DAS WACHSEN DES BEWUSSTSEINS: INNERE ERFAHRUNGEN
Mutter, wovon hängen Erfahrungen ab?
Ah, sie hängen von vielen Dingen ab.… Manche Menschen haben ganz spontan Erfahrungen, und es versteht sich, dass dies von ihren früheren Leben abhängt oder von der Art, wie sie geformt wurden, von den Kräften, welche die Formung ihres gegenwärtigen physischen Wesens lenkten sowie von dem Einfluss, dem sie vor ihrer Geburt ausgesetzt waren. Die Menschen haben spontan Erfahrungen. Nicht viele von ihnen, aber es gibt einige. Für andere wiederum ist es das Ergebnis einer sehr anhaltenden Bestrebung. Sie streben danach, Erfahrungen zu haben, und erlegen sich eine Disziplin auf oder nehmen eine Disziplin an, die sie befähigt, Erfahrungen zu haben. Manchmal dauert es sehr lange, bis man etwas erreicht. Es hängt davon ab, wie man gebaut ist. Ich kannte Menschen, die unwissend waren, ja, und sie hatten beachtliche Erfahrungen von Hellsehen und innerer Wahrnehmung. Sie verstanden nichts von dem, was mit ihnen geschah oder was sie sahen. Aber sie hatten die Gabe.
Aber dann hat dies keine Wirkung auf ihr äußeres Leben, nicht wahr?
Nein.
Was für einen Zweck hat es dann, Erfahrungen zu haben?
Es ist keine Frage von ,Zweck‘. Nicht alles auf der Welt hat einen Zweck. Es ist so, weil es so ist. Zu jemanden, der ausschließlich daran denkt, Erfahrungen zu haben, der keine innere intellektuelle oder spirituelle Vorbereitung hat und der aufgrund eines Hirngespinstes Erfahrungen haben möchte – ja, zu dem kannst du sagen: „Was hast du davon? Dies wird dich nicht zum spirituellen Leben bringen. Es mag dir helfen, sobald du den Pfad betreten hast. Und wenn du den Pfad in aller Aufrichtigkeit betreten hast, nun, dann werden die Erfahrungen in dem Ausmaß kommen, wie sie zweckdienlich sind. Aber eine Erfahrung um der Erfahrung willen zu suchen, ist insgesamt zwecklos.“ Und du kannst den Menschen sagen: „Was habt ihr davon? Es ist ein Hirngespinst auf einer anderen Ebene; es ist eine andere Art von Begehren, aber es ist ein Begehren.“
Dennoch, im normalen Verlauf, in dem Maße wie du innerlich fortschreitest, ist jeder Schritt auf das wahre Bewusstsein hin von einer bestimmten Anzahl von Erfahrungen begleitet, die damit korrespondieren und die dich den Zustand, in dem du dich befindest, verstehen lassen: so etwas ist natürlich normal. Es sollte so sein.
Doch im allgemeinen sind das nicht derart sensationelle Erfahrungen, dass man viel Wesens davon her machen müsste. Menschen empfangen oft eine plötzliche Bewusstseinserleuchtung, einen inneren Hinweis, eine ungewöhnliche Wahrnehmung. Wenn aber der Wunsch, Erfahrungen zu haben, nicht völlig Besitz von ihnen ergriffen hat, messen sie ihnen keine besondere Bedeutung bei. Manchmal sogar messen sie ihnen nicht genügend Bedeutung bei. Das Zeichen erschien, zeigte ihnen etwas, aber sie waren sich dessen nicht einmal bewusst. Dennoch, nicht diese Dinge sind es, die dir den Eindruck vermitteln, dass du in einer wunderbaren Welt lebst. Diese Dinge sind ganz normal. Plötzlich ein Öffnen im Mental, ein Licht, das erscheint, man versteht etwas, das man zuvor nicht verstand. Du siehst es als eine ganz natürliche Sache an. Es ist aber eine spirituelle Erfahrung – oder auch das klare Erkennen einer Situation, das Verstehen dessen, was in einem geschieht, des Zustandes, in dem man sich befindet, der Hinweis auf genau den Fortschritt, den man machen sollte, der Sache, die berichtigt werden muss. Auch das ist eine Erfahrung, und zwar eine, die von innen kommt; es ist ein Zeichen, das dir von der Seele gegeben wird. Die Menschen nehmen auch dies als eine ganz natürliche Tatsache hin. Sie messen ihm keinerlei Bedeutung bei.
Meist meinen die Menschen mit ,Erfahrung‘ entweder ganz extravagante Phänomene, Levitation und derartige Dinge, oder aber sensationelle Visionen: fähig zu sein, in die Zukunft zu sehen oder in die Ferne zu sehen, oder vielleicht auch ganz gewöhnliche Dinge, wie zu wissen, wo etwas Verlorenes gefunden werden kann, oder alle möglichen derartigen kleinen Tricks. Das ist es, was die Menschen ,Erfahrungen‘ nennen.
Nun, meist sind die Menschen, die diese Fähigkeit haben, – nicht sehr gebildet, aber aus irgendeinem Grund sind sie mit einer Gabe geboren, so wie andere als Musiker, Maler oder Wissenschaftler geboren werden. Jene nun sind geborene Hellseher, und es kann sein, dass sie, wenn sie es sehr nötig haben, diese Fähigkeit benutzen, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen, und sie ruinieren sie damit völlig. Wenn es aber so ist, dass sie wohlhabend sind und ihren Lebensunterhalt nicht zu verdienen brauchen, werden sie unter ihren Freunden berühmt. Jedenfalls ist es immer eine Gelegenheit für eine gewisse Art von Kommerzialismus. Es gibt sehr wenige Menschen, die diese Gabe haben, ohne sie zu benutzen, sei es, um sich einen Namen zu machen, oder um Geld zu verdienen. Diese Gaben aber stammen nicht von einer hohen Ebene. Man kann sie besitzen, ohne ein sehr spirituelles Leben zu führen. Sie hängen ganz und gar nicht von einer inneren spirituellen Höhe ab. Man sollte sie nicht fälschlicherweise als Zeichen des Fortschritts ansehen.
Außerdem, eines ist sicher: Diejenigen, die diese Fähigkeit nicht haben und sie erlangen möchten, zum Beispiel die Fähigkeit der Vorausschau, vorauszusehen, was kommen wird, was gleichbedeutend mit Prophetie ist, die Fähigkeit, die Ereignisse zu kennen, bevor sie sich ereignen – wie ich bereits sagte, es gibt Menschen, die dies spontan haben, seit ihrer Geburt, aufgrund einer Besonderheit – wenn man sie [die Fähigkeiten] selbst erlangen will, bedeutet das, mit Regionen in Kontakt zu treten, wo man diese Dinge sehen kann – nicht zufällig oder unbeabsichtigt oder ohne irgendeine Kontrolle über die Sache zu haben, sondern im Gegenteil, sie nach Wunsch zu sehen – das stellt dann tatsächlich eine gewaltige Arbeit dar. Und daher legen einige Leute sehr großen Wert auf diese Dinge. Sie haben aber nur einen Wert, wenn man sie unter Kontrolle hat, wenn sie auf Wunsch geschehen und das Ergebnis einer inneren Disziplin sind. In diesem Fall ja, denn das beweist, dass du mit einem bestimmten Bereich in Kontakt getreten bist, in den bewusst, beliebig und dauernd einzutreten schwierig ist. Es ist sehr schwierig, es setzt viel Entwicklung voraus. Und dann musst du dir dessen sicher sein, was du gesehen hast … denn ich habe dir nicht gesagt, dass es für jene Leute, die einen Beruf aus ihrem Hellsehen machen, eine Art … ich sagte ,Kommerzialismus‘ wird – aber weißt du, es ist schlimmer als das, es ist ein Schwindel! Wenn sie nichts sehen, erfinden sie etwas. Wenn sie einen Beruf daraus machen, und die Leute kommen und befragen sie über die Zukunft, und sie können nichts erkennen, dann müssen sie etwas erfinden, andernfalls würden sie ihren Ruf und ihre Kundschaft verlieren. Siehst du, so wird das zu einer Irreführung, einer Täuschung, einem Schwindel oder einer Fälschung.
Doch wenn man eine reine und einwandfreie Information haben, in Kontakt mit der Wahrheit der Dinge sein und etwas im Voraus erkennen will – nicht der eigenen unbedeutenden mentalen Konstruktion gemäß, sondern wenn man erkennen will, wie die Dinge vorherbestimmt sind, den Ort, wo sie vorherbestimmt werden und die Zeit, wann sie vorherbestimmt werden – das erfordert dann eine sehr große mentale Reinheit, eine sehr große vitale Ausgeglichenheit, ein Nichtvorhandensein von Begehren, von Vorlieben. Man darf niemals wollen, dass etwas so oder so ist, denn das verfälscht die Schau sofort.
All jene, die Visionen haben, deformieren sie im allgemeinen, alle, fast ohne Ausnahme. Ich glaube nicht, dass es einen in einer Million gibt, der seine Vision nicht entstellt, denn in dem Augenblick, da sie das Gehirn berührt, berührt sie den Bereich der Vorlieben, Begierden, Verhaftungen, und das ist in der Tat genug, dem, was du geschaut hast, eine Färbung, einen besonderen Anstrich zu verleihen. Selbst wenn du eine richtige Schau hattest, überträgst du sie falsch in dein Bewusstsein. Dies verlangt wirklich große Vollkommenheit. Aber für diese Vollkommenheit brauchst du nicht die Gabe der Schau zu haben. Und die Vollkommenheit kann ohne diese Gabe genauso groß sein wie mit ihr. Wenn sie dich [die Gabe der inneren Schau] besonders interessiert, kannst du dich bemühen, sie zu erlangen. Doch nur, wenn sie dich besonders interessiert. Wenn du großen Wert darauf legst, gewisse Dinge zu wissen, kannst du eine Disziplin aufnehmen; du kannst auch eine Disziplin aufnehmen, um das Funktionieren deiner Sinne zu ändern. Ich glaube, ich habe es euch bereits erklärt, wie man aus großer Entfernung hören oder weit in die Ferne sehen kann, selbst körperlich; dies aber bedeutet beträchtliche Bemühung, die vielleicht nicht immer im Verhältnis zum Ergebnis steht, denn all dies sind Randprobleme, nicht die zentrale, die wichtigste Sache. Es sind Randprobleme, die interessant sein mögen, doch als solche stellen sie nicht das spirituelle Leben dar; man kann ohne sie ein spirituelles Leben haben. Nun, die beiden zusammen verleihen dir vielleicht größere Kapazität. Doch auch hierfür musst du dir sagen: „Wenn ich es haben soll – wenn ich die wahre Haltung der Überantwortung und der vollen Weihung an das Göttliche einnehme –, wenn ich es haben soll, dann werde ich es haben. Und ebenso, wenn ich die Gabe der Rede haben soll, werde ich sie haben. Und wirklich, wenn man sich wahrhaft überantwortet hat, auf die wahre Weise, gänzlich und total, dann ist man in jeder Minute das, was man sein soll, und tut das, was man tun soll, und weiß das, was man wissen soll. Dies … doch natürlich, hierfür sollte man die kleinlichen Begrenzungen des Egos überwunden haben, und das geschieht nicht über Nacht. Aber es kann geschehen.
DIE MUTTER

