Kapitel 5

Physisches Bewusstsein – Unterbewusstsein – Schlaf und Traum – Krankheit

Unser Ziel ist die supramentale Verwirklichung, und was immer dafür notwendig oder darauf ausgerichtet ist, müssen wir unter den Voraussetzungen des jeweiligen Stadiums tun. Gegenwärtig besteht die Notwendigkeit der Vorbereitung des physischen Bewusstseins; hierfür müssen vollständiger Gleichmut und Frieden und eine völlige Weihung errichtet werden, frei von persönlichem Fordern und Begehren im Physischen und den niederen vitalen Teilen. Andere Dinge kommen zu ihrer Zeit. Was jetzt gebraucht wird, ist das seelische Sich-Öffnen im physischen Bewusstsein sowie die ständige Gegenwart und Führung dort.

Was du beschreibst, ist das stoffliche Bewusstsein; es ist großenteils unterbewusst, sein bewusster Teil aber ist mechanisch und wird träge von den Gewohnheiten oder Kräften der niederen Natur bewegt. Es [das stoffliche Bewusstsein] wiederholt immerfort die gleichen beschränkten und unerleuchteten Bewegungen und ist der Routine und dem verankerten Gesetz des bereits Bestehenden verhaftet – es ist nicht gewillt sich zu wandeln, das Licht zu empfangen, oder der höheren Kraft zu gehorchen. Oder wenn es willens ist, ist es unfähig dazu. Ist es aber fähig, so wendet es die Tätigkeit, die ihm durch das Licht oder die Kraft gegeben wurde, in eine neue mechanische Routine und beraubt sie auf diese Weise der ganzen Seele und des ganzen Lebens. Es ist dunkel, dumm und faul, voll der Unwissenheit und Trägheit, der Finsternis und Saumseligkeit des tamas.

Dieses stoffliche Bewusstsein ist es, in das wir versuchen, zuerst das höhere (göttliche oder spirituelle) Licht, die Macht und den Ananda zu bringen, und schließlich die supramentale Wahrheit, die das Ziel unseres Yoga ist.

Es ist das durch und durch physische Bewusstsein, dessen du gewahr wurdest; es ist so in beinahe jedem: sobald man voll oder ausschließlich in es eintritt, fühlt man, dass es dem eines Tieres gleicht, entweder finster und rastlos oder träge und dumm und in keinem Fall dem Göttlichen geöffnet. Allein indem man die Kraft und das höhere Bewusstsein in es einbringt, vermag es sich grundlegend zu ändern. Wenn sich diese Dinge zeigen, rege dich nicht auf, sondern begreife, dass sie da sind, um gewandelt zu werden.

Hier wie anderswo ist Ruhe das erste Erfordernis – das Bewusstsein ruhig zu halten, es sich nicht erregen und verwirren zu lassen. Dann rufe in dieser Ruhe nach der Kraft, damit sie all diese Finsternis aufhelle und wandle.

„Den äußeren Geräuschen und körperlichen Sinneswahrnehmungen preisgegeben“, „nicht in der Lage, aus dem gewöhnlichen Bewusstsein aus eigenem Antrieb herauszugelangen“, „die ganze Neigung des Wesens vom Yoga abgewandt“ – all das trifft unverkennbar für das physische Mental und physische Bewusstsein zu, sobald sie sich gleichsam isolieren und die ganze Vorderfront [des Wesens] in Beschlag nehmen und das Übrige in den Hintergrund drängen. Wenn ein Teil des Wesens in den Vordergrund gebracht wird, damit für die Wandlung darauf eingewirkt werden kann, ist dieses alles beherrschende Hervortreten sowie die dominierende Tätigkeit jenes Teils, als ob er allein vorhanden wäre, etwas sehr Häufiges; leider ist es immer das, was gewandelt werden soll, die unerwünschten Zustände, die Schwierigkeiten jenes Teils, die sich zuerst erheben und hartnäckig das Feld beherrschen und wiederkehren. Im Physischen sind es Trägheit, Finsternis und Unfähigkeit, die aufkommen, sowie die Hartnäckigkeit dieser Dinge. Das einzige, was man in dieser unerfreulichen Phase tun kann, ist hartnäckiger als die physische Trägheit zu sein, in festem Streben zu beharren – eine stete Beharrlichkeit ohne irgendwelches rastlose Ringen – und ein weites und andauerndes Sich-Öffnen zu erlangen, selbst in diesem harten Fels des Widerstandes.

Diese Unterschiede im Bewusstsein während des Tagesablaufes sind etwas allgemein Übliches, das beinahe jeder in der Sadhana erlebt. Das Prinzip der Oszillation, der Entspannung und des Rückfalls aus einem höheren Zustand, der erfahren, aber noch nicht ganz gefestigt wurde, in einen normalen oder vergangenen niedrigeren Zustand, wird sehr stark und ausgeprägt, wenn das Wirken der Sadhana im physischen Bewusstsein stattfindet. Denn eine in der physischen Natur vorhandene Trägheit lässt die Beständigkeit der Intensität, die dem höheren Bewusstsein eignet, nicht ohne weiteres zu – das Physische sinkt immer in etwas Gewöhnlicheres zurück; das höhere Bewusstsein und seine Kraft müssen lange arbeiten und immer wiederkehren, bevor sie in der physischen Natur beständig und selbstverständlich wer den können. Lass dich durch diese Schwankungen oder Verzögerungen weder aufregen noch entmutigen, wie lang und ermüdend sie auch sein mögen; achte nur darauf, in innerer Ausgeglichenheit immer ruhig zu sein und so offen wie möglich gegenüber der höheren Macht – und lasse nicht zu, dass eine wirklich widrige Verfassung von dir Besitz ergreift. Wenn es kein feindlicher Einbruch ist, so ist das Übrige nur ein beharrliches Fortbestehen von Unvollkommenheiten, die alle [Menschen] im Überfluss besitzen; diese Unvollkommenheit und Beharrlichkeit müssen durch die Kraft verarbeitet und eliminiert werden, doch braucht die Eliminierung ihre Zeit.

Du solltest dich nicht durch irgendeine Beharrlichkeit der Bewegungen der niederen vitalen Natur entmutigen lassen. Einige davon haben stets die Neigung fortzubestehen und kehren wieder, bis die gesamte physische Natur durch die Umwandlung des ganz stofflichen Bewusstseins umgeformt ist; bis dahin wiederholt sich ihr Druck als mechanische Gewohnheit – manchmal verbunden mit einem Wiederaufleben ihrer Kraft, manchmal schwerfälliger. Nimm ihnen die Lebenskraft, indem du die mentale oder vitale Zustimmung verweigerst; dann wird die mechanische Gewohnheit nicht mehr die Macht haben, die Gedanken und Taten zu beeinflussen und wird schließlich versiegen.

