Kapitel 6

Schlaf

Worte Sri Aurobindos

Es ist nicht möglich, mit dem Körper sofort das zu tun, was du tun willst. Wenn dem Körper gesagt wird, nur zwei oder drei Stunden zu schlafen, mag er bei genügend starkem Willen gehorchen – später aber kann er überanstrengt sein und aus Mangel an erforderlicher Ruhe sogar zusammenbrechen. Die Yogis, die ihren Schlaf auf ein Minimum reduzieren, sind dazu erst nach langer Tapasya fähig, in welcher sie lernen, die den Körper lenkenden Naturkräfte zu beherrschen.

Worte Sri Aurobindos

Es muss ein Mangel an Schlaf sein, wodurch dein Nervensystem ständig geschwächt wird – es ist ein großer Fehler, nicht genügend zu schlafen. Sieben Stunden ist das erforderliche Minimum. Wenn man ein sehr starkes Nervensystem hat, kann man den Schlaf auf sechs Stunden reduzieren, manchmal sogar auf fünf – das ist aber selten und sollte ohne Notwendigkeit nicht versucht werden.

Worte Sri Aurobindos

Sowohl bei Fieber als auch bei mentalen Störungen ist Schlaf eine große Hilfe, und ein Mangel (an Schlaf) äußerst unerwünscht – es bedeutet die Einbuße von Heilkraft.

Worte der Mutter

Schlaf kann ein sehr wirksames Mittel zur Konzentration und zum inneren Wissen sein; Schlaf ist eine Schule, durch die man zu gehen hat, für den Fall, dass man weiß, wie man dort seine Lektion zu lernen hat, so dass das innere Wesen unabhängig von der physischen Form wird, seiner selbst bewusst und Meister seines eigenen Lebens. Es gibt ganze Teile des Wesens, die diese Bewegungslosigkeit und diese Halbbewusstheit des äußeren Wesens, des Körpers, brauchen, um in der Lage zu sein, ihr eigenes Leben zu leben, und zwar unabhängig.

Nur, die Menschen wissen es nicht, sie schlafen, weil sie schlafen, wie sie essen, wie sie leben – aus einer Art Instinkt, einem halbbewussten Antrieb. Sie stellen sich nicht einmal die Frage. Ihr stellt jetzt diese Frage: Warum schläft man? Aber es gibt Abermillionen Wesen, die schlafen, ohne sich jemals die Frage gestellt zu haben, warum man schläft. Sie schlafen, weil sie müde sind; sie essen, weil sie hungrig sind; sie begehen Dummheiten, weil sie ihr Instinkt dazu antreibt, ohne zu denken, ohne zu überlegen; aber für die, die es wissen, ist Schlaf eine Schule, eine ausgezeichnete Schule für etwas anderes als die Schule der Wachstunden.

Es ist eine andere Schule für einen anderen Zweck, aber es ist eine Schule. Man möchte den größtmöglichen Fortschritt machen, man muss wissen, wie man seine Nächte nutzt, so wie man seine Tage nutzt, nur wissen die Menschen normalerweise gar nicht, was sie tun sollen; und sie versuchen, wach zu bleiben und alles, was sie hervorrufen, ist als Ergebnis eine physische und vitale Unausgeglichenheit – manchmal auch eine mentale Unausgeglichenheit.

Das Physische und alle stofflich-körperlichen Teile sollten in vollkommener Ruhe sein, aber eine Ruhe, die nicht ein Fall ins Unbewusste ist – das ist eine der Bedingungen. Und das Vital muss in einer schweigenden Ruhe sein. Dann, wenn ihr diese drei Teile zur Ruhe gebracht habt, kann das innere Wesen, das selten in Beziehung zum äußeren Leben steht, weil das äußere Leben zu laut und zu unbewusst ist, als dass es sich offenbaren könnte, sich seiner selbst bewusst werden und erwachen, aktiv werden und auf die niederen Teile einwirken, einen bewussten Kontakt herstellen. Das ist der eigentliche Grund für Schlaf, abgesehen von der Notwendigkeit, dass bei den derzeitigen Lebensbedingungen Aktivität und Ruhe, Ruhe und Aktivität einander abwechseln müssen.

