Baji Prabhou
Deutsch
Baji Prabhou
Ein tropischer Mittag mit seiner tyrannischen Glut
Bedrückte die Erde; die Berge standen tief im Dunst
Und schmachtend flehten die Felder durstig empor,
Lechzend nach Wasser in den ausgetrockneten Läufen
Längst toter Flüsse. Natur und mit ihr der Mensch,
Eingeschlossen von einem bronzenen und gleißenden Firmament,
Suchten ein Entkommen aus jener weiten Trance der Hitze.
Nicht nur die leblosen Hügel und Bäume,
Nicht nur der seltene Hirte noch der geduldige Ackermann,
Den Boden bestellend oder sich schlaflos kümmernd
Um das ährenreiche Korn, trugen die Last. Sie hing
Auch auf den Mogul-Reitern als sie vorwärtsdrängten
Mit angriffsbereiten Lanzen, die Brandung des Stahls
Über und hinter ihnen, wie sie zurückwichen
Oder kreisten, wo Fußsoldaten rannten und schossen,
Und wieder schossen und rannten; „Endlich nun“,
So wähnten sie, „ist der Krieg vorüber, nun endlich
Ist der Panther dieser Berge zurückgeschlagen
Bis in sein Lager, die rebellische Schar
Zu Tode gejagt, und schließlich ein Ende gemacht.“
Darum verweilten sie nicht, trotz stickigem Staub,
Trotz mörderischer Hitze, Durst von Wunden und Kampf,
Trotz strauchelnder Mattigkeit, sondern drängten weiter
Mit leuchtenden Augen. Ganz anders aber der Feind,
Keuchend, vom Schmerz geschunden und gequält vom Durst
Und geblendet von glühender Erde, der zurücktaumelte
Nach Raigurh, benetzend mit seinem Blut
Die Mutter, und die eigenen geliebten Berge kamen ihm vor
Wie ein höllischer Alptraum von Hitze und Tod, der Himmel
Ein stummer und lächelnder Zeuge ihrer
Entsetzlichen Qual, – im Stich gelassen von Gott und Mensch,
Sie, die gerungen hatten für ihre Heimat und ihr Volk,–
Umsonst, wie es schien. Als diesen Morgen die Sonne
Noch unter dem Horizonte stand, da fiel der Bhonsole
Die hohe Gebirgsfestung an, so hoffend,
Das ganze weite Land in seine Gewalt zu bekommen;
Doch die Mogulen strömten von Norden und Osten her,
Zahllose Schwerter und Hufen, die die Berge erschüttern ließen,
Und Donnern hunderter Kanonen. Diese drängten
Den Helden zurück. Schweigend, mit unbewegten Gesichtern,
Zogen die starken Mahratten sich grimmig kämpfend
In ihre Berge zurück; nur
Ihre Nachhut sprang manchmal mit Kriegsgeschrei
Dem Verfolger an die Kehle, oder hielt die Flut der Mogulen
An einer vorteilhaften oder sicheren Anhöhe
Für eine Weile auf. Zuvorderst, immer wo Männer kämpften,
War Baji Prabhou zu sehen, gleich einer wilden Woge
Im Sturm oder wie ein Kliff, das der Brandung trotzt.
Schließlich erreichten sie eine Felsklamm, eines Tigerrachens gleich,
Auf dem Weg nach Raigurh. Dort verengen
Sich die Berge und ihre abwehrenden Felsvorsprünge bedrohen
Die sich hinstreckende Steigung. Hier hielt der Bhonsole inne,
Sein feuriger Blick umkreiste in raschem Flug
Berg, Felsklamm und Tal und kehrte alsbald wieder,
Gewaltig wie ein schwebender Adler, zurück
Zu einem dunkelhäutigen Jüngling neben ihm, Malsure,
Der Jüngere, mit den leuchtenden und glühenden Augen,
Der wortlos und wie an der Leine unruhig ritt;
Zur Nachhut lechzte sein wildes Herz, wo der Tod
Inmitten des Gelächters der Schwerter sang.
