Kapitel 6

Aspiration

Worte Sri Aurobindos

Was bedeutet Aspiration?

Aspiration ist der Ruf des Wesens nach Höherem – nach dem Göttlichen, nach all dem, was zum höheren oder Göttlichen Bewusstsein gehört.

Worte Sri Aurobindos

Aspiration sollte nicht die Form von Begehren annehmen. Sie sollte vielmehr das Erfordernis der inneren Seele sein, ein ruhiger, gefestigter Wille, sich dem Göttlichen zuzuwenden und das Göttliche zu suchen. Es ist bestimmt nicht einfach, sich gänzlich von dieser Beimengung des Begehrens zu befreien – es ist für niemanden einfach, doch wenn man den Willen hat, kann auch dies durch die helfende Kraft erreicht werden.

Worte Sri Aurobindos

Für den raschen Erfolg, die Weite, Intensität und Macht ihrer Ergebnisse wird die Entfaltung der Erfahrung zunächst – am Anfang des Weges und noch lange danach – von der Aspiration und dem persönlichen Bemühen des Sadhaka bestimmt. Der Prozess des Yoga besteht darin, dass sich die menschliche Seele vom egoistischen Zustand des Bewusstseins, das von den äußeren Erscheinungen und der Anziehungskraft der Dinge gefangengenommen wird, loslöst und sich einem höheren Zustand zukehrt, wo das Transzendente und Universale sich selbst in die individuelle Gestaltung ergießen und sie umformen kann. Das erste bestimmende Element der Siddhi ist darum die Intensität der Umkehrung, also die Kraft, welche die Seele nach innen lenkt. Der Maßstab für diese Intensität ist die Macht der Aspiration des Herzens, die Kraft des Willens, die Konzentration des Mentals sowie die Ausdauer und Entschlossenheit der eingesetzten Energie. Der ideale Sadhaka sollte mit dem Bibelwort sagen können: „Mein Eifer für den Herrn hat mich aufgefressen.“ Dieser Eifer für den Herrn, utsaha, das eifrige Ringen der ganzen Natur, um zu ihrer göttlichen Vervollkommnung, vyakulata, zu kommen, und die unablässige Sehnsucht des Herzens, das Göttliche zu erreichen – das verzehrt das Ego und zerbricht die Begrenzungen seiner kleinlichen engen Form für das volle und weite Empfangen dessen, was es sucht: was selbst über das umfassendste und höchste individuelle Selbst und dessen Natur hinausgeht, da es universal ist, und was sie hinter sich zurücklässt, da es selbst transzendent ist.

Worte Sri Aurobindos

Das spirituelle Streben ist dem Menschen eingeboren. Denn er ist, darin dem Tier ungleich, sich seiner Unvollkommenheit und Begrenztheit bewusst und fühlt, dass es jenseits von dem, was er jetzt ist, etwas gibt, das er erreichen muss. Wahrscheinlich wird in der Menschheit dieser Drang, über sich hinauszukommen, nie völlig aussterben. Zwar wird es den menschlichen Mental-Zustand immer geben, doch wird er nicht nur als Stufe auf der Stufenleiter der Wiedergeburt nötig sein, sondern auch als Stufe, die den Zugang zum spirituellen und supramentalen Zustand öffnet.

Es ist zu beachten, dass das Erscheinen des menschlichen Mentals und Körpers auf der Erde einen folgenschweren Schritt, eine entscheidende Wandlung im Verlauf und Prozess der Evolution darstellt. Sie ist nicht nur ein Weiterführen der alten Linien. Bis zum Hervortreten eines entwickelten denkenden Mentals in der Materie war die Evolution nur unterbewusst oder subliminal durch das automatische Wirken der Natur vollzogen worden, nicht aber durch die des Selbstes bewusste Aspiration, Intention, nicht durch den Willen oder das Suchen des lebenden Wesens. Das war so, weil die Evolution mit der Nichtbewusstheit begonnen hat und das verborgene Bewusstsein noch nicht genügend aus ihr hervorgetreten war, um aktiv durch den des Selbstes bewussten teilnehmenden individuellen Willen ihres lebenden Geschöpfes mitzuarbeiten. Aber im Menschen hat diese notwendige Umwandlung stattgefunden, das Wesen ist zu seinem Selbst erwacht und seiner innegeworden. Im Mental ist sein Wille offenbar geworden, sich zu entwickeln, an Erkenntnis zu wachsen, das innere Dasein zu vertiefen und das äußere auszuweiten sowie die Fähigkeiten der Natur zu vermehren. Der Mensch hat eingesehen, dass es einen höheren Bewusstseins-Status gibt als seinen eigenen. In den Schichten seines Mentals und Lebens sind der leidenschaftliche Trieb und das sehnsuchtsvolle Streben, über sich hinauszukommen, entbunden worden. Das ist nun deutlich ausgedrückt: Er ist einer Seele bewusst geworden und hat das Selbst und den Geist entdeckt. So wurde in ihm denkbar und praktisch durchführbar, dass eine unbewusste Evolution durch eine bewusste ersetzt werden kann. Daraus darf man wohl schließen, dass das Bestreben, das Drängen und beharrliche Ringen in ihm ein sicherer Hinweis der Natur darauf ist, dass sie einen höheren Weg zu seiner Erfüllung will und ein höherer Zustand hervortreten soll.

Worte der Mutter

Hinter den Worten, über den Gedanken muss immer die Flamme einer intensiven Aspiration brennen, unauslöschbar und hell.

Worte der Mutter

Was genau ist mit einer aufrichtigen Aspiration gemeint?

Eine Aspiration, die nicht mit irgendwelchem Interesse und egoistischer Berechnung vermischt ist.

Worte der Mutter

Wenn du dich in einem Zustand bewusster Aspiration befindest und sehr aufrichtig bist, wird sich alles um dich herum so anordnen, dass es dir bei deiner Aspiration hilft, sei es direkt oder indirekt, das heißt entweder um dich einen Fortschritt machen zu lassen und dich mit etwas Neuem in Verbindung zu bringen oder um in deiner Natur etwas zu eliminieren, was verschwinden soll. Das ist etwas sehr Bedeutsames. Wenn du wirklich in einem Zustand intensiver Aspiration bist, gibt es keinen Umstand, der dir nicht helfen würde, diese Aspiration zu verwirklichen. Alles kommt – alles! –, als ob ein vollkommenes und absolutes Bewusstsein um dich herum alles organisierte. Und du selbst, in deiner äußeren Unwissenheit, magst es nicht erkennen und lehnst dich zunächst auf gegen die Umstände, wie sie sich dir darstellen. Du magst dich beklagen und versuchst, sie zu ändern, doch nach einiger Zeit, wenn du weiser geworden bist und Abstand zu dem Ereignis gewonnen hast, wird dir klar, dass es gerade das war, was du tun musstest, um den notwendigen Fortschritt zu machen. Und, weißt du, es ist ein Wille, ein höchster guter Wille, der alles um dich herum anordnet, und selbst wenn du dich beklagst und auflehnst, statt zu akzeptieren, ist es gerade in solchen Momenten, dass er am wirksamsten handelt.

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