Kapitel 9
Gleichmut
Worte Sri Aurobindos
Gleichmut bedeutet, in allen Umständen unberührt zu bleiben.

Worte Sri Aurobindos
Gleichmut ist nicht dasselbe wie Nachsicht – obwohl ohne Zweifel ein fester Gleichmut die Fähigkeit eines Menschen zu dulden und Nachsicht zu üben, ungeheuer, ja unbegrenzt erhöht.
Gleichmut bedeutet, ein ruhiges und unbewegtes Mental und Vital zu haben; er bedeutet, von Dingen, die geschehen, die gesagt oder dir angetan wurden, nicht berührt oder gestört zu werden, sondern sie mit geradem Blick zu betrachten, frei von den Verzerrungen, die durch das persönliche Gefühl entstehen; er bedeutet, zu erkennen zu versuchen, was hinter ihnen steht, warum sie geschehen, was von ihnen gelernt werden kann, was es in einem selbst ist, wogegen sie geworfen werden, und welchen inneren Nutzen oder Fortschritt man durch sie gewinnen kann; Gleichmut bedeutet die Meisterung der vitalen Regungen, wie Ärger, Empfindlichkeit und Stolz, Begehren und all das Übrige; er bedeutet, dass man ihnen nicht erlaubt, vom emotionalen Wesen Besitz zu ergreifen und den inneren Frieden zu stören; er bedeutet, im Ansturm oder Impuls dieser Dinge nicht zu sprechen und zu handeln, sondern immer nur in der ruhigen inneren Ausgeglichenheit des Geistes. Es ist nicht leicht, diesen Gleichmut in vollem Umfang zu haben, doch sollte man versuchen, ihn mehr und mehr zur Grundlage des inneren Zustandes und der äußeren Regungen zu machen.

Worte Sri Aurobindos
Wie unerfreulich die Umstände und wie unangenehm das Verhalten der anderen auch sein mögen, du musst lernen, es mit vollkommener Ruhe und ohne aufgeregte Reaktion hinzunehmen. Diese Dinge sind der Prüfstein des Gleichmuts. Es ist ein leichtes, ruhig und gleichmütig zu sein, solange alles gut geht und Menschen und Umstände angenehm sind; erst wenn das Gegenteil der Fall ist, wird die Vollständigkeit der Stille, des Friedens und des Gleichmuts geprüft, gestärkt und vollendet werden.

Worte Sri Aurobindos
…es ist notwendig, bei Schmerz und Leiden den Gleichmut zu bewahren – damit ist gemeint, sie stark und still zu ertragen und nicht rastlos, beunruhigt oder niedergeschlagen zu sein –, und es bedeutet, mit stetem Glauben an den Göttlichen Willen vorwärtszuschreiten. Gleichmut aber heißt nicht träge Hinnahme. Wenn zum Beispiel ein Bemühen in der Sadhana zeitweilig fehlschlägt, hat man den Gleichmut zu bewahren und nicht besorgt oder bedrückt zu sein; doch darf man den Fehlschlag nicht als Zeichen des Göttlichen Willens betrachten und die Bemühung aufgeben. Du solltest vielmehr den Grund und die Bedeutung des Fehlschlags erkennen und voller Glauben auf den Sieg zuschreiten. Ebenso ist es mit der Krankheit – du darfst nicht besorgt, erschüttert oder beunruhigt sein, du darfst die Krankheit nicht als Göttlichen Willen annehmen, sondern musst sie vielmehr als eine Unvollkommenheit des Körpers betrachten, von der du dich zu befreien hast, so wie du dich von mentalen Unvollkommenheiten oder mentalen Irrtümern zu befreien suchst.

Worte Sri Aurobindos
Eine weise apersonale Haltung – stiller Gleichmut – eine Universalität, die alle Dinge als Manifestationen des Göttlichen und als das eine Sein erkennt, ist nicht zornig, verwirrt und ungeduldig über den Ablauf der Vorgänge oder andererseits aufgeregt, übereifrig und vorschnell. Vielmehr sieht sie, dass man dem Gesetz gehorchen und den Lauf der Zeit respektieren muss. Darum beobachtet und versteht sie mit innerer Anteilnahme die Tatsächlichkeit der Ereignisse und Wesen. Sie schaut zugleich auf ihre innere Bedeutung hinter der gegenwärtigen Erscheinung und vorwärts auf die Entfaltung ihrer göttlichen Möglichkeiten…
