Das Überbewusste

… Es gibt über dem Kopf ein Überbewusstsein, (das über unserem gegenwärtigen Bewusstsein liegt), von dem aus das höhere Bewusstsein in den Körper gelangt…

SRI AUROBINDO, CWSA 31:599

Das höhere Bewusstsein ist das über dem normalen Verstand und es ist anders als er in seiner Arbeitsweise; es spannt sich vom höheren Verstand durch den erleuchteten Verstand, die Intuition und das Übermental (Overmind) bis zum Grenzbereich des Überbewusstseins (Supramental).

SRI AUROBINDO, CWSA 28:85

In diesem höheren Bewusstsein gibt es viele Stufen, von denen das Überbewusstsein (Supermind) der Gipfel oder der Ursprung ist.

SRI AUROBINDO, CWSA 30:404

Über uns gibt es… aufeinander folgende, fortlaufende Ebenen, Zustände oder Stufen gesteigerter Mächte unseres Wesens, die unseren normalen Verstand überragen und verborgen in unseren eigenen überbewussten Teilen liegen, höhere Bereiche des Denkens, höhere Grade des spirituellen Bewusstseins und seiner Erfahrung. Ohne sie gäbe es keine Verbindungen, keine hilfreich eingreifenden Zwischenräume, um den immensen Aufstieg im Bewusstsein zu ermöglichen. Die verborgene spirituelle Kraft wirkt tatsächlich von diesen höheren Ebenen auf das Wesen ein und bringt durch ihren Druck die psychische Transformation oder die spirituelle Änderung hervor. Aber in den frühen Stadien unseres inneren Wachstums ist diese Wirkungsweise noch nicht erkennbar, sie bleibt noch verborgen und ungreifbar.

SRI AUROBINDO, CWSA 21-22:967

… Der Aufstieg des Bewusstseins ab dem Verstand durch eine aufsteigende Anzahl von dynamischen Kräften, durch die es sich verfeinert, erfolgt in einer Unterteilung in vier Hauptaufstiegen, jeder mit seiner eigenen hohen Ebene der Erfüllung. Die Unterteilungen können, kurz gefasst, als eine Serie von Verfeinerungen des Bewusstseins beschrieben werden, durch den höheren Verstand, den erleuchteten Verstand und die Intuition in das Übermental (Overmind) jenseits davon. Es ist eine Abfolge von Selbstumwandlungen, an deren Spitze das Supramentale (Supermind) oder die Göttliche Gnosis liegt.

SRI AUROBINDO, CWSA 21-22:972

Der höhere Verstand

Mit dem höheren Verstand meine ich eine erste Ebene des spirituellen Bewusstseins, auf der man dauernd und nahe das Selbst wahrnimmt, das Eine überall und die Dinge gewohnheitsmäßig mit dieser Wahrnehmung kennt und sieht. Sie liegt aber immer noch sehr auf der Ebene des Denkens, obwohl sie in ihrer wesentlichen Substanz höchst spirituell ist. Diese spirituelle Wahrnehmung wird erzeugt durch das Mittel einer erhöhten Gedankenkraft und durch eine mentale Schau – die nicht durch eines der intensiveren höheren Lichter erhellt wird, sondern wie in einem weiten, starken und klaren Tageslicht erscheint. Der höhere Verstand dient als ein Zustand, der zwischen dem Wahrheitslicht darüber und dem menschlichen Verstand liegt und das höhere Wissen in einer Form überträgt, die die gesteigerte, erweiterte, spirituell verfeinerte Wahrnehmung des Verstandes erfassen kann, ohne durch eine Wahrheit jenseits von ihm verwirrt oder geblendet zu werden.

