Kapitel 6
Kontrolle über Träume
Worte der Mutter
Wenn du sehr müde bist und Ruhe brauchst und wenn du es verstehst, aus dir selbst herauszugehen, wenn du deinen Körper verlässt und bewusst in die vitale Welt eintrittst, gibt es Regionen dort, in der vitalen Welt, die einem herrlichen Urwald ähneln, mit der ganzen Pracht einer reichen und harmonischen Vegetation und schönen, spiegelgleichen Teichen. Und die Atmosphäre ist erfüllt von der lebendigen Vitalität der Pflanzen, mit allen Schattierungen von Grün, die vom Wasser reflektiert werden… Und dort fühlst du soviel Leben, soviel Schönheit, soviel Reichtum und Fülle, dass du voller Energie aufwachst. Und all das ist so wirklich! Es war mir möglich, Menschen dorthin zu führen, ohne ihnen zu sagen, wie es dort sein würde, und sie konnten den Ort genau beschreiben, so wie ich es kann, und sie hatten genau die gleiche Erfahrung. Sie waren vor dem Einschlafen absolut erschöpft, und sie erwachten mit einem absolut herrlichen Gefühl von Fülle, von Kraft und Energie. Sie waren nur wenige Minuten dort gewesen.
Es gibt solche Regionen – nicht viele, aber sie existieren. Andererseits gibt es in der vitalen Welt auch viele unschöne Orte, und es ist besser, nicht dorthin zu gehen. Lassen wir jene außen vor, die so mit ihrem Körper verbunden sind, so in ihm gefangen sind, dass sie ihn erst gar nicht verlassen mögen, so sollten jene aber, die mühelos lernen können, ihren Körper zu verlassen, dies mit großer Vorsicht tun. Ich habe es nicht viele Menschen lehren können, denn es hätte bedeutet – würden sie es alleine tun, ohne meine Gegenwart –, sie manchmal ohne Schutz Erfahrungen auszuliefern, die äußerst schädlich für sie sein können.
Die vitale Welt ist eine Welt voller Extreme. Wenn du in der vitalen Welt zum Beispiel Weintrauben isst, kannst du sechsunddreißig Stunden verbringen, ohne dich hungrig zu fühlen – völlig genährt. Doch kannst du auf bestimmte Dinge treffen, bestimmte Orte betreten, die dir im Handumdrehen alle Energie abziehen und dich manchmal mit Krankheiten und Spätfolgen, die der vitalen Welt angehören, zurücklassen.

Worte der Mutter
Liebe Mutter, du hast gesagt, dass man seinen bewussten Willen üben und den Verlauf seiner Träume ändern kann.
Ah, ja, das habe ich dir bereits schon einmal gesagt. Wenn du mitten in einem Traum bist und es geschieht etwas, das du nicht magst (zum Beispiel schreit jemand, dass er dich umbringen will), dann sagst du: „Das wird nicht so sein, ich will nicht, dass mein Traum so abläuft“, und du kannst die Handlung oder den Ausgang ändern. Du kannst deinen Traum so gestalten, wie du es wünschst. Man kann seine Träume arrangieren. Aber dazu musst du dir bewusst sein, dass du träumst, du musst wissen, dass du träumst.

Worte der Mutter
Es gibt Kinder … die ihre Träume fortsetzen können. Jeden Abend, wenn sie ins Bett gehen, kehren sie an denselben Ort zurück und setzen ihre Träume fort…
Etwas Interessanteres gibt es nicht. Das ist eine durchaus angenehme Art, die Nächte zu verbringen. Du beginnst eine Geschichte, und dann, wenn es Zeit zum Aufwachen ist, machst du einen Punkt hinter den letzten Satz und kehrst in deinen Körper zurück. In der nächsten Nacht machst du dich wieder auf, du schlägst die Seite wieder auf und fängst von neuem mit deiner Geschichte an, die ganze Zeit, solange du fort bist. Und dann ordnest du alles gut an – das muss gut angeordnet sein, wirklich schön. Und wenn der Moment da ist zurückzukehren, setzt du wieder einen Schlusspunkt und sagst zu den Dingen: „Bleibt schön ruhig, bis ich wiederkomme!“ Und du kehrst in deinen Körper zurück. Und jeden Abend machst du weiter damit, und du schreibst ein wunderbares Märchenbuch – vorausgesetzt, du erinnerst dich beim Erwachen daran.
