irregeführte Gemüter missachten Mich, der Ich im menschlichen Körper wohne, denn sie erkennen Meine erhabene Wesens-Natur nicht, den Herrn aller Daseinsformen.

Gita 9.12

moghāśā mogha-karmāṇo mogha-jñānā vicetasaḥ |

rākṣasīm āsurīṁ caiva prakṛtiṁ mohinīṁ śritāḥ ||12||

12. All ihr Hoffen, Handeln und Wissen sind eitle Dinge. Sie sind in der Natur der Rakshasa und Asura daheim, die den Willen und die Intelligenz irreleiten.

Gita 9.13

mahātmānas tu māṁ pārtha daivīṁ prakṛtim āśritāḥ |

bhajanty ananya-manaso jñātvā bhūtādim avyayam ||13||

13. Aber die großen Seelen, O Partha, die in der göttlichen Natur daheim sind, erkennen Mich (die Gottheit, die im menschlichen Körper ihren Sitz hat) als den Unvergänglichen, in dem alle Daseinsformen ihren Ursprung haben. So wissend, wenden sie sich zu Mir mit ganzer und vollkommener Liebe.

Gita 9.14

satataṁ kīrtayanto māṁ yatantaś ca dṛḍha-vratāḥ |

namasyantaś ca māṁ bhaktyā nitya-yuktā upāsate ||14||

14. Sie verehren Mich ewig im Yoga, indem sie Mich stets anbeten, in ihrem spirituellen Bemühen standfest verharren und sich vor Mir mit Hingabe verneigen.

Gita 9.15

jñāna-yajñena cāpy anye yajanto mām upāsate |

ekatvena pṛthaktvena bahudhā viśvato-mukham ||15||

15. Auch andere Menschen spüren Mich auf durch das Opfer des Wissens. Sie verehren Mich in Meinem Einssein, in jedem gesonderten Wesen und in all Meinen Millionen universalen Gesichtern (mit denen Ich ihnen in der Welt und in deren Geschöpfen gegenübertrete).

Gita 9.16

ahaṁ kratur ahaṁ yajñaḥ svadhāham aham auṣadham |

mantro 'ham aham evājyam aham agnir ahaṁ hutam ||16||

16. Ich bin die Opferhandlung. Ich bin das Opfer. Ich bin die Opferspeise. Ich bin das Feuer spendende Kraut. Ich bin das Mantra und Ich bin die Butter. Ich bin die Flamme und die Opfergabe bin Ich.

Gita 9.17-18

pitāham asya jagato mātā dhātā pitāmahaḥ |

vedyaṁ pavitram oṁkāra ṛk sāma yajur eva ca ||17||

gatir bhartā prabhuḥ sākṣī nivāsaḥ śaraṇaṁ suhṛt |

prabhavaḥ pralayaḥ sthānaṁ nidhānaṁ bījam avyayam ||18||

17.-18. Ich bin der Vater dieser Welt und auch die Mutter. Ich bin ihr Ordner und ihr erster Schöpfer. Ich bin der Gegenstand des Wissens, die heilige Silbe OM und ebenso die drei Veden Rik, Sama und Yajur. Ich bin der Weg und das Ziel, der Erhalter, der Meister und der Zeuge, Haus und Land, Zuflucht und gütiger Freund. Ich bin Geburt, Bestand und Vernichtung des sichtbar gewordenen Seins. Ich bin der unzerstörbare Samen aller und ihr ewiger Ruheort.

Gita 9.19

tapāmy aham ahaṁ varṣaṁ nigṛhṇāmy utsṛjāmi ca |

amṛtaṁ caiva mṛtyuś ca sad asac cāham arjuna ||19||

19. Ich spende die Wärme. Ich halte den Regen zurück und schicke ihn wieder. Ich bin die Unsterblichkeit und auch der Tod, seiend und nicht-seiend, O Arjuna.

Gita 9.20

trai-vidyā māṁ soma-pāḥ pūta-pāpā yajñair iṣṭvā svargatiṁ prārthayante |

te puṇyam āsādya surendra-lokam aśnanti divyān divi deva-bhogān ||20||

20. Von Mir erbeten jene den Weg zum Himmel, die den dreifachen Veda kennen, den Soma-Wein trinken, sich von der Sünde reinigen und Mich durch Opfer verehren. Wenn sie durch ihre Rechtschaffenheit zu den himmlischen Welten emporgestiegen sind, erfreuen sie sich im Paradies der heiligen Feste der Götter.

Gita 9.21

te taṁ bhuktvā svarga-lokaṁ viśālaṁ kṣīṇe puṇye martya-lokaṁ viśanti |

evaṁ trayī-dharmam anuprapannā gatāgataṁ kāma-kāmā labhante ||21||

21. Nachdem sie die himmlischen Welten der Glückseligkeit genossen haben und der Lohn für ihre guten Werke aufgezehrt ist, kehren sie wieder in das sterbliche Dasein zurück. Da sie sich an die Tugenden halten, die durch die drei Veden eingeschärft werden, und die Befriedigung ihres Begehrens suchen, folgen sie dem Zyklus von Geburt und Tod.

Gita 9.22

ananyāś cintayanto māṁ ye janāḥ paryupāsate |

teṣāṁ nityābhiyuktānāṁ yoga-kṣemaṁ vahāmy aham ||22||

22. Zu jenen Menschen, die Mich anbeten und dabei zum einzigen Gegenstand ihres Denkens machen, zu ihnen, die beständig im Yoga mit Mir geeint sind, bringe Ich von selbst jegliches Gute.

Gita 9.23

ye 'py anya-devatā-bhaktā yajante śraddhayānvitāḥ |

te 'pi mām eva kaunteya yajanty avidhi-pūrvakam ||23||

23. Selbst jene, die anderen Gottheiten hingebungsvoll und gläubig opfern, auch sie opfern Mir, O Sohn der Kunti, wenn auch nicht im Einklang mit dem wahren Gesetz.

Gita 9.24

ahaṁ hi sarva-yajñānāṁ bhoktā ca prabhur eva ca |

na tu mām abhijānanti tattvenātaś cyavanti te ||24||

24. Ich selbst bin es, der sich aller Opfer erfreut, und bin der Herr aller Opfer. Aber sie erkennen Mich nicht wahrheitsgemäß und fallen darum (zurück in den Zyklus von Geburt und Tod, d.Ü.).

Gita 9.25

yānti deva-vratā devān pitṝn yānti pitṛ-vratāḥ |

bhūtāni yānti bhūtejyā yānti mad-yājino 'pi mām ||25||

25. Jene, die die Götter verehren, gehen hin zu den Göttern. Zu den (vergöttlichten) Ahnen gehen die Ahnen-Verehrer. Zu den Elementargeistern gehen jene, die den Elementargeistern opfern. Aber die Mich verehren, kommen zu Mir.

Gita 9.26

patraṁ puṣpaṁ phalaṁ toyaṁ yo me bhaktyā prayacchati |

tad ahaṁ bhakty-upahṛtam aśnāmi prayatātmanaḥ ||26||

26. Wer Mir mit Hingabe ein Blatt darbringt, eine Blume, eine Frucht oder einen Becher Wasser –, willkommen ist Mir das mit Liebe gegebene Opfer der strebenden Seele.

Gita 9.27

yat karoṣi yad aśnāsi yaj juhoṣi dadāsi yat |

yat tapasyasi kaunteya tat kuruṣva mad arpaṇam ||27||

27. Was du auch immer tust, woran du auch immer Freude hast, was du auch immer opferst, was du auch immer gibst, welche Energie der tapasyā, welches Wollen und Bemühen der Seele du auch aufbringst –, mache es zu einer Darbringung an Mich.