Das muladhar ist das Zentrum des eigentlichen physischen Bewusstseins, und alles darunter im Körper ist das rein Physische, das in zunehmendem Maße unterbewusst wird, je weiter man nach unten kommt; der eigentliche Ort des Unterbewussten liegt jedoch unterhalb des Körpers, so wie der wahre Ort des höheren Bewusstseins (des Überbewussten) sich über dem Körper befindet. Gleichzeitig kann das Unterbewusste überall gefühlt werden, und zwar als etwas, das sich unterhalb der Bewusstseins-Bewegung befindet, das Bewusstsein gleichsam von unten stützend oder auch dieses zu sich herabziehend. Das Unterbewusste ist die hauptsächliche Stütze aller gewohnheitsmäßigen Regungen, besonders der physischen und der niederen vitalen Regungen. Wenn etwas aus dem Vital oder Physischen hinausgestoßen wird, sinkt es meist in das Unterbewusste hinab, um dort wie ein Keim zu ruhen und dann nach Möglichkeit wieder aufzuschießen. Das ist der Grund, warum es so schwierig ist, sich von gewohnheitsmäßigen vitalen Regungen zu befreien oder den [menschlichen] Charakter zu verändern; denn die vitalen Regungen, selbst wenn sie unterdrückt oder zurückgedrängt wurden, wallen immer von neuem auf und kehren wieder, da sie aus dieser Quelle erhalten oder erneuert und in diesem Mutterboden genährt werden. Das Wirken des Unterbewussten ist irrational, mechanisch und wiederholt sich ständig. Es hört weder auf den Verstand noch auf den mentalen Willen. Nur indem man das höhere Licht und die höhere Kraft in es herabbringt, kann es sich ändern.

Das Unterbewusste ist sowohl universal als auch individuell wie alle anderen wichtigen Teile der Natur. Doch gibt es verschiedene Teile oder Ebenen des Unterbewussten. Alles auf Erden gründet sich auf dem sogenannten Unbewussten, das in Wirklichkeit ganz und gar nicht unbewusst, sondern vielmehr eine absolute „Unter“-Bewusstheit ist, ein unterdrücktes oder involviertes Bewusstsein, in welchem alles vorhanden, doch nichts ausgedrückt oder gestaltet ist. Das Unterbewusste liegt zwischen diesem Unbewussten und dem bewussten Mental, Leben und Körper. Es enthält die Möglichkeit aller primitiven Reaktionen auf das Leben, die sich aus den dumpfen und trägen Bereichen der Materie zur Oberfläche emporkämpfen und in fortlaufender Entwicklung ein sich langsam entfaltendes, selbst gestaltendes Bewusstsein bilden; es enthält sie nicht als Ideen, Wahrnehmungen oder bewusste Reaktionen, sondern als die fließende Substanz dieser Dinge. Aber auch alles, was bewusst erfahren wird, sinkt in das Unterbewusste hinab, zwar nicht als genaue, doch versunkene Erinnerungen, sondern als dunkle, aber dennoch beharrliche Eindrücke der Erfahrung; diese können zu jeder Zeit als Träume wieder auftauchen, als mechanische Wiederholungen vergangenen Denkens, Fühlens, Handelns usw., als „Komplexe“, und sich dann in Taten und Geschehnissen entladen usw., usw.. Das Unterbewusste ist die hauptsächliche Ursache dafür, dass alle Dinge sich ständig wiederholen und niemals etwas verändert wird außer im äußeren Erscheinungsbild. Es ist die Ursache dafür, warum die Menschen sagen, der Charakter könne nicht gewandelt werden, und ebenfalls die Ursache der fortwährenden Wiederkehr jener Dinge, die man hoffte losgeworden zu sein. Alle Keime ruhen dort, und alle samskaras des Mentals, Vitals und Körpers – es ist der stärkste Rückhalt von Tod und Krankheit und die letzte (anscheinend uneinnehmbare) Festung der Unwissenheit. Und auch all das, was man unterdrückt hat, ohne es vollständig losgeworden zu sein, sinkt dort hinab und lagert als Keim, der bereit ist, jeden Augenblick aufzuschießen oder sich zu entfalten.

Das Unterbewusste ist die evolutionäre Grundlage in uns, es ist weder die Gesamtheit unserer verborgenen Natur, noch ist es der gesamte Ursprung dessen, was wir sind. Vom Unterbewussten jedoch können sich Dinge erheben und in den bewussten Teilen Gestalt annehmen; und viele unserer kleineren vitalen und physischen Instinkte, Regungen, Gewohnheiten und Eigentümlichkeiten des Charakters haben diesen Ursprung.

Es gibt drei verborgene Quellen unseres Handelns – das Überbewusste, das Unterschwellige, das Unterbewusste – doch keine von ihnen untersteht unserer Kontrolle, und wir nehmen sie nicht einmal wahr. Stattdessen sind wir uns des Wesens an der Oberfläche bewusst, das lediglich eine als Instrument dienende Einrichtung ist. Ursprung von allem ist die allgemeine Natur – die universale Natur, die sich in jeder Person individualisiert; diese allgemeine Natur speichert in uns bestimmte Gewohnheiten der Regungen, der Persönlichkeit, des Charakters, der Fähigkeiten, Veranlagungen und Neigungen, und all das – ob es gegenwärtig oder vor unserer Geburt geformt wurde – identifizieren wir gewöhnlich mit uns selbst. Ein großer Teil davon ist in unseren bewussten und bekannten Teilen an der Oberfläche in ständiger Bewegung und Benutzung, der größere Teil hingegen, ist in den anderen unbekannten drei [Teilen] verborgen, die sich unterhalb oder hinter der Oberfläche befinden. Doch das, was wir an der Oberfläche sind, wird durch die Wellen der allgemeinen Natur, die über uns hereinbrechen, beständig in Bewegung gehalten, verändert, entwickelt oder wiederholt, entweder direkt oder auch indirekt durch andere Menschen und Umstände, durch die verschiedensten Mittler und Kanäle. Einiges davon fließt unmittelbar in die bewussten Teile, um dort zu wirken, doch missachtet unser Mental die Quelle, aus der es stammt, übernimmt es und betrachtet all das als sein eigen; ein anderer Teil gelangt im Stillen in das Unterbewusste oder sinkt in es hinab und wartet auf eine Gelegenheit, wieder zur bewussten Oberfläche aufzusteigen; ein großer Teil wandert in das Unterschwellige [subliminal] und kann zu jeder beliebigen Zeit hervortreten – oder auch nicht, es kann auch als unbenutzter Stoff dort ruhen. Ein Teil wandert durch uns hindurch und wird abgewiesen, zurück- oder hinausgestoßen oder ins universale Meer verschüttet. Unsere Natur besteht aus einem fortwährenden Wirken von Kräften, mit denen wir versehen werden und aus denen (oder besser, aus einem kleineren Teil von ihnen) wir machen, was wir wollen oder können. Was wir daraus machen, scheint für immer fixiert und geformt zu sein, doch ist in Wirklichkeit alles ein Spiel von Kräften, ein Fließen, nichts ist fixiert oder beständig; der Eindruck der Stabilität entsteht durch die fortlaufende Wiederholung und Wiederkehr von gleichen Schwingungen und Formungen. Das ist auch der Grund, warum unsere Natur verändert werden kann, entgegen Vivekanandas Ausspruch und Horazes Sprichwort und trotz des bewahrenden Widerstandes des Unterbewussten – es ist jedoch eine schwierige Aufgabe, denn diese beharrliche Wiederholung und Wiederkehr ist der ureigentliche Weg der Natur.