„Reite, Suryaji“, rief das Oberhaupt, sein Blick
Nach innen gerichtet, fest, „und hole von der Nachhut
Sogleich den Prabhou.“ Wendend bei dem Wort,
Galoppierte Suryaji rasch die felsige Böschung hinab,
Der Tiefe des messerscharfen Tales zu. Und schnell,
Obgleich mit dem Schicksal des Volkes beladen, erreichte
Er den Bergkamm, wo verbissen kämpfte und fiel,
Die stählernen Herzen gebrochen vom verzweifelten Mühen,
Des Südens Nachhut, und richtete dem Prabhou
Die Aufforderung des Anführers aus: „Reite, Baji, reite,
Der Bhonsole ruft dich.“ Und Baji sprach
Kein Wort, sondern stürmte mit lockeren und fliegenden Zügeln
Zur hohen, finster starrenden Schlucht und hielt schweigend
Vor dem Oberhaupt. „Baji, mehr als einmal
Hast du in der Schlacht als lebendiges Schild
Zwischen mir und den Feinden gestanden. Heute aber,
O Baji, rette mehr als irgendein Leben,
Rette das Schicksal deines Volkes. Du siehst diese Schlucht,
Eng und fürchterlich und gleißend, gleich dem Rachen
Eines riesigen Tigers, mit seinen felsigen Fängen
Nach Futter schnappend: Und fällt auch die untere Böschung
Zu sachte ab, ist sie doch durch Wurzeln und Steine
Beschwerlich zu erklimmen, und der obere steile Abhang
Wehrt unbezwinglich Angriffe ab; zu abschüssig
Sind die Seiten, um hochzuklimmen und herzuschießen
Aus günstiger Stellung. Hier könnten löwenherzige Männer,
Selbst nur wenige, viele Feinde aufhalten. Baji, ich eile
Nach Raigurh und bin in zwei Stunden zurück.
Sag, mit welcher Streitmacht vermag dein eisernes Herz
Den Durchgang bis zu meiner Rückkehr halten? Du siehst,
Wie unsere Stärke gleich afghanischem Eis
Zu blutiger Lache geschmolzen ist.“ Und während er noch schwieg,
Der so Auserkorene, sprach ein eherner Mann
Mit hartem Gesicht, der hinter dem Anführer ritt,
Tanaji Malsure, das lebendige Schwert:
„Für diese Kleinigkeit war es nicht nötig
Den Prabhou von seiner mühevollen Arbeit zu holen. Genug,
Gib fünfhundert Leute mir; ich halte den Pass
Bis du wiederkehrst.“ Doch Shivaji hielt
Seinen starken und ruhigen Blick auf das Antlitz
Von Baji Prabhou gerichtet. Dann, ganz dunkel vor Zorn,
Die wilden Augen verkniffen, der Malsure:
„Was grübelt denn der Held? Solch ein Mann
Der Männer braucht nicht wie wir unbedeutenden Schwerter
Eine Streitmacht hinter sich, sondern beschützt ganz allein
Ganz Rajasthan und Agra und Kabul
Von früh bis spät.“ Und Baji erwiderte ihm:
„Tanaji Malsure, nicht in diesem lebendigen Geflecht
Von Fleisch und Nerven noch im flackernden Verstand
Sitzt eines Mannes Männlichkeit. Gott im Innern
Waltet über uns, der im Brahmanen und im Hund
Die gleiche Göttlichkeit zeigen kann, wenn Er will. Nicht
Durch den Menschen wird Größe erlangt; Baji
Oder Malsure sind nichts als Namen, Kleider,
Die nur den Einen bedecken. Wir aber setzen
Bhavanis Kraft ein, die in einem Arm aus Fleisch
So mächtig ist wie im Donner und im Sturm.
Ich bitte um fünfzig Schwerter.“ Und Malsure:
„Gut, Baji, ich werde dir einen solchen Scheiterhaufen errichten,
Wie ihn nie ein Mensch gehabt hat, wenn wir wiederkehren;
Der ganze Dekkan wird lichterloh verkünden,
Baji, der Prabhou, brennt!“ Und mit einem Lächeln
Gab der Prabhou zur Antwort: „Mich wirst du nicht verbrennen.