Gita 9.28

śubhāśubha-phalair evaṁ mokṣyase karma-bandhanaiḥ |

sannyāsa-yoga-yuktātmā vimukto mām upaiṣyasi ||28||

28. Auf diese Weise sollst du befreit werden von guten und bösen Ergebnissen, die die Fesseln des Wirkens begründen. Wenn deine Seele durch solche Entsagung im Einssein mit dem Göttlichen ist, wirst du frei werden und zu Mir gelangen.

Gita 9.29

samo 'haṁ sarva-bhūteṣu na me dveṣyo 'sti na priyaḥ |

ye bhajanti tu māṁ bhaktyā mayi te teṣu cāpy aham ||29||

29. Ich (der Ewige Innewohnende) bin der Gleiche in allen Daseinsformen. Keine ist Mir lieb und keine verhasst. Jene aber, die sich mit Liebe und Hingabe Mir zuwenden, die sind in Mir, und Ich bin auch in ihnen.

Gita 9.30

api cet sudurācāro bhajate mām ananya-bhāk |

sādhur eva sa mantavyaḥ samyag vyavasito hi saḥ ||30||

30. Und selbst ein Mensch mit schlechter Lebensführung, der sich mit einziger und ganzer Liebe Mir zuwendet, muss nun als Heiliger gelten. Denn sein entschlossener Wille zur Bemühung ist der rechte und vollkommene Wille.

Gita 9.31

kṣipraṁ bhavati dharmātmā śaśvac-chāntiṁ nigacchati |

kaunteya pratijānīhi na me bhaktaḥ praṇaśyati ||31||

31. Rasch wird er zu einer Seele der Rechtschaffenheit und erlangt den ewigen Frieden. Dies ist Mein Wort der Verheißung, O Arjuna: Wer Mich liebt, wird nicht zugrunde gehen.

Gita 9.32

māṁ hi pārtha vyapāśritya ye 'pi syuḥ pāpa-yonayaḥ |

striyo vaiśyās tathā śūdrās te 'pi yānti parāṁ gatiṁ ||32||

32. Die ihre Zuflucht zu Mir nehmen, O Partha, auch wenn sie Kastenlose sind, aus sündigem Schoß geboren, Frauen, Vaishyas, selbst Shudras –, auch sie gelangen zum höchsten Ziel.

Gita 9.33

kiṁ punar brāhmaṇāḥ puṇyā bhaktā rājarṣayas tathā |

anityam asukhaṁ lokam imaṁ prāpya bhajasva mām ||33||

33. Um wie viel eher dann die heiligen Brahmanen, die Frommen und Königs-Weisen! Du nun, der du in diese vergängliche und unglückliche Welt gekommen bist, liebe Mich und wende dich Mir zu!

Gita 9.34

man-manā bhava mad-bhakto mad-yājī māṁ namaskuru |

mām evaiṣyasi yuktvaivam ātmānaṁ mat-parāyaṇaḥ ||34||

34. Werde Mir zugeneigt, Mein Liebender und Verehrender, ein Mir Opfernder, unterwerfe dich Mir. So im Selbst mit Mir geeint, wirst du zu Mir gelangen, da du Mich als dein höchstes Ziel hast.


oṃ tat sat iti śrīmadbhagavadgītāsūpaniṣatsu brahmavidyāyāṃ yogaśāstre śrī-kṛṣṇārjunasaṃvāde rājavidyārājaguhyayogo nāma navamo 'dhyāyaḥ

Om tat sat. So endet in der vom Herrn gesungenen Upanishad, der Wissenschaft von Brahman, der Schrift vom Yoga und dem Dialog zwischen Sri Krishna und Arjuna das neunte Kapitel mit dem Titel „Der Yoga des Königs-Wissens und des Königs-Geheimnisses“.

atha daśamo ‘dhyāyaḥ – vibhūti-yogaḥ

10. Kapitel: Vibhuti Yoga

Gita 10.1

śrī bhagavān uvāca |

bhūya eva mahā-bāho śṛṇu me paramaṁ vacaḥ |

yat te 'haṁ prīyamāṇāya vakṣyāmi hita-kāmyayā ||1||

1. Der Erhabene sprach:
Vernimm noch einmal, O Starkarmiger, Mein höchstes Wort, das Ich zu dir sprechen will, da Mir das Wohl deiner Seele am Herzen liegt, wie nun dein Herz seine Freude in Mir findet.

Gita 10.2

na me viduḥ sura-gaṇāḥ prabhavaṁ na maharṣayaḥ |

aham ādir hi devānāṁ maharṣīṇāṁ ca sarvaśaḥ ||2||

2. Keiner der Götter und keiner der großen Rishis kennt eine Geburt von Mir. Denn Ich bin in jeder Beziehung und auf jede Weise der Ursprung der Götter und der großen Rishis.

Gita 10.3

yo mām ajam anādiṁ ca vetti loka-maheśvaram |

asammūḍhaḥ sa martyeṣu sarva-pāpaiḥ pramucyate ||3||

3. Wer Mich jedoch erkennt und von Mir weiß als dem Ungeborenen, ohne Ursprung, dem mächtigen Herrn der Welten und der Völker, lebt ohne Verwirrung unter den Sterblichen und wird befreit von aller Sünde und allem Übel.

Gita 10.4-5

buddhir jñānam asaṁmohaḥ kṣamā satyaṁ damaḥ śamaḥ |

sukhaṁ duḥkhaṁ bhavo ‚bhāvo bhayaṁ cābhayam eva ca ||4||

ahiṁsā samatā tuṣṭis tapo dānaṁ yaśo 'yaśaḥ |

bhavanti bhāvā bhūtānāṁ matta eva pṛthag-vidhāḥ ||5||

4.-5. Verstehen und Wissen und Freiheit von Verwirrung durch Unwissenheit, Vergebung und Wahrheit und Selbstbeherrschung und die Ruhe innerer Kontrolle, Kummer und Freude, das Eintreten in das Dasein und dessen Vernichtung, Furcht und Furchtlosigkeit, Ehre und Unehre, Nichtverletzen und Gleichmut, Zufriedenheit, Genügsamkeit und Geben –, sie alle hier in ihrer getrennten Mannigfaltigkeit sind subjektive Werdeformen des Seienden und sie alle gehen aus Mir hervor.

Gita 10.6

maharṣayaḥ sapta pūrve catvāro manavas tathā |

mad-bhāvā mānasā jātā yeṣāṁ loka imāḥ prajāḥ ||6||

6. Die großen Rishis, die sieben Ahnen der Welt und auch die vier Manus sind Meine mentalen Werdeformen. Von ihnen stammen alle lebendigen Geschöpfe in der Welt.

Gita 10.7

etāṁ vibhūtiṁ yogaṁ ca mama yo vetti tattvataḥ |

so 'vikalpena yogena yujyate nātra saṁśayaḥ ||7||

7. Wer diese Meine alles durchwaltende Herrschaft und diesen Meinen Yoga erkennt, der eint sich ohne Zweifel selbst mit Mir durch den einen unerschütterlichen Yoga.

Gita 10.8

ahaṁ sarvasya prabhavo mattaḥ sarvaṁ pravartate |

iti matvā bhajante māṁ budhā bhāva-samanvitāḥ ||8||

8. Ich bin die Geburt aller Dinge, und aus Mir geht alles weiter in die Entfaltung von Handeln und Bewegung. Die Weisen, die so verstehen, verehren Mich mit dem Gefühl des Entzückens.