… du sprichst von deinen Erfahrungen als unbestimmt und traumgleich. Zunächst einmal, die kleinen Erfahrungen des inneren Lebens zu verachten, hat nichts mit Weisheit, Verstand oder Vernunft zu tun. Zu Beginn der Sadhana und noch lange Zeit nachher sind es die kleinen Erfahrungen, die einander folgen, und die, wenn man ihren vollen Wert erfasst, ein vorbereitendes Bewusstsein aufbauen und eines Tages die Mauern für die großen Erfahrungen niederreißen. Doch wenn du sie mit der ehrgeizigen Vorstellung verachtest, dass du entweder große Erfahrungen haben willst oder gar keine, ist es nicht weiter überraschend, dass sie sich nur alle Jubeljahre einmal einstellen und ihre Aufgabe nicht erfüllen können. Zudem waren nicht alle deine Erfahrungen klein. Es gab einige, wie die stille Herabkunft einer Macht in den Körper – das, was du Dumpfheit nennst – die jeder mit spiritueller Kenntnis als einen ersten großen Schritt auf das Sich-Öffnen des Bewusstseins gegenüber dem höheren Licht und Frieden erkannt haben würde. Es war jedoch nicht die Richtung, in der deine Erwartungen gingen, und daher hast du ihr [der Erfahrung] keinen besonderen Wert beigemessen. Was das Unbestimmte und Traumgleiche anbelangt, so erscheint es dir so, da du dies und alles, was in dir geschieht, vom Standpunkt des äußeren physischen Mentals oder Intellektes aus betrachtest, der nur äußere und physische Dinge als wirklich, wichtig und lebendig ansehen kann, und für den innere Dinge etwas Unwirkliches, Verschwommenes und Unwahres sind. Die spirituelle Erfahrung verachtet nicht einmal Träume und Visionen; es ist ihr bekannt, dass viele dieser Dinge keinesfalls Träume sind, sondern Erfahrungen auf einer inneren Ebene; diese Erfahrungen der inneren Ebenen führen zum Öffnen des inneren Selbstes in das äußere, um es zu beeinflussen und zu verändern; doch wenn sie nicht angenommen werden – diese Erfahrungen des subtilen Bewusstseins und des Trance-Bewusstseins –, wie soll das Wachbewusstsein sich dann aus dem engen Kerker des Körpers, des Körper-Mentals und der Sinne befreien? Denn dem physischen Mental, das durch das innere erwachte Bewusstsein nicht berührt wurde, erschiene sogar die Erfahrung des kosmischen Bewusstseins oder des ewigen Selbstes als rein subjektiv und unüberzeugend. Es würde vermutlich denken: „Seltsam und ohne Zweifel ziemlich interessant, doch sehr subjektiv, nicht wahr? Halluzinationen, jawohl!“ Das erste Anliegen des spirituell Suchenden ist, sich von der äußeren Anschauung des Mentals abzuwenden und innere Phänomene mit dem inneren Mental zu betrachten, für das sie bald machtvolle und anregende Wirklichkeiten werden. Und dann beginnt man zu erkennen, dass hier ein weites Feld der Wahrheit und des Wissens vorhanden ist, in dem man sich von Entdeckung zu Entdeckung bewegt, um schließlich die höchste Entdeckung von allen zu erreichen.
SRI AUROBINDO

