Kapitel 5

Der große Übergang

Die Metamorphose

Worte der Mutter

Ich stehe an der Schwelle zu einer neuen Wahrnehmung des Lebens.

Die übliche Reaktion der Menschen gegenüber den Aktivitäten der anderen, gegenüber allem, was sie umgibt, ihre allgemein übliche Weise, die Dinge zu sehen, all dies kommt einer gewissen Haltung des Bewusstseins gleich: Die Dinge werden von einer bestimmten Ebene aus betrachtet. Als ich neulich diese Aphorismen kommentierte, bemerkte ich auf einmal, dass das Niveau und der Blickwinkel sich verändert hatten, und zwar so sehr, dass die andere Haltung, die übliche Sichtweise, unverständlich erschien – man fragt sich, wie man sie einnehmen konnte, so sehr ist alles anders. Und während ich noch sprach, hatte ich eine Art Empfindung oder Wahrnehmung, dass diese neue „Haltung“ sich als etwas Natürliches und Spontanes zu etablieren begann – es war nicht die Wirkung eines Bemühens um Transformation, nein, die Transformation war schon etabliert.

Es ist noch nicht abgeschlossen, weil die beiden Funktionsweisen immer noch wahrnehmbar sind, aber ich bin guter Hoffnung, dass die Sache im Gange ist. Dann wird es interessant sein.

Es ist so, als ob gewisse Teile des Bewusstseins vom Zustand der Raupe zu dem des Schmetterlings übergingen, ungefähr so.

Es ist im Gange und immerhin so weit fortgeschritten, dass der Unterschied sehr deutlich wahrnehmbar wird. Wenn es abgeschlossen ist, wird etwas fest begründet sein.

Worte der Mutter

Da war auch diese alte Sache, die man mir unlängst sagte („alt“, einige Tage alt!): dass den Zellen selbst die freie Wahl gelassen werde. Die Schlussfolgerung dieser ganzen Meditation war, dass im Bewusstsein der Zellaggregate etwas Neues entstanden sein muss – etwas … eine neue Erfahrung steht an. Resultat: Vergangene Nacht hatte ich eine Reihe phantastischer zellularer Erfahrungen, die ich nicht einmal erklären kann und die der Anfang einer neuen Offenbarung sein müssen.

Das Grenzgebiet einer neuen Wahrnehmung

Worte der Mutter

Gestern oder vorgestern sagte etwas vom Morgen bis zum Abend: „Ich bin – ich bin oder habe das Bewusstsein eines Toten auf der Erde.“ Ich gebe es mit Worten wieder, aber es war, als würde gesagt: „So ist das Bewusstsein eines Toten der Erde und den physischen Dingen gegenüber… Ich bin ein Toter, der auf der Erde lebt.“ Je nach der Stellung des Bewusstseins (denn es ändert beständig die Stellung), je nachdem war es: „So also ist ein Toter der Erde gegenüber“, dann: „Ich lebe, wie ein Toter ohne das Bewusstsein der Erde lebt“, dann: „Ich bin völlig wie ein Toter, der auf der Erde lebt“ … usw. Und ich fuhr fort zu arbeiten, zu sprechen, zu handeln wie gewöhnlich. Aber das ist schon lange so. Sehr lange Zeit, mehr als zwei Jahre, sah ich die Welt so (aufsteigende Bewegung, Stufe um Stufe übereinander), und jetzt sehe ich sie so (absteigende Bewegung). Ich weiß nicht, wie ich das erklären soll, denn es hat nichts Mentalisiertes an sich, und die nichtmentalisierten Empfindungen sind irgendwie unscharf, schwer zu bestimmen. Doch waren die Worte und das Denken in einem gewissen Abstand (Gebärde um den Kopf herum) wie etwas, das betrachtet und beurteilt, das sagt, was es sieht – etwas, das ringsum ist. Und heute war es zwei oder dreimal äußerst stark (ich meine, dieser Zustand beherrschte das ganze Bewusstsein), eine Art Eindruck (oder Empfindung oder Wahrnehmung, aber doch nichts von alldem): Ich bin ein Toter, der auf der Erde lebt.

Wie lässt sich das erklären?

Und was nun zum Beispiel die Sicht betrifft, so fehlt die objektive Genauigkeit (die Mutter macht eine Gebärde, nicht durch die Augen zu sehen). Ich sehe durch das Bewusstsein. Hören tue ich auf eine ganz andere Weise; es gibt so etwas wie „Unterscheidung“ (aber nicht eigentlich), etwas, das in der Wahrnehmung wählt, etwas, das entscheidet (jedoch nicht automatisch), was gehört wird und was nicht, was wahrgenommen wird und was nicht. Das ist schon beim Sehen da, aber beim Hören noch viel stärker: Bei gewissen Sachen ist nur ein beständiges Gesumme zu vernehmen; bei anderen ist es klar wie Kristall; wieder andere sind verschwommen, man hört halb. Mit der Sicht verhält es sich ebenso: Alles ist wie hinter hellem Nebel (sehr hell, aber ein Nebel, d.h., es gibt keine Deutlichkeit), und dann ist da auf einmal etwas vollkommen deutlich und klar, eine außerordentlich genaue Sicht bis ins Einzelne. Im Allgemeinen ist die Sicht Ausdruck des Bewusstseins der Dinge. Alles scheint also immer mehr subjektiv, immer weniger objektiv… Und es sind keine Anblicke, die sich der Sicht aufdrängen, oder Geräusche, die sich dem Gehör aufzwingen, sondern eine Art Bewusstseinsbewegung, die gewisse Dinge wahrnehmbar und andere zu etwas wie einem sehr undeutlichen Hintergrund macht.