Gita 10.9

mac-cittā mad-gata-prāṇā bodhayantaḥ parasparam |

kathayantaś ca māṁ nityaṁ tuṣyanti ca ramanti ca ||9||

9. Ihr Bewusstsein von Mir erfüllt, ihr Leben völlig an Mich hingegeben, einander erleuchtend, wenn sie von Mir miteinander reden, so sind sie stets zufrieden und freudvoll.

Gita 10.10

teṣāṁ satata-yuktānāṁ bhajatāṁ prīti-pūrvakam |

dadāmi buddhi-yogaṁ taṁ yena mām upayānti te ||10||

10. Denen, die so in ständigem Einssein mit Mir sind und Mich mit dem innigen Entzücken der Liebe anbeten, verleihe Ich den Yoga des wahren Verstehens, durch den sie zu Mir gelangen.

Gita 10.11

teṣām evānukampārtham aham ajñāna-jaṁ tamaḥ |

nāśayāmy ātma-bhāvastho jñāna-dīpena bhāsvatā ||11||

11. Ich wohne in ihrem Selbst und vertreibe aus Mitleid mit ihnen die Finsternis, die in Unwissenheit ihren Ursprung hat, durch das strahlende Licht des Wissens.

Gita 10.12-13

arjuna uvāca |

paraṁ brahma paraṁ dhāma pavitraṁ paramaṁ bhavān |

puruṣaṁ śāśvataṁ divyam ādi-devam ajaṁ vibhum ||12||

āhus tvām ṛṣayaḥ sarve devarṣir nāradas tathā |

asito devalo vyāsaḥ svayaṁ caiva bravīṣi me ||13||

12.-13. Arjuna sprach:
Du bist der erhabene Brahman, die höchste Zuflucht, die äußerste Reinheit, das eine Bleibende, der göttliche Purusha, die ursprüngliche Gottheit, der Ungeborene, der alles durchwaltende Herr. Alle Rishis sagen dies von Dir und die göttlichen Seher Narada, Asita, Devala und Vyasa. Und Du selbst tust es mir kund.

Gita 10.14

sarvam etad ṛtaṁ manye yan māṁ vadasi keśava |

na hi te bhagavan vyaktiṁ vidur devā na dānavāḥ ||14||

14. Dies alles, was Du mir kundtust, O Keshava, hält mein Verstand für die Wahrheit. Weder die Götter noch die Titanen, O hochgepriesener Herr, erkennen Deine Manifestation.

Gita 10.15

svayam evātmanātmānaṁ vettha tvaṁ puruṣottama |

bhūta-bhāvana bhūteśa deva-deva jagat-pate ||15||

15. Du allein erkennst Dich selbst durch Dein Selbst, O Purushottama, Du Ursprung aller Wesen, Herr aller Geschöpfe, Gott aller Götter, Meister der Welt.

Gita 10.16

vaktum arhasy aśeṣeṇa divyā hy ātma-vibhūtayaḥ |

yābhir vibhūtibhir lokān imāṁs tvaṁ vyāpya tiṣṭhasi ||16||

16. All Deine göttlichen Selbst-Offenbarungen solltest Du mir ohne Ausnahme mitteilen, Deine Vibhutis, durch die Du diese Welten und Völker durchdringst.

Gita 10.17

kathaṁ vidyām ahaṁ yogiṁs tvāṁ sadā paricintayan |

keṣu keṣu ca bhāveṣu cintyo 'si bhagavan mayā ||17||

17. Wie werde ich Dich erkennen, O Yogin, wenn ich überall und immer an Dich denke, und in welchen hervorragenden Gestalten Deines Werdens soll ich Dich mir vergegenwärtigen, O Erhabener Herr?

Gita 10.18

vistareṇātmano yogaṁ vibhūtiṁ ca janārdana |

bhūyaḥ kathaya tṛptir hi śṛṇvato nāsti me 'mṛtam ||18||

18. Sprich zu mir in Einzelheiten über Deinen Yoga und von Deinen Vibhutis, O Janardana, und teile mir mehr davon mit! Nektar der Unsterblichkeit ist dies für mich. Und wenn ich auch noch so viel davon zu hören bekomme, so werde ich doch nicht übersättigt werden.

Gita 10.19

śrī bhagavān uvāca |

hanta te kathayiṣyāmi divyā hy ātma-vibhūtayaḥ |

prādhānyataḥ kuru-śreṣṭha nāsty anto vistarasya me ||19||

19. Der Erhabene sprach:
Ja, Ich will dir Meine göttlichen Vibhutis kundtun, O Bester der Kurus, jedoch nur in Gestalt einiger Meiner wichtigsten und hervorragendsten. Denn es gibt kein Ende der Einzelheiten Meiner Selbst-Entfaltung im Universum.

Gita 10.20

aham ātmā guḍākeśa sarva-bhūtāśaya-sthitaḥ |

aham ādiś ca madhyaṁ ca bhūtānām anta eva ca ||20||

20. Ich, O Gudakesha, bin das Selbst, das allen Wesen innewohnt. Ich bin Anfang, Mitte und Ende aller Wesen.

Gita 10.21

ādityānām ahaṁ viṣṇur jyotiṣāṁ ravir aṁśumān |

marīcir marutām asmi nakṣatrāṇām ahaṁ śaśī ||21||

21. Unter den Adityas [den vedischen Göttern] bin Ich Vishnu. Unter den Lichtern und allem Strahlenden bin Ich die leuchtende Sonne. Ich bin Marichi [der Regenwind] unter den Maruts [Winden]. Unter den Gestirnen bin Ich der Mond.

Gita 10.22

vedānāṁ sāma-vedo ‚smi devānām asmi vāsavaḥ |

indriyāṇāṁ manaś cāsmi bhūtānām asmi cetanā ||22||

22. Unter den Veden bin Ich der Sama-Veda. Unter den Göttern bin Ich Vasava. Das Mental bin Ich unter den Sinnen. In den lebenden Wesen bin Ich das Bewusstsein.

Gita 10.23

rudrāṇāṁ śaṅkaraś cāsmi vitteśo yakṣa-rakṣasām |

vasūnāṁ pāvakaś cāsmi meruḥ śikhariṇām aham ||23||

23. Ich bin Shiva unter den Rudras. Der Herr des Reichtums bin Ich unter den Yakshas und den Rakshasas [den Unholden]. Agni bin Ich unter den Vasus [Feuergöttern]. Und Meru bin Ich unter den Berggipfeln der Welt.

Gita 10.24

purodhasāṁ ca mukhyaṁ māṁ viddhi pārtha bṛhaspatim |

senānīnām ahaṁ skandaḥ sarasām asmi sāgaraḥ ||24||

24. Und erkenne, O Partha, Mich auch als Brihaspati, das Haupt der Hohepriester der Welt. Ich bin Skanda, der Kriegsgott, Führer aller Befehlshaber in der Schlacht. Unter den fließenden Gewässern bin Ich der Ozean.

Gita 10.25

maharṣīṇāṁ bhṛgur ahaṁ girām asmy ekam akṣaram |

yajñānāṁ japa-yajño ‚smi sthāvarāṇāṁ himālayaḥ ||25||

25. Ich bin Bhrigu unter den großen Rishis. Ich bin die heilige Silbe OM unter den Wörtern. Unter den Handlungen des Gottesdienstes bin Ich die Verehrung, die Japa genannt wird (die schweigende Wiederholung der heiligen Namen usw.). Unter den Gebirgszügen bin Ich der Himalaya.