Was nun die Dinge in unserer Natur anbelangt, die durch Zurückweisung aus uns hinausgestoßen werden, die jedoch wiederkehren, so kommt es darauf an, wohin du sie stößt. Sehr häufig ist ein gewisser Ablauf damit verbunden. Das Mental weist seine Denkungsarten ab, das Vital seine Lebenskräfte, das Physische seine Körperlichkeiten – und sie wandern dann meist zurück in den entsprechenden Bereich der allgemeinen Natur. Dann bleibt zunächst alles im umhüllenden Bewusstsein, das wir mit uns herumtragen und durch das wir mit der äußeren Natur in Verbindung stehen; häufig kehrt nun das Hinausgestoßene von dort wieder – bis es so vollständig abgewiesen oder gleichsam weit hinausgeworfen wurde, dass es nicht mehr zu uns zurückkehren kann. Doch wenn das, was das denkende und wollende Mental abweist, stark vom Vital gestützt wird, verlässt es zwar das Mental, sinkt aber in das Vital ab, wütet dort und versucht abermals emporzubranden, das Mental aufs Neue in Beschlag zu nehmen und unsere mentale Bereitwilligkeit zu erzwingen oder zu erobern. Wenn es auch durch das höhere Vital, das Herz oder die umfassendere vitale Dynamik zurückgewiesen wird, sinkt es weiter hinab und nimmt seine Zuflucht im niederen Vital mit seiner Anhäufung von begrenzten üblichen Regungen, die unsere tägliche Kleinheit ausmachen. Weist das niedere Vital es ebenfalls zurück, dann sinkt es in das physische Bewusstsein ab und versucht sich dort, mit Hilfe der Trägheit oder mechanischen Wiederholung, festzusetzen. Und wenn es auch von dort zurückgewiesen wird, wandert es in das Unterbewusste und kehrt in Träumen wieder oder drückt sich als Passivität aus, als äußerste Trägheit, tamas. Das Unbewusste ist die letzte Zuflucht der Unwissenheit.

Was die Wellen anbelangt, die von der allgemeinen Natur zurückkehren, so ist es die natürliche Neigung der niederen Kräfte dort, ihr Wirken im Einzelwesen auszuprobieren und aufrechtzuerhalten und wieder aufzubauen, was es von ihren Ablagerungen in sich abgebaut hat; daher kehren diese Wellen zu ihm zurück, häufig mit vermehrter Kraft, ja mit ungestümer Heftigkeit, sobald sie ihren Einfluss abgewiesen finden. Doch ist einmal das umhüllende Bewusstsein gereinigt, können sie nicht mehr lange fortbestehen – außer die „Feindlichen“ [Kräfte] greifen ein. Doch obgleich diese tatsächlich anzugreifen vermögen, können sie, sofern der Sadhak im inneren Selbst gefestigt ist, nur angreifen und sich wieder zurückziehen.

Es ist wahr, wir bringen das meiste von uns, oder, besser gesagt, unsere meisten Veranlagungen, unsere Neigung, auf die universale Natur zu reagieren, von vergangenen Leben mit. Vererbung beeinflusst lediglich das äußere Wesen stark; doch nicht einmal dort werden alle Auswirkungen der Vererbung angenommen, nur jene, die sich mit dem in Übereinstimmung befinden, was wir sein sollen oder es zumindest nicht verhindern.

Das Unterbewusste ist ein Ort der Gewohnheiten und Erinnerungen, es wiederholt hartnäckig, oder wann immer es kann, alte, unterdrückte Reaktionen und Reflexe, mentale, vitale oder physische Erwiderungen. Es muss durch den beharrlicheren Druck der höheren Wesensteile geübt werden, seine alten Reaktionen abzulegen und sie durch die neuen und wahren zu ersetzen.

Du weißt nicht, in welchem Ausmaß die gewöhnliche Natur des Menschen im unterbewussten Physischen lebt. Dort werden gewohnheitsmäßige Regungen, mentale und vitale, gespeichert und von dort kommen sie empor in das Wach-Mental. Wenn sie aus dem höheren Bewusstsein vertrieben wurden, ist es diese „Höhle der Panis“, in der sie Zuflucht suchen. Verbietet man ihnen, frei in den Wachzustand aufzutauchen, dann treten sie im Schlaf als Träume auf. Erst wenn sie aus dem Unterbewussten entfernt und ihre eigentlichen Keime durch die Erleuchtung dieser verborgenen Schichten getötet wurden, hören sie für immer auf zu bestehen. In dem Maße wie sich dein Bewusstsein nach innen vertieft und das höhere Licht in diese niederen, verdeckten Teile herabkommt, werden die Dinge, die jetzt auf diese Weise wiederkehren, verschwinden.

Sicher ist es möglich, Kräfte von unten heraufzuziehen. Es können die verborgenen göttlichen Kräfte von unten sein, die sich durch deinen Sog erheben, und diese Aufwärtsbewegung vervollkommnet dann die Bewegung und Bemühung der göttlichen Kräfte von oben und trägt besonders dazu bei, sie in den Körper zu bringen. Es können aber auch die dunklen Kräfte von unten sein, die auf den Ruf reagieren, und dann hat diese Art des Anziehens [der Kräfte] entweder tamas oder eine Störung zur Folge – manchmal große Anhäufungen von Trägheit oder eine schreckliche Umwälzung und Beunruhigung.

Das niedere Vital ist eine sehr dunkle Ebene und kann mit Gewinn nur dann voll geöffnet werden, wenn die anderen Ebenen darüber weit dem Licht und Wissen aufgetan wurden. Jemand, der sich ohne diese höhere Vorbereitung und ohne Wissen auf das niedere Vital konzentriert, wird voraussichtlich in heillose Verwirrung geraten. Das bedeutet nicht, dass die Erfahrungen dieser Ebene nicht früher kommen können oder sogar zu Beginn; tatsächlich kommen sie von selbst, es sollte ihnen jedoch keine zu große Wichtigkeit beigemessen werden.

Es gibt eine Yoga-Shakti, die zusammengerollt oder schlafend im inneren Körper liegt – die nicht tätig ist. Wenn man den Yoga ausübt, entfaltet sich diese Kraft und steigt auf, um dem Göttlichen Bewusstsein und der Göttlichen Kraft, die über uns warten, zu begegnen. Wenn dies geschieht, wenn die erwachte Yoga-Shakti sich erhebt, wird es oft so empfunden, als würde eine Schlange sich aufrollen und aufrichten und immer weiter nach oben aufsteigen. Sobald sie dem Göttlichen Bewusstsein über uns begegnet, kann die Kraft des Göttlichen Bewusstseins leichter in den Körper herabkommen, und es kann gefühlt werden, wie sie dort wirkt, um die [menschliche] Natur zu wandeln.