Es gibt kein Gesetz, dass ein Gefühl keine Erfahrung sein kann; es gibt Erfahrungen aller Art, und sie nehmen alle [erdenklichen] Formen im Bewusstsein an. Wenn das Bewusstsein etwas Spirituelles, Seelisches oder gar etwas Okkultes erlebt, sieht oder fühlt, so ist das eine Erfahrung – im technischen, yogischen Sinn, denn es gibt natürlich alle möglichen andersartigen Erfahrungen. Gefühle als solche sind von mancherlei Art. Das Wort Gefühl wird oft für eine Emotion gebraucht, und es gibt seelische oder spirituelle Emotionen, die man zu yogischen Erfahrungen rechnet, zum Beispiel eine Woge der suddhabhakti (reine bhakti) oder das Aufsteigen der Liebe zum Göttlichen. Ein Gefühl bedeutet auch die Wahrnehmung von etwas Gefühltem, eine Wahrnehmung im Vital oder Seelischen oder in der essentiellen Substanz des Bewusstseins. Ich empfinde sogar häufig eine mentale Wahrnehmung, wenn sie sich sehr lebhaft darstellt, als Gefühl. Wenn du alle diese und ähnliche Gefühle ausschließt und sagst, dass es Gefühle und keine Erfahrungen seien, bleibt für Erfahrungen sehr wenig Platz übrig. Gefühl und Vision sind die hauptsächlichen Formen spiritueller Erfahrung. Man sieht und fühlt Brahman allenthalben; man fühlt eine Kraft in sich eintreten oder [von sich] ausgehen; man fühlt und sieht die Gegenwart des Göttlichen in oder um sich, man fühlt oder sieht die Herabkunft von Licht, man fühlt die Herabkunft von Frieden oder Ananda. Wirf all dies mit der Begründung hinaus, dass es nur ein Gefühl ist, dann räumst du mit den meisten Dingen auf, die wir Erfahrung nennen. Außerdem fühlen wir eine Veränderung in der Bewusstseinssubstanz oder dem Bewusstseinszustand. Wir fühlen, wie wir uns in die Weite ausdehnen, und empfinden den Körper als ein kleines Ding in dieser Weite (dies kann auch gesehen werden); wir fühlen, wie das Herz-Bewusstsein weit statt eng ist, sanft statt hart, erleuchtet statt finster, auch das Kopf-Bewusstsein, das Vital, sogar das Physische; wir fühlen Tausende von Dingen aller Art, und weshalb sollten wir sie nicht Erfahrungen nennen? Natürlich ist es ein inneres Sehen, ein inneres Fühlen, ein feinstoffliches und nicht ein stoffliches Fühlen, so wie man kalten Wind fühlt oder einen Stein oder ein beliebiges anderes Objekt; und in dem Maß, wie sich das innere Bewusstsein vertieft, ist es nicht weniger lebhaft oder konkret, sondern sogar stärker.
SRI AUROBINDO