Ob diese fünf oder sechs Fuß Fleisch und Knochen
Von der Flamme verzehrt oder Bergschakale
Sich davon nähren werden, das mag wohl andere angehen,
Nicht aber Baji Prabhou.“ Und der Anführer daraufhin
Mit hoher Ruhe in seinem leuchtenden Blick:
„Wir trennen uns, O Freund, doch müssen wir uns wieder treffen,
Wenn wir beide, von unseren Aufgaben befreit, gemeinsam
Wie Kinder in die Arme unserer Mutter rennen.“ Er nahm
Von der weiten Stirn den fürstlichen Turban, bestückt
Mit Diamant-gekröntem Schmuck, und setzte auf das Haupt
Dem Baji das funkelnde Zeichen, umarmte dann
Den Freund und, gefolgt von der strömenden Schar,
Die aus der Nachhut sich einfand, ritt prasselnd
In das ferne Gebirge. Als die Mogul-Vorhut nahte,
Blieb einzig Baji und seine Mahratten noch,
Gewahrt von den Bergen in der schweigenden Schlucht.
Ein wenig Erholung fand der spärliche Trupp,
Der das Schicksal hielt mit brüchigem Band von Stahl;
Denn wie ein nahender Wellenkamm erschien
Die Moslem-Vorhut, langsam und müde zwar,
Doch entschlossen, so schwaches Hindernis zu durchbrechen,
Und zwang sich zum Laufe – aber es half nicht lang;
Die Musketen sprachen mit einem einzigen Aufschrei,
Dann wieder und wieder sobald jene näher kamen,
Und, wie eine auf Felsen prallende Woge, hielten
Die Angreifer an, und gleich einer zusammenbrechende Woge,
Die in einer Wolke zerrissener Gischt zurückfließt,
Wichen sie zurück. Sich überlassen, sah die gefährliche Schlucht
Auf ihrem unzugänglichen und rauen Hang
Nur die Toten und Verwundeten. Doch kam
Der ungeheure Hauptangriff des Nordens
Von hinten in einer dunklen und wellenförmigen Brandung,
Ohne sich um das Hindernis kümmernd, – ein zusammengeworfener
Haufen von Pathanen, Mogulen und den Rajput-Stämmen,
Alle dröhnend aus eisernem Kriegsrachen
Und Rauch und Feuer speiend. Die Kugeln knallten
An die Felsen, doch unverwundet an ihrem Platz,
Geschützt von Baum und Fels, warteten still
Die Verteidiger voller Grimm, bis auf Wurzeln und Gestein
Die zuversichtlich lärmende und siegestrunkene Brandung
Zu brechen begann, zu straucheln, dann anzuhalten,
Verwirrung in der verengten Front. Auf einmal
Brüllten die Musketen los, sausten die Kugeln,
Wenige zwar, doch tödlich; wieder und immer wieder,
Und einige der Hitzigen schwankten zurück
Und einige wütend voran; und während sie stockten
Zwischen Angriff und Flucht, kam Krach auf Krach
Der unsichtbare Tod hereingehagelt
Auf die unentschlossenen Reihen. Die Anführer fielen,
Die Vordersten von den Geschossen ausgesucht,
Auf dem Bauch oder Rücken liegend oder wie Kranke
An Bäume und Felsen gelehnt, der ganze Vormarsch erfasst
Von Ratlosigkeit durch die stillen Erschlagenden.
So schlug der Großangriff fehl. Und nun zurückgezogen
Berieten sich die Feldherren, und schließlich rückte
Langsam in Reih‘ und Glied das Fußvolk heran,
Mit eiserner Entschlossenheit im Schritt,
Schweigend und mit Bedacht. Zunächst in der Vorhut,
Groß und kräftig gebaut, ein gewaltiges Aufgebot,
Die Panthanen-Infanterie; dann als eine auserkorene Gewalt,
Geringer im Wappen, doch stark gewachsen, marschierten die Rajputen;
Das Rittertum von Agra bildete die Nachhut.