Das Gefühl, dass dein Körper und deine Augen nach oben gezogen werden, gehört zur gleichen Bewegung. Es sind das innere Bewusstsein im Körper und das innere feinstoffliche Sehen im Körper, die aufwärts blicken und sich aufwärts bewegen und versuchen, dem göttlichen Bewusstsein und göttlichen Sehen über uns zu begegnen.

Wenn du dich in die niederen Ebenen oder Teile der Natur hinabwendest, musst du immer darauf achten, eine wachsame Verbindung mit den höheren, bereits neu geformten Bewusstseinsebenen aufrechtzuerhalten und durch sie das Licht und die Reinheit in diese niederen, noch nicht erneuerten Bereiche hinabzubringen. Ohne diese Wachsamkeit wird man von der unregenerierten Bewegung der niederen Schichten ganz in Anspruch genommen, und Trübung und Störung stellen sich ein.

Der sicherste Weg ist, im höheren Teil des Bewusstseins zu bleiben und von dort einen Druck auf das niedere [Bewusstsein] zu seiner Wandlung auszuüben. Es kann auf diese Weise getan werden, du musst nur wissen wie und dich daran gewöhnen. Wenn du die Fähigkeit erlangst, das zu tun, wird der Fortschritt viel leichter, glatter und weniger schmerzhaft sein.

Dass du dich einer Psychoanalyse unterzogen hast, war ein Fehler. Zumindest für den Augenblick hat es die Arbeit der Läuterung komplizierter und nicht einfacher gemacht. Die Psychoanalyse von Freud ist das letzte, was man mit dem Yoga in Verbindung bringen sollte. Sie befasst sich mit einem bestimmten Teil, dem dunkelsten, dem gefahrvollsten, dem ungesündesten Teil der [menschlichen] Natur, mit der niederen, vitalen, unterbewussten Schicht, isoliert einige ihrer krankhaftesten Erscheinungsformen und misst ihnen einen Einfluss bei, der in keinem Verhältnis zu ihrer wahren Rolle in der Natur steht. Moderne Psychologie ist eine in den Kinderschuhen steckende Wissenschaft, sowohl unbesonnen als auch unsicher und roh. Wie bei allen unentwickelten Wissenschaften tobt sich die universale Gewohnheit des menschlichen Mentals hier aus: eine teilweise und örtliche Wahrheit ungebührlich zu verallgemeinern und zu versuchen, den gesamten Bereich der Natur mit ihren begrenzten Begriffen zu erklären. Im übrigen ist es auf gefährliche Weise falsch, die Bedeutung unterdrückter sexueller Komplexe zu übertreiben; es kann einen hässlichen Einfluss haben und dahin führen, Mental und Vital grundlegend unreiner und nicht reiner zu machen als zuvor.

Es ist richtig, das Unterschwellige [subliminal] im Menschen umfasst den größten Teil seiner Natur und birgt das Geheimnis ungeahnter Dynamiken in sich, durch die seine Oberflächen-Tätigkeiten erklärt werden. Doch das niedere vitale Unterbewusste, das alles ist, was diese Psychoanalyse von Freud zu kennen scheint – und selbst hiervon kennt sie nur ein paar schlecht erhellte Winkel –, ist nicht mehr als ein begrenzter und sehr untergeordneter Teil des unterschwelligen Ganzen. Dahinter steht das unterschwellige Selbst und stützt den ganzen Menschen der Oberfläche; es birgt in sich ein umfassenderes und wirksameres Mental hinter dem Oberflächen-Mental, ein größeres und machtvolleres Vital hinter dem Oberflächen-Vital, ein feineres und freieres physisches Bewusstsein hinter dem Oberflächen-Dasein des Körpers. Und über diesen öffnet es sich dem höheren Überbewussten und darunter den niederen unterbewussten Bereichen. Wenn man die Natur läutern und umwandeln will, muss man sich der Macht dieser höheren Bereiche öffnen und sich zu ihnen erheben, um mit ihrer Hilfe sowohl das unterschwellige als auch das Oberflächen-Wesen zu wandeln. Auch das sollte nicht übereilt und unbesonnen, sondern mit Bedacht getan werden, indem man einer höheren Führung folgt und immer die rechte Haltung bewahrt; denn andernfalls kann die Kraft, die herabgezogen wird, zu stark für ein dunkles und schwaches Gerüst der [menschlichen] Natur sein. Doch damit zu beginnen, das niedere Unterbewusste zu öffnen und zu riskieren, dass all das Verdorbene oder Finstere sich in ihm erhebt, bedeutet sich willentlich Kummer zu bereiten. Zuerst sollte man das höhere Mental und Vital stark, fest und voll des Lichtes und Friedens von oben machen; danach kann man mit größerer Sicherheit und einiger Aussicht auf eine schnelle und erfolgreiche Wandlung das Unterbewusste öffnen und sogar in es hinabtauchen.

Die Methode, sich von den Dingen durch anubhava [Erfahrung] zu befreien, kann auch gefährlich sein; denn auf diese Weise gerät man leicht in größere Verwirrung, statt die Freiheit zu erreichen. Diese Methode hat zwei wohlbekannte psychologische Motive hinter sich. Eines davon, das Motiv der willentlichen Erschöpfung, hat nur in einigen Fällen Gültigkeit, besonders dann, wenn eine angeborene Neigung [des Wesens] sich zu sehr festgesetzt oder einen zu ausgeprägten Charakter hat, als dass man sich durch vicara [die intellektuelle Auseinandersetzung] oder den Vorgang der Zurückweisung und Ersetzung durch die wahre Bewegung davon befreien könnte; wenn anubhava im Übermaß angewendet wird, muss der Sadhak sogar manchmal zur gewöhnlichen Tätigkeit des gewöhnlichen Lebens zurückkehren, um mit frischem Geist und frischer Willenskraft zur wahren Erfahrung zu gelangen, und dann zum spirituellen Leben zurückkehren, wenn das Hindernis ausgemerzt oder aber reif zur Ausmerzung ist. Doch diese Methode des bewussten Nachgebens ist, wenngleich manchmal unvermeidlich, immer gefährlich. Sie hat nur dann Erfolg, wenn ein sehr starker Wille im Wesen auf die Verwirklichung ausgerichtet ist; denn dann ruft dieses Nachgeben eine große Unzufriedenheit und Gegenwirkung hervor, vairagya [Abscheu vor der Welt], und der Wille zur Vervollkommnung kann in den widerstrebenden Teil der Natur herabgebracht werden.