SRI AUROBINDO, CWSA 27:20

Der erleuchtete Verstand

… Eine größere Macht (als die des höheren Verstandes) ist die des erleuchteten Geistes, der nicht länger ein Verstand des höheren Denkens ist, sondern des spirituellen Lichts. Hier macht die Klarheit der spirituellen Intelligenz mit ihrem friedlichen Tageslicht Platz für den intensiven Glanz, die Brillanz und Erleuchtung des spirituellen Geistes: Ein Zusammenspiel von Blitzen spiritueller Wahrheit und Kraft bricht von oben in das Bewusstsein und verstärkt die stille, weite Erleuchtung und die unermessliche Herabkunft von Frieden, die das größere konzeptionelle spirituelle Prinzip charakterisieren oder begleiten, das in seiner Aktion eine feurige Glut der Verwirklichung und eine höchst glücklich machende Ekstase des Wissens erzeugt.

Ein Herabströmen von innerlich sichtbarem Licht umhüllt diese Aktion sehr oft, denn es muss bemerkt werden, dass Licht, entgegen unserer gewöhnlichen Auffassung, nicht primär eine materielle Schöpfung ist, und das Empfinden und die Vision von Licht, die die innere Erleuchtung begleiten, ist nicht bloß ein subjektives visuelles Bild oder ein symbolisches Phänomen: Licht ist primär eine spirituelle Manifestation der kreativen und erleuchtenden göttlichen Realität, materielles Licht ist eine nachfolgende Darstellung oder Umwandlung davon in Materie zum Zweck der Schöpfung materieller Energie.

In dieser Herabkunft tritt auch eine stärkere Dynamik hervor, ein goldener Antrieb, ein leuchtender „Enthusiasmus“ innerer Kraft und Macht; sie ersetzt den vergleichsweise langsamen, bedachten Prozess des höheren Verstandes mit einem schnellen, manchmal vehementen, beinahe gewaltsamen Anstoß zu einer raschen Transformation.

SRI AUROBINDO, CWSA 21-22:979

Intuition

Das Denken des intuitiven Verstandes wird vollständig durch vier Kräfte gebildet, die jeweils eine Form der Wahrheit ausdrücken, die Kraft der Intuition, die die Idee der Wahrheit eingibt, die Intuition, die unterscheidet, die Inspiration, die das Wort und dessen substanziellen Inhalt einbringt, und eine Offenbarung, die unserer Sicht das ganze Gesicht der Wahrheit und den Körper ihrer Realität enthüllt. Diese Prozesse sind nicht dasselbe wie bestimmte Gedankengänge der normalen mentalen Intelligenz, die ähnlich aussehen und leicht in unserer anfänglichen Unerfahrenheit als wahre Intuition missverstanden werden können. Die suggestive Kraft der Intuition ist nicht dasselbe wie das intellektuelle Verständnis einer schnellen Auffassung und die intuitive Unterscheidung ist nicht wie die schnelle Beurteilung durch den argumentierenden Intellekt. Die intuitive Inspiration ist nicht dasselbe wie die inspirierte Tätigkeit einer einfallsreichen Intelligenz und die intuitive Offenbarung ist nicht dasselbe wie das starke Licht einer rein mentalen Erfahrung, eines rein mentalen, genauen Erfassens und Begreifens.

Es wäre vielleicht zutreffend zu sagen, dass diese zuletzt genannten Aktivitäten – (intellektuelles Verständnis, schnelle Beurteilung, inspirierte Tätigkeit, mentales Erfassen) – mentale Darstellungen der höheren Fähigkeiten sind, Versuche des normalen Verstandes, dieselben Dinge zu tun oder, dass sie die bestmögliche Imitation der Funktionen der höheren Natur sind, die der Intellekt anbieten kann. Die wahren Intuitionen unterscheiden sich von diesen wirkungsvollen aber unvollständigen Nachahmungen in ihrer Substanz des Lichts, in ihrer Vorgehensweise und in ihrer Methode der Erkenntnis. Die Schnelligkeit des Intellekts ist abhängig vom Erwachen aus einer grundlegenden mentalen Unwissenheit, zur Auffassung mentaler Darstellungen und Denkbilder der Wahrheit, die in ihrem eigenen Umfeld und zu ihrem eigenen Zweck gültig sind, aber sie sind nicht notwendigerweise von Natur aus zuverlässig.