Vielen werden Erfahrungen zuteil, bevor ihre Natur bereit ist, in vollem Umfang Nutzen daraus zu ziehen; andere durchlaufen zuerst eine mehr oder weniger lange Zeitspanne der Läuterung und Vorbereitung des Stoffes ihrer Natur oder der Instrumente, während die Erfahrungen aufgehalten werden, bis dieser Vorgang zum größten Teil oder gänzlich beendet ist. Von beiden ist die letztere Methode die gefahrlosere und gesündere.
SRI AUROBINDO

Du tatest gut daran, zuerst die sattwischen Eigenschaften zu entwickeln und die innere meditative Ruhe aufzubauen. Man kann, bevor man diese vorbereitende Selbstdisziplin beendet oder auch nur aufgenommen hat, durch angestrengte Meditation oder bestimmte Methoden eines angespannten Bemühens die Türen zum inneren Wesen öffnen oder gar einige Wände zwischen dem inneren und äußeren Selbst niederreißen; aber es ist nicht immer weise, das zu tun, da es zu Zuständen in der Sadhana führen kann, die sehr trübe, chaotisch und von unnötigen Gefahren bedroht sein können. Indem du den geduldigen Weg eingeschlagen hast, bist du an einem Punkt angelangt, an dem die Türen des inneren Wesens beinahe von selbst begonnen haben, sich aufzutun. Nun können sich beide Vorgänge nebeneinander weiterentwickeln; es ist aber notwendig, die sattwische Ruhe, Geduld und Wachsamkeit zu bewahren – nichts zu beschleunigen, nichts zu erzwingen, und sich nicht durch eine machtvolle Verlockung oder einen Ruf des nun beginnenden Zwischenbereiches verleiten zu lassen, solange du nicht sicher bist, dass es der richtige Ruf ist. Denn die Kräfte der inneren Ebenen üben manchen heftigen Sog aus, dem nachzugeben nicht ungefährlich ist.
SRI AUROBINDO

Mit dem Zwischenbereich ist ganz einfach ein verworrener Zustand oder ein Durchgang gemeint, in dem man sein persönliches Bewusstsein verlässt und sich in das Kosmische hinein öffnet (vielleicht in einen Teil des kosmischen höheren Mentals), ohne bereits die menschlichen Mentalebenen überschritten zu haben. Man ist nicht im Besitz der göttlichen Wahrheit auf ihren eigenen Ebenen oder in direktem Kontakt mit ihnen, kann aber indirekt von ihnen empfangen, sogar von der Obermental-Ebene. Da man aber noch von der kosmischen Unwissenheit umschlossen ist, kann alles, was von oben kommt, vermischt und entstellt sein und von niederen, sogar feindlichen Mächten für ihre Zwecke in Beschlag genommen worden sein.
Nicht jeder braucht sich durch den Zwischenbereich hindurchzukämpfen. Wenn man sich geläutert hat, wenn keine abnorme Eitelkeit besteht, kein abnormer Egoismus, Ehrgeiz oder ein sonst sehr irreführendes Element, oder wenn man wachsam und auf der Hut ist, oder wenn die Seele hervorgetreten ist, kann man entweder rasch und unmittelbar oder mit einem minimalen Maß von Schwierigkeiten in die höheren Bewusstseinszonen gelangen, wo man sich in direktem Kontakt mit der Göttlichen Wahrheit befindet.
SRI AUROBINDO

