Das Unterbewusstsein

Was bedeutet: „unterbewusst“ eigentlich genau?

Unterbewusst? Es ist das, was halb bewusst ist, weißt du. Wir sagen „unter“, weil es unterhalb des Bewusstseins liegt. Es ist dunkler als das Bewusstsein, aber gleichzeitig ist es wie eine tiefere Grundlage, die das Bewusstsein unterstützt. Es ist wie ein Lager, dem man etwas noch ganz Ungeformtes entnimmt, eine formlose Substanz, die in Formen, Handlungen, Impulse oder sogar Gefühle übersetzt werden kann. Es ist ein Lagerhaus, das eine beträchtliche Anzahl ganz gemischter Eigenschaften enthält, die sich nicht sehr voneinander unterscheiden, die aber sehr reich an latenten Möglichkeiten sind. Nur muss man sie dazu ans Licht holen und organisieren, differenzieren, klassifizieren und ihnen eine Gestalt und einen Wert verleihen.

Solange sie im Unterbewusstsein bleiben, bilden sie eine Masse, die ganz bestimmt unterbewusst ist, das heißt, halbbewusst, halbfertig, eine Mischung, in der alles durcheinander ist. Ihr fehlt die Organisation und eine Bestimmung. Es ist die Aufgabe des Bewusstseins sie zu organisieren und zu bestimmen – geordnete Unterteilungen zu schaffen und die Dinge darin logisch zu arrangieren… Es gibt im Unterbewussten zwar schon Arten von Logik, es sind aber immer noch Anfänge der Logik. Im Bewusstsein gibt es immer höher aufeinander folgende Arten von Logik, die mehr und mehr übergeordnet sind. Aber selbst eine anfängliche Logik im Unterbewusstsein zu schaffen, ist die erste Arbeit des Bewusstseins.

Aber das Bewusstsein ist in diesem Bereich wie verwurzelt und zieht das Unterbewusste wie einen Saft nach oben. Es pumpt es andauernd hoch, um seinen Inhalt in organisierte Bewusstheit umzuwandeln. Deshalb verbringen wir unsere Zeit damit, dieselbe Arbeit zu wiederholen. Wenn wir nur eine kleine, begrenzte Menge von Bewusstsein hätten, die nur zu uns gehört, wie manche Menschen denken, eine kleine Tasche voll Bewusstsein, weißt du, die das eigene Bewusstsein enthält, nun, wenn du das in Ordnung gebracht und gut organisiert hast, wäre deine Arbeit damit getan und du hättest deine Ruhe. Aber so ist es nicht, es ist überhaupt nicht so.

Es gibt Elemente des Bewusstseins, die sich entziehen und verflüchtigen und ausbreiten, und da ist auch ein ständiges Aufsteigen von etwas Unbewusstem aus einem tiefen Untergrund, das bewusst gemacht werden will. Deshalb muss deine Arbeit auch andauernd wiederholt werden. Wenn man aufmerksam und sorgfältig ist, kann man bei der Sache aber jedes Mal einen kleinen Fortschritt machen, anstatt immer nur dieselbe Sache zu wiederholen. Dann geht die Entwicklung nicht geradlinig, siehst du, sondern so (sie macht die Geste einer spiralförmigen Bewegung). Man scheint manchmal rückwärts zu gehen, aber das geschieht, um sich weiter und weiter vorwärts zu bewegen.

DIE MUTTER, CWM 6:319

Süße Mutter, ist das Unterbewusstsein stärker als der Verstand, das Vitale und das Physische?