Für ihre Entstehung sind sie von der Eingabe mentaler Daten und von Sinneswahrnehmungen abhängig oder von der Ansammlung mentalen Wissens aus der Vergangenheit. Sie suchen nach der Wahrheit als nach einer Sache, die außerhalb liegt, wie nach einem Gegenstand, der gefunden werden muss, den man betrachtet und aufbewahrt wie eine Errungenschaft und dessen Oberfläche, Aspekte und Hinweise man dann untersuchen muss, wenn man ihn gefunden hat. Diese Untersuchung kann niemals eine ganz vollständige und adäquate Idee der Wahrheit vermitteln. Wie positiv auch immer die gefundenen Ideen in der Zeit sein mögen, in der sie entdeckt werden, sie können zu jedem Zeitpunkt überholt werden, zurückgewiesen und sich als unvereinbar mit neu entdecktem Wissen erweisen.

Das intuitive Wissen hingegen, wie begrenzt es auch in seinem Anwendungsgebiet sein mag, ist innerhalb dieses Bereichs verlässlich, mit einer sofortigen, beständigen und besonders einer durch sich selbst bestehenden Gewissheit.

SRI AUROBINDO, CWSA 23-24:813

Um zu wahrer Intuition zu gelangen, muss man den Eigensinn des Denkens und auch den des Gefühls loswerden sowie deren Bevorzugungen, Launen, Einbildungen und ihre starken Widersprüche und man muss den Druck des Egos eliminieren, der das Bewusstsein in den Dienst seiner eigenen Ansprüche und Wünsche stellt.

Ansonsten dringen diese Dinge mit Macht ein und geben sich als Intuitionen, Inspirationen und alles andere aus. Oder sie verdrehen und verderben die Intuitionen, wenn sie kommen, durch die Beimischung dieser ignoranten Kräfte.

SRI AUROBINDO, CWSA 28:162

Das Übermental (Overmind)

Über dem Verstand existieren mehrere Ebenen des bewussten Seins, von denen die wirklich göttliche Welt diejenige ist, die Sri Aurobindo das „Supramental“ (Supermind) genannt hat, die Welt der Wahrheit. Aber dazwischen liegt das, was er als das „Übermental“ (Overmind) bezeichnet hat, die Ebene der kosmischen Götter. Bis jetzt hat das Übermental unsere Welt regiert: es ist die höchste Ebene, die der Mensch mit einem erleuchteten Bewusstsein erreichen konnte. Sie wurde für das höchste Göttliche gehalten und alle, die sie erreicht hatten, haben nicht einen Augenblick daran gezweifelt, den wahren spirituellen Geist berührt zu haben. Denn der Glanz dieser Ebene ist so absolut blendend für das menschliche Bewusstsein, dass es glaubt, hier die krönende Realität gefunden zu haben. Und doch ist es eine Tatsache, dass das Übermental weit unterhalb des wahren Göttlichen liegt.

Es ist nicht das echte Heim der Wahrheit. Es ist nur die Domäne der formierenden Kräfte, der „Formateurs“, all der schöpferischen Kräfte und Gottheiten, vor denen sich die Menschen seit Anbeginn der Geschichte verneigt haben. Und der Grund dafür, warum das Göttliche sich noch nicht manifestiert und die Natur auf der Erde umgewandelt hat, ist genau der, dass das Übermental für das Supramental gehalten wurde. Die kosmischen Götter leben nicht völlig im Bewusstsein der Wahrheit: sie sind nur mit ihr in Kontakt und jeder von ihnen stellt nur einen Aspekt des Reichtums der supramentalen Ebene dar.

Kein Zweifel, das Supramental hat auch in der Geschichte der Erde gewirkt, aber immer durch das Übermental als Vermittler. Es ist das direkte Herabkommen des supramentalen Bewusstseins und seiner Macht, die allein das Leben in Bezug zur Spiritualität neu erschaffen kann. Denn im Übermental gibt es schon das Spiel der Möglichkeiten dieser unter ihm liegenden dreifachen Welt von Verstand, Leben und Materie, in der wir existieren. Und wann immer dieses Spiel stattfindet und nicht das spontane, unfehlbare Wirken der ihm innewohnenden Wahrheit des spirituellen Geistes, existiert der Same von Verfälschung und Unwissenheit. Nicht, dass das Übermental ein Feld der Ignoranz wäre, aber es ist der Grenzbereich zwischen dem Höheren und dem Niederen, denn das Spiel der Möglichkeiten, von einzelnen Entscheidungen, auch wenn sie auf dieser Ebene noch nicht getrennt sind, führt hier eher zu einer Abweichung von der Wahrheit der Dinge.