Ich meine damit [mit dem Zwischenbereich], dass der Sadhak, wenn er über die Schranken seines verkörperten persönlichen Mentals hinausgelangt, in einen weiten Bereich von Erfahrungen eintritt, die nicht mehr aus der begrenzten, soliden physischen Wahrheit der Dinge bestehen, aber auch noch nicht aus der spirituellen Wahrheit der Dinge. Es ist ein Bereich von mentalen, vitalen und feinstofflichen Gestaltungen, und was auch immer man gestaltet, oder was durch die Kräfte dieser Welten in uns gestaltet wird, erscheint dem Sadhak für eine gewisse Zeit als die Wahrheit – außer er wird von jemandem geführt und folgt dieser Führung. Später, nachdem er ihn [diesen Bereich] hinter sich gelassen hat, erkennt er, woraus er bestand, und geht weiter in die subtile Wahrheit der Dinge. Es ist ein Grenzland, wo alle Welten sich treffen, mentale, vitale, feinstoffliche, pseudospirituelle, doch gibt es keine Ordnung, keinen festen Halt dort – [es ist] ein Durchgang zwischen den physischen und den wahren, spirituellen Bereichen.
SRI AUROBINDO

Jeder, der die Grenze des gewöhnlichen Bewusstseins überschreitet, kann in diesen Zwischenbereich eintreten, wenn er sich nicht darum bemüht, in seine Seele einzutreten. Es macht im Grunde nichts aus, ihn zu durchqueren, vorausgesetzt, dass man dort nicht Halt macht. Wenn aber Ego, Sex, Ehrgeiz usw. aufgebläht werden, können sie leicht zu einem gefährlichen Sturz führen.
SRI AUROBINDO

Es [das Zerreißen des Schleiers] kommt von selbst durch den Druck der Sadhana. Es kann auch durch eine bestimmte Konzentration und Anstrengung herbeigeführt werden.
Sicherlich ist es besser, wenn die Seele bewusst und aktiv ist, bevor der Schleier oder Schirm zwischen dem individuellen und dem universalen Bewusstsein entfernt wird, was geschieht, wenn das innere Wesen in seiner ganzen Weite hervortritt. Die Gefahr der Schwierigkeiten des Zwischenbereiches – wie ich ihn genannt habe – ist dann viel geringer.
SRI AUROBINDO

Ich stelle die persönliche Intensität oder Greifbarkeit deiner inneren Erfahrungen durchaus nicht in Frage, doch können Erfahrungen intensiv und dennoch, was ihre Wahrheit und ihren Charakter anbelangt, sehr zweifelhaft sein. Deine Erfahrung wird stark von deiner eigenen Subjektivität und manchmal deinen Ego-Trieben beeinträchtigt, die ihr ihre Form und jenen Eindruck geben, den sie in dir hervorrufen. Allein dann, wenn eine reine seelische Erwiderung vorhanden ist, besteht die Wahrscheinlichkeit, dass die Form, die der Erfahrung gegeben wird, die richtige ist, und dann werden auch die mentalen und vitalen Bewegungen sich in ihrer wahren Natur darstellen. Im anderen Fall geben Mental, Vital und Ego dem, was geschieht, ihre eigene Färbung, ihre eigene Richtung, und sehr häufig ihre eigene Entstellung. Intensität ist kein Garant für die volle Wahrheit und Richtigkeit einer Erfahrung; allein die Reinheit des Bewusstseins vermag die volle Wahrheit und Richtigkeit zu verleihen.
SRI AUROBINDO

Erfahrungen des Höheren Bewusstseins allein werden die Natur [des Menschen] nicht wandeln. Das höhere Bewusstsein muss entweder dynamisch in das ganze Wesen herabkommen und es wandeln; oder es muss sich im inneren Wesen bis hinab ins innere Physische festigen, so dass letzteres sich vom äußeren [Physischen] getrennt fühlt und frei darauf einwirken kann; oder die Seele muss hervortreten und die Natur wandeln; oder der innere Wille muss erwachen und die Natur zur Wandlung zwingen. Dies sind die vier Wege, auf denen eine Wandlung herbeigeführt werden kann.
SRI AUROBINDO