Gita 10.26

aśvatthaḥ sarva-vṛkṣāṇāṁ devarṣīṇāṁ ca nāradaḥ |

gandharvāṇāṁ citrarathaḥ siddhāṇaṁ kapilo muniḥ ||26||

26. Ich bin der Aswattha[-Baum] unter allen Bäumen. Und Ich bin Narada unter den göttlichen Weisen, Chitraratha unter den Gandharvas [den Göttern des Tanzes], Muni Kapila unter den Siddhas [Vollkommenen].

Gita 10.27

uccaiḥśravasam aśvānāṁ viddhi mām amṛtodbhavam |

airāvataṁ gajendrāṇāṁ narāṇāṁ ca narādhipam ||27||

27. Erkenne Mich, Nektar-Geboren, als Uchchaishravas unter den Pferden, als Airavata unter den herrschaftlichen Elefanten und als den König der Menschen unter den Menschen.

Gita 10.28

āyudhānām ahaṁ vajraṁ dhenūnām asmi kāmadhuk |

prajanaś cāsmi kandarpaḥ sarpāṇām asmi vāsukiḥ ||28||

28. Ich bin der göttliche Donnerkeil unter den Waffen. Ich bin Kamadhuk, die Kuh der Fülle des Wohlstands, unter den Kühen. Kandarpa, der Liebesgott, bin Ich unter den Stammvätern. Unter den Schlangen bin Ich Vasuki.

Gita 10.29

anantaś cāsmi nāgānāṁ varuṇo yādasām aham |

pitṝṇām aryamā cāsmi yamaḥ saṁyamatām aham ||29||

29. Und Ich bin Ananta unter den Nagas (Kobras), Varuna unter den Völkern des Meeres, Aryaman unter den Vätern [vergöttlichte Vorfahren], Yama (Herr des Gesetzes) unter denen, die über Recht und Gesetz wachen.

Gita 10.30

prahlādaś cāsmi daityānāṁ kālaḥ kalayatām aham |

mṛgāṇāṁ ca mṛgendro ‚haṁ vainateyaś ca pakṣiṇām ||30||

30. Und Ich bin Prahlada unter den Titanen. Ich bin die Zeit unter denen, die rechnen und messen. Unter den Tieren bin Ich der König der Tiere, der Löwe, und Vainateya (Garuda) unter den Vögeln.

Gita 10.31

pavanaḥ pavatām asmi rāmaḥ śastra-bhṛtām aham |

jhaṣāṇāṁ makaraś cāsmi srotasām asmi jāhnavī ||31||

31. Ich bin der Wind unter den Reinigern. Ich bin Rama unter den Kriegern. Ich bin der Alligator unter den Fischen. Unter den Strömen bin Ich der Ganges.

Gita 10.32

sargāṇām ādir antaś ca madhyaṁ caivāham arjuna |

adhyātma-vidyā vidyānāṁ vādaḥ pravadatām aham ||32||

32. Von den Schöpfungen bin Ich der Anfang und das Ende sowie die Mitte, O Arjuna. Ich bin das spirituelle Wissen unter den vielen Philosophien, Künsten und Wissenschaften. Ich bin der Logiker unter den Diskutierenden.

Gita 10.33

akṣarāṇām akāro ‚smi dvandvaḥ sāmāsikasya ca |

aham evākṣayaḥ kālo dhātāhaṁ viśvato-mukhaḥ ||33||

33. Ich bin der Buchstabe A unter den Buchstaben, die Dualität unter den Verbindungen. Ich bin die unvergängliche Zeit. Ich bin der Meister und Herrscher über alle Daseinsformen, deren Antlitz überall sichtbar wird.

Gita 10.34

mṛtyuḥ sarva-haraś cāham udbhavaś ca bhaviṣyatām |

kīrtiḥ śrīr vāk ca nārīṇāṁ smṛtir medhā dhṛtiḥ kṣamā ||34||

34. Und Ich bin der alles dahinraffende Tod. Ebenso bin Ich die Geburt von allem, das ins Dasein tritt. Unter den weiblichen Eigenschaften bin Ich Glorie und Schönheit, Redekunst, Gedächtnis, Einsicht, Standhaftigkeit und Vergebung.

Gita 10.35

bṛhat-sāma tathā sāmnāṁ gāyatrī chandasām aham |

māsānāṁ mārga-śīrṣo ‚ham ṛtūnāṁ kusumākaraḥ ||35||

35. Ich bin auch das große Sama unter den Mantras, das Gayatri unter den Versmaßen. Unter den Monaten bin Ich Margasirsha, der erste der Monate. Ich bin der Frühling, die lieblichste Jahreszeit.

Gita 10.36

dyūtaṁ chalayatām asmi tejas tejasvinām aham |

jayo 'smi vyavasāyo ‚smi sattvaṁ sattvavatām aham ||36||

36. Ich bin beim Spiel die Raffinesse und die Stärke der Mächtigen. Ich bin Entschlossenheit, Beharrlichkeit und Sieg. Ich bin die sattwische Eigenschaft der Guten.

Gita 10.37

vṛṣṇīnāṁ vāsudevo ‚smi pāṇḍavānāṁ dhanañjayaḥ |

munīnām apy ahaṁ vyāsaḥ kavīnām uśanā kaviḥ ||37||

37. Ich bin Vasudeva (Krishna ) unter den Vrishnis, Dhananjaya (Arjuna) unter den Pandavas. Ich bin Vyasa unter den Weisen. Ich bin Ushanas unter den Seher-Dichtern.

Gita 10.38

daṇḍo damayatām asmi nītir asmi jigīṣatām |

maunaṁ caivāsmi guhyānāṁ jñānaṁ jñānavatām aham ||38||

38. Ich bin Herrschaft und Macht all derer, die regieren, bändigen und überwinden, und die Politik aller, die Erfolg haben und erobern. Ich bin das Schweigen der geheimen Dinge und das Wissen der Wissenden.

Gita 10.39

yac cāpi sarva-bhūtānāṁ bījaṁ tad aham arjuna |

na tad asti vinā yat syān mayā bhūtaṁ carācaram ||39||

39. Und was auch immer der Keim von allen Daseinsformen ist, O Arjuna, Ich bin der Keim. Nichts in der Welt, was sich regt oder regungslos ist, Belebtes oder Unbelebtes, kann ohne Mich existieren.

Gita 10.40

nānto 'sti mama divyānāṁ vibhūtīnāṁ parantapa |

eṣa tūddeśataḥ prokto vibhūter vistaro mayā ||40||

40. Es gibt für Meine göttlichen Vibhutis kein Aufzählen und keine Grenze, O Parantapa. Was Ich hier nannte, ist nicht mehr als eine knappe Darlegung, und Ich habe nur das Licht von ein paar grundlegenden Andeutungen gegeben.

Gita 10.41

yad yad vibhūtimat sattvaṁ śrīmad ūrjitam eva vā |

tat tad evāvagaccha tvaṁ mama tejo'ṁśa-sambhavam ||41||

41. Wenn immer du ein schönes und herrliches Geschöpf in der Welt erblickst, ein Wesen voll Macht und Stärke (bei den Menschen und in den Bereichen oberhalb des Menschen oder unter ihm), dann wisse: Gerade dies ist Herrlichkeit, Licht und Energie aus Mir, aus einem machtvollen Wesensteil und einer intensiven Kraft Meines Seins geboren.