Das Bewusstsein wählt, was es sehen will.

Dabei ist nichts Persönliches, gar nichts. Zwar entsteht der Eindruck von einer Wahl oder Entscheidung, aber keineswegs von einer persönlichen Wahl oder Entscheidung – im übrigen beschränkt sich das „Persönliche“ auf die Notwendigkeit, mit dem da (die Mutter berührt ihre Hände) einzugreifen. Wie zum Essen, das ist ganz sonderbar – ganz sonderbar… Wie etwas, das einem Körper hilft (der nicht einmal etwas sehr Genaues und Umgrenztes ist, sondern eine Art Konglomerat, das zusammenhält), das bei etwas hilft, das … vor sich geht! Ja, das ist wirklich ein sonderbarer Zustand. Heute war er sehr stark, er beherrschte das ganze Bewusstsein. Und es gibt sogar Augenblicke, wo man den Eindruck hat, dass eine Kleinigkeit den Kontakt abbrechen könnte (Gebärde des Loshakens, als würde die Verbindung mit dem Körper abbrechen) und dass dies nur fortdauern kann, wenn man sehr ruhig und sehr gleichmütig bleibt.

Vollständige Hingabe des Körpers

Worte der Mutter

Diesen Erfahrungen geht immer ein sehr inniges und sehr innerliches Nahesein bei der Höchsten Gegenwart voraus, mit einer Art Zuflüsterung: „Bist du zu allem bereit?“ Natürlich sage ich: „Zu allem.“ Und die Gegenwart wird so wunderbar eindringlich, dass ein Durst das ganze Wesen ergreift, dass dies immer währen möge. Nur noch Das existiert, nur noch Das hat Grund zu sein. Und da innen kommt dieses Flüstern: „Bist du zu allem bereit?“

Der Körper lebt nur, weil der Höchste es will

Worte der Mutter

Das kann nur ein Übergang sein. Es handelt sich um einen Übergangszustand.

Vom Standpunkt des Bewusstseins aus ist es ein ungeheurer Gewinn! Weil alle Versklavung, alle Verkettung an die äußeren Dinge, weil all das zu Ende ist, vollkommen abgefallen – eine absolute Freiheit. Das heißt, es gibt nur noch Das, den Höchsten Meister, der Meister ist. Unter diesem Gesichtspunkt kann es nur ein Gewinn sein. Das ist eine so radikale Verwirklichung… Es scheint ein Absolutes an Freiheit, etwas, das man für unmöglich zu verwirklichen hält, solange jemand das gewöhnliche Leben auf der Erde lebt.

Das entspricht der Erfahrung absoluter Freiheit, die man in den höheren Teilen des Wesens hat, wenn man ganz und gar nicht mehr vom Körper abhängt. Das Bemerkenswerte ist aber gerade (das betone ich sehr), dass das Bewusstsein des Körpers diese Erfahrungen hat, und zwar eines Körpers, der noch sichtbar hier ist!

Da ist offensichtlich nichts mehr von dem, was den Menschen ihren „Lebensmut“ gibt. Es scheint überhaupt keine Unterstützung von der äußeren Welt mehr zu geben, es gibt nur noch … den höchsten Willen. Um das in gewöhnlichen Worten auszudrücken, nun, der Körper hat den Eindruck, einzig und allein darum zu leben, weil der höchste Herr es will, sonst könnte er nicht leben.

Es gibt nur einen Körper

Worte der Mutter

Neulich, gestern oder vorgestern, gab es diese Erfahrung: ein völlig dezentralisiertes Bewusstsein (ich spreche immer vom physischen Bewusstsein, keineswegs von höheren Bewusstseinsebenen), ein dezentralisiertes Bewusstsein, das sich hier, dort, dort aufhielt, in diesem Körper, in jenem Körper (was die Leute „diese Person“ oder „jene Person“ nennen, doch diese Betrachtungsweise gibt es nicht mehr so recht); aber dann kam eine Art Eingreifen des universalen Bewusstseins bei den Zellen, als ob es sie fragte, warum sie diese Zusammensetzung, wenn man so sagen darf, dies Agglomerat, aufrechterhalten wollten. Ja, man ließ sie die Schwierigkeiten verstehen oder fühlen, die vom langjährigen Gebrauch und von äußeren Schwierigkeiten herrühren, eben diesem ganzen Verfall, der durch die Reibung und Abnutzung entstanden ist – und das erschien den Zellen ganz und gar bedeutungslos. Die Antwort war doch interessant, weil sie nur auf eines Wert zu legen schienen, und das war die Möglichkeit, mit der höheren Kraft in bewusstem Kontakt bleiben zu können. Es war wie ein sehnsüchtiges Streben (natürlich nicht mit Worten formuliert) – auf Englisch „a yearning“, „a longing“, nach diesem Kontakt mit der göttlichen Kraft, der Kraft der Harmonie, der Kraft der Wahrheit, der Kraft der Liebe. Und aus diesem Grunde schätzen sie die jetzige Zusammensetzung.

Worte der Mutter

Und der Körper sagt zum Höchsten Herrn: „Was Du willst, dass ich bin, werde ich sein, was Du willst, dass ich weiß, ich werde es wissen, was Du willst, dass ich tue, das werde ich tun.“

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