Kapitel 8

Loslösung und Zurückweisung

Worte Sri Aurobindos

Die Hauptschwierigkeit scheint darin zu bestehen, dass du zu sehr einer Erregung der Nerven ausgeliefert bist – nur indem die Ruhe und Stille in das ganze Wesen gebracht werden, kann ein stetiger Fortschritt in der Sadhana gesichert werden.

Um wieder zur Ruhe zu kommen, muss man als erstes den nervlich bedingten Attacken Einhalt gebieten – je mehr du dich diesen Ideen und Gefühlen hingibst und dich damit identifizierst, desto mehr nehmen sie zu. Du musst dich zurückziehen und im Hintergrund in dir etwas finden, das durch Schmerzen und Depressionen nicht beeinträchtigt wird – dann kannst du dich von dort her von den Schmerzen und Depressionen befreien.

Worte Sri Aurobindos

Loslösung bedeutet, dass man sich von ihnen [den Unvollkommenheiten und Schwächen der Natur] distanziert, sich wegen ihres Vorhandenseins weder mit ihnen identifiziert noch durch sie erregen oder beunruhigen lässt, sie vielmehr als etwas betrachtet, das dem eigenen wahren Bewusstsein und wahren Selbst fremd ist, sie zurückweist … Es muss der feste Wille zur Zurückweisung bestehen, der Impuls, sich von ihnen [den Unvollkommenheiten und Schwächen der Natur] zu befreien, doch ohne Ringen oder Kampf.

Worte Sri Aurobindos

Diese Dinge erheben sich, weil sie entweder im bewussten Teil des (menschlichen) Wesens als Gewohnheiten der Natur bestehen oder aber sich dort verbergen, um im geeigneten Augenblick hervorzutreten, oder weil es Suggestionen der allgemeinen oder universalen Natur sind, auf welche das persönliche Wesen reagiert. In jedem Fall erheben sie sich deshalb, damit man ihnen begegne, sie hinausstoße und schließlich zurückweise, so dass sie die Natur nicht länger stören können. Das Ausmaß der durch sie verursachten Störung hängt von der Art und Weise ab, in der man ihnen begegnet. Als erstes hat man sich von ihnen loszulösen, sich nicht mit ihnen zu identifizieren, sie nicht länger als Teil der eigenen wirklichen Natur zu betrachten, sondern als Dinge, die einem auferlegt sind und zu denen man sagt: „Das bin nicht ich, das gehört nicht zu mir, es ist etwas, das ich völlig zurückweise.“ Man beginnt im Innern einen Teil des Wesens wahrzunehmen, der mit diesen Suggestionen nicht identisch ist, der fest bleibt und sagt: „Das kann zwar an der Oberfläche eine Störung verursachen, soll mich aber nicht berühren.“ Wenn dieses getrennte Wesen innerlich wahrgenommen werden kann, ist die halbe Arbeit geschehen – Voraussetzung dafür ist ein Wille, sich von den Unvollkommenheiten der Oberflächennatur nicht nur loszulösen, sondern auch davon zu befreien.

Worte Sri Aurobindos

Loslösung ist der Beginn der Meisterung, die vollständige Meisterung aber erfordert, dass keinerlei Reaktionen vorhanden sein sollten. Wenn im Innern etwas ist, das durch Reaktionen nicht gestört wird, bedeutet dies, dass das innere Wesen frei und Meister seiner selbst ist, doch ist es noch nicht Meister der ganzen Natur. Sobald dies der Fall ist, lässt es keine falschen Reaktionen zu – wenn irgendwelche kommen, werden sie sofort zurückgewiesen und abgeschüttelt und bleiben schließlich ganz aus.