Die [menschliche] Natur zu verändern, ist nicht einfach und beansprucht immer Zeit; wenn aber keine innere Erfahrung stattfände, kein allmähliches Hervortreten des anderen, reineren Bewusstseins, das von all diesen Dingen, die du jetzt siehst, verdeckt wird, wäre es selbst für den stärksten Willen nahezu unmöglich. Du sagst, dass du dich erst von all dem zu befreien hast, um dann die inneren Erfahrungen zu erlangen. Wie aber soll das geschehen? Dinge wie Ärger, Eifersucht, Begehren sind der eigentliche Stoff des gewöhnlichen menschlich-vitalen Bewusstseins. Ihre Wandlung wäre nicht möglich, wenn es nicht ein tieferes Bewusstsein innen gäbe, das von ganz anderer Natur ist. In dir ist ein seelisches Wesen, das göttlich ist und unmittelbar ein Teil der Mutter, frei von all diesen Mängeln. Es wird von dem gewöhnlichen Bewusstsein und der gewöhnlichen Natur verdeckt und verborgen; wenn es aber enthüllt wird und hervortreten und das Wesen lenken kann, dann verändert es das gewöhnliche Bewusstsein, entledigt sich all dieser ungöttlichen Dinge und wandelt die äußere Natur vollständig. Daher wollen wir, dass die Sadhaks sich konzentrieren, um dieses verborgene Bewusstsein zu öffnen – durch Konzentration, von welcher Art auch immer, und durch die Erfahrungen, die sie bringt, öffnet man sich, wird innerlich bewusst, und das neue Bewusstsein und die neue Natur beginnen zu wachsen und hervorzutreten. Natürlich wollen wir auch, dass sie ihren Willen gebrauchen und die Begierden und falschen Bewegungen des Vitals zurückweisen, denn hierdurch wird das Hervortreten des wahren Bewusstseins möglich. Zurückweisung allein kann aber nicht erfolgreich sein; es geschieht sowohl durch Zurückweisung als auch durch innere Erfahrung und ein inneres Wachsen.
SRI AUROBINDO

… es gibt drei Regeln in der Sadhana, die in einem frühzeitigen Stadium sehr notwendig sind und die du nicht vergessen solltest. Erstens öffne dich der Erfahrung, aber gib dich nicht dem bhoga (Vergnügen) der Erfahrung hin. Hänge dich nicht an eine bestimmte Art von Erfahrung. Nimm nicht alle Ideen und Hinweise als wahr hin und betrachte kein Wissen, keine Stimme oder Gedankenbotschaft als absolut unwiderruflich und endgültig.
SRI AUROBINDO

Diese Stimmen sind manchmal eigene mentale Gestaltungen, manchmal Eingebungen von außen. Ob gut oder schlecht, hängt davon ab, was sie aussagen und aus welchem Bereich sie stammen.
SRI AUROBINDO

Jeder kann ,Stimmen‘ hören – erstens können die Bewegungen der eigenen Natur eine Stimme annehmen, und dann gibt es alle möglichen Wesen, die entweder zum Scherz oder für einen ernsthaften Zweck mit ihren Stimmen [in den Menschen] eindringen.
SRI AUROBINDO

Lichter gibt es von aller Art, supramentale, mentale, vitale, physische, göttliche, asurische – man muss sie beobachten, man muss an Erfahrung wachsen, um die eine von der anderen unterscheiden zu lernen. Die wahren Lichter zu erkennen, ist jedoch aufgrund ihrer Klarheit und Schönheit nicht schwer. Der Strom von oben und der Strom von unten sind bekannte Kennzeichen yogischer Erfahrung. Es ist die Energie der höheren Natur und die Energie der niederen Natur, die aktiv werden und sich aufeinander zu bewegen, um sich zu treffen, wobei die eine herabkommt und die andere aufsteigt. Was geschieht, wenn sie sich treffen, hängt vom Sadhak ab. Wenn sein steter Wille auf die Läuterung des niederen durch das höhere Bewusstsein gerichtet ist, werden durch diese Begegnung Läuterung und spiritueller Fortschritt erreicht. Wenn aber sein Mental und Vital erregt und umwölkt sind, gibt es einen Zusammenprall, ein unreines Gemisch und viel Störung.
SRI AUROBINDO

Die Erfahrung, von der du berichtest, die Stille, die Leere des Mentals und Vitals und der Stillstand der Gedanken und anderer Bewegungen, waren ein erstes Abzeichnen des Zustandes, der „samadhi“ genannt wird, in dem sich das Bewusstsein nach innen in eine tiefe Stille und ein tiefes Schweigen wendet. Dieser Zustand ist förderlich für die innere Erfahrung, für die Verwirklichung, für die Schau der unsichtbaren Wahrheit der Dinge, obwohl man all dies auch im Wachzustand erhalten kann. Es ist kein Schlaf, sondern der Zustand, in welchem man sich im Inneren und nicht länger im Äußeren bewusst fühlt.
SRI AUROBINDO

Die übliche Regel der Yogis ist, dass man während der Dauer der Sadhana nicht mit anderen über seine Erfahrungen sprechen soll, den Guru natürlich ausgenommen, da dies die Erfahrung verderben würde; es gibt etwas, das sie ksaya (Verlust) der tapasya nennen. Nur über längst vergangene Erfahrungen sprechen sie, und selbst über diese nicht ganz offen.
SRI AUROBINDO

Das Licht hat dich verlassen, weil du mit jemandem darüber gesprochen hast, der kein adhikari war. Das Sicherste ist, nicht über diese Erfahrungen zu sprechen, außer mit einem Guru oder mit jemandem, der dir helfen kann. Dass eine Erfahrung zerrinnt, sobald man darüber redet, geschieht häufig, und aus diesem Grund machen es sich viele Yogis zur Regel, niemals darüber zu sprechen, was in ihnen vorgeht, außer es gehört der Vergangenheit an oder ist eine gefestigte Verwirklichung, die durch nichts mehr zunichte gemacht werden kann.
SRI AUROBINDO