Das andere Motiv für anubhava ist von allgemeinerer Anwendbarkeit; denn um etwas vom Wesen zurückweisen zu können, muss man sich dessen erst bewusst werden und die klare innere Erfahrung seiner Wirkungsweise haben und seinen tatsächlichen Platz in den Tätigkeiten der [menschlichen] Natur entdecken. Dann kann man darauf einwirken – zu seiner Ausmerzung, wenn es eine wirklich falsche Bewegung ist, oder zu seiner Umwandlung, wenn es nur die Herabminderung einer höheren und wahren Bewegung ist. Das oder Ähnliches wird im System der Psychoanalyse auf unreife und falsche Weise mit rudimentärem und ungenügendem Wissen versucht. Die Methode, die niederen Bewegungen in das volle Licht des Bewusstseins zu heben, damit man sie kennenlernt und sich mit ihnen auseinandersetzt, ist unvermeidlich; denn ohne das gibt es keine vollständige Wandlung. Wahrhaft erfolgreich kann es jedoch nur dann sein, wenn ein höheres Licht und eine höhere Kraft hinreichend am Werk sind, um früher oder später die Kraft der Veranlagung, die zur Wandlung emporgehalten wird, zu überwinden. Viele wühlen unter dem Vorwand von anubhava nicht nur die feindliche Bewegung auf, sondern unterstützen sie auch durch ihre Zustimmung, statt sie zurückzuweisen; sie erfinden Ausflüchte, um sie fortzusetzen oder zu wiederholen, und fahren auf diese Weise fort, damit zu spielen, sich ihrer Wiederkehr hinzugeben, sie zu verewigen; später, wenn sie sich davon befreien wollen, hat sie sich derart festgesetzt, dass sie hilflos in ihrer Gewalt sind und nur ein furchtbarer Kampf oder ein Eingreifen der göttlichen Gnade sie befreien kann. Einige tun dies aus vitaler Verschrobenheit oder Perversion heraus, andere aus reiner Unwissenheit; aber sowohl im Yoga als auch im Leben wird Unwissenheit von der Natur nicht als rechtfertigende Entschuldigung akzeptiert. Diese Gefahr besteht immer, wenn man sich den unwissenden Teilen der Natur gegenüber falsch verhält; aber nichts ist unwissender, gefährlicher, unvernünftiger und hartnäckiger in seiner Wiederkehr als das niedere vitale Unterbewusste und seine Bewegungen. Es zur Erlangung von anubhava übereilt oder auf falsche Weise aufzurühren, kann zur Folge haben, dass auch die bewussten Teile mit seinem dunklen und schmutzigen Stoff durchtränkt und auf diese Weise das ganze Vital und selbst die mentale Natur vergiftet werden. Daher sollte man immer mit einer positiven und nicht mit einer negativen Erfahrung beginnen, indem man etwas von der göttlichen Natur – die Stille, das Licht, den Gleichmut, die Reinheit, die göttliche Stärke – in die zu wandelnden Teile des bewussten Wesens herabbringt; erst wenn das zur Genüge geschehen und eine feste positive Grundlage geschaffen ist, ist es ungefährlich, die verborgenen unterbewussten, feindlichen Elemente aufzurühren, um sie durch die Stärke der göttlichen Stille, des Lichts, der Kraft und des Wissens zu zerstören und auszumerzen. Auch dann wird sich von selbst noch genug des niederen Stoffes erheben, um dir so viel anubhava zu verschaffen, wie du zur Befreiung von den Hindernissen brauchst; dann aber kann man sich mit ihnen wesentlich ungefährdeter und unter einer höheren inneren Führung auseinandersetzen.

Es fällt mir schwer, diese Psychoanalytiker, wenn sie versuchen spirituelle Erfahrung im Flackern ihrer Fackellichter zu prüfen, überhaupt ernst zu nehmen – dennoch sollte man es vielleicht tun, denn Halbwissen ist eine machtvolle Sache und kann ein großes Hindernis für das Hervortreten der reinen Wahrheit sein. Diese modernen Psychologen kommen mir sehr wie Kinder vor, die ein kurz gefasstes und nicht ganz gültiges Alphabet lernen und frohlockend ihr A-B-C des Unterbewussten mit dem geheimnisvollen Untergrund Super-Ego zusammenlegen und sich einbilden, dass ihr erstes Buch dunkler Anfänge (K-A-T-Z-E: Katze, B-A-U-M: Baum) der eigentliche Kern des wahren Wissens sei. Sie blicken von unten nach oben und erklären die höheren Lichter mit Hilfe der niederen Dunkelheiten; aber die Grundlage dieser Dinge ist oben und nicht unten, upari budhna esam. Das Überbewusste, nicht das Unterbewusste, ist die wahre Grundlage dieser Dinge. Die Bedeutung des Lotos kann nicht ergründet werden, indem man die Geheimnisse des Schlammes analysiert, in welchem er hier wächst; sein Geheimnis muss im himmlischen Urbild des Lotos gefunden werden, der ewig blüht in dem Lichte, das über uns ist. Außerdem ist der Bereich, den die Psychologen sich ausgesucht haben, unergiebig, dunkel und begrenzt; du musst das Ganze kennen, bevor du den Teil kennen kannst, und das Höchste, bevor du wahrhaft das Niederste verstehen kannst. Dies ist die Verheißung einer höheren Psychologie, die auf ihre Stunde wartet und vor der dieses armselige Umhertappen dahinschwinden und im Nichts zerrinnen wird.

Schlaf ist meist wegen seiner unterbewussten Grundlage mit einem Absacken [des Bewusstseins] auf eine niedrigere Ebene verbunden – außer es ist ein bewusster Schlaf; ihn immer bewusster zu machen, ist die einzige dauerhafte Lösung; solange das nicht erreicht ist, sollte man im Wachzustand stets gegen diese absinkende [Bewusstseins-] Tendenz angehen und die Auswirkung dumpfer Nächte sich nicht anhäufen lassen. Aber hierfür ist immer eine standhafte Bemühung und Disziplin vonnöten – und Zeit, manchmal lange Zeit. Es ist nicht richtig, von der Bemühung abzulassen, weil sich die Ergebnisse nicht sofort zeigen.