Da erst brach Baji das Schweigen: „Schaut diese Flut!
Nur Gischt des Todes haben wir erst abgewehrt.
Erwählte von Shivaji, Bhavanis Schwerter,
Die Götter bereiten sich auf euren Empfang vor. Wahrlich wir sterben,
Aber lasst uns sterben mit der hohen Zustimmung
Des Himmels zu unserer Heimat errungenem Recht
Auf Freiheit.“ Und wie er sprach, betraten die Reihen der Mogulen
Den bedrohlich weit geöffneten Rachen der Schlucht,
Behutsam schreitend, doch nicht lang nutzte
Die Vorsicht, denn wo sie eintraten, dort fielen sie.
Es rückten andere dahinter schweigend vor.
Sie kamen, sie starben; doch auf die vorangegangenen Toten
Sanken verdichtend neue Tote. Langsamen Schrittes aber
Drangen die Reihen vor mit unendlicher Mühe
Und gnadenlosem Aufwand an wackeren Männern.
Denn während die Hänge erklommen und voll wurden,
Nahm die Schnelligkeit und tödliche Schussweite
Der Kugeln der Mahratten zu; viel mehr Tote
Als Lebende hielten nun den eroberten Hang, –
Die Lebenden, halb gebrochen, zögerten. Verkürzt,
Blieb dennoch zu weit der Zwischenraum,
Entmutigend die Entschlossenen; einst kühne Augen
Berechneten nun mit bedrückter Unentschlossenheit
Die grauenhafte Entsprechung im menschlichen Leben
Von Ellen und Zoll und hegten kaum Hoffnung,
Inmitten des endlos uneingenommenen Landes
Zu überleben. Doch hinter dem südlichen Wall
Erlahmten nicht die Musketen, sondern bestanden
Unbeugsam auf Verweigerung; die Geschosse ließen nicht nach,
Noch berechneten sie den Aufwand. Emsig schwärmten sie
Wie Bienen summend aus und stachen starke Leben zu Tode,
Schwelgend im Gemetzel. Dann trieben
Die planenden Häupter rasch das noch unversehrte Zentrum
An die Front, wohin Rajasthan,
Gespielin des Todes, ihre Heldensöhne entsandte.
Sie kamen rasch mit königlichem unbekümmertem Gang
Über den gefährlich beschossenen Grund geschritten
Und gaben dem Kugelhagel nicht unnütz Antwort
Noch wägten sie ab, sondern sprangen über den wachsenden Haufen
Von Toten, schreiend, das Schwert in der Hand,
Vorwärts mit unsterblichem hohen Mut
In sterblicher Gestalt, und nahmen die untere Böschung ein.
Der obere Hang jedoch, zwar kurz aber steil,
Hemmte ihre Eile, und als sie emporklommen,
Dicht und feurig, wie der geschwinde Atem
Von Agras heißem Wüstenwind Samum, da spukte
Die Flammenwand Kugeln. Mit einem massiven Zusammenbruch
Fielen sie nieder, und rollend wälzte ihr Stoß die Wenigen zurück,
Die es noch versuchten. Der Vormarsch versperrt, der Rückzug
Drohend mit Schmach und Blutbad, stand eine Weile
Wie ein gebundenes Opfertier die Rajputen-Schar,
In jedem Augenblick sich verkleinernd. Dann sprang
Ein hünenhafter Fürst des Stammes der Rathoren
Aus all den verwirrten Angreifern hervor, mit seinem Schwert
Die Tausende gegen die Wenigen aufbietend.