Gita 10.42

athavā bahunaitena kim jñātena tavārjuna |

viṣṭabhyāham idaṁ kṛtsnam ekāṁśena sthito jagat ||42||

42. Doch wozu bedarf es noch einer Fülle von Einzelheiten, O Arjuna, damit du dies erkennst! Verstehe es also: Ich bin hier in dieser Welt und überall. Mit einem unendlich kleinen Teil Meines Selbsts trage und erhalte Ich dieses ganze Universum.


oṃ tat sat iti śrīmadbhagavadgītāsūpaniṣatsu brahmavidyāyāṃ yogaśāstre śrī-kṛṣṇārjunasaṃvāde vibhūtiyogo nāma daśamo 'dhyāyaḥ

Om tat sat. So endet in der vom Herrn gesungenen Upanishad, der Wissenschaft von Brahman, der Schrift vom Yoga und dem Dialog zwischen Sri Krishna und Arjuna das zehnte Kapitel mit dem Titel „Vibhuti Yoga“.

atha ekādaśo ‘dhyāyaḥ – viśva-rūpa-darśana-yogaḥ

11. Kapitel: Der Yoga der Schau der All-Gestalt

Gita 11.1

arjuna uvāca |

mad anugrahāya paramaṁ guhyam adhyātma-saṁjñitam |

yat tvayoktaṁ vacas tena moho 'yaṁ vigato mama ||1||

1. Arjuna sprach:
Aus Mitleid hast Du dies Wort vom tiefsten spirituellen Geheimnis des Seins zu mir gesprochen. Dadurch ist meine Verblendung aufgehoben.

Gita 11.2

bhavāpyayau hi bhūtānāṁ śrutau vistaraśo mayā |

tvattaḥ kamala-patrākṣa māhātmyam api cāvyayam ||2||

2. Über Entstehen und Vergehen der Daseinsformen habe ich nun ausführlich von Dir, O Lotosäugiger, gehört, und ebenso über die unvergängliche Größe der göttlichen Seele.

Gita 11.3

evam etad yathāttha tvam ātmānaṁ parameśvara |

draṣṭum icchāmi te rūpam aiśvaraṁ puruṣottama ||3||

3. So ist es, wie Du Dich selbst dargestellt hast, O Höchster Herr. Ich begehre nun, Deine göttliche Gestalt und Deinen göttlichen Körper zu erblicken, O Purushottama.

Gita 11.4

manyase yadi tac chakyaṁ mayā draṣṭum iti prabho |

yogeśvara tato me tvaṁ darśayātmānam avyayam ||4||

4. Wenn Du meinst, dass es von mir erkannt werden kann, O Herr, O Meister des Yoga, dann zeige mir Dein unvergängliches Selbst.

Gita 11.5

śrī bhagavān uvāca |

paśya me pārtha rūpāṇi śataśo 'tha sahasraśaḥ |

nānā-vidhāni divyāni nānā-varṇākṛtīni ca ||5||

5. Der Erhabene sprach:
Erblicke, O Partha, Meine hundert und tausend göttlichen Gestalten, verschieden nach Art, Form und Farbe.

Gita 11.6

paśyādityān vasūn rudrān aśvinau marutas tathā |

bahūny adṛṣṭa-pūrvāṇi paśyāścaryāṇi bhārata ||6||

6. Schaue die Adityas, die Vasus, die Rudras, die beiden Aswins und auch die Maruts. Betrachte die vielen wunderbaren Erscheinungen, die noch niemand gesehen hat, O Bharata (Arjuna).

Gita 11.7

ihaikasthaṁ jagat kṛtsnaṁ paśyādya sa-carācaram |

mama dehe guḍākeśa yac cānyad draṣṭum icchasi ||7||

7. Hier und heute soll dein Blick die ganze Welt umfassen mit allem Beweglichen und Unbeweglichen, O Gudakesha, das in Meinem Körper vereint ist, und was du sonst noch zu schauen begehrst.

Gita 11.8

na tu māṁ śakyase draṣṭum anenaiva sva-cakṣuṣā |

divyaṁ dadāmi te cakṣuḥ paśya me yogam aiśvaram ||8||

8. Was du sehen sollst, das kann dein menschliches Auge nicht fassen. Es gibt aber ein göttliches Auge (ein innerstes Schauen), und dieses Auge verleihe Ich dir jetzt. Erblicke Mich in Meinem göttlichen Yoga.

Gita 11.9

sañjaya uvāca |

evam uktvā tato rājan mahā-yogeśvaro hariḥ |

darśayāmāsa pārthāya paramaṁ rūpam aiśvaram ||9||

9. Sanjaya sprach:
Als Hari, der Meister des großen Yoga, so gesprochen hatte, O König, da zeigte er dem Partha seine erhabene Gestalt.

Gita 11.10-11

aneka-vaktra-nayanam anekādbhuta-darśanam |

aneka-divyābharaṇaṁ divyānekodyatāyudham ||10||

divya-mālyāmbara-dharaṁ divya-gandhānulepanam |

sarvāścaryamayaṁ devam anantaṁ viśvato-mukham ||11||

10.-11. Es ist die Gestalt der unendlichen Gottheit, deren Angesichter uns überall anblicken. Alle Wunder des Seins existieren in ihr. Unendlich vervielfältigt sie all die wunderbaren Offenbarungen des Seins, ein weltweites Gottwesen, das mit unzählbaren Augen sieht, aus unzähligen Mündern spricht, zum Kampf gewappnet ist mit zahllosen erhobenen göttlichen Waffen, herrlich erstrahlt im heiligen Schmuck der Schönheit, gekleidet ist in himmlischen Gewändern der Göttlichkeit, lieblich anzuschauen ist in den Girlanden aus göttlichen Blüten, duftend von überirdischen Wohlgerüchen.

Gita 11.12

divi sūrya-sahasrasya bhaved yugapad utthitā |

yadi bhāḥ sadṛśī sā syād bhāsas tasya mahātmanaḥ ||12||

12. So hell strahlt das Licht dieses göttlichen Körpers, als ob tausend Sonnen zugleich am Himmel aufgegangen wären.

Gita 11.13

tatraikasthaṁ jagat kṛtsnaṁ pravibhaktam anekadhā |

apaśyad deva-devasya śarīre pāṇḍavas tadā ||13||

13. Die ganze Welt, in ihre Vielfalt zerteilt und doch eine Einheit, wird sichtbar im Körper des Gottes der Götter. Arjuna erblickte ihn (den Gott, großartig, schön und schrecklich, den Herrn der Seelen, der in der Herrlichkeit und Erhabenheit seines Geistes diese wilde und schauerliche, diese geordnete und wundervolle, diese liebliche und schreckliche Welt hat sichtbar werden lassen).

Gita 11.14

tataḥ sa vismayāviṣṭo hṛṣṭa-romā dhanañjayaḥ |

praṇamya śirasā devaṁ kṛtāñjalir abhāṣata ||14||

14. Und überwältigt von Erstaunen, von Freude und von Furcht, beugt er sich tief zu Boden und huldigt dieser erschütternden Erscheinung mit ehrfurchtsvollen Worten und mit gefalteten Händen.

Gita 11.15

arjuna uvāca |

paśyāmi devāṁs tava deva dehe sarvāṁs tathā bhūta-viśeṣa-saṅghān |

brahmāṇam īśaṁ kamalāsana-stham ṛṣīṁś ca sarvān uragāṁś ca divyān ||15||

15. Arjuna sprach:
In Deinem Körper schaue ich all die Götter, O Gott, und die verschiedenen Scharen von Wesen: Brahman, den Schöpfergott, im Lotos sitzend, und die Rishis und das Volk der göttlichen Schlangen.