Es besitzt eine stärkere Macht. Eben weil es unterbewusst ist, ist es überall, alles scheint in das Unterbewusstsein getaucht zu sein. „Unterbewusst“ bedeutet halb bewusst, nicht bewusst oder unbewusst. Es liegt gerade dazwischen. Deshalb gleiten die Dinge da hinein und man bemerkt nicht, dass sie sich dort befinden und von dort aus agieren. Und weil man nicht weiß, dass sie dort sind, bleiben sie da erhalten. Es gibt viele Dinge in einem selbst, die man nicht behalten möchte und die man aus seinem wachen Bewusstsein vertreibt, aber sie sinken nach unten und verstecken sich dort und weil sie unterbewusst sind, bemerkt man sie nicht. Sie verschwinden jedoch nicht vollständig aus dem Bewusstsein und wenn sie eine Gelegenheit bekommen wieder aufzutauchen, kommen sie wieder hoch. Zum Beispiel gibt es schlechte körperliche Angewohnheiten, in dem Sinn, dass der Körper die Angewohnheit hat, sein Gleichgewicht zu stören – wir nennen das krank werden, weißt du. Aber eigentlich wird der Körper durch eine schlechte Angewohnheit in seiner Funktionsweise gestört. Es gelingt dir, diesen Defekt zu beheben, indem du die Kraft darauf konzentrierst und darauf anwendest, aber er verschwindet nicht vollständig, er sinkt ins Unterbewusstsein. Und dann, wenn du nicht aufpasst, wenn du aufhörst, darauf zu achten und auf den Defekt einzuwirken, steigt er hoch und kommt heraus. Für Monate oder vielleicht sogar Jahre dachtest du, dass du von einer bestimmten Krankheit völlig befreit seist, unter der du gelitten hattest, und du dachtest nicht mehr daran. Und dann plötzlich kommt sie wieder zurück, als hättest du sie niemals überwunden, sie schnellt wieder aus dem Unterbewusstsein hervor und wenn man nicht in das Unterbewusste eindringt und die Dinge dort ändert, passiert das immer wieder so. Die Methode besteht darin, das Unterbewusste bewusst zu machen, in dem Moment, in dem eine Sache nach oben steigt und bewusst wird, muss sie geändert werden. Es gibt noch eine direktere Methode: das Unterbewusstsein in voller Bewusstheit zu betreten, aber das ist schwierig. Doch solange das nicht gemacht wird, kann aller innerer Fortschritt, den man gemacht hat – ich meine physisch in seinem Körper – immer zunichte gemacht werden.

DIE MUTTER, CWM 7:141

Wir bezeichnen mit Unterbewusstsein den ganz untergetauchten Teil unseres Wesens, in dem es kein Wachbewusstsein und kein zusammenhängendes Denken, Wollen und Fühlen gibt, keine kontrollierten Reaktionen. Trotzdem empfängt dieser Teil des Bewusstseins dunkel die Eindrücke aller Dinge und speichert sie in diesem Bereich. Alle Arten von Impulsen, hartnäckige feste Gewohnheiten, die sich primitiv wiederholen oder seltsame Formen annehmen, können aus dem Unterbewusstsein in den Traum oder das Wachbewusstsein emporsteigen. So wie diese Eindrücke meist im Traum zusammenhanglos und ungeordnet aufsteigen können, so steigen sie auch auf, in unser Wachbewusstsein, als eine mechanische Wiederholung alter Gedanken, in Form von alten mentalen, gefühlsmäßigen oder körperlichen Gewohnheiten oder als dunkler Anreiz für Empfindungen, Handlungen und Gefühle, die nicht aus oder in unserem bewussten Denken oder Willen entstehen und sich deren Wahrnehmungen, ihrer Wahl und Entscheidung oft sogar widersetzen.

Im Unterbewusstsein befindet sich ein dunkler Verstand, der angefüllt ist mit hartnäckigen Samskaras, Eindrücken, Assoziationen, festgelegten Vorstellungen und gewohnheitsmäßigen Reaktionen, die in unserer Vergangenheit gebildet wurden. Hier befindet sich auch eine Schicht abgründiger Gefühle, mit den Samen gewohnheitsmäßiger Verlangen, sinnlicher Eindrücke und nervöser Reaktionen, eine höchst obskure materielle Substanz unserer körperlichen Grundlage, die sehr viel von dem bestimmt, was mit dem Zustand unseres Körpers zu tun hat. Sie ist weitgehend für unsere Krankheiten verantwortlich. Chronische Krankheiten oder solche, die sich wiederholen, sind tatsächlich hauptsächlich auf das Unterbewusstsein und dessen hartnäckige Erinnerung zurückzuführen und auf seine Angewohnheit alles, was sich dem Körperbewusstsein eingeprägt hat zu wiederholen. Aber dieses Unterbewusstsein muss klar von den unterschwelligen, subliminalen Teilen unseres Wesens, wie dem inneren oder subtilen körperlichen Bewusstsein oder dem inneren fühlenden Vitalen oder dem inneren mentalen Bewusstsein, unterschieden werden, denn diese sind keinesfalls verdunkelt oder unzusammenhängend oder mangelhaft organisiert, sondern nur vor unserem äußeren oberflächlichen Bewusstsein verborgen. Unser äußeres Bewusstsein empfängt andauernd etwas aus diesen Bereichen, innere Berührungen, Mitteilungen oder Einflüsse, aber weiß meist nicht, woher sie kommen.