Und ihm vermochten die Kugeln nichts anzuhaben; er stand
Für eine Weile gefeit, seine Lebensfrist
Noch nicht abgelaufen. Und ein mächtiges Gebrüll
Erhob sich von hinten und in einer gewaltsamen Flut
Warfen sich die Rajputen den Hang hinauf
Wie kletternde Löwen. Viele Hände fassten
Die niederpurzelnden Toten, schleuderten
Die traurigen Hindernisse weg, und im Sturm
Klommen die ersten hoch und standen auf ebener Erde
Mit dem Schwert in der Hand; doch nur für eine Weile –
Denn geradewegs und grimmig sprang der Schlachtruf des Südens
Mit fünfzig Schwertern hervor, um jene zurückzuwerfen,
Und allen voran, Baji der Prabhou. Sie kamen dreimal,
Dreimal obsiegte, dreimal stieß sie der Sturm des Südens
Hinab, bis schließlich der Herr der Rathoren,
Als ein Berufener, den nahenden Tod herbeiführte,
Nicht erst seinen tollkühnen Halt sichernd,
Sondern auf Baji sich stürzte; die Hinteren
Drängten die Vorderen weiter. Von rechts und links
Ließen die Musketen der Mahratten ihre Musik ertönen
Und erwiderten dem Angriff, der, kaum aufgelöst,
Sich wieder neu formierte aus der Nachhut,
Die nicht enden wollte. So war die schicksalhafte Schlucht
Erfüllt vom Lärm der engverschlungenen Schlacht.
Schwert erklang auf Schwert, das Kriegsgeschrei, der Schrei
Der Gewehre, das Zischen der Kugeln erfüllte die Luft,
Und mörderischer Kampf verstopfte den spärlichen Raum,
Rajputen und starke Mahratten atmeten schwer
In verzweifeltem Gefecht. Doch fern standen die Truppen
Von Agra, angehalten und zuversichtlich
Das Ende erwartend. Ganz anders aber kam es,
Als sie es erwartet hatten. Denn als da an der Front
Der Rathore auf dem umkämpften Rande stand
Und immer wieder frische Kräfte in die Waagschale warf
Mit jener begeisternden Geste, rückte Baji
Ihm entgegen, aussuchend das hohe Haupt,
Die edle Gestalt: Und wie sich die Wellen teilen
Vor dem fahrenden Kiel, so ging der Kampf
Vor ihm auseinander als er sich durchschlug dorthin.
Das Schwert vermeidend und den erhobenen Arm,
Überraschte die Klinge den Hals des Rajputen, und nieder
Wie eine aufrecht stehende Pappel fiel er, mit seinen Händen
Umklammerte er sterbend den Boden der Mahratten.
Als er fiel erhob sich tosend das Kriegsgeschrei. Erstaunt
Sah die ausharrende Heerschar von Agra das Kampfgeschehen
Der Rajputen zurücktaumeln, ein verzweifelt errungener Sieg
Auf einmal in völlige Niederlage gekehrt,
Nicht überstürzt, jedoch mit tiefer Entmutigung,
Verdrossen, überzeugt, dem Unterfangen nun abgeneigt.
Die glänzende Vorhut der Pathanen übernahm
Jetzt den Versuch. „Erschöpft“, riefen ihnen die Anführer zu,
„Erschöpft die störrischen Bergbewohner, denn müde
Sind sie nun von ihrer schweren Anstrengung und ihrem Erfolg
Und können kaum noch stehen, entkräftet, schlaff, träge.
Zerschmettert diesen Rand, und vorwärts schreiten wir und
Nehmen Raigurh und Shivaji.“ Doch inzwischen waren andere
Nicht untätig, gedeckt von Felsen und Bäumen
Schlichen einige in günstige Stellungen, nutzend jeden Grat,
Jeden Busch und jeden Felsvorsprung, –
Es kletterten, lauerten eiserne Muskeln des Südens
Ungesehen an den düsteren Wänden der Schlucht.
Rasch kamen nun die Pathanen angeprescht,
Doch als die ersten die felsige Biegung verließen,
Hinein in den Hinterhalt, sprach dröhnend das Schweigen
Aus Stein und Busch; von den Seiten, von vorne und hinten
Brüllte der Tod, und große Gestalten stürzten zu Boden
Wie Bäume im Wirbelsturm. Entsetzt lief der Rest
Hierhin und dorthin, und einige schrien: „Weiter!“,
Andere riefen: „Zurück!“, denn wer da führte, fiel rasch.