Gita 11.16

aneka-bāhūdara-vaktra-netraṁ paśyāmi tvāṁ sarvato 'nanta-rūpam |

nāntaṁ na madhyaṁ na punas tavādiṁ paśyāmi viśveśvara viśva-rūpa ||16||

16. Ich erblicke Arme und Körper, Augen und Münder, ich sehe Deine unendlichen Formen zu allen Seiten. Aber ich sehe weder Dein Ende noch Deine Mitte noch Deinen Anfang, O Herr des Weltalls, O allumfassende Gestalt.

Gita 11.17

kirīṭinam gadinaṁ cakriṇaṁ ca tejorāśiṁ sarvato dīptimantam |

paśyāmi tvāṁ durnirīkṣyaṁ samantād dīptānalārka-dyutim aprameyam ||17||

17. Ich sehe Dich mit Deiner Krone, mit Deinem Streitkolben und Deinem Diskus, kaum zu erkennen, denn Du bist eine leuchtende Masse von Energie zu allen Seiten von mir, eine Flammenglut, die mich einschließt, ein sonnenhelles, feuerglühendes Unermessliches.

Gita 11.18

tvam akṣaraṁ paramaṁ veditavyaṁ tvam asya viśvasya paraṁ nidhānam |

tvam avyayaḥ śāśvata-dharma-goptā sanātanas tvaṁ puruṣo mato me ||18||

18. Du bist der erhabene Unwandelbare, den wir erkennen müssen. Du bist das hohe Fundament und der hohe Wohnsitz des Universums. Du bist der unvergängliche Hüter der ewigen Gesetze. Du bist die immerwährende Seele des Seins.

Gita 11.19

anādi-madhyāntam ananta-vīryam ananta-bāhuṁ śaśi-sūrya-netram |

paśyāmi tvāṁ dīpta-hutāśa-vaktraṁ sva-tejasā viśvam idaṁ tapantam ||19||

19. Ich erblicke Dich als den ohne Anfang, Mitte und Ende von unendlicher Stärke, mit zahllosen Armen, Deine Augen sind Sonnen und Monde, Du hast ein Gesicht von flammendem Feuer und entzündest das ganze Weltall mit der Flamme Deiner Energie.

Gita 11.20

dyāv āpṛthivyor idam antaraṁ hi vyāptaṁ tvayaikena diśaś ca sarvāḥ |

dṛṣṭvādbhutaṁ rūpam ugraṁ tavedaṁ loka-trayaṁ pravyathitaṁ mahātman ||20||

20. Aller Raum zwischen Erde und Himmel wird von Dir allein ausgefüllt. Wenn diese Deine wilde und verblüffende Gestalt gesehen wird, winden sich alle drei Welten in Pein und Leiden, O Du mächtiger Geist.

Gita 11.21

amī hi tvāṁ sura-saṅghā viśanti kecid bhītāḥ prāñjalayo gṛṇanti |

svastīty uktvā maharṣi-siddha-saṅghāḥ stuvanti tvāṁ stutibhiḥ puṣkalābhiḥ ||21||

21. Die Scharen der Götter dringen in Dich ein, voll Angst und Anbetung. Die Rishis und die Siddhas, laut rufend „Lass Frieden walten und Glück“, preisen Dich mit vielen Hymnen.

Gita 11.22

rudrādityā vasavo ye ca sādhyā viśve 'śvinau marutaś coṣmapāś ca |

gandharva-yakṣāsura-siddha-saṅghā vīkṣante tvāṁ vismitāś caiva sarve ||22||

22. Die Rudras, Adityas, Vasus, Sadhyas, Vishvas, die beiden Aswins und die Maruts, die Ushmapas, die Gandharvas, die Yakshas und Asuras, die Siddhas, alle haben in erschrockenem Staunen ihre Augen auf Dich gerichtet.

Gita 11.23

rūpaṁ mahat te bahu-vaktra-netraṁ mahā-bāho bahu-bāhūru-pādam |

bahūdaraṁ bahu-daṁṣṭrā-karālaṁ dṛṣṭvā lokāḥ pravyathitās tathāham ||23||

23. Erschüttert und in Angst versetzt ist die Welt mit ihren Nationen, und auch ich bin es angesichts Deiner großen Gestalt mit den vielen Mündern und Augen, O Starkarmiger, den vielen Armen, Schenkeln, Füßen und Bäuchen, schrecklich anzusehen die vielen Zähne.

Gita 11.24

nabhaḥ spṛśaṁ dīptam aneka-varṇaṁ vyāttānanaṁ dīpta-viśāla-netram |

dṛṣṭvā hi tvāṁ pravyathitāntarātmā dhṛtiṁ na vindāmi śamaṁ ca viṣṇo ||24||

24. Ich erblicke Dich, O Vishnu, wie Du bis an den Himmel heranreichst, in vielen Farben erstrahlend, mit geöffneten Mündern und feurigen Augen. Beunruhigt und gequält ist die Seele in meinem Inneren, und ich finde keinen Frieden und keine Freude mehr.

Gita 11.25

daṁṣṭrā-karālāni ca te mukhāni dṛṣṭvaiva kālānala-sannibhāni |

diśo na jāne na labhe ca śarma prasīda deveśa jagan-nivāsa ||25||

25. Da ich auf Deine Münder schaue, schrecklich anzusehen mit ihren vielen Fangzähnen zum Zerstören, auf Deine Gesichter, die den Vernichtungsfeuern von Tod und Zeit gleichen, verliere ich jeden Richtungssinn und finde keinen Frieden mehr. Wende Dein Herz der Gnade zu, O Gott der Götter, Zuflucht aller Welten!

Gita 11.26-27

amī ca tvāṁ dhṛtarāṣṭrasya putrāḥ sarve sahaivāvanipāla-saṅghaiḥ |

bhīṣmo droṇaḥ sūta-putras tathāsau sahāsmadīyair api yodha-mukhyaiḥ ||26||

vaktrāṇi te tvaramāṇā viśanti daṁṣṭrā-karālāni bhayānakāni |

kecid vilagnā daśanāntareṣu sandṛśyante cūrṇitair uttamāṅgaiḥ ||27||

26.-27. Die Söhne des Dhritarashtra, sie alle mit der Vielzahl der Könige und Helden, Bhishma, Drona und Karna zusammen mit den hervorragendsten Kriegern auch auf unserer Seite, sie alle stürzen sich in Deine Hauer und schrecklichen Rachen. Manche sieht man mit zermalmten blutigen Schädeln gefangen zwischen Deinen Zähnen der Macht.

Gita 11.28

yathā nadīnāṁ bahavo ‚mbu-vegāḥ samudram evābhimukhā dravanti |

tathā tavāmī nara-loka-vīrā viśanti vaktrāṇy abhivijvalanti ||28||

28. Wie die Strömung vieler Fluten dem Ozean zueilt, so werden alle diese Helden der Menschenwelt in Deine vielen Flammenmünder hineingerissen.

Gita 11.29

yathā pradīptaṁ jvalanaṁ pataṅgā viśanti nāśāya samṛddha-vegāḥ |

tathaiva nāśāya viśanti lokās tavāpi vaktrāṇi samṛddha-vegāḥ ||29||

29. Wie ein Schwarm von Motten in immer wachsender Hast zu ihrem Verderben hineinfliegt in ein Feuer, das jemand entzündete, so stürzen sich jetzt die Nationen mit wachsender Eile in Deinen Rachen des Verderbens.