Für die meisten Menschen existiert eine Erfahrung erst dann, wenn sie eine Erklärung dafür haben. Die Erfahrung als solche – der Kontakt mit einer bestimmten Kraft, ein Weiten des Bewusstseins, die Einung mit einem Aspekt des Göttlichen, gleichgültig, welche Art von Erfahrung, ein Öffnen des Wesens, das Niederbrechen eines Hindernisses, das Durchqueren einer Entwicklungsstufe, das Öffnen neuer Türen – all diese Erfahrungen, wenn sie die Menschen sich nicht mit vielen Worten erklären können und in präzisen Gedanken erstehen lassen können, sind so, als würden sie nicht existieren! Und gerade dieses Bedürfnis nach Ausdruck, dieses Bedürfnis nach Erklärung ist es, was die Erfahrung größtenteils ihre Macht der Einwirkung auf das individuelle Bewusstsein verlieren lässt. Wie kommt es, dass du eine entscheidende, maßgebliche Erfahrung hast, dass du zum Beispiel die Türen deines seelischen Wesens aufgetan hast, du bist damit geeint gewesen, du weißt, was dies bedeutet, und dann – es dauert nicht an? Es kommt daher, weil sie [die Erfahrung] keine genügend greifbare Kraft hat, wenn du sie nicht dir selbst gegenüber ausdrücken kannst. Die Erfahrung beginnt für dich erst dann, wenn du fähig bist, sie zu beschreiben. Nun, wenn du fähig bist, sie zu beschreiben, hat sich bereits der größte Teil ihrer Intensität und ihrer Wirksamkeit auf die innere und äußere Umwandlung verflüchtigt. Man kann daher sagen, dass ausdrücken, erklären immer ein Herabmindern ist. Die Erfahrung als solche ist auf einer viel höheren Ebene.
DIE MUTTER

„Man muss immer größer als die eigene Erfahrung sein“.
Was immer auch die Natur, die Kraft und das Wunder einer Erfahrung sein mögen, du darfst davon nicht in solchem Ausmaß dominiert werden, dass sie dein ganzes Wesen beherrscht und du dein Gleichgewicht und deinen Kontakt mit einer vernünftigen und ruhigen Haltung verlierst. Das bedeutet, wenn du irgendwie in Kontakt mit einer Kraft kommst oder einem Bewusstsein, das dein eigenes übersteigt, musst du, statt gänzlich von diesem Bewusstsein oder dieser Kraft dominiert zu werden, immer in der Lage sein, dich daran zu erinnern, dass dies nur eine Erfahrung unter tausenden und abertausenden von anderen ist, und dass daher ihre Natur nicht absolut ist, sie ist relativ. Wie schön auch immer sie sein mag, du kannst und solltest bessere haben; wie außergewöhnlich sie auch sein mag, es gibt andere, die noch wunderbarer sind; und wie hoch auch immer sie sei, es kann in Zukunft noch höhere geben. So, anstatt nun seinen Kopf zu verlieren, reiht man die Erfahrung in die Kette der Entwicklung ein und bewahrt ein gesundes, physisches Gleichgewicht, um nicht das Gefühl für die Relativität gegenüber dem gewöhnlichen Leben zu verlieren. Auf diese Weise besteht kein Risiko.
Wie? … Jemand, der weiß, wie es zu tun ist, wird es sehr einfach finden, doch für einen, der es nicht weiß, ist es vielleicht ein wenig … ein wenig mühsam.
Es gibt einen Weg.
Er besteht darin, niemals die Vorstellung des totalen Selbstgebens an die Gnade zu verlieren, die der Ausdruck des Höchsten ist. Wenn man sich selbst gibt, wenn man sich überantwortet, sich Dem, was darüber ist, jenseits aller Schöpfung, völlig anvertraut, und wenn man, statt irgendeinen persönlichen Vorteil aus der Erfahrung zu ziehen, sie der Göttlichen Gnade darbringt und weiß, dass es Diese ist, von der die Erfahrung kommt, und dass dieser das Ergebnis der Erfahrung zurückgegeben werden muss, dann ist man ganz sicher. In anderen Worten: kein Ehrgeiz, keine Eitelkeit, kein Stolz. Eine aufrichtige Selbstüberantwortung, eine aufrichtige Demut, und man ist von aller Gefahr abgeschirmt. Siehst du, das ist es, was ich „größer sein als die eigene Erfahrung“ nenne.
DIE MUTTER