So löste der Vorstoß sich auf und teilte sich, – die meisten eilten
Ins flache Land, vom Tod gegrüßt
Sogar als sie flohen; doch andere,
Voll panischer Kühnheit, trieben dem Feind entgegen,
Den sie doch nicht erreichen konnten, – ein derart heißer Wind
Zerblies den schwankenden Heldenmut, und ihren Rückzug
Peinigte eine so beharrliche und jähe Frage,
Dass nur Wenige den Hagel überlebten. Bedrückt sahen die Anführer
Den Fehlschlag und zogen ihre Truppen zurück,
Beratschlagten voller Zweifel, ob ungerächt
Jene Schlucht des Gemetzels aufzugeben sei oder doch noch
Den Preis zu fordern für den gewaltigen Verlust.
Aber zum Prabhou kam mit besorgten Augen
Der Hauptmann der Schar: „Baji“, rief er aus,
„Die Kugeln sind alle; der ganze große Vorrat
An Pulver und Munition ist durch schonungslosen Gebrauch
Aufgebraucht, es gibt nichts mehr.“ Und Baji Prabhou wandte sich um.
Er warf einen Blick auf seine gefallenen Leute,
Erkennbar an ihrem Kleid, und sah
Seine Reihen nicht sehr gelichtet, dann einen Blick nach unten,
Wo hunderte hingestreut lagen in der Schlucht,
Und lächelte grimmig; dort, wo die Sonne feurig
Sich niederneigte zum abendlichen Saum,
Sah er hin und rief: „Macht Eisen aus euren Seelen.
Noch können, wenn Bhavani will, Kraft und das Schwert
Die Zukunft unseres Volkes vor Knechtschaft bewahren
Bis mit dem Siege Shivaji wiederkehrt.“
So warteten sie wortlos und ohne Geräusch,
Und schweigend wartete über ihnen der späte
Nachmittag; tief war die Stille der Erde.
Die Berge und die gefallenen Menschen nur,
Sonst keine Sicht, kein Laut und keine Bewegung weit und breit,
Nur ein paar langsam kreisende schwarze Vögel,
Die durch den Himmel wanderten, nur der Wind,
Der sich jetzt erhob und beinahe unvernehmbar
Das Schweigen der Waldeshöhen in Zweifel zog,
Nur das vereinzelte Stöhnen, das den Schmerz deutlich machte,
Den ein Geist beim Scheiden seinem Gebilde
Zufügt. Und von Zeit zu Zeit sah der Blick
Bajis nach der stets sinkenden Sonne aus.
Die Augen der Männer ruhten auf ihm und lebten
Von seiner sicheren Haltung. Langsam gingen die Minuten dahin,
Doch als die Sonne sehr tief sich neigte, da regte
Sich in der Ferne etwas, und alle Männer fassten den Schwertgriff
Fester und brachten Spannung in ihr Herz.
Entschieden endlich, strömte der Mogulkrieg
Von neuem heran, doch nicht der gebrochene Haufen
Der Pathanen, noch die entmutigten Schwerter der Rajputen,
Sondern Agras Reiterei, glänzend von Gold
Und angelegten Krummsäbeln und bunten Kleidern.
Rasch kamen sie, den feuer-flügeligen Angriff
Von Kugeln erwartend und den tödlichen Regen;
Doch Schweigen traf sie, und da es für ihr Vorhaben
So unheilverkündend schien, hielten sie eine Weile an,
Eine List vermutend, obwohl für viel Tod bereit,
Doch auf vermeiden bedacht. Beruhigt,
Stürmten mit lautem Geschrei sie vorwärts, den Hang hinauf.