Deswegen kann das Übermental nicht die Macht besitzen, die Menschheit in eine göttliche Natur umzuwandeln. Dafür ist das Supramentale der einzige Vermittler.

DIE MUTTER, CWM 3:173

Das Supramental (Supermind)

Hier ist geschrieben: „Es ist für jeden sehr unklug, frühzeitig zu beanspruchen, er sei im Besitz des Supramentals oder sogar nur, einen Vorgeschmack davon zu haben.“ [Sri Aurobindo, Bases of Yoga]. Was ist ein Vorgeschmack auf das Supramental?

Es ist noch unklüger, sich einzubilden, man hätte es. Das heißt es. Ja, weil einige Leute, sobald sie einen Satz in einem Buch, in einem Lehrbuch finden, sich sofort einbilden, dass sie das, was sie lesen schon realisiert haben. So, als Sri Aurobindo anfing – in seinen Schriften – über das Supramental zu sprechen, schrieb ihm jeder: „Ich habe das supramentale Licht gesehen, ich hatte eine Erfahrung des Supramentalen!“ Deswegen ist es jetzt erst einmal besser, das Wort „Supramental“ zu einem späteren Zeitpunkt zu benutzen. Lass uns im Moment nicht darüber sprechen.

Irgendwo in seinen Büchern gibt es eine sehr detaillierte Beschreibung über all die mentalen Funktionen, die dem Menschen zugänglich sind. Also, wenn wir das lesen, sehen wir, nur wenn wir allein die mentale Domäne bis zu ihrer höchsten Grenze durchqueren, gibt es so viele Stufen, die noch nicht beschritten wurden, dass wir über das Supramental im Moment wirklich nicht zu sprechen brauchen.

Wenn er von den höheren Bereichen des Verstandes spricht, wird einem klar, dass man sich nicht häufig an diesen Plätzen aufhält. In diesem Bewusstseinszustand zu sein, ist sehr selten. Im Gegenteil, wir leben in dem, was er den alltäglichen Verstand, den gewöhnlichen Verstand des Menschen nennt. Für das gewöhnliche Bewusstsein scheint die Vernunft schon zu einer sehr hohen Region zu gehören und für ihn ist die Vernunft eine der durchschnittlichen Fähigkeiten des menschlichen Verstandes. Es gibt sehr viel höhere mentale Regionen, die er im Detail beschrieben hat.

Plötzlich sagten Einige, sie hätten wundervolle spirituelle Erfahrungen, weil man sich sehr selten aufhält in diesen Regionen, die jenseits des Verstandes liegen, den Regionen direkter Wahrnehmung und Intuition und anderer ähnlicher Fähigkeiten der Intuition. Aber das sind immer noch mentale Bereiche, sie haben nichts vom Supramentalen an sich.

… All diese höheren Regionen, die für die meisten Menschen fast unerreichbar sind, befinden sich im mentalen Bereich des Denkens selbst, ohne dass man diese Ebene verlässt.

Bevor man die äußerste Grenze der Ebene der Gedanken erreicht, gibt es so viele Gebiete und Bereiche des Denkens, die für die meisten Menschen überhaupt nicht zugänglich sind. Und selbst diejenigen, die sie erreichen, leben nicht dauerhaft in ihnen. Sie müssen sich darauf konzentrieren, um dahin zu kommen, und gelangen nicht immer dorthin. Von den Regionen, die Sri Aurobindo beschrieben hat, gibt es Bereiche, die nur sehr außergewöhnlichen Individuen zugänglich sind, und doch nennt er sie immer noch mentale Regionen. Für sie gebraucht er nicht das Wort „Supramental.“

DIE MUTTER, CWM 6:415