SRI AUROBINDO, CWSA 28:216

Das Unterbewusste ist sowohl universal als auch individuell, wie alle anderen Hauptbestandteile der Natur. Aber es gibt verschiedene Teile oder Ebenen des Unterbewusstseins. Alles auf der Erde basiert auf dem Unbewussten, wie es genannt wird, obwohl das eigentlich überhaupt nicht unbewusst ist, sondern eher ein vollständiges „unter“-Bewusstsein, ein unterdrücktes oder involviertes Bewusstsein, in dem alles enthalten ist, aber noch nichts davon ausgedrückt oder gestaltet. Das Unterbewusste liegt zwischen dem Unbewussten und dem bewussten Denken, Leben und Körper. Es enthält das Potential all der primitiven Reaktionen des Lebens, die darum kämpfen, aus den dumpfen und trägen Fesseln der Materie an die Oberfläche zu kommen, und durch eine andauernde Entwicklung, ein sich langsam entwickelndes und sich selbst ausarbeitendes Bewusstsein zu gestalten. Dieses besteht zunächst nicht aus Ideen, Wahrnehmungen oder als bewusste Reaktionen, sondern als die flüssige Substanz dieser Dinge. Aber auch das, was bewusst erfahren wird, sinkt hinab in das Unterbewusstsein, nicht als genaue, aber untergetauchte Erinnerungen, sondern als dunkle und hartnäckige Eindrücke von Erfahrungen und diese können jederzeit als Träume wieder hervorkommen oder als mechanische Wiederholungen vergangener Gedanken, Gefühle und Taten usw., als „Komplexe“, die sich im Handeln oder als Ereignisse usw. usw. entladen können. Das Unterbewusste ist die Hauptursache dafür, dass alle Dinge sich laufend wiederholen und nichts wirklich geändert wird, sondern nur dem äußeren Anschein nach. Das ist der Grund, warum man sagt, dass der Charakter nicht geändert werden kann, und auch der Grund für eine ständige Wiederkehr der Dinge, von denen man gehofft hatte, dass man sie für immer losgeworden war. Alles befindet sich hier als Same und alle Eindrücke, Samskaras des Denkens, Fühlens und des Körpers, – es ist die Hauptunterstützung für den Tod und für Krankheit und die scheinbar undurchdringliche letzte Festung der Unwissenheit. Auch alles, was unterdrückt wurde, ohne dass man es gänzlich bewältigt hätte, sinkt nach dort unten und bleibt als Same bestehen, der bereit ist, jeden Moment wieder hervorzusprießen oder aufzusteigen.

SRI AUROBINDO, CWSA 28:225

Das Unterbewusste ist die unterhalb des Mentalen liegende Basis des Menschen und sie besteht aus Eindrücken, Instinkten und Gewohnheiten, die dort abgelagert sind. Jegliche Regung, die sich ihm einprägt, hält es fest. Wenn man die richtigen Empfindungen darauf einwirken lässt, wird es diese behalten und nach oben ins Bewusstsein senden. Deshalb muss es von alten Anhaftungen frei gemacht werden, bevor es zu einer vollkommenen und dauerhaften Änderung der Natur kommen kann. Wenn das höhere Bewusstsein sich einmal in den wachen Teilen der Natur etabliert hat, geht es hinunter in das Unterbewusstsein, um auch das zu ändern, und schafft auch dort eine Grundlage für sich selbst. Dann wird es keine Probleme aus dem Unterbewusstsein mehr geben. Aber selbst vorher kann man die Probleme verringern, indem man den unterbewussten Wesensteilen den richtigen Willen und gute Gewohnheiten eingibt.

