Kapitel 8
Setze dein Wissen in die Praxis um
Worte der Mutter
In der Zeit, bevor es Druckereien und Bücher gab …, hatte nur der Guru oder der Eingeweihte das Wissen, und er gab es nur an jene weiter, die er dessen würdig erachtete. Und für ihn bedeutete „dessen würdig sein“ in der Regel, das Gelernte in die Tat umzusetzen. Er gab einem eine Wahrheit und erwartete, dass man danach handelte. Und wenn man die Wahrheit in die Tat umgesetzt hatte, willigte er ein, einem eine andere zu geben.
Heute gehen die Dinge völlig anders vor sich. Jeder X-Beliebige kann ein Buch bekommen und es durchlesen, und es steht ihm völlig frei, danach zu leben oder nicht, wie es ihm gefällt. Das ist alles sehr schön, doch in den Gemütern setzt sich ein gewisses Durcheinander fest, und jene, die viele Bücher gelesen haben, bilden sich ein, das genüge, und sie müssten alle möglichen wunderbaren Dinge erleben, weil sie Bücher gelesen haben, und sie hätten es nicht nötig, die Mühe der praktischen Anwendung auf sich zu nehmen. Dann werden sie ungeduldig und sagen: „Wie kommt es, dass ich trotz alledem, was ich gelesen habe, immer noch genau die gleiche Person bin, immer noch dieselben Schwierigkeiten habe und zu keiner Verwirklichung gelangt bin?“ Solche Bemerkungen höre ich ziemlich oft.
Sie vergessen eines, nämlich, dass sie das Wissen – intellektuelles, mentales Wissen – hatten, bevor sie es verdienten, das heißt bevor sie das Gelesene in die Tat umgesetzt hatten, und dass es natürlich an Übereinstimmung fehlt zwischen ihrem Bewusstseinszustand und den Ideen, den Kenntnissen, von denen sie in Ruhe sprechen können, die sie aber nicht praktisch angewandt haben…
Damit will ich sagen, dass man nicht ungeduldig werden darf und folgendes verstehen muss: Um Wissen, welches es auch sei, wirklich zu besitzen, muss man es praktisch anwenden, das heißt seine Natur beherrschen, um dieses Wissen in Taten ausdrücken zu können.

Worte der Mutter
Am Anfang des Kapitels Die Tausende im Dhammapada wird gesagt, dass ein einziges Wort, das dir Frieden schenkt, mehr wert ist als tausende von Worten ohne Sinn – jeder X-Beliebige kann sie verstehen –, doch es heißt auch, dass das Wort, welches Frieden gibt, mehr wert ist als tausende von Worten, die die Aktivität des Mentals befriedigen, aber keine psychologische Auswirkung auf dein Wesen haben.
Im Grunde genommen ist es so: Hast du etwas gefunden, das die Kraft hat, dir zu einem Sieg über deine Unbewusstheit oder deine Trägheit zu verhelfen, musst du die Wirkung, die durch dieses Wort oder diesen Satz hervorgerufen wurde, bis zum Ende ausschöpfen, ehe du andere zu suchen beginnst.
Es ist weitaus wichtiger, der Praxis einer Wirkung, die man durch eine irgendwie erlangte Idee erzielte, bis zum Ziel nachzugehen, als zu versuchen, eine Menge Ideen in seinem Kopf zu sammeln. Die Ideen können zu ihrer Zeit sehr nützlich sein, wenn man sie im richtigen Augenblick wirksam werden lässt und man darüber hinaus das Ergebnis dieser dynamischen Ideen, die die Kraft haben, dich einen inneren Sieg erringen zu lassen, bis zu den äußersten Grenzen ausdehnt. Man sollte sich also als sein Hauptziel, wenn nicht gar als das einzige Ziel setzen, in der Praxis zu realisieren, was man weiß, statt in sich ein Wissen anzusammeln, das nur theoretisch bleibt.
Man könnte es so zusammenfassen: Setze das, was du weißt, vollständig in die Praxis um, dann kannst du dein theoretisches Wissen sinnvoll bereichern.

Worte der Mutter
Ein Tropfen Praxis ist besser als ein Ozean von Theorien, Ratschlägen und guter Vorsätze.