Gita 11.30

lelihyase grasamānaḥ samantāl lokān samagrān vadanair jvaladbhiḥ |

tejobhir āpūrya jagat samagraṁ bhāsas tavogrāḥ pratapanti viṣṇo ||30||

30. Die Regionen ringsum leckst Du mit Deinen Zungen und verschlingst alle Völker in Deinem Feuerrachen. Die ganze Welt ist erfüllt von der Glut Deiner Energien. Grell und fürchterlich ist Dein Feuermeer, und es verbrennt uns alle, O Vishnu.

Gita 11.31

ākhyāhi me ko bhavān ugra-rūpo namo 'stu te deva-vara prasīda |

vijñātum icchāmi bhavantam ādyaṁ na hi prajānāmi tava pravṛttim ||31||

31. Erkläre mir, wer Du bist, der Du diese Gestalt des Schreckens trägst. Sei gegrüßt, O Du gewaltige Gottheit! Wende Dein Herz der Gnade zu! Wissen möchte ich, wer Du bist, der Du von Anfang warst. Denn ich kann die Absicht Deines Wirkens nicht verstehen.

Gita 11.32

śrī bhagavān uvāca |

kālo 'smi loka-kṣaya-kṛt pravṛddho lokān samāhartum iha pravṛttaḥ |

ṛte 'pi tvāṁ na bhaviṣyanti sarve ye 'vasthitāḥ pratyanīkeṣu yodhāḥ ||32||

32. Der Erhabene sprach:
Ich bin der Zeit-Geist, der Vernichter der Welt, der sich aufgemacht hat in Riesengestalt zur Vernichtung der Völker. Auch ohne dein Zutun werden alle diese Krieger, die sich in den Heeren gegenüberstehen, nicht mehr sein.

Gita 11.33

tasmāt tvam uttiṣṭha yaśo labhasva jitvā śatrūn bhuṅkṣva rājyaṁ samṛddham |

mayaivaite nihatāḥ pūrvam eva nimitta-mātraṁ bhava savyasācin ||33||

33. Darum erhebe dich! Erwirb dir deinen Ruhm! Besiege deine Feinde! Erfreue dich einer reichen Herrschaft! Durch Mich und niemand sonst sind auch sie bereits erschlagen. Auf dir liegt nur der Vollzug, O Savyasachin.

Gita 11.34

droṇaṁ ca bhīṣmaṁ ca jayadrathaṁ ca karṇaṁ tathānyān api yodha-vīrān |

mayā hatāṁs tvaṁ jahi mā vyathiṣṭhā yudhyasva jetāsi raṇe sapatnān ||34||

34. Töte sie, die schon von Mir getötet sind: Drona, Bhishma, Jayadratha, Karna und die anderen heldenhaften Krieger! Lass keinen Schmerz und keine Verwirrung mehr über dich kommen! Kämpfe, du wirst den Feind in der Schlacht besiegen!

Gita 11.35

sañjaya uvāca |

etac chrutvā vacanaṁ keśavasya kṛtāñjalir vepamānaḥ kirītī |

namaskṛtvā bhūya evāha kṛṣṇaṁ sa-gadgadaṁ bhīta-bhītaḥ praṇamya ||35||

35. Sanjaya sprach:
Als Kiriti (Arjuna) mit gefalteten Händen und zitternd diese Worte Keshavas gehört hatte, huldigte er ihm nochmals und sprach zu Krishna mit versagender Stimme, zutiefst erschrocken und niedergebeugt.

Gita 11.36

arjuna uvāca |

sthāne hṛṣīkeśa tava prakīrtyā jagat prahṛṣyaty anurajyate ca |

rakṣāṁsi bhītāni diśo dravanti sarve namasyanti ca siddha-saṅghāḥ ||36||

36. Arjuna sprach:
Recht und billig ist es, O Krishna, dass die Welt über Deinen Namen jubelt und frohlockt. In Schrecken fliehen vor Dir die Rakshasas nach allen Richtungen, und die Scharen der Siddhas verbeugen sich vor Dir in Anbetung.

Gita 11.37

kasmāc ca te na nameran mahātman garīyase brahmaṇo 'py ādi-kartre |

ananta deveśa jagan-nivāsa tvam akṣaraṁ sad-asat tat-paraṁ yat ||37||

37. Wie sollten sie Dir auch keine Huldigung erweisen, O mächtiger Geist! Denn Du bist der ursprüngliche Schöpfer und Wirkende und größer selbst als der schöpferische Brahman. O Du Unendlicher, O Du Herr der Götter, O Du Wohnsitz des Weltalls! Du bist der Unwandelbare. Du bist das, was ist und was nicht ist, und Du bist, was das Erhabene ist.

Gita 11.38

tvam ādi-devaḥ puruṣaḥ purāṇas tvam asya viśvasya paraṁ nidhānam |

vettāsi vedyaṁ ca paraṁ ca dhāma tvayā tataṁ viśvam ananta-rūpa ||38||

38. Du bist die uralte Seele und die erste und ursprüngliche Gottheit, die erhabene Ruhestätte dieses Alls. Du bist der Wissende und alles, was erkannt werden soll. Du bist der höchste Zustand des Seins. O Du Unendlicher in endlicher Gestalt, durch Dich ist dieses Weltall ausgebreitet worden.

Gita 11.39-40

vāyur yamo 'gnir varuṇaḥ śaśāṅkaḥ prajāpatis tvaṁ prapitāmahaś ca |

namo namas te 'stu sahasra-kṛtvaḥ punaś ca bhūyo 'pi namo namas te ||39||

namaḥ purastād atha pṛṣṭhatas te namo 'stu te sarvata eva sarva |

ananta-vīryāmita-vikramas tvaṁ sarvaṁ samāpnoṣi tato 'si sarvaḥ ||40||

39.-40. Du bist Yama und Vayu und Agni und Soma und Varuna und Prajapati, Vater der Geschöpfe und ihr Urahne. Sei tausendmal gegrüßt und wieder und immer wieder gegrüßt von vorn, von hinten und von allen Seiten, denn Du bist alles und jedes, das ist. Unendlich an Macht, unermesslich an Kraft zum Handeln, durchwaltest Du alles und bist alles.

Gita 11.41-42

sakheti matvā prasabhaṁ yad uktaṁ he kṛṣṇa he yādava he sakheti |

ajānatā mahimānaṁ tavedaṁ mayā pramādāt praṇayena vāpi ||41||

yac cāvahāsārtham asatkṛto ‚si vihāra-śayyāsana-bhojaneṣu |

eko 'thavāpy acyuta tat-samakṣam tat kṣāmaye tvām aham aprameyam ||42||

41.-42. Habe ich je vor Dir ein kühnes und vorschnelles Wort gesprochen, da ich Dich nur als meinen menschlichen Freund und Gefährten ansah, wenn ich sagte: „O Krishna, O Yadava, O Kamerad“; da ich nichts wusste von Deiner Erhabenheit, in unbedachten Irrtum oder in Liebe redete; habe ich Dir je Respektlosigkeit gezeigt in Scherz und Spiel, wenn wir auf den Polstern, dem Ratssitz oder beim Bankett beieinander saßen; wenn ich allein war oder in Deiner Gegenwart, Du Fehlloser –, so erbitte ich Vergebung von Dir, dem Unermesslichen.

Gita 11.43

pitāsi lokasya carācarasya tvam asya pūjyaś ca gurur garīyān |

na tvat-samo 'sty abhyadhikaḥ kuto ‚nyo loka-traye 'py apratima-prabhāva ||43||

43. Du bist der Vater dieser ganzen Welt der sich bewegenden und der unbeweglichen Dinge. Du bist der einzige, dem Anbetung gebührt, das erhabenste Ziel der Verehrung. Niemand ist Dir gleich. Wie könnte denn ein anderer in den drei Welten größer sein als Du, in Deiner Allmacht Unvergleichlicher!