Der Körper braucht Ruhe, aber es gibt nur wenige Menschen, die, wie ich sagte, sich darauf verstehen, wie man schlafen muss. Sie schlafen unter solchen Bedingungen, dass sie nicht erfrischt aufwachen oder überhaupt kaum erholt sind. Aber das ist eine eigene Wissenschaft, die es zu lernen gilt.

Worte der Mutter

In jedem Fall ist eines der Dinge, die du in aller Sicherheit tun kannst, dich vor dem Schlafengehen zu konzentrieren, alle Spannung im physischen Wesen loszulassen, versuche … das heißt, versuche es mit dem Körper, so dass der Körper wie ein weicher Lappen auf dem Bett liegt, so dass da nicht länger etwas Zerrendes und Verkrampftes ist; ihn vollkommen loszulassen, als ob er eine Art Gegenstand wie ein Lappen wäre. Und dann das Vital: es zu beruhigen, es so sehr zur Ruhe zu bringen, wie du kannst, es so ruhig, so friedvoll zu machen wie möglich. Und dann auch das Mental – das Mental, versuche es stillzuhalten, ohne jede Aktivität. Du musst dem Gehirn, wenn möglich, eine Kraft großen Friedens, großer Ruhe, des Schweigens auferlegen und nicht Ideen aktiv verfolgen, keine Anstrengung machen, nichts, nichts; du musst auch dort alle Bewegung loslassen, aber entspanne es in einer Art Schweigen und Ruhe, so tief wie möglich.

Wenn du das alles getan hast, kannst du entweder ein Gebet oder eine Aspiration je nach deiner Natur hinzufügen, um Bewusstsein und Frieden bitten, um so während des Schlafes gegen alle feindlichen Kräfte geschützt zu werden, in einer Konzentration ruhiger Aspiration zu sein und unter einem Schutz zu stehen; bitte die Gnade, über deinen Schlaf zu wachen; und dann schlafe ein. Dies bedeutet unter den besten Voraussetzungen zu schlafen. Was danach geschieht, hängt von deinen inneren Impulsen ab, aber wenn du das beständig machst, Nacht für Nacht, Nacht für Nacht, wird es nach einiger Zeit seine Auswirkung haben.

Gewöhnlich legt man sich ins Bett und versucht, so schnell wie möglich einzuschlafen, und dann, das ist alles, in einem Zustand vollkommener Unwissenheit, wie es gemacht werden soll. Aber was ich dir gerade gesagt habe, wenn du das regelmäßig machst, wird es eine Auswirkung haben. In jedem Fall kann es sehr wohl die Angriffe vermeiden, die sich nachts ereignen: man ist in gutem Zustand zu Bett gegangen, man wacht krank auf; das ist vollkommen verheerend, es bedeutet, dass man nachts in einem Zustand vollständiger Unbewusstheit irgendwo angesteckt worden ist.

Worte der Mutter

…wenn du nachts ruhig schlafen willst, darfst du nicht bis kurz vor dem Schlafen studieren. Wenn du etwas liest, das Konzentration erfordert, wird dein Kopf damit fortfahren zu arbeiten, und so wirst du nicht gut schlafen. Wenn der mentale Geist weiter arbeitet, erholt man sich nicht.

Das Ideal ist es, in eine umfassende Ruhe einzutreten, das heißt, in eine Unbeweglichkeit des Körpers, in einen vollkommenen Frieden im Vital, in ein absolutes Schweigen im Kopf – und das Bewusstsein verlässt alle Aktivität, um in Sachchidananda einzutreten. Wenn du das zu tun vermagst, dann stehst du, wenn du aufwachst, mit dem Gefühl einer außerordentlichen Kraft, einer vollkommenen Freude auf. Aber es ist nicht ganz leicht, das zu tun. Es kann getan werden; das ist eine ideale Voraussetzung.