Es flog keine Kugel, es sprach keine Muskete; unverletzt
Durchquerten sie den offenen Raum, unverletzt erklommen
Sie den Anstieg; doch als ihre Hände
Die Sträucher am Rand überraschten, da hackten ungesehene
Schwerter auf ihre Finger, durch Büsche stießen
Lanzen versteckter Krieger durch ihre
Freiliegende Brust. Von hinten drängten die nächsten Reihen heran,
Um ihr Schicksal zu teilen, und immer noch wogte das Meer
Von Menschen vorwärts bis sie mit hartem Druck
Den gefährlichen Kamm erreichten, wo eine Zeitlang
Grimmig gemetzelt wurde; der ganze Rand
War mit glänzenden Leibern angehäuft
Wie ein dicker Befestigungswall. Doch während sie sich so häuften,
Rissen von hinten wutentbrannte Truppen ihre eigenen Toten nieder
Und klommen weiter bis schließlich die Kraft einer
Hartnäckigen Zahl überwog, und verzweifelt rangen
Auf dem engen Kamm mit wimmelnder Übermacht
Die Wenigen des Südens. Eng war der Platz zum Kampf,
Und Stärke mit Geschick begegnend, Kraft mit Seele,
Behielten die starken und flinken Gebirgsbewohner
Über die Scharen der Städter die Oberhand,
Mit versteckten und rasch zustoßenden Klingen
Überwältigend alle Täuschungsmanöver von Agras Schulen.
So kämpften sie eine Weile; dann kam auf einmal
Über den Prabhou die Göttin in ihrer Fülle.
Laut wie ein hungriger Löwe auf den Bergen
Brüllte er, und seine Statur schien zuzunehmen
Als auf den Feind er sich stürzte. Schnell wie ein Blitz,
Der mit den Wolken spielt, zerschlug sein Schwert
Den Schwall vor sich, und zu beiden Seiten
Strebten des Südens Schwertkämpfer mit kühnem Sturm,
Um einer Antwort zuvorzukommen, bis wie der Damm
Eines wilden Flusses, der Angriff zusammenbrach
Über den rauen Rand und den Hang hinab;
Vorbei war wieder der aussichtslose Augenblick.
Da lagen die Überreste des mörderischen Kampfes,
Leichen und Edelsteine, Stickerei und Gold.
Doch gaben jene darum sich nicht geschlagen.
Abermals kamen sie und hielten sich fast. Hoch stieg
Der Zorn im Prabhou, und in der Seele
Erhob er sich, dem ein Ende zu machen; Da
Befiel eine Stille sein Gemüt, und der ganze
Gottgleiche Antrieb wich von seinem Herzen,
Und aus ihm heraustretend, war eine gewaltige Gestalt
Zu sehen, titanisch, scharlachrot gekleidet,
Dunkel wie eine Gewitterwolke, mit wallendem Haar
Den Himmel verhängend, und in ihrem Herrschergriff
Das Schwert, die Blume, die Gabe, das blutige Haupt, –
Bhavani. Dann verschwand sie; das Tageslicht
War wieder gewöhnlich in einer alltäglichen Welt.
Und Baji erkannte die ungeheure Göttin,
Die bis zum Ende über Indien wacht.
Gerade da traf ihn in die Schulter ein Schwert, scharf
Stieß knirschend eine Mogul-Lanze durch seinen Arm.
Wild sammelten sich die Bergleute in verbissenem Haufen
Um ihn herum; Baji jedoch mit einem Stöhnen:
„Moro Deshpande, auf die andere Seite
Der düsteren Schlucht hin eile und bring mir Nachricht.
Reitet jemand von Westen her, oder kannst du
Die Raigurh-Trompeten schallen hören? Ich weiß, die Stunde
Schlägt mir; lass mich wissen, ob meine Arbeit vollbracht ist.“
So sprach er und hoch rief er den lauten Schlachtruf aus.