Das Bewusstsein sinkt während der Nacht fast immer unter die Ebene dessen ab, was durch die Sadhana im Wachbewusstsein gewonnen wurde, außer wenn besonders erhebende Erfahrungen während der Zeit des Schlafes stattfinden oder das erlangte yogische Bewusstsein im eigentlichen Physischen so stark ist, dass es dem Sog der unterbewussten Trägheit entgegenwirken kann. Während des gewöhnlichen Schlafes ist das Bewusstsein im Körper dasjenige des unterbewussten Physischen, ein vermindertes Bewusstsein also, das nicht wach und lebendig wie das übrige Wesen ist. Das übrige Wesen tritt zurück, und ein Teil seines Bewusstseins wendet sich hinaus zu anderen Ebenen und Regionen und hat dort Erfahrungen, die in Träumen wiedergegeben werden – wie jene, von denen du berichtet hast. Du sagst, dass du dich [im Traum] zu sehr üblen Orten begibst und Erfahrungen hast wie jene, von der du erzähltest; das ist aber nicht notwendigerweise ein Zeichen von etwas Falschem in dir. Es bedeutet lediglich, dass du dich, wie jeder andere auch, in die vitale Welt begibst und die vitale Welt ist voll solcher Orte und Erfahrungen. Es handelt sich nicht so sehr darum, zu vermeiden dorthin zu gehen, denn es kann im allgemeinen nicht vermieden werden, als vielmehr darum, dass du unter dem vollen Schutz [der Mutter] gehst, bis du die Meisterung in diesen Regionen der überphysischen Natur erlangt hast. Das ist ein Grund, weshalb du an die Mutter denken und dich der [Göttlichen] Kraft vor dem Einschlafen öffnen solltest; denn je mehr du dich daran gewöhnst und es erfolgreich tust, umso mehr wird dich der Schutz umgeben.

Diese Träume sind keinesfalls bloße Träume, und nicht alle sind von zufälligem, unzusammenhängendem oder unterbewusstem Charakter. Viele sind Berichte oder Kopien von Erfahrungen auf der vitalen Ebene, die man im Schlaf betritt; einige sind Szenen oder Ereignisse auf der feinstofflichen Ebene. Dort geschehen einem oft Dinge, oder man führt Taten fort, die jenen des physischen Lebens gleichen; man findet die gleiche Umgebung und die gleichen Menschen vor, obwohl in der Art der Anordnung und den charakteristischen Zügen meist ein gewisser oder auch ein beträchtlicher Unterschied besteht. Es kann aber auch ein Kontakt mit einer anderen Umwelt und anderen Menschen sein, die man im physischen Leben nicht kennt oder die überhaupt nicht zur physischen Welt gehören.

Im Wachzustand bist du dir nur eines bestimmten begrenzten Bereiches und Wirkens deiner Natur bewusst. Im Schlaf kannst du intensiv Dinge jenseits dieses Bereiches wahrnehmen – eine größere mentale oder vitale Natur hinter dem Wach-Zustand oder aber eine feinstoffliche oder unterbewusste Natur, die viel von dem enthält, was in dir tätig, im Wachzustand jedoch nicht erkennbar ist. Alle diese dunklen Bereiche müssen geklärt werden, oder es kann keine Wandlung in der Prakriti stattfinden. Du solltest dich nicht durch den Druck vitaler oder unterbewusster Träume beunruhigen lassen – denn aus diesen besteht der größte Teil der Traum-Erfahrung –, sondern strebe und befreie dich von diesen Dingen und dem Wirken, das sie anzeigen, sei bewusst und weise alles außer der göttlichen Wahrheit zurück; je mehr du diese Wahrheit im Wachzustand erlangen, dich daran halten und alles andere zurückweisen kannst, umso mehr wird diese ganze niedere Traum-Substanz geläutert werden.

Die Träume, die du beschreibst, sind ganz deutlich symbolische Träume auf der vitalen Ebene. Diese Träume können irgendetwas symbolisieren – Kräfte, die am Werk sind, die zugrundeliegende Struktur, das zugrundeliegende Gewebe von getanen oder erfahrenen Dingen, tatsächliche oder potentielle Geschehnisse, echte oder beeinflusste Bewegungen oder Wandlungen in der inneren oder äußeren [menschlichen] Natur.

Die Furchtsamkeit, die durch die Vorahnung im Traum angezeigt wurde, stammte vermutlich nicht aus dem bewussten Mental oder dem höheren Vital, sondern aus dem Unterbewussten in der niederen vitalen Natur. Dieser Teil fühlt sich immer klein und unbedeutend und gerät leicht in Furcht, dass er vom höheren Bewusstsein überflutet wird – eine Furcht, die in manchen [Menschen] beim ersten Kontakt mit dem höheren Bewusstsein in eine Art Panik, Angst oder Schrecken ausarten kann.

Alle derartigen Träume sind ganz offensichtlich Gestaltungen von der Art, wie man sie oft auf der vitalen, seltener auf der mentalen Ebene antrifft. Manchmal sind es die Gestaltungen deines eigenen Mentals oder Vitals; manchmal sind es Gestaltungen von anderen Mentalen mit einer genauen oder modifizierten Übertragung auf das deine; manchmal sind es Gestaltungen, die von den nicht-menschlichen Kräften oder Wesen dieser anderen Ebenen geformt werden. Diese Dinge sind in der physischen Welt nicht wahr und brauchen nicht wahr zu werden, können aber noch Auswirkungen auf das Physische haben, wenn sie mit diesem Zweck oder dieser Neigung geformt wurden, und wenn man es zulässt, können sie im inneren oder äußeren Leben ihre Gestaltungen oder deren Bedeutung verwirklichen – denn sie sind sehr häufig von symbolischer oder schematischer Art. Die richtige Weise, mit ihnen umzugehen, besteht einfach darin, sie zu beobachten und zu verstehen, und wenn sie feindlichen Ursprungs sind, zurückzuweisen oder zu zerstören.

Andere Träume sind nicht von dieser Art, sondern eine Darstellung oder Kopie von Dingen, die tatsächlich auf anderen Ebenen, in anderen Welten und unter anderen Bedingungen als die unseren geschehen. Und dann gibt es noch Träume, die rein symbolisch sind und solche, die vorhandene Bewegungen und Neigungen – dem Wachmental bekannt oder unbekannt – in uns anzeigen oder alte Erinnerungen verwerten oder aber Dinge aufrühren, die entweder passiv gespeichert oder noch im Unterbewusstsein tätig sind – eine Unmasse von verschiedenerlei Stoff, der gewandelt werden oder von dem man sich befreien muss, sobald man in ein höheres Bewusstsein aufsteigt. Wenn man sie zu deuten lernt, kann man aus Träumen viel Wissen von den Geheimnissen unserer Natur und der Natur anderer [Menschen] erlangen.

Zu versuchen bei Nacht wach zu bleiben, ist nicht die richtige Methode; die Unterdrückung des benötigten Schlafes macht den Körper während der Wachstunden tamasisch und untauglich für die erforderliche Konzentration. Der richtige Weg besteht darin, den Schlaf umzuwandeln und nicht zu unterdrücken, besonders aber zu lernen, wie man mehr und mehr im eigentlichen Schlaf bewusst wird. Wenn das geschieht, wandelt sich der Schlaf in einen inneren Bewusstseinszustand, in welchem sich die Sadhana genauso wie im Wachbewusstsein fortsetzen kann; gleichzeitig aber ist man fähig, in Bewusstseinsebenen einzutreten, die sich von der physischen unterscheiden, und über einen riesengroßen Bereich von lehrreicher und verwertbarer Erfahrung zu verfügen.