SRI AUROBINDO, CWSA 28:221

So, wie ein Superbewusstsein (über unserem gegenwärtigen Bewusstsein) existiert, das sich über dem Kopf befindet, von wo aus es in den Körper gelangt, so gibt es auch ein Unterbewusstsein (etwas unterhalb von unserem Bewusstsein), das sich unter den Füßen befindet. Die Materie ist unter der Kontrolle seiner Macht, denn sie wurde daraus geschaffen, deshalb scheint die Materie für uns ganz unbewusst zu sein. Aus dem selben Grund steht der Körper sehr unter dem Einfluss dieser Macht; deshalb ist uns größtenteils nicht bewusst, was im Körper geschieht. Das äußere Bewusstsein geht in dieses Unterbewusstsein hinunter, während wir schlafen, und bemerkt nicht, was in diesem Teil geschieht, abgesehen von einigen Träumen. Viele dieser Träume steigen aus dem Unterbewusstsein hervor und bestehen aus zusammenhanglosen alten Erinnerungen und Eindrücken. Denn das Unterbewusstsein empfängt die Eindrücke von allem, was wir machen oder in unserem Leben erfahren und erhält diese Eindrücke in sich und sendet im Schlaf oft Fragmente davon nach oben. Es ist ein sehr wichtiger Teil des Wesens, aber wir können mit dem bewussten Willen wenig damit bewirken. Es ist die höhere Kraft des Bewusstseins, die in ihrem natürlichen Verlauf dieses Unterbewusstsein für sich selbst öffnen und Kontrolle und Licht hineinbringen wird.

SRI AUROBINDO, CWSA 31:599

Kann man lernen, sein Unterbewusstsein so zu kontrollieren, wie man seine bewussten Gedanken kontrolliert?

Man ist besonders während des Schlafes in Kontakt mit seinem Unterbewusstsein. Wenn man sich dessen bewusst wird, was in den Nächten geschieht, wird es leichter, das Unterbewusstsein zu kontrollieren.

Die Kontrolle kann dann vollständig werden, wenn die Zellen das Göttliche in sich wahrnehmen und sich freiwillig seinem Einfluss öffnen.

DIE MUTTER, CWM 14:356

Es ist ganz normal, dass Schwierigkeiten zurückkommen… und es bedeutet nicht, dass kein innerer Fortschritt gemacht wurde. Das erneute Auftreten von inneren Schwierigkeiten (nachdem man dachte, sie bewältigt zu haben) ist nicht unerklärlich. Ich habe in meinen Schriften erklärt, was passiert. Wenn eine gewohnheitsmäßige Aktivität, die lange in der Natur verwurzelt war, aus ihr herausgeworfen wird, sucht sie in einem weniger einsichtsvollen Teil der Natur Zuflucht und wenn sie dann aus der ganzen Natur herausgeworfen wird, flüchtet sie ins Unterbewusstsein, und von dort steigt die Angewohnheit auf, wenn du es am wenigsten erwartest oder sie drückt sich in Träumen aus oder in plötzlichen unbewussten Regungen oder sie verlässt die Natur endgültig und wartet im Bereich, der einen umgibt, im Umgebungsbewusstsein, durch das die universale Natur arbeitet und greift von dort aus als eine Kraft von außen an, die versucht, ihr verlorenes Königreich durch Suggestionen oder die Wiederholung alter gewohnter Regungen zurück zu erobern. Man darf nicht aufgeben, bis die Macht der Rückkehr verschwindet. Die Macht oder der Angriff der Rückkehr alter Gewohnheiten sollen nicht als Teil von einem selbst betrachtet werden, sondern als Invasionen, die zurückgewiesen werden, ohne Depression oder Entmutigung in sich zuzulassen. Wenn der Verstand ihnen nicht zustimmt, wenn das Gefühl es ablehnt, sie willkommen zu heißen, wenn man körperlich stark bleibt und sich weigert, dem körperlichen Impuls zu folgen, dann wird die Rückkehr der alten Gedanken, der vitalen Impulse und des körperlichen Gefühls anfangen, ihre letzten Anhaftungen zu verlieren, und schließlich werden sie zu schwach, um Probleme zu erzeugen.

SRI AUROBINDO, CWSA 31 :604