Verzweifelt rang er in seiner menschlichen Kraft,
Um die Mogulen hinabzustoßen vom Ende der Schlucht
Mit langsamen Druck. Zu seiner Seite fiel rasch
Mahratte und Mogul, und auf seinen Gliedern
Tranken die Schwerter Blut, ein einziges Rot
War sein Leib, und doch kämpfte er. Dann stand neben ihm,
Gespenstisch voll Wunden und in seinen glühenden Augen
Tod und Jubel, eine grause Gestalt,
Moro Deshpande. „Baji, ich habe
Die Raigurh-Lanzen gesehen; Baji, ich habe
Die Trompeten gehört.“ Den Lärm mit seinem Ruf übertönend
Schrie er, und dann fiel er tot vornüber auf den Leichnam
Eines Mogulen. Und Baji, mit grauenvoller Hand
Das Blut von seinen unbändigen Augen wischend,
Erblickte nur fünfzehn aufrechte Männer rings um sich
Von all seinen fünfzig. Aber hinten, vorne
Und auf beiden Seiten hielt der Mogul die Schlucht.
Ächzend wandte sich noch einmal der verbissene Mahratte um
Und, wie ein Stier, der mit gesenkten Hörnern rennt,
Griff den hinter ihm triumphierenden Feind an. Mit ihm
Hackten sich die zum Äußersten entschlossenen Überlebenden vor,
Und wie ein Messer alsbald den Weg
Durch das Wasser schneidet, gab der Mogulen-Wall ihnen nach,
Sich spaltend und hinten schließend. Acht Männer nur
Standen am engen Ende der Schlucht, nicht einer
Unverwundet. Dort, wo nebeneinander
Kaum Platz für drei war, trotzten sie wieder dem Feind;
Von dieser letzten Stellung gewahrte Baji
Wie Reih‘ um Reih‘ eine große Reiterschar
Den fernen Abhang bestieg; voraus galoppierten weit
Etwa vierzig Pferde, und hell auf einem Turban
Funkelte in der Pracht der sinkenden Sonne
Ein Schmuck von Edelsteinen. Und Baji blickte
Über das weite und klaffende Feld des Raumes
Und schien auf einem Grat eine Festung zu sehen,
Raigurh; dann wandte er sich wieder dem Kriege zu.
So rangen sie verzweifelt für einige Minuten.
Die Mahratten fielen einer um den anderen,
Bis nur noch drei übrig blieben. Dann auf einmal
Stand Baji still und sank zu Boden.
Erloschen war der feurige Blick, kraftlos war der Arm:
Baji lag tot in der uneroberten Schlucht.
Doch ehe er fiel, erklang auf den Felsen von hinten her
Hufgetrampel, und als der letzte schied
Von dem halben Hundert, da schwärmten die Kugeln los
Durch den allzu schmalen Mund und warf jene nieder,
Die eingetreten waren. Jubelnd schmetterten laut
Des Südens Trompeten, aber mit schmerzerfüllten Herzen
Wanden sich die Schwerter Agras zurück; verheerend
Sauste in ihre schutzlose dichte Masse
Von oben her ein hundertfältiger Kugelregen,
Und in verwirrt überstürztem Strom, entsetzt,
Begann die Flucht der Mogulen. Sicheren Schritts und schnell
Verfolgte sie die feindliche Kraft, Suryaji vorne
Laut rufend und den Bergen ein Lied singend
Von Ramdas, während er um sich schlug.
Doch Shivaji stand bei Bajis leerem Leib
Und schwieg und sein Blick ruhte unbewegt
Auf dem Toten. Tanaji Malsure
Stand bei ihm, betrachtete aufmerksam den atemlosen Leichnam
Und sagte langsam: „Durch dreiunddreißig Pforten
Hast du den Himmel betreten, du glückliche Seele,
Du tapferes Herz. So möge dereinst auch ich
Meinen Tod ergreifen, rettend das Heimatland
Oder eine große Festung für meinen Herrn einnehmend.“
Doch Shivaji gewahrte neben dem Toten
Eine dunkle und mächtige Wolke, die ein Schwert hielt,
Und in ihrer anderen Hand, wo vormals blutig
Das Haupt hing, den aufgehobenen hellen Turban
Von Bajis Schläfe, noch von Edelsteinen glitzernd,
Und setzte ihn auf den Anführer. Doch als das Tuch emporstieg
Vom heroischen Opfer blutbefleckt,
Da sah er um dem Kopfschmuck eine goldene Krone.