Mutter, wie kommt es, dass die gleiche Kontemplation nicht immer das gleiche Gefühl in einem hervorruft? Zum Beispiel, wenn man das Meer betrachtet oder die Sterne und an die eigene Geringfügigkeit denkt, wird ein bestimmtes Gefühl innerlich ausgelöst; zu einem anderen Zeitpunkt, wenn man die gleiche Erfahrung haben will, selbst wenn man darüber nachdenkt, kehrt sie nicht wieder. Warum?
Man kann niemals die gleiche Erfahrung zweimal haben, denn man ist nicht zweimal die gleiche Person. Zwischen der ersten Erfahrung und der zweiten, selbst wenn nur eine Stunde vergangen ist, bist du nicht länger der gleiche Mensch, und du kannst niemals dieselbe Sache auf dieselbe Weise wiederholen. Wenn du darauf achtest, bewusster zu werden, aufrichtiger, konzentrierter, wird deine Erfahrung anders sein, sie mag jedoch tiefer und klarer sein. Wenn du dich aber an etwas klammerst, das du gehabt hast, und willst die gleiche Sache wiederholen, wirst du gar nichts haben, weil du die gleiche Sache nicht haben kannst und du in einem Zustand bist, in welchem du eine neue Erfahrung nicht haben willst, da du mit der alten verhaftet bist. Und meist, wenn man eine Erfahrung gehabt hat, die eine Offenbarung war, etwas ganz Wichtiges, will man sie nicht aufgeben, man fürchtet sich davor, sie nicht länger zu haben, und auf diese Weise, in dieser Bewegung des Sich-Anklammerns an etwas, verhindert man den eigenen Fortschritt und versetzt sich in eine Lage, in der man die nächste Erfahrung nicht haben kann.
Nun, das muss verstanden werden, denn es ist eine absolute Tatsache: man kann die gleiche Erfahrung nie zweimal haben. Es mag gleichartige Erfahrungen geben, sehr eng verwandte, und besonders solche, die ähnlich zu sein scheinen, aber diese Erfahrungen … wenn man absolut aufrichtig, unvoreingenommen und wie eine leere Seite ist, wird man wahrnehmen, dass ein Unterschied zwischen beiden Erfahrungen besteht, obwohl sie sich äußerlich sehr ähneln. Doch je bereiter du bist, alle Erfahrung hinter dir zu lassen, um fähig zu sein, auf etwas Besseres und Höheres zuzugehen, um so schneller wirst du gehen; je mehr du das schwere Gewicht von allem Vergangenen, von dem du dich nicht befreien willst, mit dir schleppst, um so langsamer wirst du voranschreiten.
Alles Vergangene sollte stets wie ein Sprungbrett sein oder wie eine Leiter, wie etwas, das dich weiterführt; es sollte keinem anderen Zweck dienen, als dich vorwärtszustoßen. Wenn du das zu fühlen vermagst und dem Vergangenen immer deinen Rücken zukehren kannst und das ins Auge fasst, was du tun willst, dann gehst du viel schneller, du verschwendest keine Zeit auf dem Weg. Was dich Zeit verlieren lässt, ist immer dieses Anklammern an das, was gewesen ist, an das, was ist, was dir schön und gut in der Vergangenheit erschien. Es sollte eine Hilfe für dich sein, du darfst es nicht zurückweisen, es sollte dir vielmehr helfen voranzukommen, es muss einfach etwas sein, auf das du dich stützt, um einen Schritt vorwärts zu gehen.
Nun, zu einem bestimmten Zeitpunkt ließen dich eine Reihe von Umständen, innere und äußere, empfangsbereit für eine bestimmte Schwingung sein; zum Beispiel, wie du sagst, während du die Sterne anblicktest oder eine Landschaft betrachtetest oder eine Seite gelesen hast oder eine Vorlesung hörtest, hattest du plötzlich eine innere Offenbarung, eine Erfahrung, etwas, das dich trifft und dir den Eindruck vermittelt, offen für etwas Neues zu sein. Doch wenn du dich fest daran anklammern willst – so –, wirst du alles verlieren, denn man kann die Vergangenheit nicht festhalten, man muss immer vorwärtsgehen, vorankommen, Fortschritte machen. Diese Erleuchtung muss dich vorbereiten, damit du dein ganzes Wesen auf dieser neuen Ebene ordnen kannst und fähig bist, plötzlich, eines Tages, wiederum auf eine höhere Stufe zu springen.
Es gibt einen horizontalen Fortschritt zwischen zwei jähen Anstiegen. Der Augenblick des jähen Anstiegs vermittelt dir den Eindruck von etwas wie einer Offenbarung, eine große innere Freude. Doch wenn du einmal die Stufe erklommen hast und sie noch einmal erklimmen willst, müsstest du wieder hinabsteigen. Du musst dich auf dieser Ebene vorbereiten, um einen anderen Schritt nach oben zu tun. Diese Dinge, die dir plötzlich eine große Freude vermitteln, sind immer Anstiege. Diese Anstiege aber werden durch ein langsames Wirken horizontalen Fortschritts vorbereitet, das heißt, man muss mehr und mehr bewusst werden, immer vollkommener das festigen, was man ist, und daraus alle inneren psychologischen Konsequenzen ziehen, auch im Tun. Es ist eine langwierige Nutzbarmachung eines plötzlichen Sprunges und, wie ich sagte, es gibt zwei Arten von Fortschritt. Der horizontale Fortschritt aber ist unerlässlich. Du darfst nicht stehen bleiben, du darfst dich nicht auf diese Weise an deinen vertikalen Fortschritt klammern und dich nicht weiterbewegen wollen, weil er dir eine Offenbarung gebracht hat. Du musst wissen, wie er zurückzulassen ist, um dich auf einen weiteren [Fortschritt] vorzubereiten.
DIE MUTTER