Normalerweise ist es überhaupt nicht so und meistens werden fast alle Schlafstunden in einer Art ungeordneter Aktivität verschwendet; dein Körper fängt an, sich im Bett hin- und herzuwerfen, du boxt, du drehst dich, du fährst auf, du drehst dich so und so herum, und dann machst du so (Geste) und dann so … So erholst du dich überhaupt nicht.

Worte der Mutter

Gut schlafen will gelernt sein.

Bei körperlicher Erschöpfung schläft man besser nicht sogleich ein, weil man sonst ins Unbewusste sinkt. Wenn man sehr müde ist, muss man sich aufs Bett legen, sich entspannen, einen Nerv um den anderen lockern, bis man wie ein Lappen daliegt, so als hätte man weder Knochen noch Muskeln. Hat man das geschafft, dann tut man dasselbe im Kopf. Sich entspannen, sich nicht auf einen Gedanken verkrampfen, nicht ein Problem zu lösen versuchen oder am Tag aufgenommene Eindrücke, Empfindungen oder Gefühle wiederkäuen. Das alles lässt man ruhig abfallen: man lässt sich los, wird richtig wie ein Lappen. Ist das gelungen, dann brennt da immer eine kleine Flamme – diese Flamme erlischt nie, und man wird sich ihrer bewusst, wenn die Entspannung geglückt ist. Und auf einmal erhebt sich diese Flamme in einem sanften Aufstreben, dem göttlichen Leben, der Wahrheit, dem Bewusstsein des Göttlichen, der Vereinigung mit dem inneren Wesen entgegen; sie übersteigt sich selbst, sie steigt und steigt, ganz sachte, und wenn du in dem Augenblick einschlummerst, dann hast du den besten Schlaf, den du haben kannst. Tust du das sorgsam, dann schläfst du bestimmt ein, dafür bürge ich, und ebenso sicher schläfst du dann nicht in einem dunklen Loch, sondern in einem Licht, und wenn du am Morgen aufstehst, bist du frisch und munter, zufrieden, glücklich und voll Energie für den Tag.

Worte der Mutter

Das (sich seiner Träume erinnern) ist nicht so notwendig. Es ist nützlich, wenn man eine große Kontrolle über seinen Schlaf haben möchte. Aber das muss man auch zu tun wissen. Um sich seiner Träume zu erinnern – das ist morgens … Morgens wenn du aufstehst, darfst du nicht in Eile sein. Das heißt, du darfst nicht erst in dem Moment Wachwerden, wenn du aufstehen musst; du musst etwas Zeit haben und musst gut dafür sorgen, musst vor dem Schlafengehen eine Formation bilden und musst gut dafür sorgen, dass du keine plötzliche Bewegung machst, wenn du aufwachst, denn wenn du eine plötzliche Bewegung machst, verschwindet automatisch die Erinnerung an deine Träume. Du musst mit dem Kopf vollkommen regungslos auf dem Kissen bleiben, ohne dich zu rühren, bis du dir ruhig das Bewusstsein, das ausging, zurückrufen kannst und es zurückrufen, wie man an etwas zieht, ganz sanft, ohne jede Gewalt und ohne Hast, in einem Zustand der Aufmerksamkeit und Konzentration. Und dann, wenn das Bewusstsein zu dir zurückkommt, das Bewusstsein, das ausgegangen war, wenn du ganz regungslos bleibst, ganz ruhig, und nicht noch einmal anfängst, an alle möglichen Dinge zu denken, wird es erst einen Eindruck zurückbringen und dann die Erinnerung, manchmal eine bruchstückhafte Erinnerung. Aber wenn du in diesem gleichen Zustand empfänglicher Unbeweglichkeit bleibst, dann kann es eine mehr und mehr bewusste Erinnerung werden. Aber dafür musst du Zeit haben. Wenn da das leiseste Gefühl ist, dass du dich beeilen musst, ist es aus, du kannst gar nichts machen. Du darfst dich beim Aufwachen nicht einmal fragen: „Wie spät ist es?“ Es ist vollkommen erledigt. Wenn du das machst, verschwindet alles.