Aber das hängt von einem ruhigen Zustand am Tag ab, nicht wahr?
Nein, das hängt von der Offenheit des Kindes ab.
Und von dem Vertrauen in das, was ihm geschieht, vom fehlenden kritischen Sinn des Mentals und von einem einfachen Herzen und einer jungen und aktiven Energie – von alledem hängt es ab –, von einer Art inneren vitalen Großzügigkeit: Man darf nicht zu egoistisch sein, man darf nicht zu geizig sein, man darf nicht zu praktisch, zu sehr auf Nützlichkeit ausgerichtet sein – kurz, es gibt alles mögliche, was man nicht sein darf, wie die Kinder. Und dann muss man eine lebendige Vorstellungskraft haben, denn – es sieht so aus, als ob ich dir dummes Zeug erzähle, aber es ist wirklich wahr – es gibt eine Welt, in der du der oberste Gestalter bist: Das ist für dich deine vitale Welt. Du bist der oberste Gestalter, und du kannst aus deiner Welt ein Wunder machen, wenn du dich ihrer zu bedienen weißt. Wenn du ein künstlerisches oder dichterisches Bewusstsein hast, wenn du Harmonie, Schönheit liebst, wirst du da etwas Wunderbares erleben, das danach strebt, in die materielle Manifestation hineinzuwachsen.
Als ich klein war, nannte ich das „sich selbst Geschichten erzählen“. Das heißt nicht, sich etwas mit Worten, in seinem Kopf, zu erzählen: das heißt, an diesen Ort zu gehen, der unberührt ist, und… da eine wunderbare Geschichte zusammenzustellen. Wenn du dir so eine Geschichte erzählen kannst, die wahrhaft schön, wahrhaft harmonisch, wahrhaft machtvoll und wahrhaft durchkomponiert ist, dann wird sich diese Geschichte in deinem Leben verwirklichen – vielleicht nicht genau in der Form, in der du sie geschaffen hast, aber als physischer, mehr oder weniger verformter Ausdruck dessen, was du geschaffen hast.
Das wird vielleicht Jahre dauern, aber deine Geschichte wird die Tendenz haben, dein Leben zu gestalten. Doch es gibt nur sehr wenige Menschen, die eine schöne Geschichte erzählen können; und dann mischen sie immer abscheuliche Dinge darunter, die sie nachher bereuen.
Wenn man eine herrliche Geschichte machen könnte, ohne irgendeine Abscheulichkeit darin, nichts als Schönheit, das hätte einen erheblichen Einfluss auf das Leben eines jeden. Und das wissen die Menschen nicht.
Wenn man diese Kraft, diese Schöpferkraft in der Welt der vitalen Formen zu nutzen verstünde, wenn man das nutzen könnte, solange man ein Kind ist, ein kleines Kind… denn in dieser Zeit entwirft man sein materielles Schicksal. Aber für gewöhnlich pfuschen die Menschen, die um dich sind, manchmal sogar die eigenen kleinen Freunde, aber vor allem die Eltern und Lehrer, darin herum und verderben dir alles, so dass die Sache nur ganz selten vollständig gelingen kann.
Aber wenn man es andererseits so machen würde, mit der spontanen Offenheit eines Kindes, könntest du dir ein wunderbares Leben aufbauen – ich spreche von der physischen Welt.
Die Träume der Kindheit sind die Realitäten der reifen Jahre.