Worte Sri Aurobindos

…das ständige Wiederauftreten von Niedergeschlagenheit und Verzweiflung oder von Zweifel und Aufruhr ist einer mentalen oder vitalen Formation zuzuschreiben, die das vitale Mental ergreift und beim geringsten provozierenden Anlass – oder auch ohne Anlass – sich im immer gleichen Kreise drehen lässt. Es ist wie eine Krankheit, in die der Körper aus Gewohnheit oder aus Glauben an die Krankheit einwilligt, obwohl er darunter leidet; und wenn sie einmal begonnen hat, nimmt die Krankheit ihren gewohnten Verlauf, es sei denn, sie wird durch eine starke entgegenwirkende Kraft plötzlich beendet. Sobald aber der Körper seine Einwilligung zurückziehen kann, hört die Krankheit sofort oder rasch auf – das war das Geheimnis des Coue-Systems. Auf die gleiche Weise können auch diese wiederholten Anfälle von Niedergeschlagenheit und Verzweiflung bald zum Stillstand gebracht werden, wenn das vitale Mental seine Zustimmung zurückzieht und sich weigert, von den gewohnten Suggestionen und gewohnten Regungen beherrscht zu werden. Hat es aber einmal die Gewohnheit der Zustimmung angenommen, dann ist es für dieses Mental nicht einfach – auch wenn es eine durchaus passive, duldende und zögernde Zustimmung ist –, diese Gewohnheit aufzugeben und aus dem Teufelskreis herauszutreten. Es ist nur dann einfach, wenn sich das Mental weigert, weiterhin den Eingebungen Glauben zu schenken oder die Ideen oder Gefühle, die den Kreislauf in Bewegung setzen, zu akzeptieren.

Worte Sri Aurobindos

Von diesen Dingen musst du dich befreien. Eine sorgenvolle oder verzagte Stimmung aber ist nicht die geeignete Voraussetzung dafür. Du musst dich von dem Gefühl des Leidens, der Qual und Befürchtung befreien, es zurückweisen und ruhig den Widerstand betrachten, du musst immer deinen Willen zur Wandlung auf dich selbst einsetzen und darauf beharren, dass sie mit der göttlichen Hilfe geschehen muss, früher oder später, weil die göttliche Hilfe existiert. Dann kannst du die Stärke empfangen, durch welche die Schwierigkeiten überwunden werden.

Worte Sri Aurobindos

Zur Wandlung der Natur: Der erste Schritt besteht darin, sich der alten Oberflächennatur bewusst zu werden und sich von ihr zu trennen. Denn diese rajasische vitale Natur ist eine Oberflächenschöpfung der Prakriti, sie ist nicht das wahre Wesen; wie ausdauernd sie auch erscheint, so ist sie doch nur eine vorübergehende Kombination von vitalen Regungen. Dahinter steht das wahre mentale und vitale Wesen, das von der Seele gestützt wird. Das wahre Wesen ist ruhig, weit und voller Frieden. Indem man sich (von der Oberflächennatur) zurückzieht und sich von ihr loslöst, schafft man die Möglichkeit, im Frieden dieses inneren Purusha zu leben und nicht länger mit der Oberflächen-Prakriti identifiziert zu sein. Später ist es viel einfacher, sich durch die Kraft der seelischen Wahrnehmung zu wandeln sowie durch den Frieden, die Macht und das Licht, die sich über dem Oberflächenwesen befinden.

Worte der Mutter

Im Allgemeinen führt Identifikation eher zu Unwissenheit als zu Wissen, weil das Bewusstsein sich in dem verliert, was es wird, und unfähig ist, die eigentlichen Ursachen, Begleitumstände und Folgen zu erkennen. Wenn du dich beispielsweise mit einer Regung des Zornes identifizierst, wird dein gesamtes Wesen eine zornige Schwingung, wird blind und aufbrausend und vergisst alles andere. Nur wenn du zurücktrittst, wenn du mitten im leidenschaftlichen Wirbel gelassen bleibst, vermagst du den Vorgang mit den Augen des Wissens zu betrachten.

Worte der Mutter

Was ist die Zeugen-Seele?

Das ist die Seele, die in einen Zustand kommt, wo sie schaut, ohne zu handeln. Der Zeuge ist der, der beobachtet, was getan wird, der aber nicht selbst handelt. Wenn nun die Seele in dem Zustand ist, wo sie nicht an der Handlung beteiligt ist, wo sie nicht durch die Natur handelt, wo sie sich einfach zurückzieht und beobachtet, wird sie zur Zeugen-Seele…

Wenn man sich von etwas losmachen will, von einer Regung, einer Tätigkeit oder einem Bewusstseinszustand, ist dies das wirksamste Vorgehen; man tritt einen Schritt zurück, man betrachtet die Sache so, wie man einer Szene zuschauen würde, und man mischt sich nicht ein. Und einen Augenblick später geht es einen nichts mehr an, es ist etwas, das außerhalb von einem vor sich geht. Da wird man sehr ruhig.

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