Kapitel 8

Wissen – mental und seelisch

Das innere mentale Wesen bewacht, beobachtet und beurteilt alles, was in dir geschieht. Die Seele bewacht und beobachtet nicht auf diese Weise, so wie ein Zeuge, sondern fühlt und erkennt spontan auf eine viel direktere und lichtvollere Art, eben durch die Reinheit ihrer Natur und des ihr innewohnenden göttlichen Instinktes; daher enthüllt sie sofort, wann immer sie hervortritt, die rechten und falschen Regungen in deiner Natur.

SRI AUROBINDO (22:301)

Mitteilungen der Seele kommen nicht in mentaler Form. Es sind keine Ideen oder Folgerungen. Sie haben ihren eigenen Charakter, der sich von dem des Mentals deutlich unterscheidet, etwas wie ein Gefühl, das sich begreift und handelt.

Ihrer eigentlichen Natur nach ist die Seele ruhig und still und leuchtend, verstehend und großzügig, weit und fortschrittlich. Sie bemüht sich ständig um Verstehen und Fortschritt.

Das Mental beschreibt und erklärt.

Die Seele sieht und versteht.

DIE MUTTER (16:242)

Man mag seelisches Wissen besitzen – es ist aber von anderer Art und ist nicht wie im Mental formuliert. Es ist eine Art innerer Sicherheit, die dich im rechten Augenblick das Rechte auf die rechte Weise tun lässt, ohne notwendigerweise den Verstand oder die mentale Formulierung zu benützen.

Zum Beispiel kann man mit vollem Wissen dessen handeln, was getan werden sollte, ohne die Einmischung – die geringste Einmischung – des folgernden Verstandes. Das Mental ist still: es betrachtet lediglich und hört, um die Dinge zu registrieren, es tritt nicht in Aktion.

DIE MUTTER (5:298)

Die Wahrnehmung des äußeren Bewusstseins kann das, was die Seele wahrnimmt, leugnen. Die Seele aber hat das wahre Wissen, ein intuitives, instinktives Wissen. Sie sagt: „Ich weiß, ich kann es zwar nicht begründen, aber ich weiß.“ Denn ihr Wissen ist nicht mental, auf Erfahrung beruhend oder als richtig erwiesen. Ihr Glaube beruht nicht auf Beweisen: Glaube ist die Bewegung der Seele, deren Wissen spontan und direkt ist. Selbst wenn es die ganze Welt abstreitet und tausend Beweise des Gegenteils erbringt, weiß sie dennoch mit Hilfe eines inneren Wissens, einer direkten Wahrnehmung, die allem standhält, einer Wahrnehmung durch Identität. Das Wissen der Seele ist etwas Konkretes, Berührbares, eine solide Masse. Du kannst es auch deinem Mental, deinem Vital und deinem Physischen vermitteln; und dann hast du einen integralen Glauben, einen Glauben, der tatsächlich Berge versetzt. Aber nichts im Wesen darf kommen und sagen: „Es ist nicht so“, oder nach einem Beweis fragen. Der geringste Halb-Glaube verdirbt die Dinge. Wie kann sich der Höchste manifestieren, wenn der Glaube nicht umfassend und unerschütterlich ist? Glaube als solcher ist immer unerschütterlich – das ist seine eigentliche Natur, denn andernfalls ist es kein Glaube. Es kann aber geschehen, dass das Mental oder Vital oder das Physische der seelischen Bewegung nicht folgen. Ein Mensch kann zu einem Yogi kommen und plötzlich den Glauben haben, dass dieser ihn zu seinem Ziele führen wird. Er weiß nicht, ob er Wissen hat oder nicht. Er fühlt einen seelischen Schock und weiß, dass er seinem Meister begegnet ist. Sein Glaube beruht nicht auf langen, mentalen Überlegungen oder darauf, dass er viele Wunder gesehen hat. Und das ist die einzige Art von Glauben, die Wert hat. Du wirst immer deine Bestimmung verfehlen, wenn du zu argumentieren beginnst. Es gibt Menschen, die setzen sich hin und überlegen, ob der seelische Impuls vernünftig ist oder nicht.

Der sogenannte blinde Glaube ist tatsächlich nicht das, was die Menschen in die Irre führt. Oft hört man: „Oh, ich habe an diesen oder jenen Mann geglaubt und er hat mich betrogen!“ Doch tatsächlich ist nicht der Mensch schuld, sondern der Gläubige; es ist eine Schwäche in ihm selbst. Hätte er seinen Glauben bewahrt, würde er den Menschen geändert haben; da er aber nicht in dem gleichen Glaubensbewusstsein verharrte, fand er sich selbst betrogen, und ließ den Mann nicht das sein, was er sein wollte. Wenn er einen umfassenden Glauben gehabt hätte, hätte er ihn dazu gebracht, sich zu ändern. Allein der Glaube ist es, der Wunder geschehen lässt. Ein Mensch geht zu einem anderen Menschen und hat einen Kontakt mit der Göttlichen Gegenwart; wenn er diesen Kontakt rein und anhaltend bewahren kann, wird hierdurch das Göttliche Bewusstsein verpflichtet, sich im rein Stofflichen zu manifestieren. Doch hängt alles von deiner eigenen Norm und Aufrichtigkeit ab; und je bereiter deine Seele ist, umso eher wirst du zur rechten Quelle geführt werden, zum rechten Meister. Die Seele und ihr Glaube sind immer wahrhaft; wenn aber in deinem äußeren Wesen eine Unaufrichtigkeit besteht, und wenn du nicht das spirituelle Leben, sondern persönliche Macht suchst, kann dich das in die Irre führen. Dies, und nicht dein Glaube, lässt dich irren. Der Glaube als solcher ist rein, er kann aber im [menschlichen] Wesen mit niederen Bewegungen vermischt werden, und das führt dich in die Irre.

DIE MUTTER (3:152)

Wir benutzen Cookies

Wir verwenden auf unserer Website nur für den Betrieb notwendige sowie sogenannte Session Cookies, also ausdrücklich keine Werbe- oder Trackingcookies.

Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Website zur Verfügung stehen.