Schlaf kann nicht ersetzt, aber gewandelt werden; denn du kannst im Schlaf bewusst werden. Wenn du solchermaßen bewusst bist, kann die Nacht für ein höheres Wirken verwendet werden – vorausgesetzt der Körper erhält genügend Ruhe; denn der Sinn des Schlafes ist die Ruhe des Körpers und die Erneuerung der vital-physischen Kraft. Es ist ein Fehler, dem Körper Nahrung und Schlaf zu verweigern, wie es einige [Menschen] aus einer asketischen Idee oder einem asketischen Impuls heraus tun wollen – das schwächt lediglich den physischen Rückhalt; und obgleich ein überanstrengtes und verfallendes Körper-System lange Zeit hindurch mit Hilfe yogischer oder vitaler Energie aufrechterhalten werden kann, kommt der Augenblick, in der dieser Energie-Entzug nicht mehr so einfach oder vielleicht überhaupt nicht mehr möglich ist. Dem Körper sollte gegeben werden, was er für sein wirksames Funktionieren braucht. Bescheidene aber ausreichende Nahrung (ohne Gier oder Verlangen), ausreichender Schlaf, jedoch nicht von der schweren tamasischen Art – das sollte die Regel sein.

Der von dir beschriebene Schlaf, in dem ein leuchtendes Schweigen herrscht, oder der Schlaf, in welchem die Zellen den Ananda fühlen, ist offensichtlich der beste Zustand. Die anderen Stunden, jene, deren du dir nicht bewusst bist, können kurze Zeiten eines tiefen Schlummers sein, in welchen du dich von der physischen zu den mentalen, vitalen oder zu anderen Ebenen begeben hast. Du sagst, dass du nicht bewusst gewesen seist, es kann aber auch einfach so sein, dass du dich nicht erinnerst, was geschehen ist; denn beim Zurückkommen findet eine Art Wende des Bewusstseins, ein Übergang oder eine Umkehr statt, in der alles im Schlaf Erfahrene – außer vielleicht das allerletzte Ereignis oder eines, das sehr eindrucksvoll war – sich vom physischen Bewusstsein zurückzieht und alles wie leer wird. Es gibt noch ein anderes Stadium der Leere, ein Stadium der Trägheit, nicht eigentlich leer, sondern schwer und ohne Erinnerung; aber das tritt ein, wenn man sich tief und abrupt in das Unterbewusste wendet; dieses unterirdische Eintauchen ist etwas sehr Unerwünschtes, verfinsternd, herabsetzend und eher ermüdend als ausruhend – das Gegenteil des leuchtenden Schweigens.

Es war kein Halbschlaf und kein Viertelschlaf, ja nicht einmal ein Sechzehntelschlaf, was du hattest; es war eine Nach-innen-Wende des Bewusstseins, das in diesem Zustand bewusst bleibt, für äußere Dinge aber verschlossen und nur offen für die innere Erfahrung ist. Du musst deutlich unterscheiden zwischen diesen beiden ganz verschiedenen Zuständen: der eine ist nidra [Schlaf], der andere zumindest der Beginn des samadhi- Zustandes (oder nirvikalpa). Dieses Sich-Zurückziehen nach innen ist notwendig, denn zu Beginn ist das aktive Mental des menschlichen Wesens zu sehr den äußeren Dingen zugewandt; es muss sich vollständig nach innen wenden, um im inneren Wesen zu leben (dem inneren Mental, dem inneren Vital, dem inneren Physischen, in der Seele). Aber mit Übung kann man einen Punkt erreichen, bei dem man äußerlich bewusst bleibt und dennoch im inneren Wesen lebt und nach Wunsch den nach innen gewandten oder den nach außen sich verströmenden Zustand hat; hierbei kannst du die gleiche konzentrierte Reglosigkeit haben und das gleiche Einströmen eines größeren und reineren Bewusstseins in den Wachzustand wie in dem, was du irrigerweise Schlaf nennst.

In der Sadhana kann physische Ermüdung wie diese verschiedene Ursachen haben:

1. Sie kann daher kommen, dass man mehr empfängt als das Physische zu assimilieren bereit ist. Das Heilmittel besteht dann in ruhiger Untätigkeit, in der man bewusst reglos ist und die Kräfte für keinen anderen Zweck als die Wiederherstellung der Stärke und Energie empfängt.

2. Sie kann durch eine Passivität verursacht werden, welche die Form der Trägheit annimmt – Trägheit senkt das Bewusstsein auf die gewöhnliche physische Ebene herab, welche zu Ermüdung und tamas neigt. Hier besteht das Heilmittel darin, das wahre Bewusstsein zurückzuerlangen und dann in ihm auszuruhen und nicht in der Trägheit.

3. Sie kann durch eine reine Überanstrengung des Körpers ausgelöst werden, weil man ihn nicht genug schlafen oder ruhen lässt. Der Körper ist die Stütze des Yoga, aber seine Energie ist nicht unerschöpflich und man muss haushälterisch damit umgehen; sie kann zwar erneuert werden, indem man der universalen vitalen Kraft Energie entzieht, aber auch diese Erneuerung hat ihre Grenzen. Selbst in dem heftigen Verlangen nach Fortschritt ist ein gewisses Maßhalten angebracht – Mäßigung, nicht Gleichgültigkeit oder Faulheit.

Krankheit deutet auf eine Unvollkommenheit oder Schwäche hin oder auf ein Offensein gegenüber feindlichen Kontakten in der physischen Natur, und oft ist sie auch mit Dunkelheit oder Disharmonie im niederen Vital, dem physischen Mental oder anderweitig verbunden.

Es ist sehr gut, wenn man sich von der Krankheit völlig durch den Glauben und die Yoga-Macht oder das Einströmen der Göttlichen Kraft befreien kann. Aber sehr oft ist dies nicht insgesamt möglich, weil nicht die ganze Natur offen oder fähig ist, auf die Kraft zu reagieren. Das Mental mag Glauben haben und darauf ansprechen, aber das niedere Vital und der Körper können vielleicht nicht Schritt halten. Oder wenn Mental und Vital bereit sind, mag der Körper nicht empfänglich oder nur teilweise empfänglich sein, da er die Gewohnheit hat, auf Kräfte anzusprechen, die eine bestimmte Krankheit hervorrufen – und die Gewohnheit ist eine sehr beharrliche Kraft im stofflichen Teil der [menschlichen] Natur. In solchen Fällen kann man auf die Anwendung physischer Mittel zurückgreifen – nicht als hauptsächlichstes Mittel, sondern als Hilfe oder stoffliche Stütze für das Wirken der Kraft. Keine starken und gewaltsamen Arzneien, sondern solche, die zuträglich sind, ohne den Körper zu stören.

