Kapitel 5

Dauer der Meditationszeit

Worte der Mutter

Hier gibt es eine Frage von jemandem, der versucht, sich auf den Empfang des Supramentals vorzubereiten, und in dieser Vorbereitung werden unter anderem Gebet und Meditation genutzt. Dazu gibt es diese Betrachtung, die sehr ehrlich ist und zu der nur sehr wenige den Mut hätten. Hier ist sie:

Ich fange an, innig und leidenschaftlich zu meditieren und zu beten, meine Aspiration ist intensiv und mein Gebet voll Ergebenheit. Und dann, nach einer gewissen Zeit – manchmal kürzer, manchmal länger –, wird die Aspiration mechanisch und das Gebet rein verbal. Was sollte ich tun?

Das ist kein Einzelfall, es ist überaus verbreitet. Ich habe das schon öfter gesagt – wenigstens nebenbei –, dass es mir so vorkommt, dass bei Menschen, die behaupten, jeden Tag stundenlang zu meditieren, ihren Tag im Gebet zu verbringen, das dies zu drei Vierteln der Zeit absolut mechanisch sein muss. Es verliert nämlich seine ganze Aufrichtigkeit, weil die menschliche Natur dafür nicht geschaffen und das menschliche Mental nicht so angelegt ist.

Um sich zu konzentrieren und zu meditieren, muss man eine Übung machen, die ich ein „mentales Muskel-Bilden“ der Konzentration nennen könnte. Man muss wirklich eine Anstrengung machen – wie man zum Beispiel seine Muskeln anstrengt, um ein Gewicht zu heben –, wenn man will, dass die Konzentration aufrichtig und nicht künstlich sein soll.

Dasselbe ist mit dem Antrieb im Gebet: Plötzlich ist eine Flamme entfacht, du fühlst einen enthusiastischen Élan, eine große Inbrunst, und drückst sie in Worten aus, die spontan sein müssen, um wahr zu sein. Das muss aus dem Herzen kommen, direkt, mit Feuer, ohne durch den Kopf zu gehen. Das ist ein Gebet. Wenn es nur Wörter sind, die sich im Kopf ansammeln, ist es kein Gebet mehr. Nun, wenn du kein Öl in die Flamme gießt, erlischt sie nach einer gewissen Zeit. Wenn du deinen Muskeln keine Zeit gibst, sich zu entspannen, wenn du die Bewegung nicht lockerst, verlieren die Muskeln die Fähigkeit, Spannung zu ertragen. Es ist dann ganz natürlich und sogar unerlässlich, dass die Intensität der Bewegung nach einer gewissen Zeit nachlässt. Selbstverständlich kann jemand, der daran gewöhnt ist, Gewichte zu heben, das viel länger aushalten als jemand, der es noch nie gemacht hat. Es ist die gleiche Sache: Wer es gewohnt ist, sich zu konzentrieren, kann das viel länger als jemand, der nicht daran gewöhnt ist. Doch für jeden kommt der Augenblick, wo man loslassen, sich entspannen muss, um wieder von neuem zu beginnen. Wenn daher die Bewegung mechanisch wird – sei es nun sofort oder nach Ablauf einiger Minuten oder einiger Stunden –, bedeutet das, dass du dich entspannt hast und nicht länger vorzugeben brauchst zu meditieren. Man tut dann besser etwas Nützliches.

Wenn du es zum Beispiel nicht schaffst, ein wenig zu üben, um die Wirkung der mentalen Spannung auszugleichen, kannst du lesen oder versuchen aufzuschreiben, was du erlebt hast. Das schafft Entspannung, die notwendige Entspannung. Die Dauer der Meditation jedoch hat nur eine relative Bedeutung. Ihre Länge ist einfach das Maß dafür, wie du dich an diese Aktion gewöhnt hast.

Dieses Maß kann sich allerdings sehr steigern, doch gibt es immer eine Grenze, und ist diese Grenze erreicht, muss man aufhören – das ist alles. Das ist keine Unaufrichtigkeit, es ist Unfähigkeit. Unaufrichtig wird es erst, wenn du nur vorgibst zu meditieren, obwohl du längst nicht mehr meditierst. Oder wenn du betest, so wie viele Menschen es tun, die in den Tempel oder in die Kirche gehen, dort den Feierlichkeiten beiwohnen und dabei ihre Gebete wiederholen wie eine mehr oder weniger gut gelernte Lektion. Das ist weder ein Gebet noch eine Meditation – es ist nur ein Bekenntnis. Das ist uninteressant.