Kapitel 8

Schweigen und Ruhe des Mentals

Schweigen ist ein Bewusstseinszustand, der von oben kommt, wenn man sich dem Göttlichen Bewusstsein öffnet – darum braucht man sich jetzt nicht zu kümmern.

Ein ruhiger mentaler Geist, der die Dinge ohne Aufregung oder Eile aufnimmt und betrachtet, der nicht hetzt oder wahllos Ideen in den Raum wirft, ist das, was notwendig ist.

Es ist nichts Unerwünschtes, wenn das Mental zum Schweigen kommt, wenn es zu denken aufhört und still wird – denn dann findet meist die volle Herabkunft eines weiten Friedens statt, und in dieser weiten Ruhe breitet sich allenthalben die Verwirklichung des schweigenden Selbstes über dem Mental in seiner Unermesslichkeit aus. Sobald jedoch der Friede und dieses mentale Schweigen eingetreten sind, versucht das vitale Mental einzudringen und den Platz einzunehmen, oder aber das mechanische Mental versucht mit dem gleichen Ziel, seine kreisenden, banalen und gewohnten Gedanken geltend zu machen. Der Sadhak hat daher diese Eindringlinge vorsichtig zurückzuweisen und zu vertreiben, damit zumindest während der Meditation der Friede und die Stille des Mentals und Vitals vollständig bewahrt werden. Dies geschieht am besten, indem man einen starken und schweigenden Willen bewahrt. Dieser Wille ist der Wille des Purusha hinter dem Mental, und sobald das Mental zu Frieden und Schweigen gelangt ist, kann man diesen Purusha wahrnehmen – der ebenfalls schweigend und von der Tätigkeit der Natur getrennt ist.

Ruhig zu sein, stetig, im Geist, gefestigt dhira, sthira, diese Ruhe des Mentals, die Trennung des inneren Purusha von der äußeren Prakriti – all dies ist durchaus hilfreich und beinahe unerlässlich. Solange das Wesen dem Gedankenwirbel oder dem Durcheinander der vitalen Bewegungen unterworfen ist, kann man nicht ruhig und im Spirit gefestigt sein. Es ist unerlässlich sich abzulösen, zurückzustehen, sie als nicht zu sich gehörend zu empfinden.

Für die Entdeckung der wahren Individualität und ihren Aufbau in der Natur sind zwei Dinge notwendig: erstens, sich seines seelischen Wesens hinter dem Herzen bewusst zu werden, und dann, diese Trennung von Purusha und Prakriti zu vollziehen. Denn die wahre Individualität befindet sich dahinter und ist durch die Tätigkeiten der äußeren Natur verhüllt.

Schweigen ist immer gut; doch meine ich mit der Ruhe des Mentals kein völliges Schweigen. Ich meine ein Mental, das frei von Beunruhigung und Sorge ist, das stetig, licht und glücklich ist, damit es sich der Kraft, welche die menschliche Natur verändert, zu öffnen vermag. Das einzig Wichtige ist, sich von der Gewohnheit des Eindringens störender Gedanken und falscher Gefühle frei zu machen, von dem Wirrwarr der Ideen, den unglücklichen Regungen usw.. Diese stören die Natur und umwölken sie und erschweren der Kraft das Wirken; wenn das Mental ruhig und friedvoll ist, kann die Kraft leichter wirken. Es sollte möglich sein, die Dinge, die in dir verändert werden müssen, zu erkennen, ohne sich dabei erregen oder niederdrücken zu lassen; umso leichter kann dann die Veränderung stattfinden.

Wir sollten nicht übertreiben. Es geht nicht so sehr darum, die geistige Aktivität loszuwerden, sondern sie in die richtige Richtung zu lenken. Krishnaprem hat mentale Aktivität, aber es ist ein mentaler Geist, der nach innen gegangen ist und die Dinge von dort sieht, ein intuitives Mental; ich habe mentale Aktivität (inmitten des Schweigens), wann immer es nötig ist, aber es ist ein mentaler Geist, der nach oben gegangen ist und die Dinge von oben sieht, ein Übermental. Was überwunden und verändert werden muss, ist der intellektuelle Verstand, der die Dinge von außen nur durch Analyse und Schlussfolgerung sieht – und wenn er es nicht tut, dann eher durch einen voreiligen Blick und sagt: „So ist es“ oder „So ist es nicht“. Aber man kann das innere oder höhere Mental nicht erlangen, wenn die alte mentale Aktivität nicht ein wenig zur Ruhe kommt. Ein ruhiger mentaler Geist verstrickt sich nicht in seine Gedanken und lässt sich nicht von ihnen mitreißen; er hält sich zurück, löst sich von ihnen, lässt sie vorüberziehen, ohne sich mit ihnen zu identifizieren, ohne sie sich zu eigen zu machen. Er wird zum Zeugen-Geist, der die Gedanken beobachtet, wenn es nötig ist, aber fähig ist, sich von ihnen abzuwenden und von innen und von oben zu empfangen. Schweigen ist gut, aber absolutes Schweigen ist nicht notwendig, zumindest nicht in dieser Phase. Ich weiß nicht, ob es viel nützt, mit dem mentalen Geist zu kämpfen, um ihn zur Ruhe zu bringen; normalerweise gewinnt der mentale Geist in diesem Spiel die Oberhand. Der einfachste Weg ist, sich zurückzunehmen, sich zu lösen und die Kraft zu finden, auf etwas anderes zu hören als auf die Gedanken des äußeren Mentals. Gleichzeitig kann man sozusagen nach oben schauen und sich die Kraft vorstellen, die direkt über einem ist, und sie herabrufen oder ruhig auf ihre Hilfe warten. So machen es die meisten Menschen, bis der mentale Geist allmählich ruhig wird oder von selbst verstummt oder das Schweigen von oben herabkommt. Aber es ist wichtig, nicht zuzulassen, dass sich Depression oder Verzweiflung einstellen, weil es keinen unmittelbaren Erfolg gibt; das kann die Dinge nur erschweren und jeden Fortschritt, der sich abzeichnet, aufhalten.