Krankheitsanfälle sind Angriffe der niederen Natur oder der feindlichen Kräfte, die sich eine Schwäche zunutze machen, ein Offensein oder eine Empfänglichkeit in der [menschlichen] Natur – und wie alle anderen Dinge, die auftauchen und abgewiesen werden müssen, kommen sie von außerhalb. Wenn man sie kommen fühlt und die Stärke und Gewohnheit erlangt, sie vor ihrem Eindringen in den Körper abzuweisen, kann man von der Krankheit frei bleiben. Auch wenn sich der [Krankheits-] Anfall von innen zu erheben scheint, bedeutet das lediglich, dass er vor seinem Eindringen in das Unterbewusste nicht festgestellt wurde; wenn er einmal in das Unterbewusste eingedrungen ist, wird er dort durch die Kraft, durch die er kam, früher oder später wachgerufen und dringt in das [Körper-] System ein. Wenn du ihn unmittelbar nach seinem Eindringen fühlst, so darum, weil er direkt und nicht über das Unterbewusste in dich eingedrungen ist, du ihn aber nicht entdecken konntest, solange er sich noch außerhalb befand. Sehr häufig kommt er auf diese Weise frontal und noch häufiger tangential direkt von der Seite und erzwingt sich seinen Weg durch die feinstoffliche vitale Hülle, unseren hauptsächlichen Verteidigungspanzer, bevor er in den stofflichen Körper eindringt. Dann kann man eine Auswirkung fühlen, zum Beispiel Fieberhaftigkeit oder einen Hang zu Erkältung, aber das volle Eindringen der Krankheit hat nicht stattgefunden. Wenn sie früher aufgehalten werden kann, oder wenn die vitale Hülle als solche widersteht und stark, kraftvoll und intakt bleibt, findet keine Krankheit statt; der [Krankheits-] Anfall zeitigt keine physische Auswirkung und hinterlässt keine Spuren.

Ja sicher, man kann von innen auf eine Krankheit einwirken und sie heilen. Es ist nur nicht immer einfach, weil viel Widerstand in der Materie vorhanden ist, ein Widerstand der Trägheit. Unermüdliche Beharrlichkeit ist notwendig; anfangs mag es einem durchaus nicht gelingen, die Symptome mögen sich sogar mehren, aber langsam wächst die Fähigkeit, den Körper oder eine bestimmte Krankheit zu kontrollieren. Ich wiederhole, die Heilung eines gelegentlichen Krankheits-Anfalls durch innere Mittel ist verhältnismäßig einfach, aber den Körper für die Zukunft dagegen zu immunisieren, ist schwieriger. Mit einer chronischen Krankheit umzugehen ist schwerer, und sie verschwindet zögernder als eine gelegentliche Störung des Körpersystems. Solange die Kontrolle des Körpers noch nicht vollkommen ist, gibt es all diese und andere Mängel und Schwierigkeiten im Gebrauch der inneren Kraft.

Wenn du durch das innere Wirken eine Verschlimmerung verhindern kannst, bedeutet das allein schon etwas; dann musst du mit Hilfe von abhyasa [fortwährende Übung] die [Yoga-]Macht stärken, bis sie zu heilen vermag. Denke daran, dass eine Unterstützung durch physische Mittel nicht insgesamt zurückgewiesen werden braucht, solange du noch nicht völlig über die [Yoga-]Macht verfügst.

Arzneien sind ein pis aller [eine Notlösung] – sie müssen dann angewendet werden, wenn im Bewusstsein etwas ist, das nicht oder nur oberflächlich auf die Kraft reagiert. Sehr oft ist es ein Teil des stofflichen Bewusstseins, der nicht empfangsbereit ist, zu anderen Zeiten ist es das Unterbewusste, das im Wege steht, auch wenn das gesamte Wach-Mental, das Leben und Physische dem befreienden Einfluss zustimmen. Wenn auch das Unterbewusste anspricht, kann sogar eine leichte Berührung der Kraft nicht nur die jeweilige Krankheit heilen, sondern auch diese Form und Art von Krankheit späterhin unmöglich machen.

Deine Krankheits-Theorie ist ein ziemlich gefährliches Credo – denn Krankheit ist etwas, das auszumerzen und nicht zu akzeptieren oder zu genießen ist. Etwas im Wesen fühlt sich in der Krankheit wohl, und es ist möglich, die Schmerzen einer Krankheit – wie jeden anderen Schmerz – in eine Form des Vergnügens zu wandeln; denn sowohl Schmerz als auch Vergnügen sind Herabminderungen eines ursprünglichen Ananda und gegenseitig austauschbar, oder sie können in ihr ursprüngliches Prinzip des Ananda sublimiert werden. Es ist ebenso wahr, dass man fähig sein muss, mit Ruhe, Gleichmut und Ausdauer die Krankheit zu ertragen, da sie als etwas gekommen ist, das man im Laufe der Erfahrung zu bewältigen hat. Wenn man sie aber akzeptiert und genießt, trägt man zu ihrer Fortdauer bei, und das ist nicht richtig; denn Krankheit ist eine Verformung der physischen Natur, genau wie Lust, Ärger, Eifersucht usw. Entartungen der vitalen Natur sind, während Irrtum, Vorurteil und Nachgiebigkeit gegenüber der Falschheit Entartungen der mentalen Natur sind. Alle diese Dinge müssen ausgemerzt werden, und Zurückweisung ist die erste Voraussetzung dafür, dass sie verschwinden – sie jedoch anzunehmen, hat eine völlig gegenteilige Wirkung.

Alle Krankheiten durchdringen die nervliche oder vital-physische Hülle des feinstofflichen Bewusstseins und feinstofflichen Körpers, bevor sie in das Physische eintreten. Wenn man sich des feinstofflichen Körpers bewusst ist oder über das feinstoffliche Bewusstsein verfügt, kann man eine Krankheit auf ihrem Weg anhalten und daran hindern, in den physischen Körper zu gelangen. Sie kann aber auch kommen, ohne dass man es bemerkt oder während des Schlafes oder über das Unterbewusste oder in einem plötzlichen Anflug, wenn man nicht auf der Hut ist; dann bleibt nichts anderes übrig, als sie, von dem im Körper bereits gewonnenen Halt aus, zu bekämpfen. Die Selbst-Verteidigung durch diese inneren Mittel kann so stark werden, dass der Körper praktisch immun wird, wie viele Yogis es sind. Dennoch bedeutet dieses „praktisch“ nicht „absolut“. Die absolute Immunität kann nur mit der supramentalen Wandlung kommen. Denn unterhalb des Supramentals ist sie das Ergebnis des Wirkens einer Kraft unter vielen Kräften, das durch eine Störung des erlangten Gleichgewichts beeinträchtigt werden kann – im Supramental ist sie ein Gesetz der Natur; in einem supramentalisierten Körper wäre Immunität gegen Krankheit etwas Unwillkürliches und würde seiner neuen Natur innewohnen.

Es besteht ein Unterschied zwischen der yogischen Kraft auf den mentalen und darunterliegenden Ebenen und der Supramentalen Natur. Was durch Yoga-Kraft im Mental- und Körper-Bewusstsein erlangt und bewahrt wird, wohnt dem Supramental von selbst inne und besteht nicht durch Erreichung, sondern auf natürliche Weise – es ist selbstbestehend und absolut.