Gita 11.44

tasmāt praṇamya praṇidhāya kāyaṁ prasādaye tvām aham īśam īḍyam |

piteva putrasya sakheva sakhyuḥ priyaḥ priyāyārhasi deva soḍhum ||44||

44. Darum verneige ich mich tief vor Dir. Ich werfe meinen Körper vor Dir zu Boden und verlange Gnade von Dir, dem anbetungswürdigen Herrn. Wie ein Vater mit seinem Sohn, wie ein Freund mit seinem Freund und Kameraden, wie einer, der liebevoll ist zu dem, den er liebt, so sollst Du, O Gottheit, mit mir verfahren.

Gita 11.45

adṛṣṭa-pūrvaṁ hṛṣito 'smi dṛṣṭvā bhayena ca pravyathitaṁ mano me |

tad eva me darśaya deva rūpaṁ prasīda deveśa jagan-nivāsa ||45||

45. Ich habe gesehen, was niemals zuvor gesehen ward, und bin voller Freude, wenn auch mein Verstand von Furcht verwirrt ist. O Gottheit, zeige mir nun Deine andere Gestalt, wende Dein Herz der Gnade zu, Du Herr der Götter, O Du Wohnung des Weltalls!

Gita 11.46

kirīṭinaṁ gadinaṁ cakra-hastam icchāmi tvāṁ draṣṭum ahaṁ tathaiva |

tenaiva rūpeṇa catur-bhujena sahasra-bāho bhava viśva-mūrte ||46||

46. Sehen möchte ich Dich wieder so wie zuvor, den Gekrönten mit Streitkolben und Diskus. Nimm Deine vierarmige Gestalt wieder an, O Du Tausendarmiger, O universale Gestalt.

Gita 11.47

śrī bhagavān uvāca |

mayā prasannena tavārjunedaṁ rūpaṁ paraṁ darśitam ātma-yogāt |

tejomayaṁ viśvam anantam ādyaṁ yan me tvad-anyena na dṛṣṭa-pūrvam ||47||

47. Der Erhabene sprach:
Was du jetzt durch Meine Gunst erschaust, O Arjuna, ist Meine erhabene Gestalt, Meine Gestalt von leuchtender Kraft, die allumfassende, unendliche, ursprüngliche, die niemand unter den Menschen außer dir bis jetzt erblickt hat. Ich habe sie dir durch Meinen Selbst-Yoga gezeigt.

Gita 11.48

na veda-yajñādhyayanair na dānair na ca kriyābhir na tapobhir ugraiḥ |

evaṁ rūpaḥ śakya ahaṁ nṛloke draṣṭuṁ tvad anyena kuru-pravīra ||48||

48. Nicht durch das Studium der Veden, nicht durch Opfer und auch nicht durch Gaben, nicht durch zeremonielle Riten, nicht durch strenge Kasteiungen kann diese Meine Gestalt von jemand anderem als dir geschaut werden, du Vornehmster der Kurus.

Gita 11.49

mā te vyathā mā ca vimūḍha-bhāvo dṛṣṭvā rūpaṁ ghoram īdṛṅ mamedam |

vyapetabhīḥ prīta-manāḥ punas tvaṁ tad eva me rūpam idaṁ prapaśya ||49||

49. Ohne Schmerz solltest du diesen Meinen schrecklichen Anblick ertragen, ohne Verwirrung deines Mentals, ohne dass dir die Glieder versagen. Wirf die Furcht von dir und lass dein Herz frohlocken! Erblicke wieder Meine andere Gestalt!

Gita 11.50

sañjaya uvāca |

ity arjunaṁ vāsudevas tathoktvā svakaṁ rūpaṁ darśayāmāsa bhūyaḥ |

āśvāsayāmāsa ca bhītam enaṁ bhūtvā punaḥ saumya-vapur mahātmā ||50||

50. Sanjaya sprach:
Als Vasudeva so zu Arjuna gesprochen hatte, offenbarte er ihm wieder seine normale (Narayana) Erscheinung. Der Mahatman nahm wieder die ersehnte Gestalt der Gnade, Liebe und Holdseligkeit an und tröstete so den Erschrockenen.

Gita 11.51

arjuna uvāca |

dṛṣṭvedaṁ mānuṣaṁ rūpaṁ tava saumyaṁ janārdana |

idānīm asmi saṁvṛttaḥ sa-cetāḥ prakṛtiṁ gataḥ ||51||

51. Arjuna sprach:
Da ich nun wieder Deine freundlich-menschliche Gestalt erblicke, O Janardana, wird mein Herz von Wonne erfüllt, und ich genese wieder zu meiner eigenen Natur.

Gita 11.52-54

śrī bhagavān uvāca |

sudurdarśam idaṁ rūpaṁ dṛṣṭavān asi yan mama |

devā apy asya rūpasya nityaṁ darśana-kāṅkṣiṇaḥ ||52||

nāhaṁ vedair na tapasā na dānena na cejyayā |

śakya evaṁ-vidho draṣṭuṁ dṛṣṭavān asi māṁ yathā ||53||

bhaktyā tv ananyayā śakya aham evaṁ-vidho 'rjuna |

jñātuṁ draṣṭuṁ ca tattvena praveṣṭuṁ ca parantapa ||54||

52.-54. Der Erhabene sprach:
Die mächtigere Gestalt, die du hast schauen dürfen, ist nur für die wenigen, höchst-entwickelten Seelen. Die Götter selber verlangen immer danach, sie zu betrachten. So wie du Mich erblickt hast, kann ich nicht erkannt werden durch das Studium des Veda, noch durch strenge Kasteiungen, noch durch Gaben oder durch Opfer. Es kann nur erreicht werden durch jenes Bhakti, das allein Mich in allen Dingen betrachtet, anbetet und liebt.

Gita 11.55

mat-karma-kṛn mat-paramo mad-bhaktaḥ saṅga-varjitaḥ |

nirvairaḥ sarva-bhūteṣu yaḥ sa mām eti pāṇḍava ||55||

55. Sei Vollstrecker Meiner Werke! Nimm Mich an als das erhabene Wesen und Ziel! Werde Mein Bhakta! Sei frei von Bindung und ohne Feindschaft zu allen Wesen! Denn solch ein Mensch gelangt zu Mir, O Pandava.


oṃ tat sat iti śrīmadbhagavadgītāsūpaniṣatsu brahmavidyāyāṃ yogaśāstre śrī-kṛṣṇārjunasaṃvāde viśvarūpadarśanayogo nāmaikādaśo 'dhyāyaḥ

Om tat sat. So endet in der vom Herrn gesungenen Upanishad, der Wissenschaft von Brahman, der Schrift vom Yoga und dem Dialog zwischen Sri Krishna und Arjuna das elfte Kapitel mit dem Titel „Der Yoga der Schau der All-Gestalt“.

  1. 12. atha dvādaśo ‘dhyāyaḥ – bhakti-yogaḥ
  2. 13. atha trayodaśo ‘dhyāyaḥ – kṣetra-kṣetrajña-yogaḥ
  3. 14. atha caturdaśo ‘dhyāyaḥ – guṇa-traya-vibhāga-yogaḥ
  4. 15. atha pañca-daśo ‘dhyāyaḥ – puruṣottama-yogaḥ

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