Kapitel 5

Wie man sich konzentriert

Worte der Mutter

Konzentration soll die in alle Winde zerstreuten Bewusstseinsstrahlen wieder auf einen Punkt, auf eine Idee zurückführen. Wem es gelingt, seine Aufmerksamkeit zu perfektionieren, dem wird alles gelingen, und er wird stets schnelle Fortschritte erzielen. Diese Art der Konzentration lässt sich weiterentwickeln, vergleichbar dem Aufbau von Muskeln, wobei es unterschiedliche Verfahren und Trainingsmethoden gibt. Wir wissen heute, dass zum Beispiel selbst der jämmerlichste Schwächling mit Disziplin so stark werden kann wie jeder Andere. Dazu bedarf es aber eines Willens, der nicht wie das Licht einer Kerze beim geringsten Luftzug erlischt.

Vielmehr gilt es, den Willen, die Konzentration weiterzuentwickeln. Das ist eine Frage der Methode, des regelmäßigen Trainings. Wenn man das will, kann man es auch erreichen.

Die den Willen schwächende Frage „Wozu?“ darf einem dabei allerdings nicht in den Sinn kommen. Die Vorstellung, man sei mit einem bestimmten, unveränderlichen Charakter geboren, ist nämlich eine Torheit.

Worte der Mutter

Ist es möglich, jenen Moment, in dem ich vollkommene Konzentration erreiche, von dem Augenblick zu unterscheiden, in dem man sich, ausgehend von dieser Konzentration, der universalen Energie öffnet?

Ja. Man konzentriert sich auf etwas oder sammelt sich, soweit es einem möglich ist, und erreicht eine Art Vollkommenheit in der Konzentration. Wenn einem dies gelingt und man diese Vollkommenheit lange genug aufrechterhalten kann, öffnet sich eine Tür, und man überschreitet die Grenzen seines normalen Bewusstseins – man dringt in ein tieferes und höheres Wissen ein. Oder man geht in sich. Dann erlebt man vielleicht eine Art blendendes Licht, etwas Wundersames im Inneren, eine Glückseligkeit, eine Allwissenheit, eine absolute Stille. Es gibt selbstverständlich viele Ausprägungen, aber das Phänomen ist immer das gleiche.

Ob man diese Erfahrung macht, hängt ganz davon ab, ob man in der Lage ist, seine Konzentration lange genug auf dem höchsten Punkt der Vollkommenheit zu halten.

Muss man sich jedes Mal konzentrieren, wenn man diese Erfahrung machen möchte?

Am Anfang ja, denn da bist du noch nicht in der Lage, das bereits Erlangte zu bewahren, deine Konzentration auf dem höchsten Punkt zu halten – du machst immer wieder Rückschritte und vergisst sogar frühere Erfahrungen. Aber das ist, wie wenn man einen bestimmten Weg geht, wenn man ihn einmal gelaufen ist, findet man ihn beim zweiten Mal leichter und so weiter. Die zweite Konzentrationsübung wird dir daher leichter fallen als die erste. Du musst deine Konzentration so lange beharrlich aufrechterhalten, bis du einen Punkt erreichst, an dem du den inneren Kontakt nicht mehr verlierst.

Von da an musst du in diesem inneren und höheren Bewusstsein verbleiben. Von hier aus kannst du alles tun. Du wirst deinen Körper sehen und die materielle Welt, und du wirst wissen, was zu tun ist und wie es zu tun ist.

Darin besteht das erste Ziel der Konzentration, aber natürlich ist das nicht das letzte.

Diese Konzentration zu erreichen erfordert große Mühen: Ein unmittelbares oder gar schnelles Ergebnis lässt sich nur selten erzielen. Wurde die innere Tür aber erst einmal geöffnet, kannst du dir sicher sein, dass sie sich wieder öffnen wird, solange du es verstehst, deine Beharrlichkeit aufrechtzuerhalten.

Solange die Tür verschlossen bleibt, zweifelst du vielleicht an deinen Fähigkeiten, doch wurde sie erst einmal geöffnet, ist kein Zweifel mehr möglich, sofern du mit Willenskraft und Bestreben weiter voranschreitest.

Diese Erfahrung ist von beträchtlichem Wert.